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Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Do 28. Mär 2013, 21:24
von ehem User
Romy hat geschrieben:Ich bleibe deshalb lieber dabei, aus meiner eigenen Perspektive und über meinen eigenen Umgang mit Pferden zu schreiben, anstatt andere zu bewerten. :-)

@Yogini: Danke! :hug:
Oh, so ein Hinweis tut immer wieder gut....

und nichts zu danken... :hug:
Lizari hat geschrieben:Und gerade kommt lungomares letzter Beitrag, der noch einmal deutlich macht, dass diejenigen, die hier Piebalds Theorie ablehnen, ja nicht das Reiten generell ablehnen, sondern nur den Absolutheitsanspruch, der in einem "Grundrecht" ausgedrückt wird.
Schön gesagt, Lizari, wie Vieles andere auch.
Fionnlagh hat geschrieben:Ich denke, dieses Denken, dass ein Pferd unbedingt geritten werden muss, hat viel Schaden angerichtet und tut es immer noch.
Das seh ich leider auch so...
Equester hat geschrieben:Im Gegenzug werden jedoch die Leute, die sich - aus welchen Gründen auch immer - angegriffen und beleidigt fühlen und auch noch den Mut haben, dies öffentlich Kund zu tun, im besten Fall nicht wahrgenommen oder mit Unverständnis vielfach beglückt. Wie kann man sich nur angegriffen fühlen.... *empörtguck* . Ich finde, eine ausgewogene Diskussion lebt davon und beinhaltet das Grundrecht, dass jeder seine persönliche Meinung einbringen darf und dass von den anderen Diskussionsteilnehmern diese Gefühlswelt respektiert werden muss. Ich hätte es schön gefunden, wenn man versucht hätte, zu verstehen, warum jemand auf solchen (aus meiner persönlichen und unwichtigen Ansicht heraus platten ) Aussagen betroffen reagiert und nicht die Reaktion als unsinnig und völlig überzogen hingestellt wird.
Equester hat geschrieben:Ich arbeite täglich mit gestörten Pferden zusammen, die sich nur sehr selten auf Grund einer Erkrankung problematisch verhalten. Fast immer ist der Mensch das eigentlich Problem, oder irgendein Mensch hat mal was gemacht, was das Pferd so verstört hat und der aktuell Besitzer muss das jetzt irgendwie auflösen. Und nicht immer (oder leider nur sehr selten) kann ich den Pferden und den Besitzern helfen, indem ich sie auffordere, Auslauf im Gelände zu praktizieren. Wesentlich öfter weise ich darauf hin, dass der Sattler, Schmied, Tierarzt, Osteo usw notwendig wäre, weil da etwas nicht stimmt und auch wenn es billiger wäre, nur einfach auszureiten, löst das nicht die Probleme von dem jeweiligen Pferd. Und wenn es dem Besitzer hilft, mehr Vertrauen in sich und sein Pferd zu kommen, dann finde ich auch eine TK gerechtfertigt, ob ich da nun dran glaube oder nicht. Und wenn ein Mensch seine Verantwortung dem Pferd gegenüber so versteht, dass er es auf gar keinen Fall reiten will aber ansonsten alle Bedürfnisse perfekt bedient, dann ist das deutlich mehr als ich bei vielen tollen Geländereitern sehe, die im Gelände die Pferde verheizen....
Volltreffer, Equester.

Ich verabschiede mich hiermit aus dieser Diskussion, freue mich aber auf einen Austausch mit manch einem auf einer anderen Ebene


:dance1:

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 07:25
von ehem User
Gladdis hat geschrieben:Ich habe mir jetzt nicht alle Beiträge durchgelesen.

Das Grundrecht des Pferdes ist eigentlich viel Auslauf.
Aber den hat es so gut wie nirgends, deswegen denke ich schon, dass im Gelände rumstreunen etwas essentielles ist.
Nur wie setzt man das um, wenn das Pferd das nie gelernt hat und man selber damit überfordert ist?
Ich habe ein extrem schlechtes Gewissen, dass ich nicht ausreite, was mir aber noch mehr Druck beschert.
Mein Wunsch wäre es, mit Gladdis einfach stundenlang durch die Landschaft zu streichen.
Leider ist es für uns immer ein Kampf und Krampf.
Auch bin ich der Meinung, dass es jedes Pferd entspannter machen würde.
Aber dazu muss man erst einmal zwanglos ins Gelände kommen.

