Wow, das entwickelt sich hier ja in eine ganz schön hitzige Diskussion, schade eigentlich. Also, dass man nicht sachlich diskutieren kann. Wobei ich ganz klar sagen muss, der Ausgangspost ist ganz ganz arg provokativ und, dass es Leute gibt, die das nicht witzig finden und entsprechend reagieren, kann ich ehrlich gesagt mehr als gut verstehen.
Auch wenn ich Piebalds Kernaussage eigentlich verständlich und richtig finde, so geht es mir ähnlich wie Equester, dass mich der Absolutismus, mit der diese Aussagen vertreten werden, ärgert, aber auch schockt.
Ich finde es gibt tausende gute Gründe, warum man nicht ins Gelände reiten sollte und dazu gehört meiner Meinung nach an vorderste Stelle die Angst. Wenn jemand im Gelände Angst hat, sollte derjenige weder von Fremden noch von sich selbst dazu - und sei es nur durch leichtfertig geäußerte Provokationen - getrieben werden, mit falschem Ehrgeiz die Angst besiegen zu wollen. DAS kann ganz ganz schnell richtig gefährlich werden, für Reiter, Pferd und viele Menschen, die ggf. mit demjenigen im Gelände Kontakt bekommen können. Und die in Gefahr geraten können, wenn die Angst die Oberhand behält oder auch mal berechtigt ist. Ich finde jeder sollte das Recht bekommen, selbst zu entscheiden, wie weit er oder sie gehen will, selbst zu entscheiden, was ist gerade in diesem Augenblick wichtig und richtig für die Mensch-Pferd-Kombination.
Es gibt durchaus Dinge, bei denen ich ein Grundrecht für Pferde bejahe, zwangloser Auslauf mit entsprechenden Sozialpartnern zum Beispiel. Weißt Du Piebald, das was mich derzeit am meisten stört ist, dass Du Ängste hinsichtlich des Geländereitens nicht als ausreichenden Grund akzeptierst und meinst, dass derjenige daran arbeiten sollte. Ich gehe jetzt bewusst mal provokant soweit, dass ich Dich auf einer anderen Ebene ebenso provoziere (das ist nicht böse gemeint, sondern ebenfalls eher als - bewusst provokanter - Denkanstoß): ich finde, jeder sollte an seinen eigenen Ängsten arbeiten und den Pferden - außer bei durchaus wünschenswerter Beschäftigung mit dem Menschen - ein Herdenzusammenleben und das 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr (in Schaltjahren durchaus auch 366 Tage

) ermöglichen. Und jeder sollte an den eigenen Ängsten, warum eine Herdenhaltung über Nacht nicht möglich ist, arbeiten, denn bei ausreichend sicheren Zäunen etc. gibt es keinen sachlichen Grund, warum eine Herdenhaltung nicht möglich ist. Das liegt dann nur daran, dass der Mensch es nicht hinbekommt, seine Bedürfnisse hinten anzustellen...
Du hast Deine Gründe, warum Deine Pferde über Nacht aufgestallt werden, andere haben ihre Gründe, warum sie nicht ausreiten. Ich finde es einfach nicht fair, weder von Dir noch von mir, da so zu provozieren.
Zum Thema zwanglos: ich halte Reiten grundsätzlich nicht für zwanglos. Und ich finde zwanglos im Zusammenhang mit Reiten zu verwenden irrwitzig. Genauso wenig aber ist in den meisten Fällen BA oder sonstetwas zwanglos. Finde ich aber auch nicht schlimm...
Dennoch halte ich Geländeritte für die meisten Pferde für durchaus eine tolle und erstrebenswerte Angelegenheit, aber ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Pferde auch ohne Geländeritte ein schönes und erfülltes Leben leben können.
