Das Reitwaisen Forum

Hallo Solamina,
ich möchte dir nicht zu nahe treten, aber für die kurze Zeit machst du schon sehr viel mit deinem jungen Pferd und du erwartest auch ganz schön viel.

Zehn Tage ... ihr habt euch noch nicht mal kennengelernt und er die Umgebung noch nicht.
Alles ist neu und da muss am Putzplatz auch mal aufgeregt geguckt werden, was da um die Ecke kommt.

Lass ihn doch erstmal ankommen und sich an alles gewöhnen.
Der Rest spielt sich doch nach und nach (fast) von alleine ein.

Hallo Melanie,

ja, ich weiß, daß ich sehr, sehr viel mache. Aber wenn ich zu ihm komme, habe ich das Gefühl, daß er einfach unbedingt was machen möchte. Er ist einfach total motiviert und geht mit Freude mit mir mit. Nach ca. 30 min merke ich, daß seine Konzentration nachlässt und dann beenden wir mit etwas positivem die Einheit. Wenn ich ihn dann wieder zurück auf den Paddock bringen möchte, fragt er mich:" Wie schon Schluß? Ich möchte aber noch ins Gelände!"
Das traue ich mich dann nicht allein, weil ich ihn nicht überfordern möchte und nicht weiß, inwieweit er dann noch bei mir bleiben kann ( Konzentrationsmäßig).Sonst geht er wirklich alleine mit mir, da haben andere mit ihren älteren Pferden große Schwierigkeiten. Deshalb möchte ich nicht unbedingt mit anderen raus; dort lernt er nur Blödsinn. Außerdem haben wir hier 40 cm Schnee, und die Weite lockt vielleicht doch ... (Einen Sattel haben wir noch nicht)

Wenn es nach mir ginge könnte er ruhig weniger machen.

Oder interpretiere ich ihn falsch? Ich bin mir soooo unsicher, weil ich nichts falsch machen möchte. Kann ich meinem Bauchgefühl vertrauen?

LG
Anne

Das kenne ich von meinen beiden auch.
Im tristen Wintergrau kommt endlich der Mensch und sorgt für ein bisschen Kurzweil.

Ich nehme mal an, er wurde bei den Vorbesitzern nicht so viel gelobt wie bei dir.
Dazu ist es Winter und den Pferden kommt Abwechslung gerade recht. Und tolle Kekse gibt es auch noch.
Somit bist du die Hauptattraktion des Tages.

Ich kenne euch natürlich nicht, aber ich würde das Interesse daher nicht unbedingt als reinen "Arbeitseifer" interpretieren. Du kannst/solltest ihn natürlich beschäftigen - keine Frage!
Eventuell ist aber gerade die Freiarbeit noch etwas viel für den Anfang.
Freies Rückwärts einparken z. B. wäre für mich eine Übung, wenn ich das Pferd schon besser kennen würde und das Pferd meine Signale deuten kann. (Wobei ich ja nicht weiß, wie du das jetzt genau machst...)

Du machst bestimmt nichts falsch.
Euer Programm liest sich nur schon recht umfangreich.

Vielleicht einfach mal den Hof zusammen erkunden?
Nicht an Lektionen arbeiten, sondern mal einen Regenschirm beschnüffeln dürfen.
Lange Rede kurzer Sinn: Dein Text liest sich so, als würdest du schon gerne an "Lektionen" arbeiten.
Und ich persönlich würde damit noch warten und erstmal "Kennenlern-Arbeit" vorziehen.

(Mündlich könnte man sich besser und in zwei Sätzen ausdrücken, entschuldige. )

Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin für ihn wahrscheinlich wirklich die Hauptattaktion.
Clickern kannte er vor mir nicht und findet er toll.

Was meinst Du mit Kennenlern-Arbeit? Kannst Du mir da auf die Sprünge helfen?

LG
Anne

Na, äh...sich eben gegenseitig beschnüffeln.

Hm...wie erkläre ich das?
Rückwärts einparken ist schon ein ganzer Satz in einer fremden Sprache und eine schwierige Lektion.
Und die Basis ist ein Rückwärts, erstmal egal wohin oder vielleicht auch schräg.
Aber ihr habt dann schon eine gemeinsame Vokabel und du kannst dann immer feiner und präziser werden.
Die Anforderungen und Inhalte im Training langsam steigern.

