Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Moderator: Keshia

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.Anni.
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Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von .Anni. »

:wave:

Ich diskutiere momentan viel mit einem guten Freund über das Pferdeverhalten innerhalb der Herde und dadurch auch über den Umgang zwischen Mensch und Pferd.

Mich würde eure Meinung bzw. euer Wissen zu einigen Fragen interessieren und ich werfe diese einfach mal in den Raum:

- Wenn es in einer Herde kein Leittier gibt, also keine 1., 2., 3.,... Hierarchie, sondern Pferd 1 dominant gegenüber Pferd 2 ist, Pferd 2 dominant gegenüber Pferd 3 ist und Pferd 3 dominant gegenüber Pferd 1 ist, wonach wird dann z.B. festgelegt, welches Pferd bei einer Flucht vorausläuft, welchem gefogt wird. Oder welches führt die Herde zu neuen Futterplätzen usw.?

- Weshalb kann es keine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd geben?


Mich interessieren vorallem die Begründungen, die mit der Ansicht, dass es oft keine lineare Rangfolge und ebenso keine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd gibt konform gehen. Aber ich höre mich natürlich trotzdem sehr gern alle Meinungen an, die es zu diesem Thema gibt :-) . Man lernt schließlich nie aus.

Es wird bestimmt noch die ein oder andere Frage kommen ;) .
Liebe Grüße, Anni

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ehem User

Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von ehem User »

Die nicht lineare Rangfolge habe ich an der Spitze der Herde so noch nie beobachtet. Mmn gibt es immer ein Pferd, welches für alle das Sagen hat. Weiter unten gibt es das dann, ja. Aber ist das nicht einfach normal? In einer großen Gruppe haben ja garnicht alle Individuen einen sozialen Bezug zueinander, allein das erklärt doch schon eine Nichtlinearität.

Wer sagt denn, daß es zwischen Pferden und Menschen keine Rangordnung geben kann und wie wird diese Aussage begründet? Ich sehe das nicht so. Menschen, die viel mit ihren Pferden machen und viel Zeit mit ihnen verbringen, haben mMn oft eine klare Rangordnung. Menschen, die wenig Zeit mit ihren Pferden verbringen und wenig mit ihnen machen auch oft, da ist dann mMn meist das Pferd oben. Viele Menschen haben Angst vor ihren Pferden, da entsteht zumindest aus Sicht des Pferdes mMn auch eine klare Rangordnung.

Vllt wäre es für die Diskussion zielführend, den Begriff Rangordnung und Hierarchie mal zu differenzieren. Hierarchie ist für mich, wer die stärkeren Machtmittel hat, um sich durchzusetzen. Das ist in der Regel immer der Mensch, mit Zäumen, Zäunen, Ställen, Peitschen, etc. Vllt könnte man sagen, Hierarchie wird tendenziell eher durch negative Verstärkung und Angst durchgesetzt

Rangordnung heißt für mich "wer folgt wem" ohne Zwangsmittel, einfach durch Signale und weil das freiwillige Folgen lohnenswert ist, wird also eher durch positive Verstärkung und Vertrauen bewirkt.

Beides ist aber mMn eine Form von Dominanz.
Wallinka
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von Wallinka »

Ich bin ja nach wie vor der Meinung, dass ein Leitpferd nicht Leitpferd wird, weil es sich den anderen gegenüber durchsetzt und sagt: folgt mir!, sondern das ein Leitpferd Leitpferd wird, weil die anderen sagen: du hast mehr Erfahrung, Ahnung, Wissen, geh du mal vor, wir folgen dir.
Aus dieser Sicht kann es in anderen Bereichen (zB Futter, Schlafplatz) durchaus dazu kommen, dass en Leittier von anderen "geschickt" wird. Ohne dass die Grundkompetenz dieses Tieres in Frage gestellt wird.
Und genau das macht auch die "Rangordnung" zwischen Mensch und Pferd aus. Wenn der Mensch signalisiert, dass er weiß, was er tut und sich dem Pferd gegenüber bewiesen hat, dass man ihm vertrauen kann, wird es sich ihm anschließen und ihm folgen.
Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie, was man bekommt.
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Equester
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von Equester »

Fenja hat geschrieben::
- Wenn es in einer Herde kein Leittier gibt, also keine 1., 2., 3.,... Hierarchie, sondern Pferd 1 dominant gegenüber Pferd 2 ist, Pferd 2 dominant gegenüber Pferd 3 ist und Pferd 3 dominant gegenüber Pferd 1 ist, wonach wird dann z.B. festgelegt, welches Pferd bei einer Flucht vorausläuft, welchem gefogt wird. Oder welches führt die Herde zu neuen Futterplätzen usw.?

