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Re: Frage zu Freiarbeit
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:23
von ehem User
A.Z. hat geschrieben:HP-Manu hat geschrieben:...aber überrannt wird deswegen kein einziges Pferd und das erwarte ich als Mensch auch! Ein Pferd darf durchaus mal erschrecken, aber es darf mich deswegen nicht überrennen. Ich sag mal so, würde es dies bei einem ranghöheren machen, dann würde dieser sich auch erkenntlich zeigen dafür
Ich bin mir nach wie vor sicher - ich habe es auch nie erlebt - dass ein Pferd in einer intakten Herde es nötig hat, derart zu erschrecken, dass es Artgenossen umrennt.
Allein aus Sicht des Pferdes sind wir keine Artgenossen. Wir sind blinde unvorsichtige Wesen, die sich in größte Gefahr begeben und es noch nicht einmal merken und zudem keine Antworten auf Fragen geben, wie es ein Leittier tun sollte.
Bevor ein Pferd einen Menschen umrennt, hat es schon drei Mal gefragt, was es tun soll.
Ein aufmerksamer Pferdemensch wird meiner Erfahrung nach nicht umgerannt, denn er hat vorher reagiert.
Da muß ich widersprechen. Ich habe eine Stute, die leicht in Panik gerät (mittlerweile nicht mehr so oft, aber das erste Jahr bei uns - wir haben sie als Absetzer geholt - ganz extrem) und dann, quasi blind, die Flucht ergreift. Gerade zu Anfang dachte ich auch, wir haben ein gewaltiges Hirarchie-Problem und habe gearbeitet, getan, gemacht, was mir so einfiel. Letztlich sogar mich mit der Gerte verteidigt/gewehrt. Hat alles nichts genützt. Und dann, eines Tages habe ich beobachtet, daß die Stute in genau derselben Situation, wo sie mich/uns regelmäßig über den Haufen gerannt hat, ein ihr eindeutig ranghöheres Pferd über den Haufen gerannt hat. Die anschließende "Züchtigung" durch dieses Pferd hat sie über sich ergehen lassen.
Ich habe das so interpretiert: Pferd gerät in Panik. Einzig (scheinbar) möglicher Fluchtweg wurde durch Mensch/Pferd (mobil!) versperrt, also wurde dieser Weg trotz aller Konsequenzen genommen - egal was nachher kommt. Scheinbar wird der angstauslösende Gegenstand (oder was auch immer) in dieser Situation höher/schlimmer eingeschätzt, als die mögliche Konsequenz.
Seit dieser Situation (aha-Erlebnis für mich) achte ich darauf, daß dieser Stute -in meiner Nähe- immer ein evtl. Fluchtweg, der nicht über mich führt, zur Verfügung steht. Seitdem haben wir keine Probleme mehr.
Viele Grüße,
Gioia
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:31
von ehem User
Seit dieser Situation (aha-Erlebnis für mich) achte ich darauf, daß dieser Stute -in meiner Nähe- immer ein evtl. Fluchtweg, der nicht über mich führt, zur Verfügung steht. Seitdem haben wir keine Probleme mehr.
Super Lösung...
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:35
von HP-Manu
wenn das Pferd keinen Ausweg hat, dann seh ich das auch anders, aber für mich gibt es kein Überrennnen, wenn Auswege da sind.
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:42
von ehem User
Ich glaube, da machst du dir was vor. Du schiebst ja auch ihre Nase weg, wenn du sie zu aufdringluch findest, was wäre dann das Äquivalent ihrerseits? Wegstupsen bezeichnest du ja als "respektlos"..
nein, mach ich nicht. Mein Pferd stupst mich nicht einfach so weg. Was ich meinte ist z.b. wenn ein Pferd einen ständig mit der Nase anstupst und so bettelt. Ich habe noch nie ein Pferd erlebt, das einen Menschen wegstupst, weil es seinen Raum haben will.
Vielleicht habe ich mich da nicht so gut ausgdrückt. Was ich meinte ist, du übst leichten Druck aus, um ihr zu zeigen, dass du ein bestimmtes Verhalten nicht magst. Sie kann nur weggehen, wenn sie keine Lust hat. Was hat sie für Möglichkeiten, dir zu sagen, dass dein Verhalten nicht ok ist? Kann sie Druck auf dich ausüben, wie z.B. anstupsen?
Ich seh mich nicht als Leittier, jedoch muss ich trotzdem versuchen meinem Pferd soviel vertrauen zu mir rüber zu bringen, wie es eben sein Leittier auch tut....sonst funktioniert eine Partnerschaft nicht. ...zumindest sehe ich das so.
... warum muss sich immer alles um das Leittier handeln? Warum nicht an den Freundschaften orientieren? Ich halte es für ein Gerücht, dass die Herde insbesondere einem Leithengst aus freien Stücken folgt. Der übt schon kräftig Druck/Gewalt aus, sollte eine Stute aus seinem Harem versuchen sich zu entfernen.
Der Vergleich mit den Hunden funktioniert deshalb nicht, weil Hunde im Gegensatz zu Pferden Raubtiere sind.
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:46
von Nelchen
Ich habe jetzt nicht alles gelesen, mich nur hinreisen lassen auf Swendenfox`s Beitrag mal meine Gedanken mitzuteilen.
Auch auf die Gefahr hin, dass sie keiner wissen mag.
Letzendlich ist es doch einfach so, dass wir einfach nie auf der gleichen Ebene miteinander kommunizieren. Pferde sind Pferde und Menschen sind Menschen. Wenn wir menschliche Begriffe wie respekloses Verhalten auf die Pferde übertragen, machen wir schon den ersten Denkfehler. Genauso, wenn wir uns als Menschen anmaßen, die Rolle eines Leittieres in der Herde annehmen zu wollen.
Das stimmt zwar, aber warum sollte "Mensch" nicht versuchen SEINE Regeln so rüberzubringen, dass Pferd sie versteht.(Schließlich gibt es die auch in ihrer Pferdegemeinschaft, genannt Herde.) Denn die Pferde leben mit uns Menschen zusammen und nicht umgekehrt. Und um zu erfahren, ob Pferde wissen was Respekt ist, sollte man mal eine intakte Herde beobachten. Die "Führerin" fordert ihn immer ein. Manchamal auch so energisch, so kann Mensch garnicht handeln. Letztendlich will ich als Mensch auch keine Leitstute sein, sondern "Führerin", das ist nun wieder auch ein Denkfehler. Hier müssen sich verschiedene Spezies arrangieren, mit verschiedener Kräfteverteilung und Weltanschauung und Natural Horsemanship ist eine Möglichkeit der Verständigung durch gegenseitiges aufeinander zugehen. Der Mensch versucht hier durch Verstehen verstanden zu werden.
Und respektvolle Pferde sind sehr angenehme Lebensbegleiter!

Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:50
von ehem User
@Nelchen: das passt doch sehr gut zu dem was ich geschrieben habe

Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 22:59
von HP-Manu
Vielleicht habe ich mich da nicht so gut ausgdrückt. Was ich meinte ist, du übst leichten Druck aus, um ihr zu zeigen, dass du ein bestimmtes Verhalten nicht magst. Sie kann nur weggehen, wenn sie keine Lust hat. Was hat sie für Möglichkeiten, dir zu sagen, dass dein Verhalten nicht ok ist? Kann sie Druck auf dich ausüben, wie z.B. anstupsen?
hm, ja, ich denke das kann sie im gewissen Maße auch. Z.B. wenn ich Hufe auskratzen will und sie mich so leicht mit ihren Fuss wegschiebt. ..hatte erst vor kurzem ein kundenpferd, das vermutlich Probleme im Rücken hatte, denn es schob mich jedesmal beim hufe aufnehmen mit derselben Hinterhand ganz sanft weg. Treten hätte ich hier nicht akzeptiert, aber der Wallach zeigt mir eindeutig, dass er das jetzt nicht mag, weil es ihm unangenehm ist...also hab ich es gelassen.
So wie Nelchen seh ich es ja auch, versteh dann dich Schwedenfox nicht ganz. Reden wir aneinander vorbei?

Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 23:02
von Katniss
Gehen wir z.b. mal zu den Hunden, da käme keiner auf die Idee, dass wenn ein Hund seinen Raum will und ...was Hunde nunmal dann tun...dann zuschnappt, dies einfach so zu akzeptieren. Wieso aber wird beim Pferd soviel akzeptiert? Woran liegt das?
Bei Hunden fordert man aber nicht dauernd, dass sie einem bloß nicht zu nah kommen sollen. Das sie Respektsabstand wahren sollen und so einen Käse. Scheinbar haben wir vor Hunden weniger Angst, obwohl sie ein wirklich todbringendes Raubtier sein können.
Wenn ein Hund schnappt, hat er vorher schon einige Ansagen gemacht, die meist übersehen werden. Oft wurde das Knurren unterbunden, denn das darf ein Hund ja nicht.
Unsere Hunde dürfen knurren wenn man zu aufdringlich wird, wer dann weiter macht muss sich über ein Schnappen nicht wundern.
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 23:05
von Katniss
Hier müssen sich verschiedene Spezies arrangieren, mit verschiedener Kräfteverteilung und Weltanschauung und Natural Horsemanship ist eine Möglichkeit der Verständigung durch gegenseitiges aufeinander zugehen. Der Mensch versucht hier durch Verstehen verstanden zu werden.
Mir fehlt da die Gegenseitigkeit. Einer geht auf den Anderen zu, aber der Andere hat nur zu weichen.

Eigeninitiative und ein Zugehen auf den Menschen (oft im wahrsten Wortsinne) wird als Dominanz abgestraft.
Re: Ruf des Natural Horsemanship
Verfasst: Mi 29. Mai 2013, 23:20
von ehem User
HP-Manu hat geschrieben:wenn das Pferd keinen Ausweg hat, dann seh ich das auch anders, aber für mich gibt es kein Überrennnen, wenn Auswege da sind.
So sehe ich das grundsätzlich auch. Leider mußte ich erfahren, das Auswege, die ich als solche definiert habe, nicht immer mit denen meiner Stute übereinstimmten
Aber wir (oder eher ich) haben gelernt

und was ich niemals gedacht hätte, ist, daß meine Stute dadurch, daß ich auf ihre Ängste derart eingehe und ihren Weg der 'Angstbewältigung' (doofes Wort, aber mir fällt grade kein anderes ein) quasi unterstütze (z.B. Fluchtweg freihalten, wenn sie aus Angst nicht weiter will auch mal umdrehen und weggehen...) ein enormes Vertrauen zu mir aufgebaut hat. Dadurch haben wir viele ehemals extrem angstauslösende Situationen relativ gelassen gemeistert *stolzbin*