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Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Mo 29. Okt 2012, 20:38
von ehem User
Ich reite jetzt seit einiger Zeit ohne Gebiss und ich hatte ein paar Reitstunden, wo es immer wieder hieß, ich solle doch ein Gebiss reinmachen. Mein Pferd läuft auf Gebiss aber einfach nicht gut. Ich reite mit Natural Hackamore (Bosal) und zu 90 % reicht ein leichtes Fingerschließen und sie reagiert, während sie an der Trense einfach nur die Giraffe spielt. Ich würde es mir zu leicht machen und mein Pferd müsse ja auch auf Gebiss laufen. Ich hab mir dann Rat gesucht, wo ich den Umgang mit dem Bosal auch gelernt habe. Wie kann ich sie bloß wieder auf Trense umstellen?! Bis er mir die Frage stellte "Warum soll sie denn mit Gebiss laufen?" Ja, da hatte ich eigentlich keine Antwort drauf. Ich bin zufrieden, wie sie ohne Gebiss läuft. Wir haben zwar noch Baustellen und Probleme (leider noch sehr vorhandlastig), aber sie ist zufriedener, schnaubt ab, läuft lockerer. Ich weiß eigentlich nicht, warum es auf Gebiss klappen muss! Ich fragte dann, warum seine mit Gebiss laufen sollen und er meinte, falls er sie mal verkaufen müsse. Fakt ist ja, es gibt immer noch viele Menschen, die denken, ein Pferd MUSS mit Gebiss laufen.
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Mo 29. Okt 2012, 22:37
von Integra
Hi,
leider denken das noch sehr viele, sodass es sogar relevant für den Versicherungsschutz ist.
wenn man also Gebisslos ausreiten will, so muss man vorher mit der versicherung abgeklärt haben ob sie einen Schaden im Falle eines Falles auch übernehmen, viele Versicherungen machen einem da leider auch einen Strich durch die Rechnung obwohl es ja bereits erwiesen ist das man auch ohne Gebiss sein Pferd unter Kontrolle bringen kann.
OT
in meinem Anatomiebuch steht, das Pferde nur speicheln können, wenn sie auf etwas kauen bzw. fressen... aber das stimmt nicht, zumindest meinem Pferd läuft sie sabber aus den Maul, wenn er Müsli sieht und hunger hat...(ist er jetzt anders?

oder hat der Autor des Anatomiebuches gepfuscht?) OT ende
LG
Integra
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 07:22
von feendrache
Fenja hat geschrieben:
Was ich mich auch frage, dass Pferde auf dem Gebiss kauen, kann ich nachvollziehen. Aber warum kauen und speicheln Pferde auch ohne Gebiss? Das konnte ich bis jetzt ohne Reiter (außer beim Longieren) noch nicht beobachten.
Also mein Herr Pferd kann das auch ohne Gebiss und Longe in der Freiarbeit... Also abkauen und speicheln.
Nicht oft, aber er macht das. Wenn er angespannt war und die Situation sich löst und er entspannt, dann kann es durchaus passieren, das er anfängt zu kauen.
Edit sagt: er macht das auch unterm Reiter (ich reite ihn mit gebissloser Zäumung)...
Integra hat geschrieben:OT
in meinem Anatomiebuch steht, das Pferde nur speicheln können, wenn sie auf etwas kauen bzw. fressen... aber das stimmt nicht, zumindest meinem Pferd läuft sie sabber aus den Maul, wenn er Müsli sieht und hunger hat...(ist er jetzt anders?

oder hat der Autor des Anatomiebuches gepfuscht?) OT ende
Dabei gehts um klassische Konditionierung... unsere Pferde, gerade Sheitanas Stute kann das auch super...
wenn die Abends die Eimer mit dem Futter sieht, dann sabbert und kaut die auch schon mal, als hätte sie ihre Nase schon im Eimer und würd nich noch drauf warten.
Es lebe Pavlov
http://de.wikipedia.org/wiki/Pawlowscher_Hund
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 08:11
von La Espanola
Pferde kauen auch wenn sie denken.

Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 09:47
von lisak
Es gibt auch bei den alten Meistern noch gut thematisiert den - ach wie hieß das so schön - Schenkelkaupunkt. So hieß es natürlich nicht. Aber da gibt es am Schenkel eben eine Muskelgruppe, die man durch gute Biegung lockert und deren Lockerung sich sozusagen verkehrt herum nach vorne bis zum Zungenbein fortsetzt und damit zum Kauen anregt.
Bei de la Guériniere kann ich mich an so etwas erinnern...
Es war also durchaus auch schon Thema mit dem Kauen ohne Gebiss durch "gutes Reiten" ausgelöst, wie es da immer so schön stand.
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 15:50
von ehem User
Ein Pferd speichelt nicht automatisch aus Reflex, wenn ein Gebiß im Maul liegt. Ich kenne (leider) genügend Pferde, die während des Reitens nicht speicheln, weil diese Pferde nicht locker sind, sich im Rücken fest machen und mit steifen Genick dahinlatschen.
Ein Pferd kaut beim Reiten, wenn es zufrieden ist (übrigens wie auch schon einige geschrieben haben ohne Gebiß), wenn es losgelassen läuft oder es kann ein Stresskauen sein, dann schäumts meist besonders viel, aber diesen Unterschied erkennt sogar ein Laie.
Außerdem heißt es zwar, das Pferd kaut, aber es ist ja kein kauén im wörtlichen Sinne, und schon gar nicht auf dem Gebiß, da das ja eigentlich auf den Laden liegen sollte, und da sind ja keine Zähne .?.
Wir hatten ein Pferd im vorigen Stall, dem wurde vor den Nüstern der dünne Knochen auf dem Nasenbein gebrochen, mit einer mechanichen Hackmore!!!
Noch eine Sache die es zu bedenken gibt, (alle) Ausbilder, egal ob früher oder heute arbeiten mit Gebissen. Es gibt sogar ein Buch zum Thema Losgelassenheit (Name fällt mir i.M. nicht ein, ist aber recht neu), in dem ausdrücklich geschrieben wird, das ein Pferd nur die Losgelassenheit erreichen kann, wenn es mit einem Gebiß geritten wird.
Kein Pferd kann 100% losgelassen laufen, wenn es Schmerzen hat. Wenn ich mir jetzt aber Ritte von Ingrid Klimke mit Dresden Mann (als Bsp.) ansehe, ist das für mich absolut harmonisch!!!!!
Ein Pferd muss sich an das Gebiß gewöhnen, aber ein Kind beim Kieferorthopäden, was eine Spange bekommt, muss sich auch daran gewöhnen. Das ist vielleicht anfangs unangenehm, aber nicht schmerzhaft (vorausgestzt es passt alles...)
Damit will ich das gebisslose Reiten nicht schlecht machen, aber jeder wie er es für am besten hält, und mein Pferd läuft nun mal mit dem KK-Ausbildungsgebiß am besten.
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 17:05
von Lottehüh
Hier will ich auch was sagen

Gerade letzte Woche habe ich Steffi 86 gebeten, mir zu erklären, warum um Himmels Willen es gut sein soll, wenn das Pferd "auf dem Gebiss" (wie man so schön sagt) kaut. Hm - es gab ja einige Aussagen hierzu.
Meine beim Kauf 10-jährige Stute hat sich massiv gegen das Gebiss gewehrt (kannte sie nicht? Oder hatte schlechte Erfahrungen?). LG-Zaum gekauft und Pferdchen war glücklich. Ich hab's mir kürzlich aus dem Putzkoffer geholt (das Gebiss) und mal an meine Lippen gelegt - mit dem Dingens in der Mitte auf die Haut - und dann mal ganz leicht eine Seite bewegt. Leute - das ist nicht angenehm. Ich möchte nicht wissen, wie sich das anfühlt, wenn die Zunge da drinhängt. Ich denke, die meisten Freizeitreiter reiten nicht fein genug mit dem Gebiss - was ich so in meinem Umfeld sehe.
Die ganze Erklärung mit dem Speicheln und Kehlkopf klingt für mich sehr logisch. Nun habe ich das Glück, ein supertolles Pferd zu haben, das mir (fast

