Hallo, ich lese hier auch von Anfang an mit, da ich das Thema sehr interessant finde und hoffe es ist okay, wenn ich mal meine Gedanken dazu schreibe.
Ich selbst habe einen inzwischen 7-jährigen Isländer, dessen Leben ich seit er 2,5 Jahre alt ist, begleiten darf. Und ich habe mich auch sehr lange und oft gefragt, was man ab welchem Alter mit ihm machen bzw. "fordern" kann.
Ich hatte weder Jungpferde- noch Isländererfahrung, habe aber oft gehört, dass Isis Spätzünder sind und erst mit 5 Jahren gearbeitet werden sollten.
Natürlich habe ich versucht mich schlau zu machen, quergelesen und mir ein paar verschiedene Meinungen zum Thema anreiten und Ausbildung eines Jungspundes eingeholt. Oft sah ich auch Verkaufsanzeigen mit 4-jährigen, die schon angeritten waren und alle möglichen Dinge beherrschten, von denen wir (auch heute noch

) meilenweit entfernt waren. Ich fragte mich immer, ob ich zu lasch vorging und meinen Jungspund vielleicht zu sehr in Watte packte?
Meine Reitlehrerin ist leider weggezogen und nur sehr sporadisch da und konnte uns daher nicht intensiver auf unserem reiterlichen Weg begleiten, sie empfahl mir aber eine Freundin, die ich wegen dem Anreiten fragen konnte. Ich war schon recht aufgeregt und unsicher, da mein Pony ja kaum etwas "konnte" (er konnte brav spazieren geführt werden und Bodenarbeit kannte er natürlich auch, aber etwas gezieltes Richtung Muskelaufbau, Gymnastizierung usw. eher nicht aus heutiger Sicht

). Sie schaute sich ihn an und meinte, dass er ein total netter und braver Kerl sei, aber fürs einreiten einfach noch nicht so weit war.

Dafür würde sie erstmal die Bodenarbeit mehr ausbauen, auch im Hinblick auf das anreiten-also sinnvolle Gymnastizierung und Hilfengebung.
Ja, was soll ich sagen- irgendwie mir fiel ein riesen Stein vom Herzen, da ich selbst das Gefühl hatte, dass wir noch nicht so weit waren, ich aber zugleich Angst hatte, da viele andere schon so viel mehr konnten als wir und ich uns damit selbst Druck gemacht habe
Und beide Reitlehrerinnen meinten auch unabhängig voneinander, dass wir doch alle Zeit der Welt haben, da weder ich (noch das Pony

) irgendwelche "Ambitionen" haben und ganz im Gegenteil - ich soll mir ruhig auch die Zeit nehmen, die wir beide (!) auf unserem gemeinsamen Weg brauchen, um uns die Dinge gemeinsam zu erarbeiten (und mich beispielsweise parallel fortzubilden mit Reitunterricht usw.).
Und erst da habe ich erkannt, dass ich uns den Druck selbst gemacht habe, indem ich uns mit anderen verglichen habe, obwohl ich es selbst eigentlich nicht gutheiße zu früh zu viel zu verlangen. Dieser Druck hat mich so manches mal zu unrecht wütend auf mich und mein Pony gemacht, da wir ja so "schlecht" waren und so wenig Fortschritt in der Ausbildung zu erkennen war.
Ich habe mich aber letzen Endes dazu entschlossen, noch mit dem Reiten zu warten und ihn am Boden weiter vorzubereiten, so wie es mir empfohlen wurde. Mit 5,5 Jahren begannen wir ganz langsam mit dem reiten (viel geradeaus im Gelände, ca. 1 Mal die Woche) und ich bin froh darüber, dass wir uns die Zeit dazu genommen haben, da er so ein toller Kerl ist und ich das Gefühl habe, dass das für ihn genau die richtige Entscheidung war
Im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen man wirklich noch auf die Pferde als Militär-, Transport-, oder Zugmittel angewiesen war (und schon damals gab man den Tieren im Prinzip viel mehr Zeit als in unserer schnelllebigen Gesellschaft, z.B. in "Der Reiter formt das Pferd") haben wir heutzutage doch den Luxus, Pferde rein um ihretwillen zu halten. Weil wir sie lieben und gerne Zeit mit ihnen verbringen. Meiner Meinung nach ist es aber ein großes Problem heutzutage, dass wir uns einbilden keine Zeit mehr zu haben und uns auch keine Zeit mehr für etwas nehmen können. Ich glaube aber, dass es sich vor allem bei jungen Pferden wirklich lohnt mit Ruhe und Geduld ranzugehen und sie behutsam aufzubauen. Vor allem im späteren Leben als Reitpferd wird sich das sicherlich auszahlen.
viele liebe Grüße
