Legerté

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cabrito
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Re: Legerté

Beitrag von cabrito »

@Neira: Ich glaube, das ist eine Frage, über die man Abhandlungen schreiben kann...Wenn Du einen Verfechter der Reiterei mit Gebiß fragst, sagst der/die bestimmt "Es ist nur mit Gebiß möglich", fragst Du einen, der die gebißlose Reiterei bevorzugt, sagt er/sie bestimmt "feines Reiten ist nur ohne Gebiß möglich". Ich glaube, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen, es hängt immer ab von Pferd und Reiten und auch von der jeweiligen Situation. Der Kleine, den ich reiten darf, ist das beste Beispiel. Früher hätte er sich eher umbringen lassen, bevor er freiwillig son Dings ins Maul genommen hätte, heute kann es ihm beim Trensen nicht schnell genug gehen, er lutscht zufrieden darauf herum und zeigt, deutlich, dass er auch im Gelände das Glücksrad nicht mehr möchte! :snooty: Meine kleine Frida wird logischerweise später auf dem Kappzaum anlongiert und für die Reiterei vorbereitet, ich kann mir auch gut vorstellen, dass ich grade über die Zahnwechsel erstmal beim gebißlosen Reiten bleibe oder eben zwischendurch wechsel....

LG cabrito (die sich wundert, wie viele nach der Légèreté reiten, sie fühlte sich bis jetzt immer sehr "alleine" :-D )
ehem User

Re: Legerté

Beitrag von ehem User »

Das hört sich hier ja alles interessant an. Von der Reitweise hab ich schon einiges gehört, aber noch nie was gesehen. Habt ihr Buchempfehlungen oder Internetseiten, wo man sich alles genauer ansehen/belesen kann!?

Und dann müsste ich erst mal jemand finden, der die Reiweise in meiner Nähe lehrt!?:-(
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jaz
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Re: Legerté

Beitrag von jaz »

Philippe Karl "Irrwege der modernen Dressur: Die Suche nach der klassischen Alternative"
Philippe Karl "Klassische Dressur, 1-4, 4 DVDs"

http://www.philippe-karl.com/
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Schattenstern
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Re: Legerté

Beitrag von Schattenstern »

Durchs veiele Mitlesen bin ich ja auch ein wenig Neugierig geworden, was die Reiterei nach PK angeht... So ganz wäre es glaub ich nicht meins, aber die Abkauübungen am Boden fand ich überaus interessant. Zumal meine Stute ihren Kopf immer sehr hoch trägt (typisch Friese, wie ich herausgefunden habe), und ihn gerade beim Reiten nicht herunternehmen will.
Habe bisher dieses Video gesehen und das mal mit meiner Stute ausprobiert. Dass der Kopf beim Abkauen lassen hoch geht ist normal? Sorry wenn ich so doofe Fragen stelle, bin da echt noch Neuling :oops:
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Muriel
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Re: Legerté

Beitrag von Muriel »

Ein wesentlicher Unterschied von "Englisch" zur Legerete ist dass nicht die Durchlässigkeit des Genicks im Vordergrund oder im Ziel der Zügeleinwirkung steht, sondern das Nachgeben im Unterkiefer. Durch das sanfte Kauen des Gebisses werden die mit dem Zungenbein verbundenen langen Kehlmuskeln bis hin zum Brustbein gelöst. Es gibt keine "richtige" Kopfposition, sondern das Pferd wird in Beizäumungshaltung gehen, wenn es vom Rücken her die relative Aufrichtung und die richtige Spannung findet.
Was nur unter allen Umständen vermieden werden soll ist das Aufrollen oder hinter der Senkrechte gehen.

Weil dieses Lösen des Unterkiefers so wichtig ist und auch in der späteren Ausbildung immer wieder als Prüfstein für die erreichte Lockerheit und Leichtigkeit eingesetzt wird, hat das Reiten mit einer gebisslosen Zäumung hier einfach seine Grenzen, denn damit kann zwar vieles erreicht werden, aber es wirkt trotzdem immer über das Genick und den Nasenrücken, was eben eine andere muskuläre Antwort gibt.

