Pferd wird Wütend

[Integra]

Hallo ihr Lieben,

in letzter Zeit muss ich immer häufiger feststellen, das mein Kleiner stinke wütend wird, wenn eine Übung nicht so klappt oder er mal wieder stolpert, die neuste Marotte ist fest machen und Zähne klappern und jedes mal wenn er sich verstolpert heftigst mit dem Kopf schlagen und laut schnauben...

Also sowas habe ich bisher noch nicht erlebt, das ein Pferd so wütend wird, weil etwas nicht so klappt wie er es will, er wirkt immer so wie ein kleines Kind, welches sich schreiend auf den Boden wirft und mit Händen und Füßen Trommelt so ungefähr

Ich bin im Moment etwas Ratlos und weiß nicht ob ich weiter daran arbeiten soll oder soll ich ihn lieber eine Weile wegstellen (also nur Pflege und betüddeln, nicht arbeiten)

Habt ihr sowas schonmal erlebt? und was habt ihr gemacht?

LG
Integra

[Fionnlagh]

Meiner wird auch gern mal wütend, wenn es nicht richtig klappt.
Ich seh das nicht so tragisch . Versuche dann einfach, ihn aus der Situation raus zu holen, was anderes zu machen und später oder an einem anderen Tag es nochmal zu versuchen. Aber ich überleg mir davor, ob es eine Möglichkeit gibt, es ihm einfacher zu machen, die Übung in kleinere Teile zerlegen oder so.
So haben wir das eigentlich sehr gut unter Kontrolle gebracht und er wird bei weitem nicht mehr so grantig wie früher mal.

[kolyma]

Was heißt denn Stolpern? Stolpert das Pferd denn häufig? Und wenn ja - bist du der Sache schon mal auf den Grund gegangen?

[Nelchen]

Es wäre die Frage,ob dein Pferd tatsächlich "wütend" wird,oder ob es eine Schmerzreaktion sein könnte, oder er auf deine Körpersprache reagiert. Ich habe in den vielen Jahren,in denen ich mit Pferden zu tun habe, noch keins getroffen,welches "wütend" wird, weil es eine von Menschen gestellte Aufgabe nicht "richtig" ausführt.
Eine Reaktion, die der Mensch "wütend" nennt,hat bei Pferden meist nicht die Ursache, die es bei einem Menschen hätte.

[Romy]

Mir hilft da etwas, das ich vor Jahren von einer Freundin gelernt habe, die neulich verstorben ist: Lachen. Und damit meine ich nicht, das Pferd auszulachen, sondern dieses fröhliche, liebevolle Kichern von "Ups, mein Schatz, na das war aber anders als ich dachte..." und am besten kommt dann gleich noch eine Belohnung hinterher. Diese verteile ich ohnehin vor allem nach dem Kriterium, wie gut ich mich mit dem fühle, was das Pferd tut. Wenn es für mich keine falschen oder nicht-erfolgreichen Reaktionen mehr gibt, beseitigt das zumindest für die Pferde mit denen ich bisher zu tun hatte die Probleme im Umgang mit Misserfolg.

[kolyma]

Ich denke auch - man sollte vorsichtig sein mit der Interpretation von Gefühl. Das kann man sehr schnell missdeuten. Vor allem sollte man keine menschlichen Maßstäbe ansetzen. Wut über eine verpatzte Aufgabe ist, denke ich, eher eine menschliche Gefühlsregung.
Ich würde mich dennoch auf das Stolpern konzentrieren und die Reaktion des Pferdes möglich frei von Interpretationen betrachten:

Es klappert mit den Zähnen, schlägt mit dem Kopf > das kann durchaus eine Schmerzreaktion sein. Möglicher Weise kann das auch darauf hindeuten, dass er bereits mit der Kraft am Ende ist - Überforderung.

Ich hatte mit 15 einen Rentner übernommen, der früher S-Dressur lief. Immer beim fliegenden Galoppwechsel hat er, wenn es nicht geklappt hat, ausgekeilt. Ich dachte erst, dass er sich ärgert. Hat sich genau so angefühlt - nach dem Motto: "So ein Mist aber auch!"
Letztendlich wars eine Schmerzreaktion aufgrund seiner Arthrose...

