Kann ein Sattel zu kurz sein?

Moderator: Stjern

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Sky4ever
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Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Sky4ever »

Ein liebes Hallo in die Runde,

ich wende mich heute mit einer Frage an Euch, die mich nachdenklich gemacht hat.

Mein sechsjähriger Jungspund hat einen typischen kurzen Isirücken. Viel Platz für einen Sattel ist da nicht. Ich selbst bin zwar weit davon entfernt, dick zu sein, aber elfengleich bin ich auch nicht gerade.

Ich hatte bis jetzt einen Sattel mit einer Auflagefläche von 44 cm. In diesem Sattel wurde ich automatisch recht weit nach hinten gesetzt, weil mein Hintern nur grenzwertig reinpasste. Mein Schwerpunkt war definitiv nicht mehr mittig. Alle Versuche, den Sattel so umzupolstern, dass der Schwerpunkt mehr in die Mitte rutscht, waren vergeblich. Mein Pony lief nicht so locker, wie meine RL und ich uns das vorstellten.

Dann habe ich einige andere Sättel probegeritten. Und ich musste feststellen, dass meine Pony mit einem Sattel, der 47 cm Auflagefläche hat und mich mittig im Schwerpunkt sitzen lässt, besser läuft als vorher.

Nun bin ich unsicher. Kann es wirklich sein, dass ein zu kurzer Sattel, in den der Reiter nicht gut reinpasst, weil die Sitzfläche zu klein ist und man automatisch mehr hinten sitzt, schlechter fürs Pferd ist, als ein etwas längerer Sattel mit mittlerem Schwerpunkt?

Habt Ihr da Erfahrungen zu?

LG Rabea
ehem User

Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von ehem User »

das ist genau der kasus knaxus.
wenn du von der größe her (nicht nur dicke ;-), beckengröße, oberschenkellänge spielen eine große rolle) nicht zur sattellage deines pferdes passt, wird es immer nur kompromisse geben.

wenn du einen sattel wählst, der offiziell kurz genug ist, dir aber zu klein ist, passiert genau das, was du beschreibst. du gewinnst nichts durch die kürze, weil du durch die unpassende sitzfläche zu weit hinten belastest. das kannst du nicht mit polstern ändern. das problem liegt ja nicht in der passform fürs pferd, sondern für dich.

wenn du einen längeren sattel nimmst, dann passt er nicht offiziell auf den rücken deines pferdes. ggf hast du aber mit der richtigen kissenform eher eine chance, die fehlbelastungen zu minimieren, als mit einem sattel, der dir zu klein ist.

und ich würde in dem fall wirklich aufs pferd hören. und immer im hintergruns behalten, dass du mit diesem kompromiss leben musst und entsprechend genau hinschauen, ob es probleme gibt.
gibt ja auch inzwischen eingige firmen, die große sitzflächen auf kurze sättel bauen, aber ob das letzlich den gewünschten effekt bringt :nix:

es gibt dann noch andere dinge, auf die man schauen kann. ich kann zB grundsätzlich nur in sätteln sitzen, die im vorderzwiesel steil abfallen und in der mitte einen größeren flachen bereich haben. ich bin sehr groß mit entsprechend dimensioniertem becken. je nach form dieses sitzprofil kan ich in sätteln gleicher länge / sitzgröße entweder sitzen oder nicht. also könntest du auch da schauen.
allerdings ist bei einer so kurzen sattellage ja die auswahl insgesamt nicht so groß.
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Hina_DK
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Hina_DK »

Der Sattel muss immer Pony UND Reiter passen, ansonsten ist und bleibt er leider ein unpassender Sattel. Schwerpunkt umpolstern ist aber auch eine sehr eigenwillige Idee. Das funktioniert doch gar nicht. Der Schwerpunkt eines Sattels kann nur durch den Baum bestimmt werden. Polstert man da irgendwie rum, stimmt die Gesamtkonstruktion nicht mehr. Man verändert damit nicht den Schwerpunkt, sondern baut Druckspitzen ein, was das Gangbild dann ganz klar noch mehr verschlechtert.

