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Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Fr 15. Jun 2012, 23:09
von Hina_DK
Hallo Birgit,

bei den Isis mit 4 mit der Bodenarbeit anfangen, finde ich durchaus in Ordnung, wenn man die Einheiten entsprechend des Alters anpasst. Er wird ja noch nicht geritten aber ein wenig was tun, können die da durchaus schon. Aber möglicherweise ist es wirklich etwas zu viel geworden. Bei Tígull wurde auch mit etwas über 4 Jahren angefangen, das ging sogar bis zum Anritt mit 4,5 Jahren. Wir haben ihn dann aber wieder zurück auf die Koppel gestellt, weil ich das Anreiten noch viel zu früh fand. Ich hatte da noch kein Einfluss drauf. Zurück auf die Koppel war gut für ihn. Nach ein paar Monaten, habe ich dann wieder mit etwas Bodenarbeit angefangen. Anfangs wars auch gut aber dann bekam er auch solche Rappel und außerhalb der Koppel ging dann überhaupt gar nichts mehr. Das war totale Flegelei. Ich war drauf und dran, das Handtuch zu schmeißen. Mittlerweile ist er wieder ein netter Junge aber leider immer noch so schreckhaft. Er hat sich in der Zeit, die wir ihn nochmal in Ruhe gelassen haben, sehr weiter entwickelt. Als er jetzt neben Reddi stand, ist mir erstmal aufgefallen, wie stark er sich in der Zeit entwickelt hat und obwohl die Lehrmeinung ist, dass Pferde nur bis 3 Jahre in die Höhe wachsen, ist er eindeutig noch gewachsen. Als er zu uns kam, war er ein Stück kleiner als Reddi, jetzt ist der Spieß umgedreht. Aber selbst, wenn die nicht mehr in die Höhe wachsen, alles andere wächst durchaus noch weiter und dem muss man schon Rechnung tragen. Kennen wir ja auch von uns Menschen. Bei Wachstumsschüben waren wir fast alle nicht gerade die ausgeglichensten ;). Ich würde Glóni auch einfach nochmal etwas mehr Pausen geben. Ihr arbeitet ja vernünftigerweise in jeder Einheit nicht lange mit ihm aber ich würde das Pensum insgesamt mal für eine Weile etwas reduzieren und schauen, ob er dann damit besser klar kommt. Wenn Ihr jetzt für längere Zeit eine Komplettpause einlegt, dann mag es ja sein, dass er schneller, als ein älteres Pferd Muskulatur verliert, allerdings sehe ich da keine Logik in der Aussage. Wenn ihr aber das Pensum insgesamt etwas runtersetzt, zwischen den Einheiten mehrere Tage Pausen lässt, dann sollte doch ein gewisser Trainingszustand erhalten bleiben.

LG Hina

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 00:05
von ehem User
Hallo Birgit,

ich hab das auch nicht so verstanden, als ob ihr richtiges Powertraining macht, sollte nicht so rüberkommen :hug:

Ich habs jetzt nur mit menschlichem Training verglichen, und da gibt es schon ein paar Regeln, die die meisten Sportler eigentlich kennen. (Wie gesagt, fachlich MUSS das jetzt nicht stimmen, ich bin ja auch nur Freizeitsportler). Muskelwachstum wird dadurch angeregt, dass man den Muskel leicht über seine Möglichkeiten beansprucht, wodurch er den Anreiz bekommt zu wachsen/die Muskelfasern zu stärken. Das eigentliche Wachsen passiert aber erst in der Ruhezeit nach der Beanspruchung! Wie gesagt, das kann so bis zu 48h dauern, bei großer Beanspruchung und bestimmten Muskeln auch länger. Gibt man dem Muskel jetzt nicht die Regenerationszeit die er braucht, dann übersäuert und verhärtet er, da wächst dann auch nichts mehr. Und das passiert eben schnell wenn man sich komplett überanstrengt, kann aber auch schleichend über mehrere Wochen kommen, wenn man immer einen kleinen Tick zu viel macht. Deswegen ist es am effektivsten, kurz und knackig zu trainieren, und dann ordentlich Pause zu machen, so in meinem Verständnis eher 1 Tag ackern, 1 Tag komplett ausruhen, 1 Tag leichte Beanspruchung OHNE an die Belastungsgrenzen zu gehen (und das ist bei mir z.B. schon 5x in den 5. Stock Altbau die Treppen hoch und runter, am Wochenende gerade erst gemerkt :shock: )

Des weiteren benötigt der Körper zusätzliche Energie für den Muskelaufbau (hast ja geschrieben dass ihr dafür das Öl gebt), weswegen eine zusätzliche angepasste Menge an Kraftfutter mit steigenden Anforderungen Sinn macht. Wieviel nötig ist kann man natürlich nur vor Ort abschätzen. Hierbei meine ich alles was über den Grund-Erhaltungsbedarf hinausgeht.