Und da kommt jetzt eine Forderung, dass Jungepferdeausbildung Spaziergänge im Gelände und Ausflüge als Handpferd beinhaltet. Und das schon in frühen Jahren.
Hätte Gladdis als junges Pferd das alles kennegelernt, wäre sie in der Lage zwanglos im Gelände umherzustreifen.
Gladdis, ich finde das einen sehr mutigen, konstruktiven und aufgeschlossenen Beitrag.

Und ich kann gut verstehen, daß jemand in Deiner Situation dieses Thema und seine Aufmachung zusätzlich unnötig unter Druck setzen, auch wenn das nicht meine Intention war. (Hier kommt wieder Equesters Signatur zur Geltung ;-) ) Um so höher ist Dein Beitrag zu bewerten, finde ich.

Mit einem schlechten Gewissen ist natürlich niemandem geholfen. Ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man etwas nicht kann, ist auch nicht nötig, finde ich. Ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man etwas nicht tut, was man wichtig findet und eigentlich lernen könnte kann ich gut nachvollziehen. Das geht mir auch schon so, seit wir Pferde haben, z.B. in Hinsicht auf mein gymnastizierendes Reiten. Ich beruhige mein schlechtes Gewissen dann damit, daß ich keine Gründe gelten lasse, es nicht zu tun, sondern immer weiter Wege suche, es zu lernen ;-)

Ich bin jetzt nicht über Deine Situation und Deine Entwicklung mit Deinem Pferd informiert, ich muss wohl mal ein bisschen in Deinem TB nachlesen. Aber Deine Schlußfolgerungen finde ich auf jeden Fall schonmal goldrichtig.
Du hast ja andernorts auch geschrieben hast, daß Du bekennende :lagerfeuer: -Fetischistin bist.
Und da kam mir spontan folgender Gedanke:

Nächstes Jahr ist Ostern vom 18. bis 21. April. Wie wäre es, wenn Du mit Gladdis mal 1 bis 2 Wochen Urlaub bei uns machst und wir (also Du mit Gladdis mit unseren Pferden und mir) gemeinsam versuchen, euer Verhaltensmuster Kampf und Kampf im Gelände zum Positiven hin zu verändern? Ich bin kein RL oder Reittherapeut, ich bin auch kein besonders guter Reiter, aber ich glaube, ich kann sagen, daß ich gut mit Pferden und Menschen umgehen kann (das wird mir zumindest hin und wieder gesagt ;-) ). Wir hatten schon einige Besucherinnen und Besucher hier, die in Zusammenarbeit mit meinen Pferden und mir ihr Reiten im Gelände mit unseren und ihren eigenen Pferden erheblich zu ihren und ihrer Pferde Gunsten verbessern konnten, ganz kleinschrittig, mit Boden- und Platzarbeit und im Gelände. Wenn sie sich auf meine Pferde und mich und meine manchmal etwas provokante Art einlassen konnten, was zugegebenerweise nicht allen Menschen gelingt.

Also, wenn Du Dir sowas auch nur im entferntesten vorstellen kannst, dann könnten wir uns ja mal ein bisschen beschnuppern. Ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin.

Und Oster- :lagerfeuer: gibt es bei uns am Ostersamstag in unserem und am Ostersonntag im Nachbardorf.
:lagerfeuer:

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 10:14
von Calicion
Ich oute mich jetzt hier mal als HML, die auch eher zu der Fraktion gehört, die sich hier übelst geärgert hat...

In der Zwischenzeit finde ich dass sich der Ton hier um vieles gebessert hat und auch auf die Leute zugegangen wird, die ihren Pferden, aus welchen Gründen auch immer, einen Geländeritt nicht bieten können - wer hätte es gedacht, aber ich gehöre auch eher zu jenen welchen......

Piebalds Aufforderung Geld in eine vernünftigen Ausbildung zu stecken finde ich absolut gut......

ABER!

find erst mal einen vernünftigen Ausbilder, der mit dir dort übt, wo die Probleme auftreten - sprich im Gelände!

Ich hatte Glück, ich hab durch Zufall jemanden kennengelernt, der mein Pferd als Handpferd genommen hat (mit mir oben drauf). Das hat uns beiden Sicherheit gegeben!
Mein Pferd hat sich gefreut wie ein Schnitzel, endlich raus, endlich keine Zäune mehr, endlich mal anständig geradeaus!