Wir müssen hier zwischen einer freilebenden Herde die aus einer Familie besteht und einer willkürlich zusammengewürfelten Gruppe unter Menschenkontrolle unterscheiden.
In einer freilebenden Herde gibt es eine Leitstute die sagt, wann der Weidegrund gewechselt wird, wo das beste Gras wächst, wo es Wasser gibt. Dann gibt es dort noch einen Hengst, der über solche Dinge nicht zu bestimmen hat, sondern der muss die Sicherheit der Herde gewährleisten und Fressfeinde vertreiben. Dafür, dass er sich auf diesem Gebiet als der Beste erwiesen hat, darf er die Stuten decken, weil damit die Weitergabe der besten Kampfgene gewährleistet ist, die widerrum in der Zukunft die Sicherheit der Herde garantieren. Wenn wir das Wort dominant verwenden wollen, würde ich es in dieser Beziehung als verdiente Dominanz bezeichnen, die aber jederzeit durch einen Besseren überboten werden kann.
Der Hengst fällt deshalb auf, weil seine Aktivitäten (Signal zur Flucht wegen drohender Gefahr) sehr spektakulär sind, die der Leitstute hingeben sind eher unauffällig und laufen in Ruhe ab (die Natur verschwendet nichts, deshalb wäre ein schneller, aufregender Wechsel zum nächsten Futterplatz Endergieverschwendung). Das hinterläßt bei uns Menschen gerne den Eindruck, dass der Hengst das Sagen hat, weil den nehmen wir ja imposant war.
Innerhalb dieser Gruppe gibt es dann noch ganz viele kleine Aufgaben, die zu erfüllen sind und die immer an denjenigen vergeben werden, der das einfach mal am besten kann. Deshalb läßt sich eine Leitstute auch durchaus von einem anderen Herdenmitglied "schicken", wenn es etwas betrifft, wo das andere Pferd einfach mal besser ist.

