Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Moderator: Sheitana

Jasmin*
Remonte
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Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Jasmin* »

hi!
ich würde mich sehr über einen gedankenaustausch über das thema gras-,/heufütterung freuen!

an meinem aktuellen stall gibt es einige meinungsverschiedenheiten. über kurz oder lang werden wir sowieso den stall wechseln (u.a. wegen des stresses der dadurch entsteht, aber auch zur optimierung der haltungsbedingungen.).

meiner meinung und erfahrung nach weidet man die pferde ordentlich an (bei uns ca. nach 6-8 wochen erledigt) und im sommer können sie 24/7 auf die wiese und bekommen nur zum knabbern heu/stroh angeboten. solange die wiese das hergibt. kotwasser oder flüssige äppel gabs immer nur mal am anfang. nach der entgültigen umstellung (der darmflora?) war das erledigt. die pferde machen selbst pausen (z.B. in der mittagshitze) und überfressen sich nicht.

es ist ein pferd dabei, dass seit 2 jahren eigentlich durchgängig richtig übel kotwasser hat. das wird auf das gras geschoben (das es im winter ja gar nicht gibt, aber egal), also darf dieses pferd (und 2 andere auch, weil sie ja sonst zu dick werden, kraftfutter gibt es trotzdem.) nur noch 1-2 stunden auf die wiese. weil es das gras nicht verträgt.

ich denke, dass das kotwasser auf das meist "weniger gute" heu zurückzuführen ist.
als das pferd noch wie oben beschrieben 24/7 auf der wiese war, in einem anderen stall, war alles im rahmen. mal kotwasser, aber nie so schlimm. dagegen was gemacht wurde noch nie (außer mal brottrunk/fermentgetreide).

zu der eigentlichen frage:
gibt es pferde die kein gras vertragen? oder nur wenn sie sich nicht richtig umstellen/einstellen können? wenn ja, warum sollte das so sein? wo gras doch nahrungsmittel nr. 1 ist?

lg, jasmin
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larla
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von larla »

Hallo Jasmin,
ich habe es auch im ersten Jahr mit nur Gras probiert: Eine Stute wurde leider wirklich fett und sie und eine andere fingen an sich ziemlich zu scheuern. Für beide ist es hier auf unseren fetten süddeutschen Wiesen nicht möglich immer auf Gras zu sein. Unsere maximale Graszeit liegt bei 3 Stunden, den Rest vom Tag gibt es Heu satt. Keiner ist fett, keiner scheuert sich - nicht mal ein bisschen. Also: Ja, ich denke, es gibt Pferde, die unser Gras hier nicht wirklich vertragen.
LG Larla
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Sheitana
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Sheitana »

In meinen Augen gibt es keine Pferde, die Gras nicht vertragen. Es gibt nur Gras, das für Pferde alles Andere als geeignet ist. Dann liegt das Problem aber nicht bei den Pferden.

Kotwasser hat viele Ursachen. Gras verschlimmert es oft, in den seltentsten Fällen ist aber das Gras die Ursache.
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eifelreiter
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von eifelreiter »

Gibt es hier keinen "*zustimm* Button ? ;) Ich sehe das nämlich genauso wie Sheitana!
Gutes Gras oder Heu wird bestimmt jedes Pferd vertragen...
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Hina_DK
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Hina_DK »

Im Grunde ist das mit Jein zu beantworten. Bei den Leichtfuttrigen gibt es öfter Probleme, wenn sie 24/7 auf Weide gehalten werden und ungehindert fressen können, es sei denn, es sind absolute Magerwiesen mit sehr überständigem Gras, die die wenigsten aber haben. Nicht selten ist das Ergebnis Hufrehe und dann ist das mit Gras so eine Sache. Geht dann allenfalls nur noch äußerst dosiert. Das Risiko einer erneuten Rhe bleibt dann aber immer bestehen. Hufrehe wird extrem schnell chronisch.
Viele Grüße
Hina

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Stjern
Einhorn
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Stjern »

Hallo,

ich habe mich letztes Jahr etwas mit dem Thema Pferd und Weide auseinander gesetzt. Das Problem ist nicht die Weide oder das Gras selbst, sondern die Grassorten. Es gibt Grassorten, die sind für empfindliche Pferde nicht geeignet. Sie haben zu hohe Protein- oder/und Zuckergehalte. Bzw. es gibt Gräser, in denen werden Stoffe produziert, die manche Pferde nicht vertragen. Leider sind viele Weiden auf die Bedürfnisse von Hochleistungsmilchkühen ausgelegt. Unsere Pferde haben aber ganz andere Ansprüche. Sie brauchen artenreiche Weiden, die u.a. auch Kräuter beeinhalten.

Zu dem Thema der Giftigkeit der Gräser sind die Amerikaner bereits viel sensibilisierter als wir. Es ist in Amerika immer mehr üblich Grünlandproben zu nehmen und Weiden pferdegerecht "umzupflanzen".

Ich hatte dazu eine gute "Umsonstpublikation". Wenn ich diese noch finde, dann stelle ich den Link ein. Leider habe ich ihn nicht schnell auffindbar abgespeichert :wall:

Vorab schonmal ein Link http://www.lfl.bayern.de/publikationen/ ... _26700.pdf
Ab S. 53 kommt eine Abhandlung über Weiden. Dies ist auch schonmal sehr interessant und lehrreich. Informiert aber weniger über die "Giftigkeit" mancher Gräser.

Also um die Frage zu beantworten, komme ich nach meinem jetzigen Wissenstand zu dem Schluss, dass es eben leider PFerde gibt, die bestimmte Wiesen nicht vertragen. Allerdings ist m.E nicht der Umkehrschluss richtig, dass man diese Pferde dann für immer von Weidemöglichkeiten ausschliesst. Man sollte viel mehr dafür sorgen, dass man für diese Pferde Weiden "herstellt", die so ausgelegt sind, dass es nicht zu Problemen führen.

