Jungpferd aus dem Tierschutz - was kommt auf mich zu?

[Heupferdchen]

Hallo ihr Lieben,

meine Frage richtet sich an alle, die ein Pferd aus schlechten Haltungsbedingungen 'frei'-gekauft haben.

Mein Nachwuchspferd, das war mir immer klar, sollte ein mit Verstand angepaartes und gut und liebevoll aufgezogenes Pferd werden. Und ich wollte mit meiner Kaufentscheidung Züchter fördern, die vernünftige Arbeit machen; nicht die, die auf Kosten der Pferde Geld verdienen.

Und jetzt habe ich mich in einen Jährling verguckt, der eindeutig ein Tierschutzfall ist:
-Die 'Zucht' ist ein Stutenmilch-Betrieb in Frankreich. Das Pferdchen hat zwar Papiere, aber von planvoller Zucht kann keine Rede sein. Das war schlichte Vermehrung von Pferden, damit die Stutenmilch weiter fließt.
- 2013 war der französische Tierschutz vor Ort: Ställe voll mit Exkrementen, klapperdürre Pferde, unversorgte Wunden und eine Stute, die vom Stallchef mit dem Vorschlaghammer erschlagen worden ist (hier ein Zeitungsbericht, wer des Französischen mächtig ist:
http://www.ladepeche.fr/article/2013/04 ... lancs.html )
Und einen Film über die Zustände gibt's auch:
http://www.integrales-productions.com/2 ... -dequides/
- Jetzt ist der Betrieb pleite und soll aufgelöst werden.

Besagtes Pferdchen wirkt zwar in der Entwicklung zurückgeblieben, aber wach, lebensfreudig und aufmerksam. Er hat auch das Glück, dass diesen Winter die Versorgung der Pferde deutlich besser war als in den Jahren zuvor. Die Hufe scheinen ganz ok, der Allgemeinzustand auch. Ich vermute starke Verwurmung, aber sonst?

Mit einem solchen Pferd, was kommt da auf mich zu? Der Kleine lässt mich nicht mehr los ...

Das Problem ist nur: Ich träume seit Jahren von einem 'normalen' Pferd - eins, das keine Ladung körperlicher und psychischer Probleme mitbringt. Eins, das als Reitpferd gezüchtet worden ist und diesen Job ohne größere Probleme bewältigen kann. Ich werfe bei ein paar Schwierigkeiten nicht gleich das Handtuch. Trotzdem möchte ich diesmal ganz egoistisch ein Pferd 'für mich'.

Für mich als Entscheidungsgrundlage: Was habt ihr mit euren Tierschutz-Pferdchen erlebt? Kann man Entwicklungs-Rückstände beim Jährling noch ausgleichen? Hat der Kleine schon einen Schaden für's Leben - oder kann er noch ein annähernd 'normales' Pferd werden? Gibt es auch unter Tierschutz-Pferden 'gute' Pferde im Sinn von 'gute Reiteigenschaften'?

[Riff]

Ich würde die Finger davon lassen. Klingt, als wäre das Fohlen schon im Mutterleib nicht gut versorgt gewesen. Dann das bisherige Leben auch nicht. Starke Verwurmung zieht Spätschäden nach.
Sehe das an meinem Hund. Der war als Welpe sehr verwurmt (obwohl von einer TA gekauft. ..) und hat seitdem einen empfindlichen Magen/Darm Trakt.

Wenn ich das aufs Pferd umsetze, oje. Ein Hund steckt es da doch besser weg.

Dann können es noch Lungenwürmer sein. Auch nicht toll.

Das, was es in den ersten Jahren nicht mitbekommt, holt es nicht auf und es kann Schäden nachziehen, die erst in 5 Jahren Probleme machen.

[Sheitana]

Das, was es in den ersten Jahren nicht mitbekommt, holt es nicht auf und es kann Schäden nachziehen, die erst in 5 Jahren Probleme machen.

