Wege aus dem Nein

Moderator: Keshia

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Schattenstern
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Schattenstern »

Ich traue mir mal einen vorsichtigen Beitrag zu. Danke für deinen letzten Beitrag, Romy, ich mag deine strukturierte Art zu denken.

Was hier noch sehr wenig erwähnt wurde, aber ein riesiges Thema für mich persönlich im Umgang mit den Pferden in meiner Obhut ist, sind die Themen "Ziel" und "Zeit".
In einer idealen Welt hat man natürlich alle Zeit der Welt, um diese am Stück mit dem Pferd zu verbringen oder auch um auf ein bestimmtes Ergebnis hinzuarbeiten. In der Praxis trifft das aber auf die wenigsten von uns zu, denke ich.

Wenn ich zwei Stunden Zeit habe, davon eine halbe Stunde für Stallarbeit drauf geht und in der verbliebenen Zeit das Pferd bewegt werden muss (weil es das eben nicht ausreichend von selbst tut oder tun kann), habe ich keine Zeit in liebevoller Kleinarbeit das Pferd von der Koppel weg zu klickern und kann auch ein "ich mag heute aber lieber nur was im Schritt machen" hinnehmen.
Ich nehme diese Willensäußerung wahr und versuche, die anstehenden Aufgaben für das Pferd so angenehm wie möglich zu machen. Aber Bilbo zum Beispiel soll einfach wegen der Lunge jeden Tag entweder eine Stunde stramm Schritt gehen oder noch besser 20 Minuten traben. Nervt ihn, nervt mich, aber ist halt so, wenn wir das lassen fängt er wieder an zu husten. Ich kann aber leider nicht den ganzen Tag warten, bis ich eine bewegungslustige Phase erwische.

Was, gerade hier im Forum, auch noch viele Menschen voneinander unterscheidet, ist der generelle Anspruch an das Pferd. Ist es eher gleichberechtigter Partner, Haustier, Fellkind oder geliebtes Nutztier. Davon hängt glaube ich auch viel ab, wie viel das Pferd zum Wohle des Menschen "auszuhalten hat". Ich ecke hier im Forum ja sehr oft an, weil ich mich selbst eher am Nutztier-Ende meiner Aufzählung sehe. Solange das Pferd gesundheitlich dazu in der Lage ist, erwarte ich einen gewissen Gehorsam in der gemeinsamen Arbeit.
Ich finde es gut, wenn die Pferde ihre Meinung sagen. Ich wünsche mir auch kein Nein vom Pferd und ich übergehe ein Nein nur sehr ungern. Aber ich habe 51% der Karten und entscheide im Zweifel.

Vielleicht ist das der Punkt, an dem diese Diskussionen emotional werden. Ganz alleine auf mich bezogen, ich will niemandem Absichten oder Emotionen unterstellen:

Ich hasse es jedes mal, wenn ich ein anderes Lebewesen zu etwas zwingen muss. Ich bin ein absoluter People Pleaser. Es verletzt mich jedes mal und ich wünschte, ich müsste sowas niemals tun. Aber ich sehe in meiner Lebensrealität keinen Raum für diese Ideale. Nicht mit gegebener Zeit und Beschränkungen. Beispiel meine Katze Eowyn: Langhaarkatze mit traumatischer Vergangenheit. Ich habe zwei Jahre versucht, ihr das Bürsten schön zu klickern. Alleine schon das Anfassen. Aber es wird nicht besser, jedes mal Fixierung triggert sie und wir starten wieder bei 0. Ich muss sie nicht streicheln, nicht mit ihr spielen. Sie darf "so da" sein. Aber um ihrer Gesundheit Willen muss ich sie ab und an bürsten, scheren oder zum Tierarzt transportieren. Außer den absolut notwendigen Dingen darf und soll sie alle weiteren Interaktionen selbst starten. Tut sie nach vier Jahren auch ab und an. Aber das sind eben Momente wo ich über ein klares Nein gehen muss, auch wenn ich es hasse und oft genug danach weinen muss.
Deswegen fühle ich mich jedes mal angepiekst, wenn jemand mir erzählt, dass er das alles eben doch so machen kann, wie ich mir das vielleicht eigentlich wünsche.
Ich würde viel lieber nur ohne Kopfstück durch die Wälder galoppieren, ohne im Training zu Druck, Zwang oder Gewalt (egal wie klein) gegriffen zu haben. Aber erstens Fluchttier (und daher kein endloses Vertrauen) und zweitens: Jahrelang nur auf der sicheren Koppel bleiben, um vom Boden startend alles kleinschrittig aufzubauen ist einfach keine Option. Dafür haben wir auch zu viel Spaß an wilden Sachen, für die man eben auswärts unterwegs sein muss.