Was die Pausen angeht: Muskeln haben eine Art Muskelgedächtnis, was einmal da war kommt auch schnell wieder (siehe Beispiel mit euren älteren Pferden). Beim erstmaligen Aufbau dauert das aber deutlich länger, das muss man im Hinterkopf behalten. Nichts desdo trotz "verschwindet" die Muskulatur nach einem Tag Pause nicht einfach wieder, so dass man wieder von vorne anfangen, das halte ich ehrlich gesagt (nicht böse sein) für Blödsinn.

So, das mal der Exkurs dazu, wie gesagt, wer hier vom Fach ist bitte korrigieren, da steckt sicherlich die ein oder andere Halbwahrheit mit drin :tuete:

Um zurück zum eigentlichen Thema zu kommen: die einzelnen Sachen die ihr macht finde ich gut, und an 10-20min ist auch überhaupt nichts auszusetzen. Ich glaube nur dass es zu viel ist da wirklich JEDEN Tag was dran zu machen, erstens weil der Körper irgendwann ermüdet, zweitens für den Kopf, drittens weil auch man selbst irgendwann so auf das Thema fixiert ist dass der Spaß ein wenig zu kurz kommt (und das merken unsere Pferde ja auch). Und den Pferden reicht es auch irgendwann, da kann glaub ich jeder dessen Pferd unbedingt abnehmen und sich bewegen muss ein Lied von singen...

Was das Wachsen angeht: Chance ist schon seit 1,5 Jahren nicht mehr in die Höhe gewachsen, aber es verändert sich ständig irgendwas... mal wird der Rücken länger, dann die Brust breiter, plötzlich wiederum der Hals, selbst der Kopf verändert sich noch (sie wird jetzt 6). Und vor 7 Jahren sind eigentlich die wenigsten Pferde wirklich komplett ausgewachsen. Das sollte man also immer mit bedenken, wenn plötzlich irgendwas nicht mehr so geht wie vorher :blink: Babette hatte da auch mal einen schönen Blog zu geschrieben: klick mich

Edit: so, nun hat Hina_DK alles so schön knapp beantwortet, während ich hier meinen Roman getippt habe... ich schicks aber trotzdem ab, nochmal zur Erklärung meiner Gedankengänge von heute mittag :-D

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 00:35
von Hina_DK
Tine, das hast Du aber wirklich gut erklärt, wie das mit den Muskeln im einzelnen beim Aufbau geht. Ich denke auch, so wie Du das beschrieben hast, ähnlich wie beim Intervalltraining, ist das auch viel effektiver, als jeden Tag mit der selben Belastung und entsprechend auch nach und nach Unlust durchzumachen.

Allerdings würde ich bei Isis bei 10-20 min Belastung keinesfalls Kraftfutter geben. Das setzt sofort an und das Knie ist gleich wieder mehr belastet. Ich persönlich würde sogar auf die Kalorienbombe Öl zumindest in der Weidesaison verzichten, wobei das ja auch keine Mengen sind. Gras aber auch Heu hat durchaus viel Fett, was immer keiner glauben mag ;). In qualitativ gutem Heu ist auch genug Energie drin. Die Isis sind extrem genügsam, die verwerten wirklich alles und neigen bei jeder Kleinigkeit zuviel schon zum mopsig werden, besonders in der Weidesaison. Wenn es bei einem Isi tatsächlich nötig wird, zusätzlich KF zu geben, dann stimmt bei dem Tier irgendwas im Stoffwechsel nicht, es sei denn, der wird jenseits von gut und böse trainiert.

