Danke für das Auskoppeln des Themas. Ich habe jetzt alles mehrfach durchgelesen und tatsächlich komme ich damit nicht wirklich klar, weil ich hier Widersprüche lese, die für mich nicht einleuchtend sind. Deshalb möchte ich das gerne genauer beleuchten und hoffe auf Auflösung für mich. Es sei mir gestattet, dazu einige Passagen zu zitieren.
Ich möchte nur eine Alternative transparent machen, weil ich aus der Diskussion herauslese, dass Beharren oder Durchsetzen alternativlos sei.
kann es also dann erstmal eine ganze Weile dauern, bis das Hufwegzieh-Pferd wieder dran ist
Aber ist das nicht darauf beharren und durchsetzen? Sicherlich nicht in Form von Autorität, aber im Ergebnis durchaus: Du willst den Huf, Du bekommst den Huf. Der Prozeß wird nur weiter auseinander gezogen, aber das Ziel ist doch klar definiert, weil notwendig: Hufe müssen gemacht werden.
Ich sehe durchaus einen Unterschied zwischen ein Pferd zwingen, notfalls mit Gewalt, und dem Warten auf ein Ja, aber ich sehe keinen Unterschied darin, ob Du auf Deine Art und Weise in sehr langen Zeitfrequenzen fragst, oder ob ich hartnäckig in kürzeren Zeitintervallen immer wieder leise die gleiche Frage stelle

. Letztlich gibt das Pferd nach, etwas anderes ist das doch nicht, oder?

. Der Unterschied besteht darin, dass ich aufspulendes Verhalten nicht zulasse, weil ich es für schädlich halte. Dabei bleibe ich immer entspannt und in der Millisekunde wo sich der richtige Gedanke formt, höre ich auf, die Unterlassung zu fordern (ich hoffe, ich habe mich jetzt einigermaßen verständlich ausgedrückt).
Schecki hat sehr schön beschrieben, dass ihr Pferd ein Nein benötigt und eingefordert hat, damit es weiß, wo es steht. Das ist ein normales Verhalten innerhalb einer Pferdegruppe, wo wir uns ja mehr oder weniger gewollt auch einsortieren. Wenn die Leitstute sagt, geh weg, dann geht der im Rang darunter stehende weg. Fängt er das diskutieren an oder "überhört" die Aufforderung, wird sie deutlicher und bei weiterem Überhören kann es schon mal sehr deutlich werden bis hin zu ernsthaften Rangkämpfen, die so oder so ausgehen können, selten ohne Verletzung. Das will man als Mensch ganz sicher nicht. Ich kenne keinen Fall, wo die Leitstute sagt, ok, ich gehe dann noch mal weg und komme später wieder und frage noch mal, ob ich eventuell jetzt an den Platz darf, den ich haben will und der mir auch zusteht. Das bedeutet, dass ein Nein vom Rangniedrigeren nicht akzeptiert wird, weil es - würden sie in der Natur frei leben - das letzte sein könnte was sie machen. Der Löwe kommt, lauf los. Nö, jetzt nicht.... Ende. Wir vergessen immer, dass wir sie zwar einsperren und schon durch dieses Einsperren ihnen etwas aufzwingen können, was sie freiwillig so niemals wählen würden. Das verhindert aber nicht, dass dieses Verhalten in ihnen angelegt und unverrückbar ist und durch noch so viele Zäune nicht gelöscht werden kann. Mir ist klar, dass jetzt sofort in den Blick springt, dass ich Rangverhältnisse aufbaue und mir die Position des Bestimmers zuordnen. Aber habe ich eine Wahl? Zumindest dann nicht, wenn ich den geschützten Bereich des Stalls verlasse und das Pferd "Gefahren" aussetzen muss, um von a nach b - und sei es auch nur ein Spaziergang - aussetze.
Das führt mich jetzt zu meiner eigentlichen Frage, ob diese ständige Fragerei und Bitte um Zustimmung, das weg gehen wenn keine kommt, nicht eher schadet wie hilft? Ich meine das jetzt absolut nicht abwertend, aber diese Frage drängt sich mir auf, wenn ich die Gesamtsituation von oben betrachte. Wir leben gerade in einer Zeit, wo jeder und jedes um seine Meinung gefragt wird, wo jeder - ob klein oder groß Mensch oder Tier - alleine bestimmen darf und soll, was es will. Das Tierheim ist voll von Hunden, die durch dieses führungslose Verhalten des Menschen unvermittelbar geworden sind, das Netz ist voll von Pferden, die "nicht zum Besitzer" passen, warum auch immer und leider ist die Welt voll von Kindern, die nur haben aber nicht geben wollen und diese Forderungen teilweise massiv durchsetzen. Nein, nicht alle Kinder, ich bitte das zu bedenken, aber die Zahl der Kinder, die man einfach nicht aushalten kann, die zu nichts Lust haben, steigt in meinem Empfinden täglich.