Sorry falls dieser Beitrag nicht so ganz das Thema trifft, aber ich denke hier seit Tagen dran rum und hatte das Bedürfnis mich da auch mal auszudrücken.
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Riff
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Riff »

Gut geschrieben, gehe da mit dir. Und ja, die Ansprüche sind einfach immer sehr individuell.
That's the way the cookie crumbles :keks:
crinblanc
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von crinblanc »

Nicht nur die Ansprüche- auch die Möglichkeiten.

Ich würde sicher öfter mal "nixmachen", wenn ich 2 Hektar abwechslungsreicher Bewegungsfläche hätte und eine Herde, die für Umtrieb sorgt (hab ich nicht :nix: und im Winterhalbjahr noch weniger).

Genauso bin ich mir zu 90% sicher, daß die Füchsin mir auch ohne Halfter und Strick folgen würde- zwischen Kreisstrassen und Kindergarten-Heimweg sind mir aber die 10% "zuviel" (von den Bedingungen der StVO und der Haftpflicht ganz abgesehen- müßte nicht mal was schiefgehen, hier gäbe es sicher den einen oder anderen beflissenen Mitmenschen, der das filmen und anzeigen würde... irgendwie polarisiere ich, egal was ich tue oder nicht)
Könnte ich davon ausgehen, daß sie im Zweifel über Feldwege heimtraben würde (und ich schlimmstenfalls mit einer Flasche Wein Buße beim einen oder anderen Landwirt tun müßte), wär das kein Thema.

Trotzdem versuch ich, unsere Rahmenbedingungen so zu gestalten, daß Pferd das nicht als "muß", "langweilig" oder "Zwang" empfindet, sondern trotz der Einschränkungen/Notwendigkeiten gern mitkommt.
Ebenso, wie Bilbo ja nun echt abwechslungsreich zur (notwendigen) Arbeit "angehalten" wird- der würde nicht mit so einem Feuereifer neue Sachen ausprobieren und lernen, wenn er seinen Alltag doof fände, nehm ich an ;)
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Romy
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Romy »

Sarah, ich finde auch, dass dein Beitrag perfekt das Thema trifft und finde das einen sehr wichtigen Punkt. Es gibt nun einmal Ziele, Zielkonflikte, äußere Notwendigkeiten und sonstige Gründe, die bestimmen, welche Methoden man auf welche Weise anwendet. Deswegen verstehe ich wirklich nicht, warum immer wieder von richtig/falsch geschrieben wird oder von Müssen die Rede ist (im Sinne von: muss man als Mensch so oder so vorgehen?).

Ich persönlich verstehe auch nicht, warum es verwerflich sein sollte, sein Pferd als Nutztier zu sehen. Es ist gesetzlich erlaubt, es ist für ganz viele andere Tierarten üblich, es gibt keinen zwingenden Bezug zu schlechter Behandlung. Warum also sollte ein Pferd kein Nutztier sein? Dass manche Personen ihr eigenes Pferd nicht als solches sehen oder sehen möchten, finde ich völlig normal. Aber dieses Bewerten, was jemand anders mit seinem Pferd macht oder wie er über dieses denkt, ergibt für mich keinen Sinn, solange sich Werte und Ziele unterscheiden.