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 00:39
von ehem User
Danke für den Hinweis mit dem Futter, das war natürlich eher auf Warm/Vollblüter bezogen, meine brauchte sogar im Winter zusätzliches Kraftfutter, weil das Warmhalten zu arg an den Reserven gezehrt hat :shy:

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 00:50
von Hina_DK
Im Winter, als es auf weit unter -10°C ging, haben wir auch ein wenig zugefüttert. Da haben die doch sehr viel Energie verbraucht, zumal sie draußen im Offenstall sind. Wobei wir sie bei unter -15°C dann über Nacht sogar im Boxenstall hatten aber das fanden sie dann wieder gar nicht so toll. Allerdings haben wir wohl etwas zu lange zugefüttert, obwohl es sehr wenig war. Kaum war es ein wenig wärmer, sind sie aufgegangen wie die Hefeklöße ;). Unsere Shetties sind ja auch leichtfuttrig. Wenn man so kalorienarm bei VB/WB füttern würde, würde man in kürzester Zeit nur noch die Rippen sehen ;). Ein wenig liegt es aber auch an der Körpermasse. Große Pferde haben schon alleine, um ihren Organismus funktionstüchtig zu halten, einen größeren Bedarf. Ponies sind ja eh nur halbe Portionen aber die Robustrassen sind zudem noch extrem gute Futterverwerter und verbrauchen bei viel Bewegung trotzdem sehr wenig.

Was mir noch einfällt. Das kann durchaus auch bei Gloni eine geistige Überforderung sein, so komisch sich das anhört. Er hat aber in den 2 Monaten soviel neues gelernt, was er vorher noch nicht kannte, dass auch das manchmal Ursache für "Streiks" sind. Die Jungspunde müssen vieles auch erstmal verarbeiten und brauchen Zeit dafür, sich das durch den Kopf gehen zu lassen. Darauf wird viel zu selten Rücksicht genommen. Manches problematische Jungpferd würde das mit mehr Zeit zum Nachdenken vielleicht gar nicht sein. Ist im Prinzip nicht viel anders, als bei Schulkindern. Die Luft reicht immer nur bis zu den nächsten Ferien.

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: Sa 16. Jun 2012, 01:25
von ehem User
Dem habe ich absolut nichts mehr hinzuzufügen *unterschreib* :schreiben:

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: So 17. Jun 2012, 00:02
von Biggi
Danke euch beiden, für die tollen Antworten. Vor allem die Geschichte mit dem Muskelaufbau und den Ruhezeiten. Hatte ich irgend wie verdrängt, aber ich hab das auch schon gehört, dass so effektiv trainiert wird. Beim Kieser-Training wird z.B. empfohlen, nicht mehr als 3 mal die Woche zu trainieren, da an den trainingsfreien Tagen der Muskel wächst.

Wir werden unser Programm mal überdenken. 3 Trainingseinheiten pro Woche wären auch für uns nicht sooo streßig. Dann könnte man noch 2 mal locker Spazieren gehn und 2 Tage hätte er frei. Das hört sich jetzt wieder so schrecklich nach "Plan" an, aber ich glaube, ich brauche auch für mein "Töchterlein" eine gewisse Routine, sonst schleift sich wieder das Nichtstun ein. :mrgreen:

Heute waren Tochter mit Freund, Pferd und Hund einfach nur gemütlich spazieren. Unterwegs hat es sie "gebissen" und sie sind bis zum Galopp-Tempo vom Pferdchen durch den Wald gerannt! Hinterher haben die Ponyaugen gestrahlt. So ein Spökes mit anderen Jugendlichen macht halt Spaß. (und trainiert auch)

Zum Öl: wir geben dieses Öl in Absprache mit TA und Osteo zum Muskelaufbau. Es erschien uns als einzige Rettung in der blöden Situation und soll auch nicht auf Dauer gegeben werden. Zur Ehrenrettung vom TA: er meinte nicht, dass ein versäumter Trainingstag die Muskulatur zurückbilden würde, er sprach von 2 - 3 Wochen.

@ Hina: wegen der Winterfütterung: Irgendwo im EMS/Hufreheforum vertrat jemand die Meinung, dass die Robusten etwas magerer aus dem Winter rauskommen sollten, als sie reingegangen sind und dass sie die tiefen Temperaturen als Hilfe nehmen würde, damit die Dicken etwas abnehmen.