Mit einfachen Dingen anfangen und sich dabei besser verstehen lernen.
Ab wann reagiert er auf die Hilfe für "zurück"? Lässt sich mit der Schulter einladen?
Sich und dem Pferd einfach Zeit zum Ankommen und Kennenlernen geben.

Jetzt ist mir doch eine kurze Formulierung eingefallen:
Zum Kennenlernen den Pferdealltag nutzen und einfache Aufgaben/Lektionen in der Bodenarbeit/beim Reiten ohne besondere Anforderungen.

Mal ganz ehrlich - stört es dich persönlich, dass er dir so Nahe kommt oder stört es dich nur, weil dir jemand anderes einredet, du müsstest da einen "Individualabstand" einhalten? Lass die Leute dich reden, dein Pferdchen gibt schon auf dich acht und glaub mir, er wird dich nicht umrennen, wenn er das irgendwie vermeiden kann, das hat nichts mit Abstandhalten zu tun.


Ich habe auch ein sehr personenbezogenes junges Pferd. Als er 3 jährig zu uns kam, war er definitiv auch etwas tollpatschig. Da musste man schon ab und an mal auf sich achten, dass er z.B. nicht seinen Schädel gegen meinen Kopf rammt, wenn er sich umdreht - ich fand das aber normal und habe da eben immer auf mich geachtet, er war ja jung und neu. Mich hat das wie gesgt nie gestört. Jetzt, 4 Jahre später hat er da aber von selber viel dazu gelernt, auf uns acht zu geben. Er hebt seinen Kopf immer deutlich über meinen, wenn er mir über die Schulter schaut und die Seite wechselt, er tritt niemandem auf die Füße, er rennt meine Tochter beim wilden Spielen mit Galopp und Bocksprüngen auf dem Reitplatz nicht um etc. Ich habe da nie bewusst drauf hingearbeitet. Das hat er irgendwie selber gelernt. Dafür habe ich aber auch nach 4 Jahren noch immer ein Pony, dass meistens brummelnd zum Koppel- bzw. Paddocktor kommt, wenn ich ihn rufe. Lass dir das bloss nicht von anderen kaputt machen!

Mein Pferd hat auch nie wirklich viel Abstand gehalten - und tut es bis heute nicht. Ich kann den Abstand einfordern, aber eigentlich sind wir uns beide lieber nah
Er hat mich aber noch nie umgerannt oder war sonderlich rüpelig (normale Jungpferd-in-Pubertät-Phasen mal ausgenommen, aber selbst dann nie problematisch).

Ist alles Vereinbarungssache und ich hab mit ihm die Vereinbarung, dass unser Individualabstand eben nicht sehr groß ist

ich sehe das mit der distanz wie meine vorschreiberin: es ist etwas was man aushandelt
du schreibst, er reagiert sofort auf deine körpersprache, aber du musst ihn aktiv auf abstand schicken, sonst kommt er zu dir.
heißt für mich, dass er dich dann als einladend empfindet. kann es nicht sein, dass das so ist? dass du ihn gern bei dir hast?

nichts von dem, was du schilderst, finde ich respektlos. ihr stimmt euch grade ab, er ist scheinbar sehr menschenbezogen und hat ein eher großes bedürftnis nach nähe - aber er respektiert ja deinen wunsch auf abstand, wenn du ihn äußerst. nach ner weile pendelt sich das ein.

ganz ehrlich, ich kann aus deiner schilderung absolut nichts erlesen, was bei mir besorgnis in richtung eines respektlosen pferdes hervorriefe.
im gegenteil, klingt für mich einfach nach einem wirklich überdurchschnittlich liebenswerten, feinen und aufmerksamen jungspunt.
ich finde enorm, wie viel der grade an neuem bewältigt, und dabei so offen und cool bleibt (liest sich zumindest so)

klar sollte der dich am putzplatz nicht anrempeln oder an die wand drücken, wenn er was interessanteres sieht (tut er auch nicht, oder?), aber etwas unachtsames gezappel finde ich zum aktuellen zeitpunkt echt normal und absolut kein grund, am charakter oder der beginnenden beziehung zu zweifeln.


ich muss barbiline zustimmen - ich finde es traurig, dass man so verunsichert wird mit diesem "abstand x = respekt, abstand x - y = respetklos"-quark, dass man bei einem so offenkundig anständigem jungpferd nur die wahl zwischen tollpatischig und respektlos in betracht zieht.