) nie durchgegangen ist, ich hab den LG-Zaum also ohne Hebel eingestellt. Hätte ich ein Pferd, das das Gebiss akzeptiert hat und zufrieden damit wirkt, würde ich vielleicht auch mit Gebiss reiten. Mich vielleicht auch gar nicht trauen, gebisslos raus zu gehen. Aber das Gebiss mit einer Zahnspange zu vergleichen, finde ich jetzt schon sehr verharmlosend.
Ich habe ürbigens auch die Erfahrung gemacht, dass es quasi unmöglich ist, einen Lehrer zu finden, der sich bereit erklärt, einen bei der Ausbildung eines Pferdes ohne Gebiss zu unterstützen.
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 17:35
von Belle
Ich kenne (leider) genügend Pferde, die während des Reitens nicht speicheln, weil diese Pferde nicht locker sind, sich im Rücken fest machen und mit steifen Genick dahinlatschen.
Hm, da kann man aber auch nicht alle mit einbeziehen, denn meine Stute hatte in der Ganzen Zeit (sind jetzt über 13 Jahre) kein Schaum vorm Maul. Und sie kann trotzdem locker laufen, macht sich nicht im Rücken oder Genick fest. Sie kaut einfach nicht so viel, als das sich dann Schaum bilden würde.
Und ich habe auch die Erfahrung bei ihr gemacht, dass sie sowohl mit und auch ohne Gebiss anfängt abzukaunen

Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 17:45
von BiJu
Liliana hat geschrieben: Es gibt sogar ein Buch zum Thema Losgelassenheit (Name fällt mir i.M. nicht ein, ist aber recht neu), in dem ausdrücklich geschrieben wird, das ein Pferd nur die Losgelassenheit erreichen kann, wenn es mit einem Gebiß geritten wird.
Das halte ich ehrlich gesagt für ziemlichen Blödsinn! Warum sollte ein Pferd OHNE Gebiss, denn nicht losgelassen laufen KÖNNEN?!
Ich sage nicht, dass ein Pferd MIT Gebiss nicht losgelassen laufen kann, ich glaube schon, dass das bei richtigem Umgang gut möglich ist, aber ohne Gebiss ist es sicherlich genauso möglich.
Und ein Gebiss mit der Zahnspange zuvergleichen, funktioniert mMn garnicht, es sind einfach zwei grundverschiedene Dinge zu verschiedenen Zwecken
Und ich hatte sehr wohl wahnsinnige Schmerzen mit meiner Zahnspange
LG Bianca
Re: Warum gebisslos? - Schäden durchs Gebiss
Verfasst: Di 30. Okt 2012, 18:30
von Lemmy
lisak hat geschrieben:Es gibt auch bei den alten Meistern noch gut thematisiert den - ach wie hieß das so schön - Schenkelkaupunkt. So hieß es natürlich nicht. Aber da gibt es am Schenkel eben eine Muskelgruppe, die man durch gute Biegung lockert und deren Lockerung sich sozusagen verkehrt herum nach vorne bis zum Zungenbein fortsetzt und damit zum Kauen anregt.
In der Mediathek zum neuen LK findet sich hierzu ein sehr schöner Beitrag, in dem die muskulären Zusammenhänge gut erklärt sind. Insbesondere die Aktivierung des schrägen Bauchmuskels sowie der Brustmuskulatur spielt hierbei eine wichtige Rolle. Über deren Fortsetzung zum Zungenbein werden dann bei korrekter Arbeit die Kaumuskulatur gelockert und schlussendlich das Kiefergelenk aktiviert. Dafür erfordert es Stellung und Biegung. Dies ist aber nicht abhängig von irgendwelchen Hilfsmitteln und lässt sich mit und ohne Gebiss erreichen. Im Prinzip müssten die entsprechenden Haltungen bei Koppelung mit einem Signalwort sogar per Stimmsignal abrufbar sein. Nicht die Zäumung lockert die Muskulatur, führt zu Anlehnung usw., sondern korrekt ausgeführte Lektionen

.Ich glaube auch, dass letztendlich in diesem Punkt alle Diskussionen über Reiten mit oder ohne Gebiss zusammenlaufen. Ich persönlich reite lieber mit LG-Zaum als mit Gebiss, weil ich zumindest bei meinem Pferd eine spontan wesentlich aktivere Hinterhand erlebe und außerdem die Erfahrung gemacht habe, dass ich sehr viel schneller Rückmeldungen von Lina über Sitzfehler bekomme. Möglicherweise, weil viele reflektorischen Korrekturen, wie mal eben die Schulter mit dem inneren Zügel anheben, mit einer gebisslosen Zäumung nicht so ohne Weiteres funktionieren. Ich finde deshalb, das mir der LG-Zaum hilft, ein besserer Reiter zu werden, ohne dass mein Pferd damit schlechter geht
LG, Lemmy.