Gestern hatten wir wieder unsern Tellington-Fortgeschrittenen-Kurs:
Hannah nahm sich wieder ihr Lieblingspferd, einen Traberwallach, der bisher wenig händelbar war. Er konnte nicht still stehen, auch nicht beim Putzen, er grantelte immer rum, scharrte, biß beim Satteln, wollte sich nicht wirklich anfassen lassen und rannte auch beim Führen immer direkt im Stechschritt los. Unter dem Reiter sowieso. Niemand wollte wirklich was mit ihm zu tun haben.
Bis er das große Glück hatte, in den Tellington-Fortgeschrittene-Kurs zu kommen, aus der Riege der Kursteilnehmer eine RB zu bekommen und zwischen den Kursen immer wieder von einigen Teilnehmern besucht zu werden.
Inzwischen, nach gut einem halben Jahr, ist er ein anderes Pferd geworden. Ruhig, gelassen und lieb. Selbst in den Angie-Kinderkursen kann er jetzt eingesetzt werden. Und während ihn früher niemand zugeteilt bekommen wollte, reißen sich jetzt die Kinder um ihn.
Aber zurück zu gestern:
Auf unserm Programm stand longieren. Wir hatten die Pferde jetzt 6 Wochen nicht gesehen und sollten uns ein Bild von ihren körperlichen Veränderungen machen. Zu Anfang führten wir die Pferde durchs Labyrinth und später wurde um große Stangenzirkel longiert. Dabei beobachteten wir die Tiere und überlegten uns, wie wir ihre Auffälligkeiten mit Hilfe der tellington-Arbeit unterstützen könnten.
Ich hatte mich, wie immer , einer lieben Stute zugewand. Hannah sah ich nur aus dem Augenwinkel. Sie war allein mit Monch, dem Traber, und ich sah sie immer wieder die verschiedensten Touches ausführen. Irgendwann standen die Beiden nur noch voreinander und Hannah machte irgendwas an Monschis Ohren. Der stand vor ihr, den Kopf fast bis zumBoden hängend.
Dann wurde ich Hannah zugeteilt, weil sie einen Helfer für die "Brieftaube" brauchte. Monchi ist eigentlich nicht mein Lieblingspferd, aber zusammen mit hannah war das ok für mich.
Ich näherte mich diesem Schlachtschiff langsam und freundlich, da ich wußte, dass er verschiedene Berührungen gar nicht ab kann, wie z.B. das beliebte Halsklopfen. Er wendete mir tatsächlich seinen Kopf zu und begrüßte mich.
" Du bist willkommen" übersetzte Hannah.
Monchi drehte seinen Kopf komisch.
" Er möchte, dass du ihn am linken Ohr kratzt"
Ich kratzte.
Er drehte seinen Kopf nach unten, eigentlich von mir weg.
"Du sollst tiefer ins Ohr gehen."
Ich puhlte mich in die Tiefen dieses riesigen Pferdeohrs vor. Monchi blickte entzückt.
"Jetzt fangt mal an" rief die Kursleitern
"Geht jetzt nicht" rief Hannah zurück
Irgendwann trat Monchi rückwärts und drehte wieder den Kopf komisch.
"Er möchte jetzt im rechten Ohr gekratzt werden."
Ich kroch brav mit den Fingern in die Tiefen des rechten Ohrs, erstaunt, was dieser Riese mir da so mitteilte. Ohne Hannahs Übersetzung, hätte ich das so niemals gemacht. Wahrscheinlich hätte ich eher geglaubt, er wolle sich an mir scheuern und hätte das untersagt. So hatte ich einen freund gewonnen.
Irgendwann, während sein Kopf auf Bodenhöhe schwebte, fing er an, sein Maul gegen mein Bein zu drücken und daran rumzumachen. Das war mir sehr suspekt und ich fragte Hannah, was ich tun solle.
"Er will offensichtlich, dass du was mit seinem Maul machst."
Ich versuchte Abkauen, Zahnfleischtouch, Nüsternreiben, traf aber offensichtlich nicht seine Wünsche. Irgendwann haute er seine Zähne ganz verzweifelt ins Holz der Reitplatzumrandung.
"Er will irgendwo einen Druck", meinte Hannah.
Und richtig: Er wollte, dass wir seine Oberlippe mit ziemlich festem Druck gegen seinen Oberkiefer drückten. Da hielt er ganz still.
Später beim Touchen des Rückens entzog er sich ein paar mal durch Rückwärtsgehen.
"Manchmal mag er keine Handflächen auf seinr Haut. Nimm mal den Handrücken"
Und richtig! Mit dem Handrücken konnte ich Reiben, Drücken, Kreisen!
Ohne meine Überstzerin hätte ich und wahrscheinlich viele andere auch, bei diesem Pferd so vieles falsch gemacht. Wir hätten ihn nicht verstanden!!!!!!!!!!!!
Das größte Geschenk machte er mir später. Hannah hatte ihn einige Runden longiert und wie zu erwarten, kamen die Beiden gut zurecht. Dann sollte ich ihn longieren. Und ehrlich! Ich war aufgeregt und kam mir vor, wie der letzte Körpersprachen-Legasteniker!
Mit meiner Übersetzerin im Rücken begann ich das Riesenroß zu longieren und er schenkte mir etwas, was mich bis jetzt noch sehr sehr berührt und mir einen Klos im Hals macht:
Er hörte
mir zu und versuchte, mich zu verstehen!!!!!!!!!!!!!
Er, der sein Leben lang von Menschen nicht verstanden worden war!!!!!!!!!!
Mich, mit meiner schlechten körpersprachlichen Ausdrucksweise. Das hat mich ganz tief in meinem Innersten berührt und ich war ihm unendlich dankbar, für diese Erfahrung!!!!!!!!!!!!!!!!!
Später standen wir noch in der Gruppe zusammen, die Pferde am langen Strick hinter uns. Monchi stand ganz dicht hinter Hannah, die Hände auf dem Rücken hielt, und hat seine Nase in ihren Händen abgestützt.