Die meinten halt, wenn ich den nicht korrigiere, dann soll ich mich nicht wundern, wenn ich später Schwierigkeiten kriege. Und daß er halt das nächste Mal nicht mehr kurz vor mir bremst, sondern mich umrumpelt. Da dachte ich halt, bevor ich was versäume, frag ich hier doch mal nach.

neid?
also ICH werd neidisch, wenn ich lese, wie das bei euch nach 2 wochen läuft

Ich schliesse mich da den andern an bezüglich Abstand. Gerne möchte ich dir aber noch was anderes mitgeben: Lass dich nicht von den Andern verunsichern. Es ist DEIN Pferd! Und eines ist auch klar, du wirst Fehler machen ganz bestimmt! Aber das ist nicht schlimm. Solange du dich selbst reflektierst und dir überlegst wieso etwas passiert ist und wieso du irgendwie gehandelt hast, wirst du für dein Pferd immer alles richtig machen. Sie sind nicht nachtragend und sie gehen an einem Fehler nicht kaputt

Und noch was: Mein Jungspund war als ich ihn bekam sehr rüpelig und konnte einem völlig vergessen wenn ihn etwas aufgeschreckt hat! Trotzdem hat er mich nie auch nur im Ansatz umgerannt. Das machen Pferde nicht (ausser man zwingt sie dazu). Aber es konnte schon Mühsam sein. Ich habe ihn dann per TK mal darauf angesprochen und ihm erklärt dass das gefährlich ist. Er war dann völlig erstaunt und erschrocken weil ihm nicht bewusst war dass er mir wehtun und mich verletzten kann dadurch! Danach hat sich sein Verhalten merklich geändert und er hat viel besser aufgepasst. Auch heute kommt er beim Spielen manchmal voll angerannt und rast knapp an mir vorbei. Er weiss aber genau was es verträgt und hat sich noch nie geirrt. Hör auf dein Bauchgefühl und mach genau das was du für richtig befindest, dann wird es für euch passen

Es gibt da diese Theorie, daß Pferde oft dann auch mal einen Menschen anrempeln, wenn dieser ausschließlich als der Starke, der Dominante auftritt. Ein starkes Wesen kann sowas ab.
Gegenteilig ist es nach der Theorie so, daß Pferde aufmerksamer und rücksichtsvoller dem Menschen gegenüber werden, wenn dieser ganz genau zeigt, was zu viel ist, was er nicht mehr verträgt. Wenn die Beziehung zueinander nicht ausnahmslos davon geprägt ist, daß der Mensch über das Pferd verfügt, dann wollen Pferde ihrem Menschen auch nichts tun - wenn sie die Grenzen kennen. Und die Grenze muß da nicht ein durch Stärke demonstriert angezeigter Sicherheitsabstand sein, sondern die Grenze kann auch durch die Schwäche des Menschen gezogen werden. Körperlich schwächer sind wir ja nunmal.

Mein Jungtier ist mir zweimal auf den Fuß gestiegen. Beim ersten Mal hat sie einfach nicht aufgepaßt. Es kam ein Schmerzensruf von mir, einfach weil ich mich erschreckt habe, weh tat es gar nicht wirklich. Da hat das Pony ganz schön erstaunt geguckt.
Beim zweiten Mal kam von mir gar keine Reaktion, aber als Pony merkte, daß sie im Begriff ist, sich auf meinen Stiefel zu stellen, ist sie sofort von selbst erschrocken hochgesprungen. Als wollte sie sagen: "Huch, entschuldigung, das war jetzt aber keine Absicht!" Sie hatte den Schuh quasi nur leicht berührt und hat sich selbst korrigiert, als sie merkte, daß ich Tollpatsch ihr meinen Fuß in den Weg gestellt hatte.