In einer willkürlich vom Menschen zusammen gestellten Gruppe fallen diese elementaren Kämpfe einfach mal weg. Wir bestimmen welches Futter/Wasser in welcher Menge an welcher Stelle gereicht wird. Wir bestimmen, wer zu der Gruppe gehört und wer nicht (einen Hengst findet man da selten bis nie), wie groß die Gruppe ist und wir bestimmten die Weidegründe und wann sie gewechselt werden. Solange die Grundbedürfnisse der Gruppe erfüllt werden und von allem reichlich da ist, wird es wenig Bewegung geben da niemand einen Grund hat um das Überleben zu kämpfen. Hier ist Raum für Spiele und toben, man kann unbedenklich auch mal von der Futterquelle weggehen, es ist hinterher ja immer noch genug da.
Auch in einer solch harmonischen Gruppe werden Aufgaben verteilt, wer nimmt Außergewöhnliches war, wer findet den besten Heuhalm in welcher Raufe und welche Raufe wird jetzt besucht, welches Stückchen Wiese wird nun abgegrast.... (sehr einfach dargestellt :shy: ) . Hier kann es z.B. sein, dass Pferd A die Raufe aussucht, aber nicht bestimmen darf, ob es mit Pferd T Fellkraulen machen darf, weil für das Fellkraulen andere Prioritäten gelten (auch sehr einfach ausgedrückt :shy: ).
Problematisch wird es, wenn der Mensch massiv in die Grundbedürfnisse des Pferdes eingreift und z.B. zu wenig Futter zur Verfügung stellt. Dann kommt das Urverhalten des Pferdes hoch, welches sagt: nur die, die genug bekommen, werden überleben :panik: und schon hat man Unruhe in der Gruppe und die schwächeren Tiere ziehen dabei den Kürzeren. Gespielt wird eher selten, weil die Gefahr viel zu groß ist, dass nach dem Spiel nichts mehr da ist.Hier wird dann gerne von einem dominanten Pferd gesprochen, was die anderen beherrschen will, weil es seinen Platz an der Futterquelle verteidigt, aber im Grunde ist das nur ein Pferd, welches im Ernstfall überleben würde und damit seine Gene weitergeben kann, damit der Fortbestand der Art gesichert ist (ok, das verhindern wir erfolgreich, durch Kastration und Wahl von Hengst und Stute, aber so sehen es die Pferde). Das heißt also, der Stärkste bekommt zu erst, dann der nächste, dann der nächste....... und irgendwann das schwächste Teil der Gruppe, also das Pferd, welches allen die stärker waren, weichen musste. Trotzdem kann das dominanteste Pferd zwar zuerst fressen, aber darf mit einem offensichtlich niedrigeren Pferd kein Fellkraulen machen.......
- Weshalb kann es keine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd geben?
Wie passt jetzt der Mensch in diese "Rangordnung" rein? In dem Moment, wo wir das Pferd aus der sicheren Gruppe entfernen, übernehmen wir eine Menge Verantwortung (aus Sicht des Pferdes). Wir müssen die Sicherheit garantieren, Freßfeinde vertreiben und die besten Weidegründe finden.
Erledigt der Mensch diese Aufgaben aus Sicht des Pferdes gut, wird es in der Regel keine Probleme geben. Selbst wenn sich das Pferd mal erschreckt, wird es nicht panisch weglaufen, sondern kurz zucken oder auch mal hopsen (passiert uns bei einem Knall ja auch gerne mal) und dann weiter entspannt mit seinem Menschen mitlaufen. Hat der Mensch aber schon Bedenken, lebend den Putzplatz zu erreichen, ist nervös und hat Angst, läuten beim Pferd die Alarmglocken. Selbstbewußte Pferde werden den Menschen dann nett zur Seite schieben und sagen: laß mich mal, Du kannst es einfach nicht :augenroll: . "Fähige" Trainer erkennen dann sofort: das ist ein respektloses Vieh und muss das jetzt lernen. Besser wäre, an dem Menschen zu arbeiten, dass er in die Lage versetzt wird, diesen Job zufrieden stellend auszuüben (und auch unter Pferde gibt es anspruchsvolle Untergebene und nicht so anspruchsvolle ;) . Das heißt, ein Pferd kann mit diesem Menschen durchaus zufrieden sein, ein anderes findet den schlicht unfähig und da klappt es dann nicht). Ein schüchternes und ängstliches Pferd wird dagegen versuchen, dieser Situation zu entkommen (was in der Regel nicht zur Beruhigung des Menschen beiträgt) und sucht sein Heil in der Flucht. Auch hier wird gerne von Respektlosigkeit gesprochen und nicht erkannt, dass die Angst der Ursprung ist und der Mensch seine Aufgabe nicht gut genug macht.
Oft ist es auch gar nicht, dass das Pferd den Menschen für unfähig hält, ganz oft verstehen sie uns einfach nicht :nix: . Wir wollen dies und zeigen über Körpersprache aber genau das Gegenteil (gerne bei der Bodenarbeit zu beobachten). Z.B. wir sagen und wollen, dass das Pferd stehen bleibt, signalisieren aber, dass es sich schneller vorwärtsbewegen soll. Daraus ergeben sich unvereinbare Befehle (ja/nein kann man nicht zeitgleich ausführen) und verwirren das Pferd. Das selbstsichere Pferd wird hier wieder den Menschen zur Seite schieben und sagen, sortier dich erst mal und komm dann wieder, das ängstliche Pferd wird versuchen, wegzukommen......).
Es gibt auch bei perfekten Partnerschaften (Mensch entscheidet, Pferd folgt) durchaus Verschiebungen in der Führungsposition (immer noch aus Sicht des Pferdes ;) ).Als Beispiel sei der Spaziergang genannt (es geht auch anders, ich weiß, es ist auch nur ein Beispiel ;) )
Der Mensch holt das Pferd von der Wiese, es läßt sich aufhalftern, folgt entspannt, bleibt stehen wo es stehen soll und sobald man einen Wiesenweg betritt, macht der Gaul, was er will :augenroll: . Der Mensch sieht: manno, er kann so nett sein, aber bei Gras setzt sein Hirn aus :-z . Das Pferd denkt: sie ist echt gut in dem was sie macht, aber einen guten Weidegrund erkennt sie einfach nicht :augenroll: und übernimmt kurzerhand die Führung (der Mensch sieht, es gehorcht nicht :-z ).
Das bedeutet im Klartext: wir müssen uns den Respekt verdienen, in der Welt der Pferde kann sowas nicht angewiesen werden. Schlecht ausgeführter Job bleibt bei ihnen immer schlecht ausgeführter Job, wenn wir ruppig reagieren, gewinnen wir vielleicht den Kampf, aber nicht die Schlacht. Und auch hier spielt wieder das Wesen des Pferdes eine große Rolle. Es gibt Pferde, die geben einfach nicht auf und werden dann "bösartig" weil sie so gar nicht auf uns hören wollen. Die ängstlichen kapitulieren und ergeben sich ihrem Schicksal und brüten dafür ein paar Verhaltensstörungen aus. Wir Menschen akzeptieren dagegen oft genug unfähige Leute als Führer, weil sie ihren Job zwar Scheiße machen, aber trotzdem aus anderen Gründen Macht über uns haben (die weisen unser Gehalt an).