Hätte ich diese Person nicht gehabt, dann würde ich noch immer "nur" auf dem Platz kringeln und "nur" ein wenig spazieren gehen......aber finde erst mal sojemanden :ohhh:

Um mit Pferden entspannt ins Gelände gehen zu können (sei es jetzt reiten oder erst mal spazieren) braucht man weniger einen Reitlehrer mehr einen Coach - sprich jemand, der einem hilft mit schwierigen Situationen SELBSTÄNDIG! fertig zu werden. Das kann man auf keinem Reitplatz üben!

DAS ist eine echte Marktlücke!

Das Angebot von Piebald an Gladdis finde ich auch supernett......... ABER :kicher:

Es würde bedeuten, dass Pferd einen Stallwechsel machen müsste - auch wenn es "nur" für einen begrenzten Zeitraum ist, würde das Pferd aus seinem sicheren, gewohnten Umfeld herausgerissen werden, um sich im "neuen" Stall erst mal neu organisieren zu müssen.

Es mag Pferde geben, die damit kein Problem haben......
OK, meine gehören nicht dazu.
Sie finden schon alleine das Fahren mit dem Hänger supermegagruselig und stressvoll.
Im neuen Stall sind sie dann erst mal mit sich selber beschäftigt - und ich denke, da haben sie auch alles Recht der Welt dazu.

Das Angebot von Piebald wäre wirklich supermegatoll, wenn ER seine Pferde einpacken und zu Gladdis fahren würde - ich weiß ein bißchen viel verlangt :shy:

Gladdis wäre dann aber in ihrer gewohnten Umgebung und es könnte an den anfallenden "normalen" Problemen gearbeitet werden - und nicht an zusätzlichen Problemen, die ein Stallwechsel mitsichbringen kann und die die ganze Angelegenheit noch weiter verkomplizieren.

Ich sag ja :lol: alles immer nicht so einfach ;)

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 10:34
von ehem User
Ja, das mit dem Stallwechsel ist natürlich ein Problem, das ist mir klar. Ich denke, es ist vergleichbar mit der Fahrt zu einem Lehrgang, was ja auch manche hinbekommen udn manche nicht. Ich z.B. fahre nie mit einem einzelnen Pferd vom Hof, sondern nehme immer ein Vertrauenspferd mit zum Lehrgang, auch wenn ich nur mit einem Pferd teilnehme.
Im Notfall bei einer Fahrt in die Klinik hätte ich da ein echtes Problem.

Aber Gladdis hat ja ggf. ein Jahr Zeit für Hänger- und Fahrtraining ;-)

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 10:56
von Gladdis
Erst zu Piebald: Danke für deine liebe Einladung :hug:
Aber wie Calicion schreibt, ist das wieder eine riesen Hürde! Der Weg ist noch dazu wirklich sehr, sehr weit, mein Pferd hat Megastress beim Verladen bzw. Hänger fahren. Dazu kommt, dass ich keinen Hänger zum Üben habe :(

Überhaupt was Calicion beschreibt, kann ich nur unterzeichnen. Ich habe niemand, der mir hilft, ein wirkliches Verlasspferd gibt es bei uns im Stall nicht. Weiter kommt dazu, dass ich niemanden wirklich vertrauen kann.
Was meine Trainerin angeht, hmm, mit ihr habe ich darüber noch gar nicht gesprochen.
Vielleicht sollte ich wirklich "Geländeunterricht" und die Platzarbeit links liegen lassen.

Das Tragische ist, dass ich mich einfach auf fremde Pferde setzte und ausreite..

Da gabs noch das Thema "Verheizen".
Ich gehe natürlich davon aus, dass ein Pferd vernünftig geritten wird, mit besten Wissen und Gewissen.

Aber die Einladung ist nicht ausgeschlagen, nachdem b.e.a.s.t in die Gegend zieht, werde ich da bestimmt einmal auftauchen :mrgreen:

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Fr 29. Mär 2013, 11:29
von ehem User
Gladdis hat geschrieben:Das Tragische ist, dass ich mich einfach auf fremde Pferde setzte und ausreite..
Ich will jetzt nicht bösartig sein und falsche Urteile über andere abgeben, daber so wie sich das liest, denke ich, DAS würde mir ein schlechtes Gewissen machen und da würde ich denken, ob ich die Zeit nicht lieber in gutes Geländetraining mit meinem Pferd investiere. Aber wie Du ja auch richtig schreibst, dazu gehören auch Vertrauenspferde, Vertrauensmenschen und eine gute Anleitung. Und natürlich willst Du auch gerne mal entspannt auf einem Pferd im Gelände sitzen und die Seele baumeln lassen, das ist allzu verständlich.