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: So 17. Jun 2012, 00:22
von Hina_DK
Ja, eigentlich liegt es ja in der Natur der Pferde, sich im Sommer, wenn die Vegetation ordentlich was zu bieten hat, eine gewisse Speckschicht anzufuttern von der sie im Winter bei kargen Rationen und wegen des höheren Energiebedarfs bei großer Kälte, zehren können. So ist eigentlich ihr Organismus organisiert. Einzig, der Mensch greift da gerne mal ein. Im Sommer will er keine Kugel haben, im Winter kein Klappergestell ;). Wenn die aber im Sommer ein wenig mehr auf die Rippen bekommen und den Winter nett schlank überstehen, dann geht das ganz sicher auch in Ordnung. Ich glaube, den nächsten Winter werde ich gar nicht mehr zufüttern, vielleicht nur ein paar Mören, weil die auch im Winter mal was frisches mögen, es sei denn, es geht wieder tagelang auf diese sibierischen Temperaturen runter aber auch nur dann. Letztendlich sind ja heutige Pferde irgendwie fast alle schon wohlstandsgeschädigt, wie die meisten Menschen eben auch ;). Bei den hochblütigen ist es auch einzusehen, dass da der Mensch mehr regulierenden Einfluss nehmen muss, ganz einfach, weil die im Prinzip schon überzüchtet sind aber bei unseren wirklich echten Naturburschen (wir haben ja nur Isis und Shetties) ist jedes bisschen gut gemeinte Zusatzgabe eine Tafel Schokolade mit fetter Sahne ;). Selbst beim Heu haben wir schon den großen Unterschied gemerkt zwischen unserem ersten Edelheu (wir fanden es toll, weil es so nett zart war) und dem in Wirklichkeit viel besseren grobstengeligen Heu, das sie jetzt haben.

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: So 17. Jun 2012, 00:59
von Biggi
Da kann ich dir nur zustimmen!!!!!!!!!!!!!! Ich habe früher auch wenn es nett kalt war Kraftfutter gegeben und mehr Heu. Im Frühjahr pellten sich immer kleine wohlbeleibte Speckis aus dem Winterpelz! Un den Speck bekam man im Frühjahr, bei zunehmendem Graswuchs ganz bestimmt nicht runter.

Weil meine Isi-Stute Sokka ja ein nettes EMS entwickelt hatte, mußte ich im letzten Winter ja sehr rationiert füttern. Ich habe zu ersten mal in meinem lange Pferdehalterleben Robustpferde mit einer leidlichen Figur.

Ich denke, das Problem liegt bei uns Menschen. Wir mummeln uns bei kalten Temperaturen gerne warm ein und essen fetter und reichlicher. Ich habe noch nie erlebt, dass eines meiner Pferde im Winter gefroren hat und waren die Temperaturen noch so tief und das Wetter noch so saumäßig. Doch, einmal, da war mein alter Isländer Fengur sehr krank und ein wenig abgemagert. Da hat er gefroren.

Allerdings muß ich auch sagen, dass das bei vollblütigen Pferden ganz anders aussehen mag. Aber die haben wir ja nicht.

Re: Jungpferde Erfahrungsaustausch

Verfasst: So 17. Jun 2012, 08:56
von Sheitana
Bei so einer Haltung muss man sich ein dickes Fell wachsen lassen.

Wir haben die Pferde bis Mitte Mai auf dem Paddock stehen gehabt mit 24h Heu. Gras gab es nur nebenan fettes Grünes. Das haben wir zwar zum Anweiden genutzt, aber immer nur stundenweise. 24h Weide erst, seitdem das Gras an/in der Blüte ist. Auch unsere andere Sommerweide wird gut überständig sein, wenn wir darauf kommen. Vorher mähen will ich gar nicht. Die Pferde kamen schlank, teilweise mit durchschimmernden Rippen aus dem Winter.
Es wurde sich auch schon über uns beschwer, dass "die armen Pferde auf so einem mageren Paddock stehen". Aller anderen Pferde waren schließlich schon auf dem fetten Gras.

Ende vom Lied, unsere nehmen langsam wieder zu und werden zum Winter hin genug Speck haben, um die Kälte zu überstehen und zum Frühjahr hin wieder schlank zu sein.
Der Rest ist fett aus dem Winter gekommen, die Besis haben jetzt Probleme mit dem Gewicht, stecken die Weide portionsweise ab, stellen die Pferde nachts rein, weil sie aufgehen wie ein Hefeklos.

Aber die Beschwerden gingen nur gegen unsere Pferde... ;)