Und noch kurz zu den Zielkonflikten, die du im letzten Teil angesprochen hast ("Dafür haben wir auch zu viel Spaß an wilden Sachen, für die man eben auswärts unterwegs sein muss"). Die Frage, was man durch seine Wahl der Methoden andererseits verpasst, finde ich total relevant. Bei uns zum Beispiel ist es noch unklar, ob meine Araber jemals eingeritten werden. Nicht, weil das im Rahmen meiner Arbeitsweise prinzipiell nicht ginge, sondern eher weil es nicht zu meinen aktuellen Zielen und Interessen passt. Die Sachen, die ihr macht (oder zumindest das was ich neulich auf deinen schönen Fotos gesehen habe) könnte ich im Rahmen meiner Arbeitsweise definitiv nicht machen. Damit verpasse ich also die Chance, mit den Jungs bestimmte wilde Sachen zu machen, die du beschreibst. Für mich ist es leicht, damit umzugehen, weil ich nie die Idee hatte, ich müsse oder könne alles haben. Die Dinge, die wir tun, machen uns Freude und reichen mir aus. Aber klar - wenn ich andere Sachen machen wöllte, müsste ich in mancher Hinsicht anders vorgehen. Und wenn mir zwei Sachen wirklich wichtig wären, die sich gegenseitig ausschließen, wäre es sicher auch nochmal schwer. Andererseits ist die Existenz von Zielkonflikten und Entscheidungspunkten für mich eine völlig normale Sache und deswegen tue ich mich oft schwer damit, zu verstehen warum manche Leute damit scheinbar so hadern und externe Bestätigung brauchen, dass ihre Wahl eine gute sei.
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sacramoso
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von sacramoso »

Ein paar Gedanken zu diesem Thread:

"Wege aus dem Nein"
Kann jetzt vieles bedeuten.
Will ich ganz ohne "Nein" auskommen?
Geht es um den Umgang mit einem "Nein"?
Geht es darum wie man dem Pferd Grenzen vermittelt, bzw vermittelt, daß auch mal Dinge sein müssen die Pferd eigentlich nicht will?

Für mich persönlich (MEINE Meinung!) komme ich nicht darum herum meine Pferde zu erziehen und ihm auch gewisse Grenzen zu setzten. Es gibt DInge die gehen einfach nicht bzw müssen sein sonst wird es für Mensch und Pferd gefährlich. Sei es im Umgang allgemein, beim reiten, im Straßenverkehr, beim Tierarzt, und, und, und.
Und dann gibt es auch viele Bereiche wo Pferd gerne für sich selbst entscheiden kann was er möchte. Und es gibt auch Dinge, die will er erstmal nicht aber wenn ich sie ihm vermittelt habe findet er es toll. (Kleines Beispiel dazu: er fand es erstmal doof in den Haferautomaten zu gehen, jetzt kann er gar nicht oft genug reingehen, weil da fällt ja der Hafer vom Himmel, wie geil ist das denn?)
Für mich läuft es darauf hinaus, daß ein Nein dazugehört, genauso daß Pferd auch mal was machen muß was es eigentlich nicht möchte und das dann auch nichts schlimmes ist.
Entscheidend ist für mich die Art und Weise wie ich es meinem Pferd vermittle. Und das heißt gegenseitigen Respekt. Ich erwarte, daß er mich respektiert und ich respektiere ihn.
Also vielleicht würde ich statt " Wege AUS dem Nein" eher sagen "Wege MIT dem Nein"
Als Gott erfuhr daß Reiten nur für die Besten ist erschuf er noch Fußball :dance1:
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Romy
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Romy »

Mir ging es ursprünglich darum, wie Personen damit umgehen, wenn ihr Pferd Nein sagt. Es stimmt, dabei war eine implizite (aber nicht notwendigerweise richtige) Grundannahme von mir, dass Personen daran grundsätzlich etwas ändern wollen - also nicht wollen, dass das Pferd dauerhaft Nein zu einer Situation sagt. Dein alternativer Titelvorschlagt legt nahe, dass es Situationen gibt, in denen das Pferd Nein sagt und dieses Nein bestehen bleiben soll oder kann. Ist das so gemeint?
sacramoso hat geschrieben: Mi 6. Nov 2024, 15:22"Wege aus dem Nein"
Kann jetzt vieles bedeuten.
Will ich ganz ohne "Nein" auskommen?
Geht es um den Umgang mit einem "Nein"?
Geht es darum wie man dem Pferd Grenzen vermittelt, bzw vermittelt, daß auch mal Dinge sein müssen die Pferd eigentlich nicht will?
Mein Gedanke dabei war, dass es da sicherlich viele verschiedene Ansätze gibt, auf ein Nein des Pferdes zu reagieren. Ich finde es spannend, über diese zu lesen und zu verstehen, welche Faktoren darüber entscheiden, in welchen Kontexten Personen so oder so vorgehen. Also nicht die eine, wahre Methode zu ermitteln, sondern die Abhängigkeiten besser zu verstehen.

