Das Reitwaisen Forum

Hallo,

Wie es aussieht habe ich jetzt eine RB für 1-2 mal die Woche. Einen 19jährigen total knuffigen Isi, der meistens von der Besi im Gelände geritten wird. Auf dem Platz hat sie glaub ich schon sehr lange nichts mehr gemacht, auch keine BA.

Nun bin ich ihn vor ein paar Tagen mal geritten und er hat das volle "Ponytestprogramm" aufgefahren. Von in Zeitlupe bewegen, bloß nicht auf dem Hufschlag laufen... bis zum Tor laufen und dort nicht mehr vom Fleck bewegen... Und ich war ziemlich ratlos... Bin die letzten 10 Jahre ein sehr motiviertes Pony geritten und sowas war absolut kein Thema.

Wie schaffe ich es denn, ihn ein wenig mehr zu Mitarbeit zu bewegen ohne grob zu werden?

Erstmal lieber vom Boden arbeiten?

Hat man überhaupt eine Chance, wenn man nur 1-2 Mal die Woche was machen kann?

LG

Ich würde auch denken, dass Bodenarbeit Euch beide vielleicht erstmal näher bringt und Du außerdem kennenlernst, was er gerne macht, wie er zu motivieren/ belohnen ist und Du dies dann besser mit in den Sattel nehmen kannst.
Eine richtig enge Beziehung aufzubauen, ist mit 1-2x pro Woche bestimmt nicht ganz einfach, aber wenn er Dich kennenlernt und merkt, dass er mit Dir Spaß haben kann, viel Bewunderung und Belohnung einfährt, dann klappt's bestimmt auch auf dem Platz mal.
Vielleicht bedeutet Platz für ihn einfach nur Streß und "kein-Spaß", da ist es eher logisch, dass er (noch dazu mit jemand Wildfremden) erstmal streikt. Überrasch ihn vielleicht mal mit "Spiel und Spaß" auf dem Platz...
Was kannst Du ihm denn sonst so bieten? Ball, Stangen, Pylonen, Gassen, Longe, Zirkus, Freiarbeit???
Erfahrungsgemäß dauert es einfach, bis man ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hat... nur Geduld!

Ich kenne einen Isi, der wurde von seiner Besi so derartig in den Boden reingeritten, dass der sich auch nicht mehr bewegen mag. Isis sind ja eigentlich sehr gehfreudige Pferde. Nehme daher an, dass da im Vorfeld ggf. ständig mit angezogener Handbremse geritten wurde.
Würde da ggf. auch erst mal absteigen und kucken, dass du ihn ohne Reitergewicht wieder in die Gänge bekommst. Hier würde ich aber vor allem darauf achten, dass du schaust, dass er wieder nen Vorwärtsgang bekommt. Also jegliches "Geschleiche" möglichst nicht bestärken sondern jeglichen gezeigten Elan positiv bestärken. Selbst wenns mal ein Hupfer zur Seite ist - sich über jegliches Bewegungsangebot freuen.

Wenn du dann wieder reitest solltest du eine Person am Boden dabei haben, die ihn ggf. mit Longiergerte im Tempo hält. Dem Pferd fehlts vermutlich total an Takt und Losgelassenheit und daran muss man gezielt arbeiten.

Winnidonna hat geschrieben: Wie schaffe ich es denn, ihn ein wenig mehr zu Mitarbeit zu bewegen ohne grob zu werden?

Ich glaube, das ist der schwierigste Part.
Gerade, wenn du ein Grundtempo gewohnt bist, könnte ich mir vorstellen, dass du total schnell ins Klemmen, Drücken o.ä. kommst. Das muss gar nicht viel sein, aber schon ein bisschen zuviel Gedanke kann das Gegenteil bewirken.
Und wenn du oben festwirst, wird er natürlich erst recht nicht vorwärts gehen.

Mein Ziel wäre also, ihn erstmal überhaupt wieder fürs Vorwärts zu sensibilisieren.
D.h. die Ansprüche soweit zurückschrauben, dass Lenkung oder gar Haltung (Biegung, etc.) erstmal ganz egal sind, Hauptsache, er geht auf einen leichten Impuls von dir sofort etwas flotter. Das wird anfangs nur ein halber Schritt sein, aber jede Regung zählt und muss entsprechend gewürdigt werden.
Reagiert er auf ein Anticken mit der Gerte? Oder Stimme?
Alles, was hilft, ihn nicht mit dem eigenen Körper vorwärtsdrücken oder -schieben zu wollen.

Erstmal lieber vom Boden arbeiten?

Würde ich wahrscheinlich machen - bzw. auf jeden Fall nicht immer reiten.
Du kannst auch von 30min 5min reiten, vielleicht nicht gleich am Anfang, damit er schon warm und hoffentlich auch motivierter ist.

Am Boden wäre auch eins der ersten Ziele, eine klare Vorwärtsreaktion auf Körpersprache, Stimme, Gerte zu bekommen, damit du das mit den Sattel nehmen kannst.
Auch hier kleinschrittig: Erstmal überhaupt eine Reaktion und dann schrittweise steigern, bis du den Impuls (der immer leicht und fein sein sollte) 'nur' noch alle 5m/10m/... geben musst.

Und dann andere Sachen machen, die Spaß machen, die ihn grundsätzlich für die Arbeit mit dir und auf dem Platz begeistern.
Wenn er zB nicht gern vorwärts geht, sollten das möglichst nicht alles Dinge sein, die viel Vorwärts erfordern.
Es kann aber auch sein, dass ihm Freiarbeit oder freies Spielen gerade viel Spaß machen.
Ausprobieren...

Hat man überhaupt eine Chance, wenn man nur 1-2 Mal die Woche was machen kann?