Und es ist ja auch klar, daß man das, was man mit anderen Vertrauenspferden und Menschen auf so einem "Lehrgang" lernt, nicht 1:1 auf seine Situation zu Hause übertragen kann. In einer neuen Umgebung ist es einfacher, sich und sein Pferdaus eingeschliffenen Verhaltensmustern zu lösen und es besteht immer die Gefahr, daß man allein zu Hause dann wieder dahinein zurück fällt. Das kennen die meisten von uns sicher von jeder Art von Lehrgängen. Aber zumindest bekommt man ja ein paar Werkzeuge und ein paar Erfahrungen in die Hand, auf die man dann auch zu Hause zurückgreifen kann, was dann aber mit Sicherheit der schwerere und eigentlich entscheidende Schritt ist.

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Mi 3. Apr 2013, 16:32
von ehem User
Hm, ich bin ganz am Anfang schon mal auf den Thread gestoßen und dachte "He, interessantes Thema", hatte aber keine Zeit. Jetzt habe ich mal alles nachgelesen und der Kopf rauchte :ohhh: Nach langem überlegen will ich hier gern mal von uns berichten, kurz wird es sicher nicht :roll: Vornweg möchte ich noch kurz sagen, dass ich alle Seiten ein Stück weit verstehe, die die provozieren und die die sich provoziert fühlen. Auf mich trifft (hoffentlich) keins von beiden zu, mich hat Piepalds Fred zum nachdenken angeregt, da es mir gerade so geht:

Ich bin an sich verkappter Dressurreiter, habe aber keine begabten Pferde und nicht den nötigen Ehrgeiz, daran viel zu ändern. Egal, auch nicht weiter schlimm, seit ein paar Jahren reite ich Distanzen - just for fun. Mit meinen beiden Oldies waren Geländeritte immer sehr schön. Ich war vor allem mit meiner Fella immer viel draußen unterwegs. Früher waren regelmäßig Wochenendgeländeritte von gut 4 h mit Fresspausen auf der Wiese, Eispausen für den Reiter und auch mal Stücken zu Fuss keine Seltenheit. In der Woche waren es dann eher mal kürzere Runden. Im Winter die dann kaum oder sehr kurz (30 min) in der Dämmerung durchs Wohngebiet, um den Stall, um die Felder - je nachdem wo die Hühs gerade wohnten. Ich muss dazu sagen, dass beide Pferde eher zum Typ Equus oeconimicus gehören - Energiesparmodelle, ein kurzer Sprint ja, aber treiben im Gelände war mir nicht unbekannt, dafür war das alles auch fast immer am langen/hingegebenen Zügel. Selbst im Frühling, wenn dann doch mal der Arsch juckte war das alles nicht so schlimm - buckeln, hüpfen, rennen. Aber wir blieben alle beieinander. Komischerweise waren fast alle anderen (fremden) Pferde anders drauf im Gelände. Nix mit triebig, eher dass ich auch mal zufassen musste oder locker flockig vorwärts, kurz ich bin auch sehr viele andere verschiedene Pferde geritten. Habe angstvolle Minuten und Stunden auf Bucklern und Durchgängern verbracht und genauso viel Zeit auf traumhaft fleißig vor sich hin laufenden Pferden. Aber es war immer Freude beim reiten dabei. Es gab eigentlich kein Pferd wo ich gesagt hätte, da setze ich mich nicht mehr drauf, höchstens unter anderen Umständen.

Dann kam Frau Schimmel in mein Leben. Die letzten Jahren bevor sie zu mir kam bin ich weniger fremde Pferde geritten und mittlerweile hatte sich auch ein Teil einer meiner Bandscheiben verabschiedet. Und ich musste feststellen als Erwachsener überlegt man viel, schätzt ab was passieren kann - Kopfkino vom feinsten. Früher habe ich mich auf jedes Pferd gesetzt, das mache ich jetzt nicht mehr.
Darina (Schimmelin) ist verdammt schnell. Schon nur diese ungewohnte hohe Geschwindigkeit die sie an den Tag legen kann war für mich am Anfang der totale Atemräuber. Schlecht ausgebildet, schlecht behandelt, gesundheitlich und mit Psychomaken vorbelastet kam sie zu mir. Und sie ist ein Durchgänger, eine Kämpferin, sie gibt nicht auf, sie mag Menschen nicht leiden, wenn sie nicht will, flüchtet sie, wenn sie das nicht kann, kämpft sie und sie weiß, dass sie stärker ist. Sie ist unheimlich intelligent und dominant, anderseits auch sehr sensibel und empfindlich.
Sie will Freiheit. Freiheit zu entscheiden, Freiheit zum rennen. Sie liebt es zu rennen, sich frei zu bewegen. Sie hat aber ungern Balast dabei an Bord, der sie in ihrer Freiheit einschränkt. Und da kommt das Problem erst so richtig.