Ein für das Pferd zu langer Sattel ist natürlich auch keine Lösung, da dann Druck im nichttragenden Bereich aufgebaut wird. Da gibts letztendlich nur zwei Lösungswege. Das eine sind Bananenkissen, die gut nach hinten wegschwingen, so dass der Sattel tatsächlich nur im tragenden Bereich aufliegt. Die andere Möglichkeit ist, auf einem kurzen Unterbau einen größeren Oberbau zu setzen. Beides sind Kompromisse aber noch gangbar, wenn man eh keinen wirklich passenden Sattel findet.

Es gibt aber übrigens einen Sattel, für so kurze Pferdchen mit einer sehr interessanten Oberbaukonstruktion, ohne dass die größer als der Unterbau gewählt ist. Das ist ein englischer Distanzsattel, Solstice. Ist mal für die kurzen Araber konstruiert worden, eignet sich aber auch perfekt für Isländer. Meine Freundin hat zwei davon für ihre Isis und die gehen damit mal eben 65 km Distanzen ohne jegliche Druckstellen oder andere Probleme ;). Da hat man den Schwerpunkt einen Tick nach vorne verlegt. Auflagefläche bei 17,5" ist 43 oder 44 cm, weiß nicht mehr so genau. Die Sättel lassen sich wunderbar vom Sattler anpassen. Sie sind sogar für einen Maßkonfektionssattel im interessanten Preisbereich. Je nach Wechselkurs zum englischen Pfund unter 2000 EUR. In seltenen Fällen ist der auch mal gebraucht zu erhaschen. Hab den mal auf Reddi probegesessen und es war der beste Sattel, den ich jemals unterm Hintern hatte. Die dicken Pauschen (sowas kann ich auch nicht leiden), sehen schlimmer aus, als sie sind. Die sind mit Luft gefüllt und passen sich optimal an.

http://www.arabiansaddles.com/Arabian_S ... stice.html
http://www.goedhard.nl/N_frame.html?htt ... rt_19.html

Bild
Viele Grüße
Hina

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Kora
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Kora »

Hallo Rabea,
witzigerweise bin ich gerade mit meiner Isistute zu ganz ähnlichen Schlüssen gekommen wie Du: Pony hat eine Sattelauflagefläche von ca. 40 cm,deren tiefster Punkt aufgrund der geschwungenen Rückenform im hinteren Bereich der Auflagefläche liegt,so daß ich immer dort zu sitzen komme. Ich testete einen Hidalgolederbaumsattel mit klettbaren Kissen in verschiedenen Längen,Größe der Sitzfläche für mich blieb also immer gleich,Kissenlänge aber eben variabel. Sowohl bei den 42 cm als auch bei den 44cm Kissen saß ich einfach mit dem Schwerpunkt fast auf der hinteren Kante,was mir schon beim Blick in den Spiegel Druckspitzen suggerierte. Die 46 cm Kissen liegen dagegen deutlich besser und ich habe mich für diese nominell zu langen Kissen entschieden. Frau Pony ist jedenfalls bisher sehr zufrieden und war sonst immer spätestens beim dritten Ritt der eindeutigste Sattelkritiker,wenn was nicht passte! Ich habe jedenfalls für mich beschlossen,diese Entscheidung dem Puschelpferd zu überlassen und dabei kein schlechtes Gewissen zu haben :-D .
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Sky4ever
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Sky4ever »

Danke schon mal für Eure Erfahrungen und Meinungen.

Ich habe heute noch mal mit meinem Sattler telefoniert. Er wird jetzt noch einen Sattel der gleichen Marke (Ma**imo) besorgen, der eine kürze Auflagefläche (42 cm) hat, und angeblich den gleichen mittleren Schwerpunkt bei gleicher Sitzgröße von 17,5 Zoll haben soll, wie mein probegerittener Sattel.

Wenn ich darin ebenso gut sitze, wie in dem mit der 47 cm Auflagefläche, nehme ich natürlich den kürzeren.

Wobei ich echt sagen muss, dass mein Pony sehr gut läuft mit dem 47er, ich benutze den jetzt seit ein paar Tagen und bin sehr zufrieden.