*zustimm*

Man kann in gewissem Maße Schadensbegrenzung betreiben, wenn man das Pferd früh genug bekommt (Jährling wäre mir da schon zu spät). Man kann auch Glück haben und alles verwächst sich. Kommt ganz drauf an, welche Schäden/Probleme schon vorliegen. Man kann aber auch Pech haben.
Sicher ist: Es kostet viel Zeit, Sachverstand, Nerven und letztlich auch Geld.
Wenn man das will ist das völlig in Ordnung. Wenn man das nicht will lässt man besser die Finger davon.

[sacramoso]

Also erstmal daß du überlegst so ein Pferd zu dir zu nehmen.
Zu deinen Wünschen als Reitpferd:
Klar, kann das gut gehen, kann aber auch voll in die Hose gehen. Sicherlich lassen sich Defizite in der Aufzucht noch korrigieren, aber inwieweit gesundheitliche Mängel vorliegen die dann später zu Tage treten ist in dieser Situation schwer zu sagen. Wenn du das Pferd zu dir nehmen willst um ihm eine Chance zu geben ist das toll und wenn alles gut läuft dann kommt vielleicht auch ein Reitpferd dabei heraus.
Wenn du ein Reit/ oder Sportpferd haben willst dann solltest du dir auch wirklich ein solches kaufen, zusammen mit allen gesundheitlichen Checks um die Risiken der Unreitbarkeit zu minimieren.

[Cate]

ich "muß" dir leider raten: lass bloß die Finger davon! :-ü

Meine Nora ist auch aus relativ schlechter Haltung gekauft, und obwohl sie vermutlich akzeptabel aufgewachsen ist, hat sie sich von ca. 2 Jahren Besitzerwechsel und schlechter Haltung nie wirklich wieder erholt - weder gesundheitlich noch mental. Von Untergewicht, starker Verwurmung, massiven Magengeschwüren, sehr häufigen Koliken bis zur Arthrose ist alles dabei, gar nicht zu reden davon, dass sie reitmäßig komplett sauer war, sobald sie die Kraft hatte, das zu zeigen. Ich habe sie jetzt über 7 Jahren, davon konnte ich sie allerhöchstens 4 Jahre reiterlich "nutzen" und das hat nicht immer Spaß gemacht.
Ich liebe sie heiß und innig , und sie bleibt natürlich bei mir bis zum Schluß, aber ich hatte mir ein Reitpferd gewünscht & gekauft, und da ist sie eigentlich eine totale Fehlinvestition gewesen. Und da ich mir auch mit eigenem Stall nicht unbegrenzt Pferde leisten kann, Nora aber wegen Arthrose nicht mehr reitbar ist, muß - werde - ich jetzt halt ohne Reitpferd & Reiten leben, bis ich mir einen Nachfolger kaufen kann - wenn ich ich mir dann überhaupt noch einen kaufe, Nora ist erst 20, und kann ja noch locker 10 Jahre leben ...

[ehem User]

LASS ES !

[Lottehüh]

Du hast genügend Nachteile gehört, deshalb möchte ich mal was pro Fohlen sagen.

Das mit der Verwurmung vermutest Du nur. Es gibt ja mittlerweile sehr kontroverse Meinungen zum Thema Würmer und Entwurmung im Fohlenalter. Lotti war ja auch extrem verwurmt, und das, was die meisten Schäden angerichtet hat, wo wir jetzt immer noch mit kämpfen, waren die Wurmkuren. Gebracht haben sie nix, aber geschadet sehr. Mein Hund ist unter ähnlichen Umständen aufgewachsen (400 Hunde in einem Gehege, kaum Futter, viel zu früh von Mama weg, also nicht genügend Muttermilch wie in Deinem Fall, Sauberkeit geht anders) und hat einen völlig gesunden Magen-Darm-Trakt. Man kann das nie wissen.

Die Stute auf dem Bild sieht echt katastrophal aus (den Film kann ich gerade leider nicht anschauen), kein Thema. Wie sieht „Dein“ Jährling aus? Du sagst, die Versorgung war etwas besser, was bedeutet das?