Man sieht allerdings, dass der Fokus der Beiträge immer wieder schnell darauf geht, ob und in welchen Situationen der MENSCH Nein sagt (anstatt das Pferd). Macht aber nichts, man muss ja nicht unbedingt bei der Ausgangsfragestellung bleiben. :-)
Nucades
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Nucades »

Ich werfe hier jetzt einfach mal eine Situation von heute rein.
Das Pferd einer Miteinstellerin bekommt aktuell aus gegebenem Anlass ein Schmerzmittel per Maulspritze. Die Stute mag das nicht, aber es muss nunmal sein :nix:
Heute habe ich die Gabe wieder übernommen. Ohne Halfter, Strick oder sonstiges in einem begrenzten Raum. Ganz kurz sagte sie Nein, dann war's ok.
Das ist für mich ein ganz wichtiger Weg aus einem Nein - der Kompromiss zwischen festhalten und vollständigem Entziehen-können.
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Romy
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Romy »

Ganz lieben Dank, Nucades! Dein Beitrag hat mich an etwas erinnert, das vor reichlich 10 Jahren mal ein Herzensthema von mir war - wie man den Kontext, also Umwelt und Objekte, gezielt als Trainingswerkzeug einsetzen kann (wer genauer nachlesen will, findet hier einen Thread dazu und in diesem Beitrag geht es konkret darum, wie Objekte Kommunikationspartner synchronisieren können).

Ich finde, dass die Auswahl des passenden Kontexts so vieles im Training erleichtert. Dadurch, dass bestimmte Objekte und Orte einen Aufforderungscharakter haben (in der Psychologie nennt man es Affordances, z.B. ein Stuhl fordert zum Sitzen auf), ergibt sich ganz von selbst, was zu tun ist. In deinem Beispiel lädt ein enger Bereich wohl eher nicht zum Laufen ein, sondern zum Stillstehen - auch wenn Laufen sicherlich möglich wäre. Andere Orte laden zum Vorwärtslaufen ein, wieder andere zum Biegen oder Seitwärtsgehen. Wenn ich mir diesen Aufforderungscharakter zunutze mache, wird eine bestimmte Antwort des Pferdes viel wahrscheinlicher und dadurch erübrigt sich ganz vieles an Korrekturen, die ohne die Hilfe des Kontexts vielleicht nötig wären. :-)
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sacramoso
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von sacramoso »

Romy hat geschrieben: Mi 6. Nov 2024, 15:49 Mir ging es ursprünglich darum, wie Personen damit umgehen, wenn ihr Pferd Nein sagt. Es stimmt, dabei war eine implizite (aber nicht notwendigerweise richtige) Grundannahme von mir, dass Personen daran grundsätzlich etwas ändern wollen - also nicht wollen, dass das Pferd dauerhaft Nein zu einer Situation sagt. Dein alternativer Titelvorschlagt legt nahe, dass es Situationen gibt, in denen das Pferd Nein sagt und dieses Nein bestehen bleiben soll oder kann. Ist das so gemeint?
Im Prinzip ist das genau so von mir gemeint. Es gibt Situationen in denen das Pferd Nein sagt und das ist OK so. Und es gibt Situationen in denen wir unterschiedlicher Meinung sind. Pferd sagt nein und ich bin der Meinung es soll trotzdem. Und da kommt es dann auf die Situation im einzelnen an. Ich kann dann das Pferd motivieren seine Entscheidung zu ändern und ich kann mich durchsetzten und sagen OK, du sagst nein und ich entscheide jetzt daß wir es trotzdem machen. Zum Beispiel weil ein Medikament ins Pferd muß, oder das Pferd in den Hänger muß.
Gerade letzteres ist zB ein Thema bei dem es für mich keine Diskussionen gibt weil es für mich zur absolut notwendigen Grundausbildung gehört, daß sich ein Pferd verladen läßt. Das kann wenn es blöd läuft auch mal lebenswichtig sein.