Gleiches gilt eigentlich für asymptomatische PFerde. Auch diese Tiere sollte man auf Dauer nicht mit ungeeigneten Gräsern belassen.

Weiterhin gilt dies aber auch für das Heu, dass ja sowas wie "getrocknete Weide" ist. Auch hier sollte es sich um pferdegeeignetes Heu, dass sorten- und artenreich ist, handeln.

Leider ist dieses Wissen für viele sehr unbequem. Wer also diese Diskussion lostritt, sollte sich auf Widerstand einstellen. OFt sind Stallbetreiber und Heuverkäufer nicht sehr beglückt, wenn man sie damit konfrontiert. Denn es bedeutet, dass man sich Wissen aneignet. Dass man bereit ist, Zeit und anfangs auch Geld in Wiesen zu stecken. Es bedeutet, dass man bereit ist, seine bisherige Nutzungsweise zu ändern. Dass man Geld für Gras- und Heuanalysen ausgibt. Dass man bereit ist, sich auf Pferde mit unterschiedlichen Grundbedürfnissen einzustellen und nicht alle Tiere über einen Kamm schert. Dass man anfängt, kritisch im Umgang mit Futtermitteln zu sein. Dass man beginnt Futterzeiten anzupassen etc, etc...
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Goya
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Goya »

Ich habe auch zwei Ponys (Mutter und Sohn), die kein Gras vertragen - zumindest nicht das, was bisher auf unseren Weide gewachsen ist. Konsequenz nach einem Reheschub bei dem Wallach und EMS samt entsprechenden Fettpolstern bei beiden: seit August 2011 ist Wiese komplett tabu. Sie bekommen Heu rund um die Uhr, haben einen großen Auslauf mit Offenstall und leben gut so. Inzwischen haben sie eine normale Figur und laut THP könnten wir es evtl. Richtung Spätsommer mal wieder mit anweiden versuchen - aber ob ich uns das antue weiß ich noch nicht. Der zweite Wallach (alle drei Welsh A) hingegen kommt problemlos mit Gras klar und kommt jetzt auch stundenweise auf die Weide.

Im letzten Jahr haben wir rd. 2,5 ha neu angesäät mit speziellen fruktanarmen Sorten. Die Bauern hier in der Gegend haben mich für verrückt erklärt was das denn solle, das könnte ja nix sein... Und dann noch ohne Dünger und spritzen (wir hatten bei dem ersten Aufwachs leider einiges an "Un"kraut dabei) :irre: Dieses Jahr wächst fast nur noch schönes Gras, ein paar Brenesseln und einzelne Disteln und ich kann es kaum noch erwarten, dass wir endlich Heu machen können. DAS ist Gras wie es Pferde brauchen.

Ich kann Stjern nur zustimmen, das Thema Pferdeweide ist in Deutschland noch ein ziemliches Stiefkind - die vielen vielen Rehe- und EMS-Pferde sprechen eine klare Sprache.
Viele Grüße

Goya
Stjern
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Stjern »

So, da war ich mal auf der Suche. Noch zwei weitere Links zum Thema Pferd und Heu

http://www.vfdnet.de/doku/info/5033/pfe ... 150dpi.pdf

Hier eine Seite, die auf Veröffentlichungen zum Thema hat.
http://www.biologie-der-pferde.de/veroe ... ungen.html

Dieser Autor hat auch Bücher zum Thema Giftigkeit der Gräser geschrieben.

Beide Seiten wurden mir letztes Jahr von einem Menschen empfohlen, der sich sehr mit Pflanzen als Nahrungsmittel auseiandersetzt. Also vertrauend und hoffend auf seine Urteilskraft gebe ich diese Links weiter :)
Jasmin*
Remonte
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Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von Jasmin* »

oh, das ist ja schon einiges!
mit gräsern und kräutern habe ich mich auch schon mal befasst.
unsere wiesen sind echt ganz ok, wir haben z.b. kaum weidelgras dabei. nur das, was sich von nachbarn mal dazwischen gewurschtelt hat. im großen und ganzen einigermaßen eiweißarm.

ich finde es nur sinnfrei ein pferd nur 2 stunden am tag auf die wiese zu lassen, es regt sich total auf weil der rest der herde raus darf, dann wird sich der bauch mit teils schimmel-befallenem stroh vollgehauen und gewundert, dass pferd kotwasser hat.
und wenn solche pferde erst mal wissen, dass sie nach 2 stunden wieder rein geholt werden, fressen sie doch umso mehr. da gibts ja auch schon studien zu.

schwierig, schwierig. ich würde jedenfalls alles dafür tun, dass mein pferd so artgerecht wie möglich leben/fressen kann.
dafür reicht ein offener stall mit sandpaddock irgendwie nicht aus ...
Es gibt Menschen mit Pferden und es gibt Pferde-Menschen!
ehem User

Re: Pferde, die kein Gras (mehr) vertragen?

Beitrag von ehem User »

Ich möchte da mal einen Gedanken einschieben, der mir beim lesen hier gekommen ist.

Man sollte auch mal über die Pferderassen nachdenken..... heutzutage sieht man in jedem Stall die unterschiedlichsten Rassen stehen- Isländer, Oldenburger, Quarter, Tinker und, und und.
Diese Rassen kommen ja aus den unterschiedlichsten Regionen und haben ihr ureigenes genetisches Potential, also auch Futtertechnisch.
Stehen aber auf Wiesen in Bayern, Mecklenburg oder sonstwo.
Da ist es nicht verwunderlich daß der ein oder andere das Gras nicht verträgt.

Wollte ich nur mal so einschieben..... :-)
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