Mentaler Zwang

Moderator: Keshia

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Fionnlagh
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von Fionnlagh »

naja, ich würde aber auch zu hause nicht immer "zu frieden lassen", wenn pferd nicht möchte ;)
ich versuche dann eher raus zu finden, WARUM mein pferd nicht möchte und dann entscheide ICH, ob der grund des pferdes für mich auch ein guter grund ist oder eher nicht ;)
wenn es um dringende dinge geht wie zahnarzt, tierarzt etc, dann entscheide ich immer für "eher nicht".
ansonsten versuch ich den bären zur mitarbeit zu bewegen, aber wenn ich merke, es geht gar nicht, dann lass ich es bleiben.
allerdings tu ich mir da vielleicht auch leicht, denn der bär will wirklich fast immer und kommt zu 98% freiwillig. die male, die er nicht freiwillig kommt, hat er tatsächlich immer gute gründe (neuankömmlinge in der herde zb).
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
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Keshia
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von Keshia »

Ja, wirklich ein sehr interessantes Thema. Und komischerweise kann ich mehrere Beiträge unterschreiben. Zum einen den von Stjern, denn die Freiarbeit zeigt einiges, lehrt vieles und festigt die Beziehung.
Zum anderen aber auch den von Sheitana, denn ich finde Grenzen unglaublich wichtig. Jedes Lebewesen (als Gruppe) setzt sich selbst Grenzen in Form von Revieren, in Form von Erziehung.

Bei manchen Fragen, die gestellt werden, habe ich das Gefühl, daß sich Diskussionen wiederholen, die es in der Pädagogik gibt. Diskussionen über antiautoritäre Erziehung oder über Antipädagogik.

Meine Meinung ist, daß ein klares Nein das Vertrauen fördert. Genauso wie ein klares Ja. Vertrauen hat etwas mit Grenzen zu tun, Grenzen geben Halt. Eine ganz andere Diskussion wäre es, wie diese Grenzen vermittelt und "verteidigt" werden.

Für mich ist ganz klar, wenn ich mein Pferd von der Koppel hole, dann hole ich es von der Koppel, wenn ich von A nach B möchte, dann ist das ebenso. (Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn das Pferd aus irgendeinem Grund nicht kann, aber es gibt nicht die Ausnahme "Ich möchte aber lieber weiter fressen".)
Wenn ich Freiarbeit mache, ist ganz klar: Hier kann das Pferd mitentscheiden. Da darf dann auch mal das Pferd ganz klar sagen: "Jetzt mag ich nicht mehr".

Für mich heißt das: Wenn ich ganz ohne Zwang auskommen möchte, dann sollte ich das Pferd frei in der Prärie lassen und gucken, ob es zu mir her kommt :breitgrins2:
Der späte Wurm entgeht dem Vogel.

"Wenn Du meinst, daß das Abenteuer gefährlich ist, probier's mal mit Routine. Die ist tödlich."
(Paolo Coelho)

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Sheitana
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von Sheitana »

Keshia hat geschrieben:Meine Meinung ist, daß ein klares Nein das Vertrauen fördert. Genauso wie ein klares Ja. Vertrauen hat etwas mit Grenzen zu tun, Grenzen geben Halt.
Der Satz gefällt mir :gut:

Und ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist, warum soviele Menschen "Problempferde" haben.
Ich höre sehr oft "aber ich möchte doch lieb zu ihm sein". Oder "ich weise meine Pferde grundsätzlich nicht wirsch zurecht, wir machen alles auf positiver Basis".
Das ist im Grunde ja schön und gut, nur häufig sehe ich, dass dabei die Konsequenz verloren geht. Dass die Besitzer viel zuviel mit sich machen lassen aus lauter Angst, sie könnten unwirsch oder unfair dem Pferd gegenüber sein.
Wenn ich dann sehe, wie die 1000kg Kaltistute mit ihrer Besitzerin gnadenlos spazieren geht und dann höre "ach, sowas macht man nicht, komm doch bitte mit mir", dann muss ich leider den Kopf schütteln :nix:

Zu der Sache mit dem "wie" unterscheide ich ganz klar in der Situation.

Es gibt Dinge, die meine Pferde nicht dürfen und wo ich auch keine Diskussion zulasse. Dazu gehört Beißen, Treten, Steigen. Auch nicht gegenüber anderen Pferden, wenn ich daneben stehen. Sollte das passieren gibt es dazu auch eine ganz klare Ansage und dann bin ich auch nicht zimperlich. Es ist für mich viel zu gefährlich, zwischen zwei keilende oder beißende Pferde zu geraten.

Genauso erwarte ich von meinen Pferden gewisse "Tischmanieren", denn ich fütter Kraftfutter in der Herde. Auch da bin ich ziemlich konsequent, denn sonst stehe ich schnell mit meinen Eimern zwischen drängelnden Pferden.

Aber es gibt auch grundsätzlich immer Lob, wenn etwas gut gemacht wird.
So merke ich z.B. häufig, dass die Jungpferde - obwohl sie wissen, das dürfen sie nicht - an den Eimer eines anderen Pferdes wollen, sich dann aber erinnern, dass das nicht erlaubt ist und stehen bleiben. Das lobe ich ausgiebig.

