Respektlos?

[Oceansoul]

Ich hatte letzte Woche ne Diskussion wegen meines Pferdes. 3 jähriger Hengst und merkt gerade, dass er Hengst ist

Und ich sag mal so - er ist erzogen, nur sind manchmal gerade die Hormone stärker. Wir arbeiten dran. Im Wesentlichen beschränkt sich das aber auf "aufplustern" und wiehern. Und wenn man ihn dann dran erinnert, dass da noch ein Mensch ist, der das Sagen hat, ist er sofort wieder "bei mir" und gibt sich Mühe.

Jetzt hatte ich letzte Woche halt die Diskussion, ob das Ausfahren des besten Stücks respektlos ist - oder nicht. Folgende Situation: ich steh aufm Paddock, er legt den Kopf auf meine Schulter, lässt sich den Hals kraulen und lässt halt "hängen, was er da so hat". Meine SB meinte, das wäre respektlos. Ich hab das nie als respektlos empfunden, denn das macht er beim Schmusen, seit ich ihn kenne (da war er 9 Monate alt). Ich hab das immer eher für einen Fall von Entspannung gehalten - denn sonst weiß er sich ja auch zu benehmen...

Was jetzt neu ist, seit er "weiß" dass er Hengst ist, dass er das auch mal macht, wenn wir an anderen Pferden vorbekommen. Und da tendiere ich tatsächlich dazu, das als dreist zu empfinden. Ich weiß aber noch nicht so recht, wie ich ihm das abgewöhnen soll - am besten ehe er sich das angewöhnt. Ich hab jetzt einfach mal angefangen ihn dann zurück und zur seite weichen zu lassen oder den Kopf tief zu nehmen - das sind so Sachen, die kann er ausm FF. Das funktioniert auch irgendwie. Ich kann ihm ja nicht sagen "Nu bitte einziehen - das is unhöflich"...

Aber muss ich das jetzt auch auf dem Paddock unterbinden? Oder sind das tatsächlich zwei Paar Schuhe? Und wie arbeite ich da am besten dran?

Bin gespannt auf Tipps, "Gegenmaßnahmen" und Erfahrungsberichte - eh da was einreißt, was ich nicht brauchen kann...

[brexi]

Ich frage mich gerade wie genau du das unterbinden willst

[Equester]

Man muss da - glaube ich - ein paar Dinge trennen. Wenn er lang raushängen läßt und dabei völlig entspannt ist, weil Du ihn betüdelst, dann ist das ein großer Vertrauensbeweis und den sollte man möglichst nicht durch grobe Maßnahmen unterbinden. Laß die SB reden, das ist einfach Blödsinn.

Wenn er zeigt, dass er ein Hengst ist, wenn Du an anderen Pferden vorbei gehst, dann folgt er seiner Natur und auch das ist nicht respektlos. Er ist jetzt in einem Alter, wo er begreift, wozu das gute Stück da ist und er kann genauso wenig dagegen an, wie Mädels um die 14, die den Jungs hinterher gucken. Dat is nu mal so .

Bleibt er denn "bei Dir" wenn ihr an anderen Pferden vorbei geht und er zeigt, dass er ein ganzer Mann ist? Wenn ja, würde ich dem weiter keine Bedeutung beimessen. Wird er gelegt oder soll er Hengst bleiben? Was meinst Du damit, er weiß jetzt, dass er ein Hengst ist. Durfte er decken? Wenn ja, würde ich mich jetzt wundern, dass man sich dann über sein Verhalten aufregt

Ich finde, wir Menschen legen manchmal viel zu viel Wert auf "gutes Benehmen" und vergessen dabei, dass es Tiere sind, die schlicht und ergreifend ihrem natürlich Trieb folgen. Wenn es Dich nicht stört und auch nicht in Gefahr bringt, dann laß die anderen reden und freue Dich, dass er sich in Deiner Nähe entspannen kann und vor anderen ePferden in wenig angibt .

[Sanojlea]

Jetzt lacht mich nicht aus, aber:

"Nu bitte einziehen - das is unhöflich"...