Bevor nicht alle körperlichen Ursachen ausgeschlossen sind, würde ich nicht irgendwas interpretieren. Das kann nach hinten los gehen. Vor allem häufiges Stolpern - da klingeln bei mir alle Warnglocken...

[Fionnlagh]

Mh
Vielleicht ist "wütend" ein zu starkes Wort?
Ihr kennt doch auch die Reaktion, wenn ein Pferd einfach nicht versteht, was man von ihm will und das dann entsprechend kund tut? Meiner wird dann zB hapsig . Hat natürlich was mit Überforderung zu tun und damit dass ich zu viel erwarte und führt natürlich dazu, dass ich mir überlegen muss, wie ich die Sache anders angehe, ist also meine schuld. Aber das "Genervtsein" (vielleicht das bessere Wort) kenn ich von meinem Pferd sehr wohl sehr genau. Der ist halt sehr expressiv in seiner Ausdrucksweise, was sicher nicht jedes Pferd ist.

Heißt aber natürlich nicht, dass man den körperlichen/gesundheitlichen Aspekt außer acht lassen sollte

[Pirat]

ja, meiner wird auch gerne hapsig, wenn es ihm zu stressig wird.
und zwar egal, ob der stress von außen kommt (flügelschlagende gänse ) oder bei einer übung.

und ich arbeite gerade mit einer jungen stute, die auch "wütend" wird.
da wird gestampft und mit dem kopf geschlenkert!

aber: je weniger energie ich dann da reingebe, je mehr ich dieses verhalten ignoriere und abwartend, mich fast "abwesend" verhalte, desto ruhiger wird sie wieder.
daher schließe ich schmerzen bei ihr völlig aus.

[Integra]

Hi,

durchaus möglich das evtl. auch Schmerz eine Rolle spielt. (möglich auch durch die Hufknorpelverknöcherung oder/und dem Strahlpilz)

Es wirkt jedoch sehr wie Wut, da er sich da richtig reinsteigert und es bei jedem Mal, wo er eine Übung nicht richtig hinbekommt dieses Verhalten noch mehr zeigt, auch das er unaufgefordert die verpatzte Übung immer wieder wiederholt.(so das ich ihn bremsen muss)
Letztens hatten wir Probleme mit einer einfachen Stange, er ist immer wieder drauf getreten, statt drüber und es sah aus als verzweifle er an dieser Übung, er musste danach auch erstmal kuscheln kommen und sich "ausheulen".

Ich habe mich jetzt dazu entschieden, mich erstmal nur um seine Gesundheit zu kümmern und das Training in den Hintergrund schieben, ich möchte nicht das er die Motivation verliert.

LG
Integra

[kolyma]

Klingt ja schon danach, dass er im Training sehr viel Druck verspürt.
Aufgabenstellungen müssen natürlich immer lösbar sein. Wenn die Aufgabe für das Pferd nicht lösbar ist, muss man als Mensch möglichst schnell reagieren und auch nach den Ursachen forschen. Wenn ein Pferd eine relativ einfache Aufgabe nicht meistern kann, könnte etwas gesundheitliches nicht stimmen. Angefangen von Schmerzen bis hin zu Koordinations- und Sehschwächen.

Und woher dieser innere Druck kommt wäre auch interessant. Vielleicht wurde er als Jungpferd zu früh in Arbeit genommen? Leider sehe ich bei schweren Pferden oft, dass diese bereits früh angeritten werden. Eine Überforderung (muss nicht mal reiten sein, kann auch durch zu frühe Arbeit mit dem Menschen allgmein, Bodenarbeit, HMS usw.) im Jungpferdealter kann sich natürlich auch so ihre Bahn brechen. Mitunter merkt man das erst Jahre zu spät.

Würde das aber noch immer nicht als Wut deuten sondern als extreme Überspanntheit, die sich einfach ihre Bahn bricht.