Ich halte meine Pferde seit 1 3/4 Jahr nun in Eigenregie. Es ist ein Kompromiss. Ich wohne und arbeite in der Großstadt (sicher eine der kleinsten, aber doch ein enges dicht besiedeltes Gebiet mit nem dicken Fluß in der Mitte). Meine Pferde wohnen nun auch hier. Meiner Meinung nach sind wir Pferdebesitzer, Reiter etc. nur wenige Stunden bei unseren Pferden. Den Rest der 24 h sind sie in der Haltungsumgebung (Stall, Weide etc.) die wir Ihnen vorgeben. Daher habe ich versucht es soweit es mir finanziell und überhaupt möglich ist die Haltung zu optimieren. Der Kompromiss - trakkifan hatte es auch so ähnlich schön geschrieben - guter Stall, sch*** Gelände. Wobei es in Sachsen für meine und Frau Schimmels Ansprüche fast nur sch*** Gelände gibt.

Piebald, ich gebe dir recht, dass wir sicher weniger Probleme hätten könnte Darina jeden Tag raus ins Gelände. Hätten wir ein Gelände vor der Tür wo sie sofort in jeder Gangart los könnte. Frei entscheiden könnte wohin und wie lange und wie schnell. Diese schönen Erfahrungen habe ich mit ihr auf den Distanzritten oder Besuchen bei Freunden in Brandenburg machen können. Wenn dann auch sie am langen Zügel nur über Stimme und Sitz lenk- und parierbar ist. Ich jederzeit einen Galopp fordern bzw. zulassen kann, weil der Boden gut ist und nicht in 80m der Weg abzweigt/Schotter/eine Strasse/eine Horde Spaziergänger/ein steiler Abhang kommt. Dann freuen wir uns beide und ja, dann sehe ich das als Grundrecht für Pferd und Reiter.

Nur hier zu Hause habe ich das nicht. Mir eigentlich begeistertem Geländereiter macht das keinen Spaß mehr mit ihr. Ich hasse es wenn ich von Anfang bis Ende auf der Bremse stehen muss. Darina gegen die Hand, die sie hält kämpft, den Rücken wegdrückt und wir beide geschafft und frustriert aus dem Gelände wieder kommen. Gelände ist bei uns zum einen die Elbwiesen - nix unendliche Weiten, häufig unterbrochen durch größere Rinnsale, Wege, Fähranleger, Koppeln, überwucherte Abschnitte mit unbekanntem Boden (Überflutungs-/Schwemmgutfläche) Schlossparks bzw. in die andere Richtung Innenstadt und dazu noch Müll, Löcher von Hunden und Menschen (liegend, sitzend, laufend). Im vollen Galopp ist das alles nicht so prall, eher das Gegenteil. Mit Fella und Willi ist das nur langweilig, aber nicht gefährlich. Die gehen aber auch nicht ab. Sind fast immer händelbar, lassen sich überreden einen Gang runter zu schalten. Darina so gut wie nie bzw. erst nach seehr vielen Kilometern im fleißigen Tempo. Dazu kommt noch ein schwer zu beschreibendes Gefühl des Unwohlseins ihrerseits an den Elbwiesen.
Zweiter Teil Gelände - durch die Stadt den Berg hoch ins kleine Wäldchen. Verkehrssicher ist sie, kein Thema. Das Wäldchen ist wirklich klein, hat aber viele schmale Wege, die meisten sandig, viel hoch und runter, aber alles keine langen Stücken, schlecht einsehbar und eng. Voll Speed ist da saugefährlich, weil es ist Stadtgebiet. Hinter jeder Wegbiegung, hinter jedem Baum könnte ein Jogger, Hund, Kinderwagen was weiß ich auftauchen. Ich bin mir eigentlich zu 99 % sicher ,dass sie immer die Bremse bekommt. Aber bekomme ich die auch und was ist wenn sich jemand dadurch belästig fühlt, erschrickt, Hund losreißt....? Das Wäldchen kann uns ganz schnell verboten werden zum reiten. Das möchte ich nicht. Und ich möchte auch nicht, dass sie mir dort durchgeht und den Elbhang im gestreckten Hang runterbrettert, dass traue ich ihr auch zu.
Dritter Teil Gelände - die Heide. Am schnellsten (ca. 30 min) gehts eine recht stark befahreren Strasse hoch bis an den Waldrand, vorher über eine große Kreuzung am Brückenkopf. Alles kein Thema macht sie super. Erst wenn ein LKW zu dicht ran kommt, gibts Seitengänge auf der Strasse. Oben im Wald gibt es erstmal keine Reitwege. Da kommt das nächste Problem, neben eh schon nicht so pferdefreundlichem Naturboden und dem Wahn der Befestigung der Waldwege mit Schotter u. ä. kommt noch unser besch******* Reitwegegesetz - reiten nur da wo es ausdrücklich erlaubt ist. Und Pferde lieben doch so sehr (Vorsicht Ironie :zunge: ) Asphalt, Schotter, breite befestigte Wege, Beton oder Tiefschlammpisten. Ja, jetzt werde andere Sachsen sagen, halte dich doch nicht an die Wege. Mache ich auch sehr oft nicht, zumal die Ausschilderung tw. sehr mäßig ist. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen bei, fühle mich unwohl, erwarte immer erwischt zu werden. Und für was? Für Wege die kaum besser sind. Hier gibt es kaum lange, vom Untergrund gute Strecken wo ich sie mal laufen lassen kann. Frau Schimmel ist nicht mehr ganz gesund. Harte Wege soll sie nicht mehr schneller als im Schritt laufen. Ja, sag ihr das mal einer wenn sie brettert, wenn nach 100 m weicher Boden da plötzlich Steine, Schotter, knüppelharter Boden, ne Straße da sind :heul: zum heulen ist es.