Der Vorteil eines solchen Pferdes: es ist wahrscheinlich super gut sozialisiert (hört sich an, als wären einfach alle durcheinander gelaufen, oder wurden die getrennt?). Wenn dem so ist, kannst Du ihm allein durch die zukünftige Haltung so viel gutes tun, das wird ihm auf jeden Fall helfen.

Ich würde mir am meisten Sorgen machen, ob er vom Kopf (also Hirn) her Schäden hat. Ich weiß nicht, ob man das jetzt schon beurteilen kann. Was tut er denn (nicht?), wenn Du sagst, dass er etwas zurückgeblieben ist?

Ich kenne zwei Pferde, deren Mütter während der Trächtigkeit wochenlang kein Wasser und Heu hatten. Beide haben sich bei denselben Menschen (also gleiche Haltung / Fütterung / Umgang) völlig unterschiedlich entwickelt. Einer wurde ein normales Pferd, der andere ist zwar nett und sieht körperlich gut aus, aber er ist einfach vom Kopf her schwierig. Reiten geht wohl nicht.

[ehem User]

ich will übrigens nicht sagen, dass niemand ein fohlen aus dem tierschutz übernehmen sollte :-ü
ich meine wirklich explizit, dass heupferdchen das nicht tun sollte.

das soll nicht gemein rüberkommen, aber du bist einfach nicht der typ, der mit allem zufrieden ist, was kommt. ich übrigens auch nicht.
du vergleichst seit jahren deinen miro mit einem dressurwarmblut und kämpfst gegen deine unzufriedenheit an, ich kenne wirklich niemanden, der so wenig zufrieden ist mit seinem pferd wie du, von mir abgesehen.
du hast sehr konkrete vorstellungen davon, was du mal reiten willst, du bist ehrgeizig, und nicht umsonst hast du eigentlich einen anderen plan fürs nachwuchspferd.
klar hat man nie garantien, dass etwas gut geht. aber halt wahrscheinlichkeiten.

wenn du das geld hast, den kleinen im zweifelsfall zum liebhaben und unendlich geld und sorgen reinpumpen zu dir zu nehmen
und auch noch genug geld, um dir zusätzlich noch ein passendes nachwuchspferd zu kaufen - ok
aber abgesehen vom geld, du hast einen vollzeitjob, ein fernstudium (ok, nicht für ewig), einen freund, und bereits ein pferd.

ich frag mich wirklich, wie du dir das vorstellst, tut mir leid


edit: und was auf dich zukommen KANN weißt du doch genau.

[tara]

bei einem Jungpferd weiß man nie, wie es sich entwickeln wird, ob das dabei rauskommt, was man sich vorgestellt hat. Und bei einem, der schon in jungen Jahren so viel Mangel erlitten hat, schon mal gar nicht.
Du hast schon ein Pferd mit vielen Baustellen, das vielleicht manchmal ganz nett läuft, aber, wenn du ehrlich bist, nie wirklich zufriedenstellend.
Wenn du dir ein zweites Pferd zulegen möchtest, würde ich ein ausgewachsenes Exemplar suchen, welches in mein Beuteschema und Budget passt. Ausgewachsen deshalb, weil dann keine Überraschungen mehr drohen bezüglich Größe und Kaliber (mir war das seinerzeit sehr wichtig)

[roniybb]

Oh Mosh harte Worte aber ehrlich und durchaus nachvollziehbar.

Ich kann verstehen wenn man aus Mitleid helfen will. So eine Baustelle hab ich auch dastehen. Wenn du konkrete Zukunftsvorstellungen und nur begrenzte Möglichkeiten hast, lass es. Es gibt genug gesunde Pferde für gut oder wenig Geld zu kaufen. Das ist zwar keine Garantie für ein gesundes Pferd, aber die Wahrscheinlichkeit ist einfach höher.
Man kann nicht alle retten.... Sorry....