Ja, dauert halt länger, aber unmöglich ist es nicht.

Danke, für Eure Antworten. Bin gestern damit im Hinterkopf wieder zu ihm hin und hab erstmal ein bißchen Führübungen gemacht und dabei Tempovariationen... Und siehe da, sooo doof fand er das alles gar nicht. Hab ihn natürlich für jedes bißchen gelobt wie bekloppt
Dann noch ein paar Übungen im Stand.
Werde wohl erstmal überwiegend am Boden bleiben und dann vielleicht wirklich nur für ein paar Minuten mal rauf.
Auf leichtes Tippen mit der Gerte reagiert er beim Reiten leider kaum, Stimme muss ich noch mal gezielter versuchen.
Bin mal gespannt, wie es sich so weiter entwickelt.

LG

Es gibt keine faulen Pferde. Es gibt zwar Pferde, die triebiger sind als Andere - aber Pferde die nicht vorwärts gehen wollen sind meistens in der Vergangenheit dazu gemacht worden. Entweder weil man sie Zügellahm gemacht hat oder weil man ständig auf der Bremse stand. Grad bei Isis habe ich die Feststellung machen müssen, dass viele Isi-Besitzer nicht mit deren naturgegebenen Temperament zurecht kommen und die Pferde permanent zurückhalten, bremsen, runterregeln.
Von daher werde ich hellhörig, wenn ich "fauler Isi" höre - denn das liegt so gar nicht in deren Natur.

Ich denke, wenn du ihm wieder Freude an der Bewegung vermitteln kannst und das Vertrauen, dass er bei dir vorwärts gehen darf, dann hat sich das relativ schnell erledigt.

JEDE Reaktion LOBEN, wenn er ins vorwärts geht. Auch wenn es zu schnell ist. Meine Stute hat die Gerte damals auch nicht interessiert. Das geht eigentlich recht fix. Dosis immer etwas steigern u. wenn er nach vorne hüpft, loben, loben, loben!!! Braves Pony!

kolyma hat geschrieben:Es gibt keine faulen Pferde.

Nuja, da hab ich andere Erfahrungen gemacht. Besonders bei Ponys. Da gibt es schon Modelle, die das Laufen im Kreis komplett sinnlos finden. Für ein Fluchttier, das seine Kräfte zum Weglaufen benötigt, keine schlechte Strategie.

Vor zehn Jahren war ich viel auf Isis alten Schlags unterwegs. Bei meiner Isi-RB hab ich dieses Gerede vom 'isländischen Temperament' live mitbekommen. Der hatte schlicht Schiss vor dem Reiter und ist aus diesem Grund gerannt wie blöd. Nachdem das behoben war, war er eher von der gemütlichen Fraktion, ich bin jedenfalls gut zum Treiben gekommen . Damals war ich noch voll auf dem PP-Trip und am Knotenhalfter mit einem (!) losem Zügel oder ganz oben ohne unterwegs. Einen klemmigen Sitz lass ich mir gern nachsagen, aber vom 'im Zügel hängen' kam sein gemütliches Tempo sicher nicht.

Wir hatten einen 'Deal' auf dem Platz. Kurze, knackige Einheiten im Vorwärts, dann eine Pause. Rumstehen nach einer anstrengenden Trabrunde fanden er und ich besser als dieser unselige Schleichschritt. Regelmäßiger Kekseinwurf musste sein, da war er gnadenlos. Er war nach einer Weile wirklich fein ins Vorwärts zu bringen, ohne drücken und quetschen. Aber übertreiben durfte man es nicht mit dem Platzgereite.

Genial finde ich nach wie vor das PP-'Corner Game', um mehr Impulsion zu bekommen. Irgendwo hab ich das mal beschrieben, ich suche vielleicht nachher noch den Beitrag raus. Dabei braucht man schon etwas Geduld und muss sich damit abfinden, die erste Zeit vor allem mit Rumstehen zu verbringen und nach kurzer Zeit schon den Platz wieder zu verlassen.

Meiner Erfahrung nach gibt es gerade unter den Isis etliche Exemplare, die auf dem Platz extrem "energiesparend" sind. Zumindest unter den Isis, die nicht durch einen viel zu langen Sattel Rückenschmerzen haben und dadaurch unterm Reiter den Schmerzen davon laufen.

Auch meine Ausbilderin und meine Reitlehrerin kennen dieses Verhalten von vielen gut gerittenen Isis. Sie sprechen immer von der ökonomischen Einstellung dieser Rasse zur Platzarbeit. Im Gelände sind es meist kleine Rennsemmeln, die ordentlich vorwärts gehen. Auf dem Platz wollen sie zur Notwendigkeit der Übungen überzeugt werden.

Ich arbeite deshalb auch mit viel Lob, ganz kurzen Einheiten und viel Abwechslung, also bloß nicht jeden Tag auf den Platz. Im Gelände kann man schließlich auch gymnastizierende Übungen einbauen. Und ich muss mich selbst immer dazu anhalten, nicht klemmig zu werden. Lieber mal kurz mit der Gerte anticken als Dauertreiben.

LG Rabea

Das ist ja interessant!!! Energiesparend...das trifft es wohl ziemlich genau.

Faul ist er glaub ich nicht, er versteht nur den Sinn der Platzarbeit nicht wirklich glaube ich. Schlechte Erfahrungen hat er soweit ich weiß nicht gemacht, zumindest die letzten 10 Jahre nicht, den Eindruck macht er auch nicht.

Leider werden wir uns wohl meistens auf dem Platz bewegen, rundherum sind nur Asphaltwege und die Zeit ihn zu verladen und zum Gelände zu fahren, hab ich leider nicht.

Naja, wir bleiben dran