Letzten Endes bin ich letztes Jahr mit ihr zu Hause fast gar nicht ins Gelände. Ich habe sie ein bis zweimal im Monat verladen und bin für Trainingsritte nach Nordsachsen oder Brandenburg gefahren oder eben die eigentlichen Distanzritte. Nun kommt aber noch dazu, dass sie am liebsten so schnell es geht zurück in den Stall möchte, auch wenn wir in Geselllschaft unterwegs sind. Auch auf den Ritten in fremden Gelände weiß sie immer wo der Hänger steht und will dann hin. Sie biegt dann auch schon mal aus dem vollen Galopp 90° ab. Was ich schon an Kilometern mit ihr im Schritt nach Hause bin, weil einfach an antraben nicht mehr zu denken war...

Letztes Jahr sind wir das erste Mal zusammen im Galopp gestürzt. Wir hatten Glück, ich geprellten Fuß, sie nur ein paar Schrammen. Aber meine Glauben an ihre absolute Trittsicherheit war damit auch dahin. Ja, es sind immer wieder auf ihr Momente in denen ich Angst habe, die mir nicht geheuer sind. Ich bin letztes Jahr ein mir fremdes Pferd zum Ende vom Winter, der auch schon ein Weilchen nicht draußen im Gelände war geritten. Der war auch recht flott und machte auch lustige Sätze, und ab und zu, dachte ich auch so "ohoh", aber ich war nie in Wohnungsnot. Ich denke mal ich bin kein so schlechter Reiter und ich finde es auch schön wenn ein Pferd freudig und fleißig vorwärts geht, wenn es von sich aus zieht. Ich bin ja schließlich auch kein Wander- sondern Distanzreiter. Aber das ungezwungene schöne und entspannte habe ich mit ihr verloren. Es nützt auch nichts wenn ich mal eine Woche irgendwo mit ihr hin fahre und sie jeden Tag ins Gelände kommt, zu Hause ist das Problem immer noch da. Sie wird davon nicht anders. Sie ist in anderem Gelände einfach schon ganz anders drauf. Sie weiß, dass sie dort (zumindest in weiteren Grenzen) so laufen darf wie sie möchte.

