Seite 1 von 3

Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 11:02
von Sky4ever
Mein Youngster, ein 5jähriger Islandwallach, wurde in diesem Jahr angeritten. Wir befinden uns jetzt in der Phase, wo wir gemeinsame Ausritte starten. Als Handpferd und vom Spazierengehen kennt er schon das Gelände recht gut.

Er ist auch relativ gelassen und cool, aber hin und wieder gibt es nunmal doch Situationen, wo er sich erschreckt. Dies zeigt er dann, in dem er einen Seitensprung macht. Einmal ist auch auch kurz losgaloppiert, hat sich aber sofort wieder durchparieren lassen.

Insgesamt muss ich wirklich sagen, dass er sich nach dem Erschrecken sehr schnell wieder beruhigt und entspannt weiter geht.

Ich reagiere auf den Seitensprung mit ruhigem Sprechen, Halskraulen, und wenn er dann ein paar Schritte in Richtung "Gefahr" gegangen ist, mit Anhalten und :keks: . Danach ist ein normales Weitergehen meist möglich. Ansonsten weiter Sprechen, Kraulen, Anhalten auf Kommando und Keks.

Jetzt sagte mit jemand, dass ich mir dadurch den Kleinen ja zum "Scheuen" erziehen würde, denn ich würde ja sein Erschrecken belohnen.

Wie steht Ihr dazu?
Wie reagiert Ihr auf ein Erschreckenn Eurer Pferde? :-e

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 11:08
von Muriel
Ich reagiere auf den Seitensprung mit ruhigem Sprechen, Halskraulen, und wenn er dann ein paar Schritte in Richtung "Gefahr" gegangen ist, mit Anhalten und . Danach ist ein normales Weitergehen meist möglich. Ansonsten weiter Sprechen, Kraulen, Anhalten auf Kommando und Keks.

Jetzt sagte mit jemand, dass ich mir dadurch den Kleinen ja zum "Scheuen" erziehen würde, denn ich würde ja sein Erschrecken belohnen.
das würdest du tun, wenn Du unmittelbar nach dem Scheuen Loben und keksen würdest. Das tust Du aber nicht. Du belohnst dass Du wieder seine Aufmerksamkeit hast und dass er wieder in der Lage ist, Dir zuzuhören (Anhalten auf Kommando).
Damit bringst du seine Bereitschaft hoch, nach einem Erschrecken sich schnell wieder "herunterzufahren".

ich sehe da nichts Verkehrtes daran.

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 11:22
von Cate
*murielzustimm*


Ist derjenige welcher dir das gesagt hat, vielleicht eher ein Anhänger der "Dominaztruppe"? :mrgreen:
Es ist zwar die gängige Lehrmeinung, dass man damit Pferde zum Scheuen erzieht, ich seh das aber wie Muriel - du belohnst und bestärkst das sich-beruhigen, die-aufmerksamkeit-dir-zuwenden und auf lange Sicht gibst du so deinem Youngster mehr Sicherheit und baust mehr Vertrauen zu dir auf.

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 11:39
von Equester
Schnelle Fluchtreaktionen hat die Pferde über Millionen von Jahren vor Freßfeinden gerettet, also ist die Reaktion Deinen Pferdes völlig normal und ein gutes Zeichen für gut ausgeprägte Instinkte. Leider kollidieren diese Instinkte öfter mal mit unseren Interessen, deshalb versuchen wir meistens, solche Reaktionen zu unterdrücken.
Ich habe ein absolutes Verlaßpferd, welches im Gelände lediglich aufmerksam ist. Er ist schon etwas älter und abgeklärt und trotzdem erschreckt er sich auch mal (wie bei unserem letzten Ausritt, wo ich so entspannt war, dass es mich fast rückwärts aus dem Sattel geschoben hat, als er sich vor einer auffliegenden Ente erschrocken hat ;) ). Wir haben uns danach beide gegenseitig beruhigt und danach ging es weiter. Ich finde es eine schöne Geste, wenn man hinterher dem Pferd sagt, dass nichts Schlimmes passiert ist und der Ausritt weiter gehen kann. Leute, die die These aufstellen, dass man damit das Erschrecken geradezu herausfordert, sind meistens Leute, die ununterbrochen die Gegend intensiv scannen und bei jedem Geräusch sofort reagieren (meistens da, wo das Pferd noch überhaupt nichts angezeigt hat) und aus Unsicherheit oder Angst versuchen zu verhindern, was vielleicht kommen könnte. Mal durch übermäßiges "beruhigen", mal durch gröbere Handlungen. Aber beides führt in der Regel nur dazu, dass das Pferd dann erst richtig aufgezogen ist und dann ist die Gefahr des Hopsens ungleich höher. In sofern haben diese Leute mit ihrer Aussage nicht wirklich unrecht, dass das Scheuen anerzogen wird ........