Ich bin gespannt :-)
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Hina_DK
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Hina_DK »

Viele laufen auch mit 50 cm durchaus sehr gut. Das ist ja nicht unbedingt das Problem, da es nicht zu akuten Druckspitzen wie bei einem zu kleinen Oberbau, wo man fast auf dem Hinterzwiesel sitzt, kommt. Das Problem ist, dass man damit mehr und mehr den langen Rückemmuskel zerstört und die Dornfortsätze belastet und oft auch beschädigt (Kissing spine). Da hinten ist ja kein Rippenbogen mehr und auch kein breiter Rückenmuskel, der das stützt. Zudem liegen dort auch ungeschützt viele Nerven und Strukturen die auch innere Organe beeinflussen. Da darf einfach kein Druck raufkommen. Oftmals sind es keine Dinge, für die man unbedingt gleich die Quittung bekommt, das ist nicht selten ein schleichender Prozess. Früher wurden Isis nur mit ellenlangen Trachtensätteln geritten und die heutige Turnierszene sitzt auch standardmäßig auf dem Hintern und wird Weltmeister. Die Frage ist immer, wie lange es dauert, bis dann so ein Pferd platt ist oder ob man überhaupt auf die Idee kommt, verschiedenste andere gesundheitlichen Probleme, die auftreten können, z.B. Lungenprobleme, überhaupt mit dem zu langen Sattel in Verbindung zu bringen. Und es gibt Pferde, die tatsächlich mit zu langen Sätteln kerngesund uralt geworden sind aber das ist unterm Strich richtges Pokern.
Entgegen vieler Leute Ansicht, darf da hinten auch kein baumloser oder Westernsattel mehr aufliegen, auch wenn die eine andere Druckverteilung haben. Sie bringen dennoch Druck in diesen Bereich und es ist egal, ob das nun mehr oder weniger ist. Da ist einfach nichts mehr, was da noch schützt und stützt.
Viele Grüße
Hina

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Hina_DK
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Hina_DK »

Hab gerade noch einen interessanten Artikel passend zum Thema gefunden. Heuschmann war ja kürzlich in Island und hat den Isländern gezeigt, wie und warum man korrekt satteln MUSS. Für das Problem eines zu langen Sattels auf einem kurzen Isirücken hatte er auch eine einfache aber geniale Lösung. Es müssen ja nicht Handtücher sein, der gute alte Woilach tuts auch. Also, lieber als Kompromisslösung ein kurzer Unterbau unter einem größeren Oberbau aber mit korrektem Schwerpunkt und korrekt gesattelt, als ein zu langer Unterbau.

http://icelandreview.com/icelandreview/ ... .news.aspx
Viele Grüße
Hina

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larla
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von larla »

Machen die Menschen aus den Ländern mit den Westernsätteln auch :) Für die jungen Pferde oder die mit kurzen Rücken legen sie abgeschnittene Pads unter den Sattel anstatt des normal langen.
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ehem User

Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von ehem User »

Ich halte es auch nicht für sinnvoll einen zu langen Sattel zu nehmen, weil der Hintern sonst nicht reinpasst. Auch wenn das Pferd im Moment ganz nett läuft, weiß man ja gar nicht, was man sich für Folgeschäden ran züchtet. Wir haben viele bei uns im Stall, die keine passenden Sättel haben (sieht eigentlich ein Blinder, und bei einigen reicht schon ein Blick aufs Pferd, um Rückschlüsse auf den Sattel ziehen zu können). Sagt man dann etwas vorsichtig in die Richtung, dann heißt es, ist ja vom Sattler angepaßt, Pferd läuft gut, ... Ich sag schon gar nichts mehr, denke mir nur mein Teil. Mir tun die Pferde leid.
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Sky4ever
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Re: Kann ein Sattel zu kurz sein?

Beitrag von Sky4ever »

Danke für Eure Meinungen.

Sowohl der Sattler als auch die RL sind übrigens der Meinung, dass der Sattel nicht zu lang, sondern nur länger als der davor von mir benutzte ist.

Mein Intention der Frage war auch nicht, ob man bedenkenlos einen zu langen Sattel benutzen kann, sondern meine Frage sollte in die Richtung gehen, ob es generell immer besser ist, einen kürzeren Sattel zu nehmen. Also ganz plakativ gefragt: ist so kurz wie irgendmöglich immer besser, oder sollte der Sattel nur so kurz wie unbedingt nötig sein?

Ist nun aber eh hinfällig, da das zweite Modell, welches ich jetzt probiert habe, mich ebenso gut sitzen lässt, und das hat nun nur noch 42 cm Auflagefläche, ist also sehr kurz (und damit sogar kürzer als der ganz ursprüngliche Sattel). Ich habe mich also für dieses Modell entschieden.

LG Rabea
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