Ende Oktober habe ich nun beschlossen sie den Winter über nicht zu reiten, selbst auf dem Reitplatz war es nicht toll. Sie wird nun sporadisch bespaßt mit Bodenarbeit, Longenkurs, Freilauf, Zirkuslektionen. Spazierengehen wird gern mit zurückwollen, hüpfen und ansteigen quittiert sobald es aus ihrer Sicht zu weit geht. Sie wird weiter gefüttert wie auch letzten Winter und sie wird nicht zu fett ;) sie ist auch nicht anders drauf. Ich glaube nicht, dass sie das reiten an sich vermisst. Gar keine Zuwendung und Ansprache, dass wäre sicher nicht toll und das laufen das braucht sie (mit den Oldies auf der Koppel geht nichts ab). Ich versuche, dass sie sich wenigstens einmal die Woche auf dem Reitplatz austoben darf. Seit kurzem versuche ich ihr richtigen Freilauf zu gönnen. Und hier ist wieder ein Problem. In der Zivilisation (ich will mal nicht pauschal in Deutschland sagen) ist es quasi ein Ding der Unmöglichkeit sein Pferd frei laufen zu lassen. Warum? Bei Hunden geht das doch auch. Darina würde niemals freiwillig zu Menschen hingehen, Hunde interessieren sie nicht. Sie ist nicht gefährlich, wenn man nichts von ihr will. Und doch ist da wieder dieses ewige schlechte Gewissen etwas Verbotenes zu tun (ist das eigentlich in Dt. verboten?). Die Angst erwischt zu werden und Ärger zu bekommen, die Angst den Stallplatz meiner Pferde dadurch zu verlieren. Ich achte peinlichst darauf, das keiner zu dem Zeitpunkt auf den Elbwiesen unterwegs ist und lasse sie dann ab und zu frei zur Koppel laufen, während ich die anderen Beiden führe. Sie guckt immer wo wir sind und entfernt sich nie weiter als 200-300 m. Gerade das letzte Mal, war es so schön ihr zu zusehen. Wie sie trabte und galoppierte, graste und wieder loslegte, an uns vorbei und wieder zurück, bremsend und auch mal auf der Stelle hüpfend, die Nase im Wind und das Schwänzchen in die Höh :herzi: Wenn ich dann die andern Beiden in die Koppel gestopft habe, lässt sie sich problemlos einfangen bzw. kommt auf Zuruf, vorher nicht.

So, das ist unsere Geschichte zum Thema. Ich weiß, das ist kein Dauerzustand so. Ich will reiten, ich reite gerne, ich finde das andere alles auch gut, aber ich bin ein fauler Mensch. Das reiten so an sich, das funktioniert und es macht mir Spaß. Es ist so zwiespältig, einerseits würde ich sie nie mehr her geben. Wem auch? Wem soll ich guten Gewissens (dem Pferd und dem Menschen gegenüber) dieses Pferd verkaufen? Sie komplett weg zu stellen (Psychorente) und mir ein anderes Pferd kaufen, kann ich auch nicht (drei Pferde sind schon hart an der Grenze) und Darina fände das auch nicht so toll. Ich bin ihr Mensch. Ich weiß es ehrlich nicht, wie es jetzt weiter geht. Ich habe viel probiert, viel Geld und Zeit in Sattler, Physio, Tierarzt und TK gesteckt ;) (Piebald) die meisten Baustellen kenne ich nun. Ob wir uns beide damit und mit der Lösung dieser arrangieren können? Nun das wird die Zeit zeigen. Ich hoffe es sehr. Nur eines ist sicher, mehr Zeit als jetzt wird mir auch in Zukunft nicht zur Verfügung stehen. Da ist nix in der Woche mit 3stündigen Ausritten und auch am WE steht sehr oft vieles anderes an und wenn es einfach mal ausruhen ist.

Nun aber genug. Ich hoffe, ich habe nicht zu wirr geschrieben, alles konnte ich eh nicht schreiben. Mein Resümee zu Piebalds Aussage: Nein zu dem Grundrecht auf Reiten, Ja zu dem Grundrecht den individuellen Bedürfnissen nach gehalten zu werden und sich bewegen zu dürfen
Danke Piebald für das Thema und die Chance für mich, mal meine aktuellen Sorgen und Gedanken reflektieren zu können.

Ach ja, zum Thema Bewegungsbedürfnis von Nutztieren kann ich nur mal zwei eigene Erlebnisse beisteuern. Das eine war vor ein paar Jahren auf der Alm in Südtirol. Ich besuchte eine Freundin, welche als Hirtin den Sommer über auf der Alm war. Den einen Tag kamen mir buckelnd im Galopp mit kerzengradem Schwanz in die Höh das Jungvieh vom Berg entgegengerannt - herrlich! Den anderen Tag mussten wir die Viecher suchen, da sie auf Erkundung an den steilsten Hängen unterwegs waren. Und die gingen ab als wir sie wieder ins Tal treiben wollten. Spaß, Eigensinn, Entdeckerlust, Lebens- und Bewegungsfreude pur. Das andere ist noch länger her. Schweine in Freilandhaltung, neugierig erkundete eine Truppe die andere Ecke vom großen Auslauf und plötzlich (ohne ersichtlichen Grund) kamen die quietschend und buckelnd zum Rest zurückgaloppiert und mischten die Truppe auf. Ich hätte schwören können, die grinsten von einem Ohr zum andern :mrgreen:

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Do 4. Apr 2013, 08:20
von ehem User
Schimmelin, da hast Du wirklich einen tollen, bewegenden Beitrag geschrieben. Und ganz ehrlich, ich finde schon, daß Du das Thema "Grundrecht" des Pferdes auf Reiten (Ich hatte das Wort Grundrecht in meinem Eingangsbeitrag ja metaphorisch und mit einem ;-) geschrieben, daher verwende ich jetzt mal die " " ) im Kern triffst und sehr ernst nimmst. Ich finde, aus Deinen Worten und Gedanken spricht schon heraus, daß Du Deinem Pferd ein solches Recht einräumst, so viele Gedanken und Überlegungen wie Du anstellst, Dein ganzer toller Beitrag handelt ja von nichts anderem. Du kannst es eben unter den momentanen Haltungsbedingungen nicht umsetzen, aber es gärt und arbeitet weiter in Dir und Du schreibst ja selbst, daß es so nicht bleiben soll und ihr wieder reiten wollt.
Das schlechte Gewissen, die Angst und das komische Gefühl, verbotene Wege zu reiten oder andere (Fußgänger, Hunde, Jäger) zu belästigen kenne ich auch. Glücklicherweise ist es hier sehr menschenleer. Aber es ist bei weitem nicht so, daß man überall reiten darf. Klar reiten wir einfach drauf los und auch querfeldein und auf allen Wegen und ich alle Richtungen, aber wenn man dann mal jemanden sieht, setzt sofort die Gedankenmaschinerie ein "Wo bin ich, darf ich hier sein und was bedeutet meine Anwesenheit für den da?" Deutschland ist einfach zu klein, eng und zu dicht besiedelt für Reitwaisen und ihre Pferde.......... ;-)

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Do 4. Apr 2013, 08:31
von Gladdis
Schimmelin: Ich habe bei deinem Beitrag ganz oft genickt. Mir geht es hier auch so, dass ich nicht einfach raus und los kann.
Früher hatte ich die Möglichkeiten, jetzt ist überall eine Barriere.
Was es mir noch schwerer macht, als es eh schon ist.

Re: Reiten als Grundrecht des Pferdes

Verfasst: Do 4. Apr 2013, 10:26
von Mia77
Schimmelin, das ist ja echt eine blöde Zwickmühle in der Du mit Darina steckst, aber ich finde Deine Lösung für euch eigentlich ganz akzeptabel. Hoffe, dass ihr so weiter gut zusammen leben könnt :hug:
Schimmelin hat geschrieben: Ach ja, zum Thema Bewegungsbedürfnis von Nutztieren kann ich nur mal zwei eigene Erlebnisse beisteuern. Das eine war vor ein paar Jahren auf der Alm in Südtirol. Ich besuchte eine Freundin, welche als Hirtin den Sommer über auf der Alm war. Den einen Tag kamen mir buckelnd im Galopp mit kerzengradem Schwanz in die Höh das Jungvieh vom Berg entgegengerannt - herrlich! Den anderen Tag mussten wir die Viecher suchen, da sie auf Erkundung an den steilsten Hängen unterwegs waren. Und die gingen ab als wir sie wieder ins Tal treiben wollten. Spaß, Eigensinn, Entdeckerlust, Lebens- und Bewegungsfreude pur. Das andere ist noch länger her. Schweine in Freilandhaltung, neugierig erkundete eine Truppe die andere Ecke vom großen Auslauf und plötzlich (ohne ersichtlichen Grund) kamen die quietschend und buckelnd zum Rest zurückgaloppiert und mischten die Truppe auf. Ich hätte schwören können, die grinsten von einem Ohr zum andern :mrgreen:
Vielen Dank für Deinen Erfahrungsbericht, sehr schön geschrieben, genauso erlebe ich auch unsere Rinder, grinsend, schelmisch, wach und lebendig. Ich glaube nicht, dass ihr Verhalten nur auf Überleben ausgerichtet, auch sie haben Spaß und ich bin mir bei vielen anderen Tieren sicher, dass die ebenfalls Spaß und Freude empfinden, wir das vielleicht nur nicht warhnehmen...

Toller Post :-d :-d