Das jeweilige Pferd würde dann vielleicht gerne mal sagen :mitprofi: ;)

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 15:47
von Hina_DK
Ich kenne das Problem mit unserem Jungspund ja auch.
Ich finde, mit dem Lob kommt es ganz darauf an, wann man lobt. Macht man es sofort nach dem Seitensprung, ist das Signal, das da ankommt, sicher nicht das gewünschte. Machst Du es, wenn Du ihn wieder an den Hilfen hast, finde ich es gut. Allerdings würde ich nicht auf jedes "gefährliche" Hindernis so reagieren, indem ich das Pferd dann noch bewusst damit weiter konfrontiere. Damit meine ich, signalisiert man viel eher, au weia, da ist was, was auch ich nicht so ganz o.k. finde, deshalb bin auch ich jetzt ganz besonders aufmersam, schauen wir uns das doch mal genauer an, ob es tatsächlich gefährlich ist. Nö, ist es nicht, na gut, dann können wir ja weiterreiten. Nach meinem Bauchgefühl würde ich sagen, am Gespenst ganz selbstbewusst vorbei reiten, auch wenn das Pferd sich davor erschreckt. Das macht es wahrscheinlich auf dem Rückweg genauso, auch, wenn man es sich genauer angeschaut hat. Dann kommt das gefährliche Teil eben von der anderen Seite und ist etwas gaaaaaanz anderes. Meiner Meinung nach wird ein Pferd gelassener, je gelassener ich da oben sitze und dem Pferd signalisiere, dass es keinen Grund gibt, sich aufzuregen und wir unseren Weg unbeirrt weiterziehen können. Aber ich weiß, das ist richtig schwierig. Wir haben das Problem sogar schon beim Spazieren gehen. Ich hab nur gemerkt, als ich auch mal angehalten habe und ihn konfrontiert habe, dass es dann noch verrückter wurde. Als wir uns angewöhnten, daraus keine große Aktion zu machen, wurde es besser. Trotzdem ist er noch reichlich Schisser. Das ganze Gegenteil ist der ältere. Den haut so gar nichts um. Der würde sich sogar von einem Mähdrescher umfahren lassen. Den muss ich dann immer mal mit ner halben Parade drauf aufmerksam machen, dass da gleich was abgeht und wir lieber mal Platz machen sollten ;) .

LG Hina

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 21:33
von Grinsekatze
Ich stimme Hina_DK zu! Gut beschrieben!!

Ich denke auch nicht, dass du ihn zum Scheuen erziehst, wenn du im richtigen Moment des Wieder-Zuhörens lobst!

Ich kenne aber einige Reiter, die sich selber vor der Raektion des Pferdes so fürchten oder sich gerade miterschreckt haben, dass sie dann erstmal "beruhigen". Sprich: total nervös und mit unsicherer Stimme dem Pferd sagen, dass dort nichts ist, selbst aber total angespannt hinstarren und fahrig kraulen.

Ich fahre da lieber so wie Hina: gar kein großes Thema draus machen und vorbei reiten. Jedes Pferd erschrickt sich mal, ein junges eben öfter. Erst wenn das nicht mehr geht, weil Pferd sich weigert, lasse ich mir Zeit.
Dann lasse ich stehen und schauen, sitze oben wie der sprichwörtliche Kartoffelsack (also lässig, und ja, bei einem erneuten Satz würde es mich wahrscheinlich runterhauen) und gähne oben. Das entspannt mich und meine Atmung und damit auch immer ganz schnell das Pferd.
Wenn wir mit einem anderen Pferd unterwegs sind, drehe ich mich oft zur Mitreiterin um, eine Hand auf der Kruppe von ihr abgestützt und unterhalte mich.
Irgendwann kommt dann der Moment, wo das Pferd auf eine Vorwärtshilfe wieder einen Schritt vor macht: Keks und wieder stehen lassen falls nötig, ich spiele wieder Mehlsack.
Klar kann ich mir das auch nur leisten, weil sie beim Erschrecken auch nur einen Satz nimmt und dann schaut, anstatt gleich loszufetzen!
Dann stände ich mit meiner Methode eher doof da... ;)

Mir ist selten passiert, dass ein Pferd während der Sack-Session noch einen Satz nimmt.
Bei den "Beruhigern" sehe ich das öfter.

Ich denke, daher kommt die Theorie, dass man sie durch "loben" zum Scheuen animiert.