Naja genau das hab ich dem Papa von meiner Kleinen letzten Sommer aber klar gemacht!
Ich kann dir auch sagen wie, fürchte aber das bringt nichts, denn im Grunde schätze ich, war es mehr eine Sache der Beziehung zwischen mir und ihm, anders kann ich es mir nicht erklären. Ich hätte selbst nie gedacht das es klappt! Ich hatte auch keinerlei Hengsterfahrung vorher und bin auch jetzt alles andere als erfahren im Umgang mit Hengsten, von daher
Allerdings habe ich den letzten Sommer jede freie Minute in der Herde verbracht, die Ponys haben mich wohl schon als zu ihnen gehörend gesehen. Und ich hab halt keinen Bock drauf gehabt das der Hengst in meiner Gegenwart son Gequitsche und Theater hält und sich an die Stuten ran macht, das konnte er bitte die restlichen 22-23 Stunden des Tages tun! Vorallem wollte ich nicht das er an die Stute geht wenn ICH grade mit ihr beschäftigt bin (verschiedenes üben), da hab ich sie zum einen deutlich in Beschlag genommen in dem ich mich hinter sie gestellt hab, oder/und ihn weggeschickt habe.
Zum andern bin ich hingegangen und hab ihm, mit streng mahnender Stimme, unter den Bauch geklopft (nicht geschlagen! nur "da mein ich!" gezeigt) woraufhin er, anfangs zu meiner eigenen Überraschung, auch tatsächlich eingefahren hat! Später genügten meine Stimme und das zeigen auf den Bauch, sogar auf etwas Entfernung.
Mit keinem der Pferde in der Herde habe ich je "wirklich was gemacht", also Bodenarbeit, reiten oder so- ich war einfach nur dort, und mit einem Pferdchen hab ich frei auf der Wiese ne Zeit lang mal aufhalftern und Hufe geben geübt, das war es.

[Oceansoul]

Danke für die Antworten

Bleibt er denn "bei Dir" wenn ihr an anderen Pferden vorbei geht und er zeigt, dass er ein ganzer Mann ist? Wenn ja, würde ich dem weiter keine Bedeutung beimessen. Wird er gelegt oder soll er Hengst bleiben? Was meinst Du damit, er weiß jetzt, dass er ein Hengst ist. Durfte er decken? Wenn ja, würde ich mich jetzt wundern, dass man sich dann über sein Verhalten aufregt

Das ist alles für uns beide noch "neu" - vorher war er einfach "Pferd". Normal, unauffällig - und jetzt mit dem Frühjahr hat er halt gemerkt, dass er Hengst ist und die Hormone verdrehen ihm so ein bisschen den Kopf Gedeckt hat er nicht.
Das "bei mir bleiben" üben wir gerade. Funktioniert erstaunlich gut - es reicht idR ein strenges "ähm" oder mal am Führstrick klingeln, dann kriege ich wieder seine Aufmerksamkeit. Und manchmal muss man etwas deutlicher werden. Aber er weiß sich eigentlich zu benehmen - ich muss ihn eigentlich nur dran erinnern und dann gibt er sich eigentlich auch Mühe.

Ich finde, wir Menschen legen manchmal viel zu viel Wert auf "gutes Benehmen" und vergessen dabei, dass es Tiere sind, die schlicht und ergreifend ihrem natürlich Trieb folgen. Wenn es Dich nicht stört und auch nicht in Gefahr bringt, dann laß die anderen reden und freue Dich, dass er sich in Deiner Nähe entspannen kann und vor anderen ePferden in wenig angibt .

Da hast du wohl Recht. Aber bei einem Hof mit mehreren Hengsten und auch Stuten in Sichtweite... da schadet's nicht, wenn Herr Pferd "bedienbar" ist. Und ich hab halt keine Lust ihm was "durchgehen" zu lassen, was dann irgendwann nervig oder gar gefährlich wird.

Ob er Hengst bleibt oder nicht hängt im wesentlichen davon ab, wie er sich benimmt Das eine Jahr wollte ich ihm jetzt eigentlich schon noch geben, um zu sehen wie er sich entwickelt. Wenn's gut läuft denk ich mal über sowas wie Körung nach. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik. Wir müssen uns beide damit wohl fühlen und klar kommen - wenn das irgendwann gar nicht mehr passt, ist er die längste Zeit Hengst gewesen.

@ Sanojlea: interessanter Ansatz Seh ich nämlich auch ähnlich. Posen kann er aufm Paddock oder auf der Weide - aber nicht, wenn ich am anderen Ende vom Strick hänge.

[Sanojlea]

Nur das wir halt auf der Weide waren
Ich bin ja der Meinung das mein Pferd seine Meinung äussern darf und ich lasse eher "viel durchgehen" schätze ich. Aber Hengstverhalten kann halt einfach gefährlich werden! Wobei, das was du beschreibst finde ich noch so völlig im Rahmen, ich weiß garnicht ob ich da überhaupt das Gefühl hätte das sich was tun muss, oder ich Rat brauche.
Versteht man wie ich das meine? (ist schon spät, sry) Also ich finde sein Verhalten völlig normal und da er es schafft sich wieder auf dich zu konzentriern, seit ihr in meinen Augen der Lösung schon jetzt näher als einem Problem.