Ein weiterer Punkt beschäftigt mich. Ein nein vom Pferd ist akzeptabel, ein nein vom Menschen nicht und doch wird ein paar Einträge später mitgeteilt, dass eine Frage mit einem klaren Nein beantwortet wird, weil 3 Runden spazieren gehen für den Menschen nun genug war. Ich kann den Unterschied nicht erkennen, gibt es verschiedene Nein´s? Wie lernt das Pferd, dass es mal ein nein und mal keine Grenze gibt (die es aber tatsächlich gibt, weil man später und später und später immer wieder fragt, bis man bekommt, was man wünscht)? Ich war bisher immer der Meinung, dass es Dinge in der Interaktion geben muss, die unverrückbar sind, weil es sonst nicht funktioniert. Nur mal als Beispiel: heute darf mich mein Pferd von a nach b ziehen, morgen nicht. Was lernt das Pferd daraus? In meiner Welt eher nichts, außer vielleicht, dass der Mensch, der Sicherheit geben soll, das nicht wirklich kann weil er selber nicht weiß, was er will. Damit bin ich bei meine nächsten Punkt: wenn ich wie Wasser bin, bin ich in meiner Wahrnehmung nicht einschätzbar, weil ich in jede Richtung fließen kann und keinen Halt biete. Wenn jede Idee, mit der ich an das Pferd herantrete sofort weggeworfen wird, weil kein ja kommt, ist das wirklich hilfreich für das Pferd? Bin ich dann tatsächlich ein verlässlicher Partner? Bei all meinen Pferden - und auch jetzt bei Midas - komme ich regelmäßig auf den Prüfstand, ob ich meine Aufgabe auch gut mache. Indem ich gruselige Situationen zu meistern habe, indem ich u.U. auch mal sage, jetzt reicht es und und und. Gestern auf dem Feld mit dem Baum, der Schaukel und den kreischenden Kindern war das Nein und die Sorge auch für Laien bei Midas erkennbar. Ich habe mich genau in dieser Situation gefragt, wie würden das die Anderen machen? Zurück gehen? Ok, wäre eine Variante gewesen, stehen bleiben, bis es langweilig wird? Auch eine Variante, hätte aber gefährlich werden können, weil er anfing, sich hinein zu steigern. Harsch werden? Auch eine Variante, nicht meine. Hätte ich in dieser Situation auf ein klares Ja von Midas gewartet, wären wir wahrscheinlich gegen Mitternacht wieder im Stall gewesen und ob er da dann weniger Angst gehabt hätte, ist fraglich. Meine Variante war zu sagen, ich sehe das Problem, aber ich kann es nicht so lösen, dass Du davon nichts mehr mitbekommst. Du wirst das aushalten müssen, ich bin bei Dir und ich verhindere, dass Dir etwas passiert. Damit sind wir dann auch unbeschadet in einem vernünftigen Zeitfenster vorbei gekommen und direkt danach war er sofort wieder für neue Abenteuer bereit. Im Stall war er sehr anhänglich und kuschelig und wenn ich es vermenschlichen darf: er hat sich bedankt, dass es ein toller Ausflug mit einigen Abenteuern war und ich ihn heile und am Stück nach Hause gebracht habe.
Wie man lesen kann, sitze ich gerade zwischen Baum und Borke. Ich finde die hier beschriebenen Ansätze wirklich spannend und in großen Teilen auch gut, allein, sind sie das auch wirklich? Kann man das tatsächlich im realen Leben, wenn man mit den Pferde Dinge außerhalb deines geschützten Bereiches Sachen machen will, leisten? Hat das Pferd dann tatsächlich mehr Spaß daran und die Gretchenfrage überhaupt: muss das Pferd wirklich immer und an allem Spaß haben? Muss ich mich als Mensch tatsächlich um die absolute Zustimmung und den absoluten Spaßfaktor bemühen? Was verursacht das im Pferd ist es damit tatsächlich glücklich oder arrangiert es sich letztlich auch nur mit der Situation? Bitte, nicht falsch verstehen, jede einzelne Frage von mir ist ernst gemeint und ich warte voller Interesse auf die Antwort. Ich bin immer pro Pferd, aber ich finde auch, das muss durchaus Grenzen haben. Dödel ich nur auf einem Auslauf herum, mag das alles wirklich toll sein, bewege ich mich in Bereichen, wo die eine oder andere Gefahr für das Pferd lauert (Strasse, Autos etc.), bin ich doch in der Pflicht, die Sicherheit zu gewährleisten und die ergibt sich doch nicht aus der ständigen Fragerei ob es gerade passt?