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 22:36
von ehem User
Ich hab mir bei meinem damals den Keks gespart, hatte mein Lobwort bis dato fest verankert und habe dann immer Wert darauf gelegt, jedes "Monster" solange zu untersuchen, bis es absolut unspannend war. Er hat vorher gelernt gehabt, dass man mit Flucht das Monster ger nicht loswird, und er ist nie in die Situation gekommen, wirklich fliehen zu müssen. hab vorher immer angehalten.

In der Ruhe liegt die Kraft! :-D

Wir halten immer an, drehen uns in Richtung des (evtl.) Monsters, so dass er es sehen konnte und er sich erst drehen müsste zum Fliehen, und dann arbeiten wir uns hin, sobald er ruhig wird.

ich habe dann damals, nachdem er das Monster (ob gelbe Säcke, Anhänger, Reisighaufen, Wäscheleinen (hab immer gebetet, dass die Wäschebesitzer nicht sehen, wie ich ihn in der Nähe schnüffeln lasse... ;) ) ) untersucht und dran geschnüffelt hatte, ihn daneben grasen lassen, weil er durch das Kauen wirklich Ruhe reinbekommt.

Das hat super geklappt, er hat richtig Freude am Monster entdecken, GHP mit note 1 bestanden, weil er echt Vertrauen bekommen hat, und mutig und selbstsicher geworden ist. Aber er ist auch echt schlau! Und so hat er die Zusammenhänge dann doch begriffen und hat plötzlich immer auf saftigem Gras Monster gesehen... :lol: und zeitgleich mit dem ersten Panikschnauber schon hungrig mit offenem Maul den Kopf Richtung Gras geneigt!
Das war der Moment, als das Grasen eingestellt wurde! :lol: Ich hab ihm dann seine Angst nicht mehr abgekauft!

LG

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 22:56
von Hina_DK
Glücklich, wer das selbe als Monster identifiziert, wie sein Pferd. Mein Jungspund entwickelt da leider ganz eigene Vorstellungen. Planen, wedelnde Wäsche, bunte Säcke o.ä. kein Grund für ihn unruhig zu werden. Dafür hüpft er dann rum, wenn ein Flugzeug ganz hoch oben am Himmel erscheint oder ein Marderhund seine Spuren im Feld hinterlassen hat oder weit weg im Wäldchen der dort wohnende Fasan mal wieder rumkräht, ja selbst Gerüche. Wir werden uns da irgendwie nicht wirklich einig ;) .

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 23:25
von Reitmaus
SilentDee hat geschrieben: ...immer Wert darauf gelegt, jedes "Monster" solange zu untersuchen, bis es absolut unspannend war. ...
Hmja, wie lässt man ein Pferd einen Spaziergänger, dessen Kopf in 2 km Entfernung über dem Kornfeld zu sehen ist, untersuchen? Oder ein Crossmotorrad das mit Überschallgeschwindigkeit mit 1 m Abstand an uns vorbei schiesst....

Ich verfahre nach der "be strict"-Methode (M.Geitner), und so nach und nach funktioniert das immer besser. Ich "warte" noch darauf, dass irgendwann mal ein Freiballon in unmittelbarer Nähe runtergeht (passiert hier schonmal, aber noch nie per Pferd erlebt) oder dass hier mal wieder Manöver ist und die grünen Männchen "tückisch" reglos im Gebüsch stecken, vielleicht noch eine Salve abfeuern....(passiert hier in der Gegend auch zuweilen, aber seit wir die Pferde haben war noch nix wieder. Ist vermutlich eine Frage der Zeit. Hoffe dass wir bis dahin 1.000%iges Vertrauen zustande bekommen haben.).

Re: Pferd erschrickt - und nun???

Verfasst: Di 5. Jun 2012, 23:35
von Hina_DK
Reitmaus hat geschrieben:oder dass hier mal wieder Manöver ist und die grünen Männchen "tückisch" reglos im Gebüsch stecken, vielleicht noch eine Salve abfeuern....(passiert hier in der Gegend auch zuweilen, aber seit wir die Pferde haben war noch nix wieder. Ist vermutlich eine Frage der Zeit. Hoffe dass wir bis dahin 1.000%iges Vertrauen zustande bekommen haben.).
Oh, das haben wir gerade erst vor wenigen Wochen gehabt. Die haben die halbe Nacht geballert und morgens fand keiner mehr seine Pferde zum Frühstück. Die sind alle durch die Zäune und haben sich wo anders eingeladen. Allerdings hätte ich da auch wirklich keine Ambitionen, das Monster untersuchen zu müssen ;) .