Bei Pferden, die eine hohe Futtermotivation entwickeln, ist es bisweilen etwas langwierig, bis im Hirn in Anwesenheit von Futter auch andere Gedanken als "FUTTERFUTTERFUTTER" Platz haben.
Bei meinem Fjordi hat das mit täglichem Höflichkeitsüben 9 Monate gedauert.
In der Zwischenzeit habe ich Katastrophenmanagement betrieben, dh wenn ich nicht wollte dass er mich permanent annagt, hab ich ihn kürzer angebunden und bin ausser Reichweite geblieben. "nein" sagen und klapsen bringt rein gar nichts, genauso gut könntest Du einen Eimer in die Luft werfen und "Spülmaschine" sagen.
Wenn Du strafen willst, musst Du das in einer Art tun, dass das Pferd weiss, dass es das, was diese Strafe verursacht hat, bestimmt nie wieder im Leben macht. Dazu hast Du 1 Sekunde maximal Zeit und musst eben so hart strafen, dass er zumindest kurz drüber nachdenkt was jetzt gerade passiert ist. (Das ist die Straf-Theorie, nicht mein Rat).
So hart will keiner von uns strafen, und das ist schon ein Teil des Problems, denn wenn man nur halbherzig straft, denkt sich das Pferd "Klasse, überlebt, was kommt jetzt?"
Also kann man das Strafen am besten ganz lassen.

und sich in der besseren Tugend des Ignorierens üben.
Und dann Gegenverhalten üben. Also nicht "kopf weg" auf Signal, denn damit holst Du Dir eine schöne Verhaltenskette:
Pferd rüsselt, du sagst "kopf weg", er tut den Kopf weg, du clickst und fütterst.
Aus Sicht des Pferdes: Er rüsselt Dich an, du machst ein Futterankündigendes Geräusch ("Kopf weg") , er dreht den Kopf weg weil das den Click hervorruft und bekommt Futter. Alles bestens.
Die Höflichkeitserziehung muss eine Gewohnheit des Pferdes werden. Also das Wissen, dass dieses freiwillig und ohne Signal angebotene Verhalten Futter hervorbringt. Deshalb übe ich das ohne Signal (sehr lange) und bestärke "Kopf geradeaus und ruhig" bis das Pferd es immer öfters anbietet. Dann füge ich ein Signal dazu (bei mir: Hände vorm Bauch verschränkt) was für das Pferd sehr deutlich sichtbar ist. Wenn ich merke das das Signal verstanden ist, dh mein Pferd möchte rüsseln, ich verschränke die Hände (oder stehe eh so da), die Nase kommt, das Pferd denkt "Menno" und geht in "Kopf geradeaus und ruhig"-Haltung, ist der erste große Schritt zu einem höflichen Pferd getan.
das kann ein paar Wochen dauern.
ich hab zwei Dauernagepferde, insbesondere wenn ich gestresst oder genervt bin. Der eine rummst mich an (im Vorbeigehen), der andere schleckt mich ab. Macht mich irre.
erst als ich mir der Bewegung, die ich rund um mein Pferd mache, bewusster geworden bin, und achtsam auf die Signale vom Pferd bin, wann es sich eingeladen fühlt heranzurummsen, und eine Millisekunde innehalte, um ihm Gelegenheit zu geben, nachzudenken, und sich etwas zurückzuziehen (rückwärts ist auch hochbestärkt) ist es viel viel besser geworden.
Als Beispiel
hier ein Video, wie wir das mit dem Annagen beim Losgehen trainiert haben. Das habe ich zweimal gemacht, danach war es um Welten besser - vorher habe ich dieses Detail immer "irgendwie" übergangen und mich geärgert.
Es lohnt sich also sehr, Detailtraining zu machen.
Und wenn mein Pferd mich permanent derart bedrängt, übe ich nach Möglichkeit erstmal in geschütztem Kontakt hinter einer Absperrung.
Und es ist tatsächlich so, je hektischer Dein Pferd ist, desto ruhiger musst Du werden.
Und das ist meistens das schwierigste von allem. Deshalb sollte man sich zu Beginn auch wirklich nur kleine Ziele setzen.
Mach Dir eine Liste, in welchen Situationen was passiert, und wie Du es gerne stattdessen hättest. Und dann kannst Du Deine Ziele formulieren.
"Hampelt beim Anbinden" - Füsse auf dem Boden üben (zb mit einer Matte)
"knotet den Strick auf" - Kette mit Karabiner nehmen oder sichere Knoten üben.
"steht nicht still" - geduldsübung... so lange stehen lassen (selbst weiter weg gehen) und beim kleinsten Anzeichen von Stillstehen hingehen und belohnen.
usw usw usw
Es ist ein weiter Weg, mit solchen Pferden zu Gelassenheit und Ruhe zu kommen. Aber der Riesengroße Vorteil den man mit ihnen hat, ist, dass sie unendlich motiviert sind.