Bei der Arbeit ist das was ganz Anderes. Hier versuche ich grundsätzlich nur über Lob zu arbeiten, auch für jeden richtigen Ansatz.
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von ehem User »

Ich bin auch für klare Ansagen, sprich ein klares JA oder ein klares NEIN. Auch ein Nein ist ja nicht automatisch mit "Prügel" gleichzusetzten, ich kann ja auch "höflich" NEIN sagen. Ein klares VIELLEICHT führt dann eher zu Problemen...
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.Anni.
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von .Anni. »

Nun komm ich endlich mal dazu euch zu antworten ;) :
Fionnlagh hat geschrieben: Ich glaube, dass ein Pferd weiß, dass es physisch stärker ist als der Mensch (also zumindet MEIN Pferd weiß das mit Sicherheit).
Darauf wollte ich hinaus :five: .
Ich frage mich, ob es das von Anfang an weiß, oder ob es dazu erst die Erfahrung machen muss?
ich vermute eher, dass das Pferd das lernt und somit eben auch lernen kann, dass es "schwächer" als der Mensch ist, wenn es z.B. als Fohlen festgehalten wird.
Es ist nicht immer gut, wenn man so etwas zuläßt, weil es immer noch Tiere sind, die nach ihren Instinkten handeln, was aber sehr oft mit äußeren Gegebenheiten kollidiert und für den Menschen und auch das Pferd zu wirklich gefährlichen Situationen führen kann. Ich denke ein gewisser "Zwang" wenn wir das so nennen wollen, ist auch zur Erhaltung der Gesundheit notwendig und gehört zu meiner Verantwortung dem Pferd gegenüber.
Das hab ich hier mal vorrausgesetzt, mir ging es wirklich eher um 'Zwangsmittel' und wie sie einzuschätzen sind.
Das würde aber bedeuten, dass Du von Deinem Pferd verlangst, gegen die Natur zu entscheiden...... Sie sind von der Natur dazu programmiert, keine Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme auszulassen und da kommen wir wieder zu dem Punkt wie viel gut ist und wie viel schadet.
Das kommt doch darauf an, welche Möglichkeiten zur Nahrungsaufnahme sie sonst haben. Auch auf einer Weide sieht man spielende, dösende, Fellpflege betreibende Pferde. Daher halte ich es durchaus für möglich, dass sie eben auch für das Zusammensein mit mir für eine kurze Zeit auf die Nahrungsaufnahme verzichten können.
Und außerdem gibt es von mir ja auch Futter :frech: .
Wenn ein Tier etwas weiß, was die Gruppe am Leben erhält - hier die Suche nach guten Futterstellen - ist es nicht mehr rangniedrig. Wenn wir es mal auf menschliche Beziehungen übertragen wollen: hier ist Wissen "Macht".
Das Pferd mit dem meisten "Wissen" ist also auch automatisch das dominanteste Tier, hat also ein größeres Recht auf Ressourcen?
Eine 100%ige Freiwilligkeit ist wohl illusorisch. Da spielen viel zu viele Faktoren mit, wie z.B. notwendige Schmied- und TA-Termine, rationiertes Fressen, um Krankheiten zu vermeiden, Haltungsbedingungen etc.
Man kann aber, denke ich, zu einem Punkt kommen, an dem man eben so viel Freiwilligkeit erreicht, wie möglich.
:gut: und da würde ich gerne irgendwann hin...

@Stjern
Deinen Erfahrungen kann ich nur zustimmen :-n !
Und ich behaupte mal das liegt in unsere Beziehung zueinander begründet, in der sie sich äußern dürfen, in der auchch immer wieder auf ihre Vorschläge eingegangen wird, in der es aber auch klare Regeln und Grenzen im Umgang gibt, in der wir alle so sein können wie wir wirklich sind und trotzdem Rücksicht aufeinander nehmen können.
:sigh:
Sie müssen in menschlicher Haltung Dinge leisten, die sie in freier Natur nicht leisten müssten. Aber trotz eines gewissen Zwanges sind es Dinge, die ihnen Spaß machen. Die sie besser, schöner, selbstbewusster machen.
Ich überfordere meine Pferde nicht, wenn sie etwas nicht leisten können, dann muss es ihnen neu/besser/anders erklärt werden.
Aber sicherlich *zwinge* ich sie dabei auch manchmal zu Dingen, die sie meinen nicht zu können um dann festzustellen, dass es eben doch geht. Dazu gehört aber viel Fingerspitzengefühl.
Ich würde das *zwinge* einfach durch "überreden" ersetzen. Zwingen beinhaltet für mich dieses "das-muss-jetzt-Gefühl". Aber sehr treffend geschrieben :gut: !
Liebe Grüße, Anni

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A.Z.
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von A.Z. »

.Anni. hat geschrieben:Das Pferd mit dem meisten "Wissen" ist also auch automatisch das dominanteste Tier, hat also ein größeres Recht auf Ressourcen?
:-ü

Pferde denken nicht so.