[ehem User]

http://www.youtube.com/watch?v=CYyaI68FvHQ

hach, ich liebe es, dieses video zu verbreiten - und wenn mein hengst dann mal bei mir ist, üben wir das auch mit dem clicker. viel besser als auf den bauch klopfen zu müssen

[Lottehüh]

Ich finde es toll, dass Dein Hengst sich bei Dir so dolle entspannen kann, dass er alles baumeln lässt und ihm dann sogar die Stuten drumrum egal sind (sonst würde er sich ja nicht so entspannen). Und ich finde es völlig richtig was Du machst - dass Du ihn mit ienfachen Übungen, die er dann imme rnoch ausführen kann, gedanklich zu Dir holst. Loben - weitergehen - fertig. Ich würde versuchen, dem ganzen nicht viel Bedeutung zu geben. Wenn Du Dich aufregst, regt er sich mehr auf, dann regst Du Dich.... usw. Solange er "zurückholbar" ist, finde ich das völlig ok. (Ich schau ja auch andren Pferden nach, wenn cih an ner Koppel vorbeilaufe )

[Sanojlea]

und wenn mein hengst dann mal bei mir ist, üben wir das auch mit dem clicker. viel besser als auf den bauch klopfen zu müssen

Natürlich!!! Also ich halte das was ich gemacht habe auch nicht für die ultimative Erziehungsmethode, bzw. es war ja garkeine! Das war eine Verzweiflungstat aus der Not geboren damals, weil ich ganz naiv garnicht soweit gedacht habe, dieses Problem je zu bekommen! Da der Hengst nicht mein Pferd ist und ich auch nicht an ihm rumerziehn oder clickern wollte, musste ich irgendwie mit ihm klar kommen... Ich wollte eben nur sagen: Offensichtlich ist es möglich und machbar einem Hengst das verständlich zu machen. Das es überhaupt funktioniert hat erstaunt mich ja auch bis heute sehr!

Und nochmal:
Ich hatte zu diesen Pferden eine starke Verbindung, auch wenn ich "nichts gemacht" habe mit ihnen! Vor ein paar Wochen hab ich die Ponys kurz wiedergesehen, nach Monaten! Sie standen mit dem Rücken zu mir am Heu, ich hab sie angesprochen wärend ich auf den Zaun zu ging, die Ohrmuscheln drehten sich, dann die Köpfe und ich konnte richtig sehen wie Überraschung und Erkennen sich in den Augen spiegelte und dann erklang ein freudiges, dreistimmiges Wiehern.
Alle Drei dreht sich sofort ganz um und gingen Seite an Seite auf mich zu "Hallo, da bist du ja endlich wieder!". Aus einer engen Freundschaft herraus ist vieles möglich! Als Erziehungsmethode würde ich es auch anders aufbauen!
Wobei ich ihn auch immer überschwenglich gelobt habe und er gleich wieder meine Aufmerksamkeit und Zuwendung hatte, wenn er aufhörte sich auf zu spielen! Ich hab damals wirklich versucht ihm zu erklären: "Sorry aber SO bist du mir zu gefährlich, du musst aufhören damit wenn du bei mir sein möchtest!" und er wollte eben gern bei mir sein! Und dann, nach dem Loben, musste ich ihm auch klar machen "Du, jetzt ist aber grade mal das andre Pferd dran, okay? Nachher hab ich wieder mehr Zeit für dich. Hab dich lieb, bis gleich!"

[Cashew]

Hallo!

Also, ich finde das überhaupt nicht "dreist". Wenn er bei den Spaziergängen "bei dir" bleibt, sehe ich keinen Anlass, irgend etwas daran zu unterbinden. Da besteht meiner Meinung nach kein Unterschied zwischen Paddock und Spaziergang. Mein junger Hengst ist jetzt vier, und er hat schon immer regelmäßig während der Arbeit ausgeschachtet. Meine RL hat sich damals beim ersten Mal (während des Unterrichts) ziemlich erschreckt und gedacht er würde gleich springen Viele Leute stehen dem ganz anders gegenüber weil sie eben wissen dass sie einen Hengst vor sich haben.

Finde es übrigens ein sehr schönes Video! Das ist echt tolles Training! Ich glaube unterbinden bringt in dem Zusammenhang nicht viel, sondern konsequente Aufmerksamkeit. Ich würde also genau so weitermachen wie du es bereits jetzt tust: in solchen Situationen du dir brenzlig erscheinen einfache Übungen abfragen die gut sitzen. So sicherst du dir seine Aufmerksamkeit und überbrückt ihr den möglicherweise ungemütlichen Moment. Mein Hengst hat nun mal auch mehr Interesse an anderen Pferden als zB unser Wallach. Ist eben so, aber wir müssen das Training so gestalten, dass es keine Probleme gibt und er trotz Wiehern und Angeben normal weiter geht. Mir ist persönlich das Wiehern (besonders bei Spaziergängen - genau in mein Ohr) übrigens unangenehmer als Angeben und Ausschachten