Also, wenn ich jetzt die Rangordnung mit Pflichterfüllung gleichsetze, dann behaupte ich, ja, es gibt eine Rangordnung zwischen Mensch und Pferd, ich muss ganz einfach nur unglaublich gut sein. Wenn ich Rangordnung im Sinne von Dominanz sehe, dann sage ich, das gibt es zwischen Mensch und Pferd nicht. Nur hat der Mensch viel mehr Möglichkeiten, das Pferd in die Knie zu zwingen und so einen scheinbaren Sieg davon zu tragen...... (Futterentzug, Schläge........)

Mein Roman (sorry :tuete:) erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, es gibt garantiert zigtausend Zwischenstufen oder Besonderheiten in der Beziehung Mensch und Pferd (bei meinem glaube ich fest daran, dass er manchmal Mitleid mit mir hat........ :breitgrins: ).
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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wiassi
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von wiassi »

Wallinka, :clap: :clap: :clap:
Einem Tier zu helfen, verändert nicht die ganze Welt.
Aber die ganze Welt verändert sich für dieses Tier.

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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von ehem User »

Man kann eine Leitstute nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Unsere Leitstute kämpft nicht. Sollte es dazu kommen, geht sie einfach weg. Wir hatten mal eine Stute in der Herde, die immer auf Ärger aus war und alle gejagt hat. Sie hatte natürlich auch den besten Platz an der Raufe usw. Zunächst gesellten sich auch ein paar aus der Herde zu ihr. Wir dachten unsere eigentliche Leitstute hätte ihren Rang abgegeben. Dem war aber nicht so. Die anderen Herdenmitglieder folgten weiter ihr und die neue Stute wurde aus der Herde ausgeschlossen.
Irgendwie macht es ja auch Sinn. Wenn sie sich im Kampf verletzen würde, könnte sie die Herde nicht mehr führen.
Ob die Fohlen einer Leitstute auch mal Leitstute werden, hängt vom Charakter des Fohlens ab. Ihre erste Tochter ist total unsicher und schüchtern. Hält sich 5-jährig eher bei den Fohlen auf. Die wird nie Leitstute werden.
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Sheitana
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von Sheitana »

glaesir hat geschrieben:Man kann eine Leitstute nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Unsere Leitstute kämpft nicht. Sollte es dazu kommen, geht sie einfach weg.
Das ist bei uns auch so... :-n
Wenn eine der anderen Damen mal zickt, weil sie unbedingt an diesen einen Platz an der Raufe möchte, dann sieht man förmlich, wie meine Stute die Augen verdreht und einfach einen Platz weiter geht. Ist schließlich genug da, warum sollte man sich darüber also streiten. Viel zu aufwendig. Allerdings weiß ich natürlich nicht, wie es wäre, wenn Futter begrenzt wäre.

Wie du aber schreibst, Leittiere sind meist nicht die, die dies aggressiv zur Schau stellen wollen. Oft sieht es so aus und sie wären es sicherlich auch gerne, die anderen Herdenmitglieder lassen diese Tiere auch oft in dem Glauben, aber im Grunde sind meist die wirklich Chef, die ruhig, besonnen und souverän sind - und nach außen hin gar nicht auffallen.