Romy hat geschrieben: Mi 6. Nov 2024, 15:49 Mein Gedanke dabei war, dass es da sicherlich viele verschiedene Ansätze gibt, auf ein Nein des Pferdes zu reagieren. Ich finde es spannend, über diese zu lesen und zu verstehen, welche Faktoren darüber entscheiden, in welchen Kontexten Personen so oder so vorgehen. Also nicht die eine, wahre Methode zu ermitteln, sondern die Abhängigkeiten besser zu verstehen.
Wie erwähnt, gilt hier für mich gegenseitiger Respekt. Und das bedeutet ich überlege mir meine Reaktion auf ein Nein des Pferdes genau und würde sagen so grob gibt es drei verschiedene Reaktionen bei mir:
1) Ok, wenn du nicht magst, dann halt nicht --> Akzeptanz
2) OK, du magst nicht und ich schaue ob ich es dir trotzdem schmackhaft machen kann, zB weil ich denke es wäre gut für dich --> Gespräch/ Diskussion
3) OK, du magst jetzt nicht aber es handelt sich um ein Thema das nicht diskutabel ist und da mußt du jetzt durch --> Entscheidung
Als Gott erfuhr daß Reiten nur für die Besten ist erschuf er noch Fußball :dance1:
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Romy
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Re: Wege aus dem Nein

Beitrag von Romy »

Heute kann der kleine Aahnuu Inyan eine Geschichte beitragen, in der es um Alternativen zum Nein des Menschen geht.

Wir sind seit dem Wochenende zurück an der Winterkoppel und dieser Wechsel in ein anderes Spazierengeh-Gelände zweimal im Jahr ist für ihn immer erstmal super aufregend. Bei ihm äußert sich Aufregung und Ängstlichkeit aber nicht wie bei Maymun in Vermeidungs- und Fluchtverhalten, sondern in Angriff - auf mich. Er ist dabei wie ein Junghengst, der seinen Übermut nicht unter Kontrolle bekommt: er schlenkert den Kopf, macht Karate-Tritte mit den Vorderbeinen oder geht eben direkt auf mich los, indem er entweder beißt oder seine Schulter in meine Richtung schiebt und versucht, mich anzusteigen. Alles Verhaltensweisen, die auf keinen Fall so bleiben können, sondern schnellstmöglich beseitigt werden müssen.

Jetzt könnte ich natürlich schimpfen, ihn aus meinem Bereich treiben oder noch unangenehmere Nein-Varianten anwenden. Das möchte ich aber lieber nicht. Nicht nur, weil es wenig wirksam ist und bei ihm zu massiver Frustration führt, sondern weil ich nicht sehe, wie das jemandem, der wie er in solchen Situationen offensichtlich in Not ist, eine gute Hilfe wäre. Also haben wir ein Zaubermittel gefunden: Mineralpellets. Diese Pellets sind auf der Leckerli-Beliebtheitsskala ganz, ganz weit unten. Auf der Koppel nimmt er sie leicht angewidert in ungefähr 50% der Fälle, aber eigentlich will er sie lieber nicht. Also ein perfekter Kontrast zu unserem sonstigen Belohnungsfutter.

Wir machen es also so, dass er für jedes aggressive Verhalten mir gegenüber eine kleine Portion Mineralpellets bekommt. Unmittelbar und ohne jede negative Emotion. Ich greife einfach in die andere Tasche, aber gebe sie ansonsten so wie die beliebten Leckerlis. Wenn sich die Aggression nur andeutet, aber noch nicht überschwappt, flüstere ich ihm lächelnd zu "Pass auf, Puutchi, sonst gibt es Goats" (in Anlehnung an diese amerikanische Fernsehshow wo man entweder ein Auto oder eine Ziege gewinnen kann). Und um den Kontrast noch stärker zu machen, gebe ich für jedes gegenteilige Verhalten (Kopf senken, den Fokus von mir weglenken, den Abstand zu mir vergrößern) eine Portion Spezialfutter, also Kräutermüsli oder Apfelstückchen.

Nach ein paar Goats-Gewinnen und Spezialfuttergaben läuft er wie ein Trüffelschwein und ist das liebste Musterpferdchen, das man sich vorstellen kann. Dass ein solches Kontrastieren super funktioniert, ist vielleicht nicht weiter verwunderlich. Was mich jedes Mal wieder überrascht ist hingegen, wie er das garstige Verhalten nicht nur zu unterdrücken scheint, sondern absolut sanft und ruhig wird. Den Effekt sehe ich schon nach wenigen Minuten und nach drei bis fünf Spaziergängen mit dieser Strategie brauche ich die Goats eigentlich überhaupt nicht mehr, weil er sich selbst kontrolliert, anstatt dass ich dazu beitragen muss. Mein kleines Wildi. :herzi:
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