Auswirkungen eines Bockhufs

Moderator: Sheitana

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Neddie
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Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von Neddie »

Ihr Lieben, hier sind ja viele dabei, die sich rund um´s Thema Hufe bestens auskennen. Hugo hat zum Glück super Hufe, aber eine Freundin würde sich gerne einen Wallach ansehen, der als "vorne links mit leichtem Bockhuf" beschrieben wurde.

Jetzt fragen wir uns: Welche Konsequenzen würden sich (gesundheitlich/reiterlich) daraus ergeben?

Ist so etwas immer einschränkend, oder gibt es auch Fälle, bei denen man es mehr oder weniger als "Schönheitsfehler" betrachten könnte?

Vielen Dank schon mal :blumen:
„Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen.“

Kurt Tucholsky
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Scheckenfan
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von Scheckenfan »

Beim Bockhuf ist immer die Frage, ob erworben oder angeboren, und wenn erworben wie lang er schon besteht. Der Bockhuf an sich ist ein heißgeliebtes Streitthema, und je mehr Leute du fragst, desto mehr Meinungen bekommst du.

Ein angeborener Bockhuf besteht von ganz kleinem Fohlen an und ist tatsächlich in einer durch eine Wachstumsstörung verkürzte Sehne verursacht. Das ist nicht korrigierbar, bei Kürzen der Trachten „schwebt“ die Trachte und kommt nicht mehr auf den Boden. Ein „echter“ Bockhuf wird immer zu mehr oder weniger Problemen führen, weil halt kein symmetrisches Bewegungsmuster mehr möglich ist.
So weit sind sich (fast) alle Parteien einig.
Beim erworbenen Bockhuf ist das anders… Mein derzeitiger Wissensstand:
Ein guter Teil der erworbenen Bockhufe ist korrigierbar, weil nicht wirklich die Sehne, sondern der daran anliegende Muskel verkürzt ist. Meist entstehen solche Fehlstellungen durch falsche Hufbearbeitung oder falsche Haltung. Teils gibt es diese Fehlstellung auch schon von Fohlen an, weil Fohlen auf sehr weichem Boden gehalten wurden. Da ist der Übergang zum echten Bockhuf teils schon fließend, weil dann ggf. die Sehnen nicht ausreichend gewachsen sind.
Oftmals ist der Bockhuf auch einfach der steile Huf von einem ausgeprägten High-Low-Syndrom, wobei der andere Huf dann sehr flach ist. Das ist fast immer durch eine gute Hufbearbeitung zu ändern.
Allerdings besteht oft die Angst, dass die /vermeintlich oder tatsächlich) verkürzte Sehne Schaden nehmen könnte, weshalb viele Bearbeiter ein Runtersetzen der Trachten ablehnen.

Im IG Huf Forum gibt es einen Bearbeiter, der viele Distanzpferde bearbeitet. Unter anderem auch viele, die als Folge von einem langjährigen High-Low-Syndrom oder einem Pseudo-Bockhuf platt waren. Die hat er dann radikal umgestellt und es war bisher bei allen Pferden erfolgreich, obwohl er teils sehr massiv die Trachten abgenommen hat. Er berichtete nur von einigen Tagen „Muskelkater“, weil die Muskeln sich halt anpassen mussten. Viele (oder alle? :nix:) Pferde liefen danach wieder im Distanzsport, und oftmals besser als je zuvor.
Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst in dieser Welt.
- Mahatma Ghandi
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Neddie
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von Neddie »

Danke Scheckenfan!
Also müsste man sich zum einen richtig vergewissern, ob der Bockhuf schon in der Fohlenzeit da war und zum anderen am besten vor dem Kauf klären, ob es einen Schmied/Hufbearbeiter gibt, der sich auskennt und das Pferd betreuen würde.

Morgen gehen wir uns den Buben anschauen, bin gespannt, wie die Hufe in echt aussehen.

Sonst noch jemand Meinungen/Erfahrungen mit Bockhufen?
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Kurt Tucholsky
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HP-Manu
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von HP-Manu »

ich habe schon ein paar Bockhufe korrigieren können. Angeborene sind, wie Scheckenfan schon schrieb, nicht behebbar.

Die Auswirkungen sind, dass die Hufbeinspitze zuviel Druck bekommt, es kann zu Knochenveränderungen führen. Ausserdem ist die unterschiedliche Stellung / Winkelung der Vorderhufe nicht gut für die Schulter und somit auch für den Rücken nicht gut. Hier wird es immer zu Verspannungsproblemen kommen. Die meisten Pferde zeigen auf dem Bockhuf einen kurzen Gang und haben Probleme in den Wendungen wenn sie auf dieser Hand statt finden.
Vor dem Kauf würde ich an deiner Freundin ihrer Stelle mal einen guten Hufbearbeiter mit nehmen und den drüber schauen lassen. Röntgenbilder sind auch sehr wichtig um zu sehen was das Hufbein macht, ob da schon Veränderungen da sind. Wenn ja, dann würde ich die Finger weg lassen, denn das kann auf Dauer zu unreitbarkeit führen
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Neddie
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von Neddie »

Danke Manu, auf jeden Fall sehr lehrreich. Der Bub war schon verkauft, als wir hin kamen, deshalb haben wir gar nicht erst so genau geschaut, damit keiner traurig wird.
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Kurt Tucholsky
ehem User

Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von ehem User »