Deswegen ist dieses "man muss der Chef über das Pferd sein" in meinen Augen auch völliger Irrsinn. Natürlich wird das Pferd einem - zwangsweise - folgen, wenn man es mit Halfter und Peitsche dazu zwingt, aber ein wirkliches Team wird man erst, wenn man souverän genug ist, das Team auch zu führen. Und dies erreicht man nicht durch Unterwerfung.
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von A.Z. »

Ich bezeichne meinen Trabären mittlerweile als graue Eminenz seiner Herde. Er hält sich aus allem raus, geht beiseite, wenn er angemeckert wird und steht gern bissl abseits. Er ist auch der letzte der rein geht.

Aber ohne ihn geht auch nicht. Er wird fast immer von seinen Herdenmitgliedern begrüßt, wenn er von irgendwo zurück kommt. War oder ist irgend eine Unruhe in der Herde, desto dringlicher. Dann geht er auch nicht gern weg von seiner Gruppe.

Und nach allen Beobachtungen - leider hab ich viel zu wenig Zeit dazu - hat er den Überblick über alles.



Oberflächlich betrachtet bezeichnen ihn alle als rangniedrig - oberflächlich. ;)
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

In memoriam
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Re: Herdenverhalten und mehr - Die ein oder andere Frage

Beitrag von Hina_DK »

Eine Rangordnung gibt es im Prinzip bei allen Herdentieren. Das hat aber nichts mit unserer eigenen Wahrnehmung, wie wir eine Rangordnung interpretieren zu tun.

Um sich in einer Herdenrangordnung zu platzieren, muss man eigentlich erstens die ganze Zeit über im Sozialgefüge der Herde integriert sein und nicht als Gast regelmäßig oder unregelmäßig "vorbeischauen" und zweitens auch absolut deren Sprache "sprechen". Beides trifft auf uns als Menschen nicht zu. Wir werden zwar akzeptiert und respektiert aber sind keine tatsächlich in das Sozialgefüge integrierten Herdenmitglieder. Wir können uns weder mit den Ohren noch mit pferdischen Gesten verständigen, wir können nicht wiehern, wir haben keine Sensoren an den Hufen, wir können keine Ferromone "riechen", wir können nicht ein anders Pferd beknabber und lassen uns auch nicht auf selbe Art und Weise beknabbern. Wir senden andere Signale zur Information aus, wir können allenfalls nur imitieren und das gelingt uns mehr schlecht als recht, wei unser Körper und unsere Sinnesorgane ein Pferd nicht annährernd kopieren kann. Wir sind allenfalls in der Lage recht wirksame Immitationen fürs "Grobe" einzusetzen.

Alles das sind aber Komponenten, die einen in eine Rangordnung bei Pferden integrieren. Aber Pferde sind durchaus in der Lage, unsere "Imitation" zu akzeptieren oder unsere "Fremdsprache", je einfacher wir sie strukturiren, auch zu verstehen. In ihre natürliche Lebensweise passen wir dennoch nicht rein, weder was das Fressen, noch die Fortpflanzung betrifft.

Wir versuchen ihnen das Leben so artgerecht, wie nur möglich zu gestalten aber können es dennoch nicht wirklich. Wir "zweckentfremden" obendrein die Pferde noch, indem wir sie reiten, bingen also noch mehr artuntypische Verhaltensformen rein. Das alles macht uns aber nicht wirklich zum Herdenmitglied, die absolute Voraussetzung für eine Rangordnung in einer Herde, sondern zu jemand vertrautem, dem man auch vertrauen kann.

Es gibt viele, die halten Kühe oder Ziegen zusammen mit Pferden und die sind im Gegensatz zu uns sogar rund um die Uhr zusammen. Trotzdem werden diese anderen Tiere nicht in die Rangordnung der Pferde aufgenommen, sie sind nichtmal wirklich Herdenmitglieder, sondern sind akzeptierte und respektierte "Fremde". Pferde unterscheiden einfach, mit welchen Individuen, sie zu tun haben, ob sie also "arttypisch" sind oder nicht.
Viele Grüße
Hina

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