Hast du zwischen körperlichem und psychischen Zwang eine Wertung? Findest du psychischen Zwang weniger schlimm?Da kann man natürlich eine ganz große moralische Frage draus machen. Ich definiere Liberty Arbeit erst einmal so, dass das Pferd frei von direkt ausübbarem, körperlichem Zwang ist. Also kein Equipment am Pferd ist, das mir eine direkte Kontrolle erlaubt. Im Zweifel ist er weg. Natürlich habe ich immer die "Möglichkeit" psychischen Druck auszuüben und das auch bis zur erlernten Hilflosigkeit vor Erschöpfung. Dieser "Macht" und der damit einhergehenden Verantwortung bin ich mir bewusst.
Was machst du denn, wenn Pony entscheidet zu gehen? Und wieviel Freiheit=Liberty ist es dann?
Das ist ja auch etwas, was Partnerschaft ausmacht. Dem anderen die Freiheit zugestehen, die man selbst einfordert. Soweit es nach Recht und Gesetz möglich ist und andere nicht in Probleme bringt. So grob und kurz gefasst zumindest. JaWenn er geht kann ich das im ersten Moment nicht verhindern und muss seine Entscheidung hinnehmen. Je nach Situation kann ich das dann auch so stehen lassen und tue das manchmal auch. Ich versuche alle Lebewesen in meinem Umfeld zur mutigen, selbstbewussten Kommunikation und zum einstehen für die eigenen Bedürfnisse anzuregen.
Warum nur manchmal? Akzeptierst du bei einem Partner auch nur manchmal sein Bedürfnis allein zu sein?
Natürlich, so funktioniert unsere Gesellschaft. Und die durch uns domestizierten Lebewesen können lernen, in dieser Lebensumwelt zu bestehen. Und natürlich lasse ich weder mein Kleinkind, noch meinen Hund, geschweige denn mein Pferd entscheiden, dass es vor einen LKW springt, weil es unbedingt jetzt über die Straße will. Beim Tier fühle ich mich in der Pflicht das immer zu regeln und es nicht erst in der Gefahrensituation zum kooperieren und notfalls gehorchen zu bringen. Ich gestalte vorher an die Umwelt angepasstes Training, in der ich mich hauptsächlich bewegen will. Zumindest im besten Fall tu ich dasIch verlange aber auch von meinen Tieren (oder auch von Kindern, für die ich für den Moment verantwortlich bin), dass sie sich in ihrer Freiheit durch mich einschränken lassen und mir auf Anfrage folgen. Bei Kindern im Zweifel an der Hand, die Katze muss sich auf den Arm nehmen lassen und das Pferd muss sich halftern und führen lassen. Das ist zwingend notwendig, damit ich in gefährlichen Situationen die Verantwortung übernehmen kann, auch gegen das eigene Interesse des Lebewesens.
Das Kleinkind lernt einfach den Prozess und versteht es normalerweise mit fortschreitendem Alter.
Nein, das sehe ich tatsächlich andersDie Antwort auf deine Frage, liegt also in der Mitte.
Dann ist es aber keine freie Arbeit mehr du ermutigst ihn nicht, eigene Entscheidung zu treffen, weil du diese in dem Moment ja doch nicht akzeptieren kannst/willst/möchtest. Mein Beispiel dazu ist immer die Frage, würdest du mit einem menschlichen Freund so umgehen, müsstest du ihn in diesem Moment nicht gerade vor nem LKW retten? Wenn er/sie sagt, ich geh mit nen Eis holen, du willst aber jetzt nen Tanzschritt mit ihm/ihr üben?Wenn er im Rahmen einer Freiarbeits-Einheit entscheidet zu gehen und ich entscheide, die Einheit fortzuführen, werde ich ihm ganz "klassisch" das von mir weg gehen unangenehm machen (er darf dann nicht grasen oder in der Ecke des Platzes Pause machen) und Interaktion mit mir belohnen (wann immer es geht mit Leckerli, wenn keine mehr da sind mit Stimme, Kraulen oder je nach Situation auch Pause).
Bei welchen Beziehungsproblemen hilft ein Join Up eigentlich genau? Bei welchem Problem mit deinem Partner hilft dir, ihm/ihr psychisch Druck zu machen? Denn genau das ist es und es muss in der Pferdewelt endlich Standard werden, dass zu benennen. Du machst nicht was ich will, also mach ich dir psychischen DruckDas kann dann zu einer Join-Up-mäßigen Session führen, wenn ich das Gefühl habe das ist gerade ein Beziehungsproblem.
Warum nicht das erste Nein sehen und die eigene aktuelle Einstellung ändern/verändern? Angst, dass das Tier die Weltherrschaft übernimmt (entschuldige, sehr provokativ) aber, Hmmm, diese Theorien sind sowas von widerlegt.Oder dazu dass ich nach dem zweiten oder dritten Nein die Session beende oder ändere (weil er sich an dem Tag einfach nicht konzentrieren kann oder wir dann einfach lieber was anderes machen).
Du meinst, einfangen und abholen bei einer Session ohne Equipment oder generell?Ich verlange IMMER, dass er sich von mir abholen und einfangen lässt. Ohne diese Basis würde ich keine Freiarbeit machen, denn dann muss ich mich zwangsläufig am Ende "durchsetzen", um das Pferd einzufangen und heim zu bringen. Brego zum Beispiel würde ich aktuell nicht vom Seil machen.
Ganz im Ernst, ohne jemand auf den Schlips treten zu wollen, wenn mich mein Pferd nicht in seine Nähe lässt, mache ich mir Gedanken, ganz viele Gedanken...und da kommt Liberty irgendwie gar nicht mal ansatzweise vor.
Ja, aber dann ist es doch erst Recht kontraproduktiv, mit Druck und Müssen ran zu gehen? Das muss dir doch selbst auffallen, dass es komplett widersprüchlich zu Join Up und co istMein Wunsch wäre, dass er grundsätzlich lieber nah bei mir Zeit verbringt, als weit weg von mir. Aber das ist eben ein Wunsch und kann nach meinem beziehungsverständnis keine Anforderung sein.
Und, weil es bekannte Leute schon ganz toll geschrieben haben, hier noch Links zum Schmökern
https://www.wegezumpferd.de/machtmissbr ... reiarbeit/
https://www.instagram.com/reel/C0Sbrw-q ... JwaW14YmZn
https://www.instagram.com/p/C0VyUOYoQmS ... JpNmdxdg==
Und, um Stine Küster zum Abschluss zu zitieren, weil ich ihre Aussage echt fühle
Doch was ist ein "Ja" wert, wenn ein "Nein" nicht zählt?