In der Legerete geht es sehr viel um Balance. Um die Schulterbalance rechts/links, um die Balance vorne/hinten. Das Pferd soll seinen Hals als Balancierstange selbst tragen und sich damit im Gesamten besser ausbalancieren. Indem der Reiter über die Abkauübungen und die Flexionen sowohl die Schulterbalance, die Losgelassenheit usw verbessern kann, kann er den Hals "bedienbar" machen und damit die Gesamtbalance verbessern. Grundlegend gilt: Geht die Balance in höherer Gangart verloren, zurück zur niedrigeren, bis hin zum Halten, wenn es nötig ist. Im Halten kann man dann wieder eine bessere Balance herstellen, aus der dann wieder angeritten wird. Es gibt also kein rundenlanges Traben zum Lösen, damit man dann irgendwann endlich mal gute Momente bekommt oder das Pferd nach einigen Jahren Arbeit nicht mehr auf der Vorhand herumlaufen muss. Es wird von Anfang an über die genannten übungen (und dann die Seitengänge) am Heben des Brustkorbs, der Vorhand gearbeitet. Das bewirkt erstaunlich viel, denn ein Pferd das in der Vorhand frei wird, muss sich nicht komplett über den langen Hebel über den Rücken tragen, sondern es wird als Gesamtstatik auf vier Säulen betrachtet. Die FN-Reitlehre arbeitet dagegen über den langen Rückenhebel und das Nackenband, und viele Pferde schaffen es nie, sich wirklich so zu heben, dass sie jemals zu einer anatomisch korrekten relativen Aufrichtung in Versammlung kommen.
Deshalb kommen manche Reiter mit der Legerete zu schnellen Ergebnissen, wo sie vorher jahrelang gekämpft haben um das Pferd leicht am Zügel zu machen, ohne dass es abtaucht.

ganz grob zusammengefasst kann man noch sagen: Es werden die Hindernisse vorne beseitigt, damit der Schwung und die Kraft von hinten ungehindert fliessen kann. Denn auch hier gilt immer von hinten nach vorne zu reiten. Aber es wird mit dem Thema Muskelaufbau und -einsatz eben völlig anders umgegangen, und das ist für viele unglaublich schwer zu akzeptieren.
"Gegen Zielsetzungen ist nichts einzuwenden, sofern man sich dadurch nicht von interessanten Umwegen abhalten lässt."
M. Twain
ehem User

Re: Legerté

Beitrag von ehem User »

wow, super erklärt, muriel! :gut: vor allem der unterschied zwischen FN und Legerete wird total gut deutlich!
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Maxima
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Re: Legerté

Beitrag von Maxima »

Muriel, super hast Du das erklärt, ganz vielen Dank dafür!
Liebe Grüße
Ulla

Wir werden in Ewigkeiten nicht mehr gut machen können, was wir den Tieren angetan haben. (Mark Twain)

Maximas Tagebuch
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Pirat
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Re: Legerté

Beitrag von Pirat »

Valli hat geschrieben:wow, super erklärt, muriel! :gut: vor allem der unterschied zwischen FN und Legerete wird total gut deutlich!
dem schliesse ich mich einfach mal an :gut:

kann mir jetzt auch noch einer erklären wo ich da sally swift´s CR einordnen kann?
oder ist das einfach "zusätzlich", eine reine "sitzschulung" ?
ehem User

Re: Legerté

Beitrag von ehem User »

Pirat hat geschrieben:
kann mir jetzt auch noch einer erklären wo ich da sally swift´s CR einordnen kann?
oder ist das einfach "zusätzlich", eine reine "sitzschulung" ?
nein, das ist es so wie ich das verstanden habe nicht.
ich habe im wzp von meinen erfahrungen mit der legerete erzählt, und da hat mit eine frau geantwortet, die CR praktiziert, die gesagt hat: "aber ist es nicht schöner, das alles (also das von mir beschriebene endergebnis) nur durch den reitersitz zu erreichen?" das hat mir sehr zu denken gegeben. und an ihrer antwort kann man ja sehen, dass sie sich von der legerete deutlich abgegrenzt hat.
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