Relativ weit vorne wurde zudem etwas in die Richtung geäußert, dass Nutztiere - Kühe und Schweine - durch Inzucht etc. so gezüchtet wurden, dass ihnen so etwas wie Geländeritte nicht so fehlen würde, wie etwa Pferden (ist jetzt ganz arg abgekürzt, aber so habe ich die Aussage verstanden). Das finde ich echt frech. Wir haben Rinder und diese Tiere sind anders als Pferde, aber auch diese Tiere haben weeeeeeeeeeeeeesentlich mehr Bedürfnisse als bloß fressen, trinken, schlafen, sich fortpflanzen (oder bewusst FreTriFi). Die meisten Nutztiere werden z.T. schon dadurch mehr ausgelastet als Reitpferde, dass sie Nachwuchs "produzieren". Wenn sie so wie bei uns das Glück haben, den Nachwuchs dann auch noch möglichst lange aufzuziehen, dann fehlt ihnen grantiert kein "zwangloses Umherstreifen in der Natur". Mit Verlaub, als meine Stuten ihre jungen Fohlen hatten, wären Geländeritte zunächst mal ganz einfach Stress pur gewesen. Ob eine hochträchtige Stute noch so arg an weiten Geländeritten mit ausgedehnten Trab- und Galloppphasen interessiert wäre, wage ich auch mal zu bezweifeln. Somit sind wir wieder an dem Punkt, was ist artgerecht? Eine wenig fruchtlose Diskussion, aber unsere Pferdehaltung zur Freizeitgestaltung jetzt als artgerechter darzustellen als eine Herdenhaltung von Nutztieren stimmt mich bedenklich, wenn dann auch noch geäußert wird, dass die Nutztiere so dumm gezüchtet wurden, dass ihnen bei FreTriFi nichts zu ihrem Glück fehlt. Im Übrigen kann ich nur sagen, dass zumindest unsere Kühe auch gerne mal aus Spaß an der Freude rennen und bocken. Dass unseren Kühen durchaus auch langweilig ist und sie Beschäftigung durch mich oder meinen Mann genießen, das geht sogar so weit, dass ich der Ansicht bin, gewisse Exemplare würden wohl auch gerne mit uns Spazieren gehen, wenn sie denn so mal aus dem gewohnten Trott rauskämen.
Ich halte Schweine noch für wesentlich intelligenter, doch habe ich bislang keine persönlichen Erfahrungen mit Schweinen gemacht, von daher kann ich zu dem Thema nichts beitragen. Aber ich schätze, dass auch diese Tiere wesentlich vielschichtiger im Wesen sind, als reine Fleischproduzenten. Ehrlich die Aussagen haben mich betroffen gemacht und treffen mich noch immer. Für mich degradieren solche Aussagen Mitlebewesen auf unnötige Art und Weise, weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass jedes Lebewesen Empfindungen hat, dass jedes Lebewesen Freude, aber auch Trauer empfinden und auch zum Ausdruck bringen kann, wir sind nur oftmals zu arrogant, um das zu sehen.
Ich kann ebenfalls mit kommerzieller TK wenig anfangen, trotzdem gibt es Tierkommunikation für mich. Ich kommuniziere auf meine Weise, nicht indem ich den Tieren nicht nur sage, tue dies oder lasse jenes. Ich lese aus ihnen Freude, Langeweile, Trauer, manchmal auch Unlust oder Ärger, es gibt so viele Tiere, die einen mitfühlen lassen, wenn man nur hinschaut. Und auch wenn für mich Reiten eigentlich mehr als 10 % des Umgangs mit dem Pferd ausmacht, so muss ich doch sagen, dass damit bei Weitem nicht rein die Tätigkeit, des durch die Gegend-Streifens gemeint ist, sondern die dadurch entstehende Kommunikation. Und für mich relativiert das den Kern dann doch in diese Richtung. Lässt man die Kommunikation, die beim Reiten ja durchaus auch entsteht mal außen vor und betrachtet rein die Bewegung, vielleicht komme ich dann auch zu dieser Prozentzahl....
Insgesamt möchte ich noch eins sagen: ich finde Denkanstöße sinnvoll und gut, aber die Provokation hier geht mir eigentlich auch zu weit, weil ich der Ansicht bin, dass schon ziemlich bewusst in Kauf genommen wird, hier Menschen an ganz empfindlichen Stellen zu treffen. Schade, das haben wir doch eigentlich nicht nötig und etwas weniger provokant, fände ich die Diskussion tatsächlich fruchtbar. So stimmt mich das Thema eher traurig.