Die Knappheit von Resourchen ist Menschen gemacht. Pferde die von Ort zu Ort ziehen können, tun das gemeinsam und teilen die Resourcen.
Ich denke nicht, das ein gutes Leittier jemals ein Herdenmitglied von einer Futter oder Wasserquelle in der Art weg schickt, wie wir das bei unseren eingesperrten Pferden erleben. Die, die schicken sind bei genauerer Betrachtung auch nicht die Leittiere einer Gruppe. Die kann im Zweifel keiner Leiden und man geht ihnen aus dem Weg.
Das wirklich Leittier, dem alle z.B. im Gefahrenfall hinterher gehen, ist häufig eher unscheinbar.

Das Pferd mit dem meisten Wissen ist automatisch das, dem die andern folgen. Es ist das Leittier.
Leittier sein kann es nicht erzwingen. Die andern schließen sich freiwillig an.

Und ich persönlich habe für die Beziehung zu meinem Pferd lieber dieses Bild vor Augen.

Und mein Pferd weiß es zu schätzen, dass ich z.B. ein paar gute Grasplätze kenne. Da ich mit dieser Resource eh nichts anfangen kann, macht es an dieser Stelle wenig Sinn, dass ich irgend einen Anspruch darauf erhebe.
Ich erwarte lediglich, dass wir dann auch nach meinem Willen weiter gehen. Im Zweifel bis zum nächsten Grasplatz.

Das aber nur Beispiel.
Viele Grüße Angela

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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von ehem User »

Vielleicht passt das jetzt nicht 100% hier herein. Aber immer wenn ich so etwas lese wie (Wild)Pferde vertreiben sich nicht gegenseitig, sind "nett" zueinander, weil sie sich in der Natur ausweichen können usw, muß ich an die Doku denken, die ich einmal im Fernsehen gesehen hatte. Programm usw weiß ich nicht mehr, ist schon ewig her. Eine Forscherin hatte über ein Zeitraum von 5 Jahren eine Mustangherde begleitet. Es ging speziell um ein Hengst, ein Schimmelhengst, was wohl was besonderes war. Praktisch von Geburtan bis zum 5. Lebensjahr. Das war echt interessant und auch ein bisschen traurig. Jedenfalls waren die Pferde nicht gerade zimperlich miteinander umgegangen. Als zwei fremde Herden aneinander geraten waren, wurde es auch blutig. Da hatte ich nicht gerade das Bild von friedfertigen Wesen vor Augen.
(Vielleicht hat dies Doku ja noch jemand von hier gesehen.)
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A.Z.
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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von A.Z. »

Das ist richtig Mairead - Pferde sind oft alles andere als nett miteinander. Ich habe Pferde auch schon als äußerst rassistisch erlebt etc. Habe gesehen, wie ein krankes Tier brutal aus einer Herde fern gehalten wurde ...

Aber die Frage ging in die Richtung, wer in einer Herde den Ton angibt. Wem die Pferde folgen.
Und das ist eben nicht der brutale Stinkstiefel, der die andern von den Resourcen vertreibt und sie für sich selbst beansprucht.

Wenn eine Pferdeherde mit einer andern aneinander gerät, dann wird man es zukünftig tunlichst vermeiden, sich ein weiteres Mal zu begegnen.
Ich mag nur schwerlich glauben, dass sich die "unterlegene" Herde der anderen dann anschließt.
Viele Grüße Angela

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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von .Anni. »

@Mairead
Meintest du den Film Cloud?

Den werde ich mir in diesem Zusammenhang auf jeden Fall nochmal anschauen. Obwohl ich denke, dass eben gerade die actionreichen Szenen rausgesucht wurden, denn wer würde sich eine Stunde lang friedlich beieinander grasende Pferde anschauen ;) ...

Wahrscheinlich kann man nicht sagen, ob Pferde grundsätzlich grob oder sanft miteinander umgehen. Sie handeln so, wie es die Situation in diesem Moment unter den gegebenen Umständen erfordert. Ich denke nur, dass wir eben nicht davon ausgehen können, dass das Verhalten unserer Hauspferde mit dem freilebender Pferde gänzlich übereinstimmt.

@A.Z.
Das sehe ich auch so :gut: .
Liebe Grüße, Anni

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Re: Mentaler Zwang

Beitrag von ehem User »

.Anni.: Cloud - Genau der Film.
Kann schon sein, dass besonders diese actionreichen Szenen mit rausgesucht wurden. Aber, um diese Szenen rauszusuchen, müssen die auch erst mal entstehen, oder. Und ich habe auch nicht geschrieben, dass der ganze Film aus Beißen und Auskeilen besteht, aber das kommt darin vor.

Diesen Hinweis mit dem Film, habe ich ganz allgemein eingeworfen. Ich habe hier in dem Forum schon öfter gelesen, dass Pferde in freier Natur nett zu einander sind. Das sich die Pferde nicht "bekriegen", weil sie Energie sparen wollen, sich lieber aus dem Weg gehen und sich nicht gegenseitig verletzen würden, ect.. Aber dem ist dann scheinbar nicht so.

Am besten den Film selber anschauen.
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