Ist das Thema noch aktuell?
Ich kenn 2 Ponys mit Bockhufen. Der eine ist nun schon 20 hat vorne einseitig einen Bockhuf und läuft uneingeschränkt, lediglich enge Wendungen und krasse Stops werden nicht mehr geritten, jedoch eher wegen altersbedingter Arthrose.
Dann kenn ich eine Ponystute vorne beidseits Bockhufe, der eine mehr der andere weniger schlimm. Gerade mal 9 unreitbar lahmt auch auf der Weide zeitweise.
Bei beiden sind die Bockhufe angeboren und wurden lange Zeit nicht oder schlecht behandelt.... Mittlerweile gute Barhufpflege.
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Neddie
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von Neddie »

Der Wllach war schon verkauft, als wir da ankamen (super, was ein Glück das wir nicht so weitgefahren sind), aber interessant finde ich es dennoch. Ist ja auch für andere wichtig, zu wissen, auf was sie sich bei einem Bockhuf einlassen.
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Kurt Tucholsky
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HP-Manu
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Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von HP-Manu »

Cinnamon, ich denke, die Arthrose wird nicht altersbedingt sein, sondern durch den Bockhuf kommen. Die Belastungen der Gelenke ist um ein vielfaches stärker wie bei normalen Hufen.
ehem User

Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von ehem User »

ja, natürlich, aber mit 20 darf man auch ohne Bockhuf Arthrose haben, oder nicht?
ehem User

Re: Auswirkungen eines Bockhufs

Beitrag von ehem User »

Auch wenn es schon nicht mehr aktuell ist, möchte ich auch noch was dazu schreiben.

Angeborene Bockhufe sind korrigierbar - aber sofort, beim Züchter!
Manchen Fohlen werden die Beine gegipst, es gibt die Möglichkeit, vom TA ein (ich nenne es jetzt nicht genauer, weil es sonst wieder Spezialisten gibt, die es so irgendwie herbeiorganisieren ohne TA, und das ist gefährlich) Mittelchen bekommen, was die Sehnen noch erweichen kann. Das in Kombi mit Gips oder Bockhufschuh kann beim jungen Fohlen (bis ca 6 Monate) noch helfen. Danach wird es schwierig.

Angeborene Bockhufe sind nach der Geburt zu sehen. Müssen also sofort korrigiert werden, es gibt gute Erfolge, es gibt aber eben auch echt missgebildete Fohlen, bei denen es keinen Sinn macht.

Erworbene Bockhufe haben immer eine Ursache.

Ob schnelles Wachstum, nur weicher Boden (kein Bodengegendruck), mangelnde Hufbearbeitung im Aufzuchtalter, hochfüttern, Verletzungen (sehr häufig, oft im Schulterbereich) usw.
Es gibt Gelenkchips, die zur Schonhaltung verleiten, und nen Bockhuf "basteln".
Es gibt Sehnenschäden, Verletzungen im Hufrollebereich...

Alles, was das Pferd dazu bringt, den hinteren bereich des Hufes weniger zu belasten.

Auch aus ner ausgeprägten high-low-Problematik entstehen Bockhufe.

Echter Bockhuf ist ein >60°Winkel der Hufbeinvorderseite zum Boden, bei dem das Hufbein in der Beinachse rotiert ist, ähnlich wie bei einer Hufbeinrotation beim Rehehuf.
Ein "unechter" Bockhuf ist ein steiler Huf ohne Achsbrechung >60°.

Auswirkungen des Bockhufes ist i.d.R. ein ungleicher Gang, der das Pferd zur Fehlhaltung verleitet. Es rollt unterschiedlich ab, die Bewegungsbögen sind verschieden, dadurch (Pferd versucht zu kompensieren) wird Schulter unterschiedlich belastet, oft sieht man deutlich unterschiedlichn hohe Schulterblätter, auch das Sternum ist oft schief. Blockaden können sich überall hin manifestieren.
Der Huf und das Bein wird fehlbelastet, oft sogar schief in den Gelenken. dadurch gibt es Arthrosen langfristig, oft ja Zehenfußung, die wiederum massive Belastungen und Überbelastungen in den Gelenken, Bändern und Sehnen bedeutet. Hufrollenprobleme sind die Folge. Strahlbeinzysten kommen oft vor. Neben Trachtenzwang, Strahlproblemen usw.

Die Hufbeinspitze wird zu steil auf den Boden gedonnert beim Auffussen, die Hornzehe raspelt sich schneller weg, das Hufbein und der vordere Hufbereich sind nicht dafür geeignet, drauf zu landen. Es kommt zu Umbauten in der Hufbeinspitze, oft mit Auflösung im Hufbeinspitzenbereich, es gibt evtl. Hornsäulen durch die Überbelastung und die Erschütterungen in Kombi mit der Auflösung.

Man erhält, wenn nicht von Anfang an ein Bockhuf bekämpft wird, damit er gar nicht erst entsteht, eine ähnliche Problematik wie beim chronischen Rehehuf. :( Ein seitig meist, dadurch eben die ganzen Körperprobleme.

Man muss also die Ursache suchen, finden und bekämpfen. Dann hat man gute Chancen, solange da noch keine Langzeitschäden im Knochen manifestiert sind, den Bockhuf wieder loszuwerden. Aber es braucht eine fachlich kompetente Zusammenarbeit zwischen Hufmensch, Besitzer, Physio, Osteo usw. Und gutes Reiten, um die Schiefe und Fehlhaltung dann gut gymnastizieren zu können...

Man muss sich ehrlich und selbstkritisch fragen, ob man dem gewachsen ist.

und als Züchter/ Pferdebesitzer muss man die Hufe nicht blind einem Profi überlassen, sondern immer kritisch schauen und zur Not rechtzeitig die reissleine nehmen. Gerade bei Fohlen und Jungpferden sind oft gaaanz schlimme Zustände an den Hufen. Dabei gilt doch: "No Frog, no hoof. No hoof, no horse."
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