Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Moderator: Stjern

Shieldmaiden

Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Nun mach ich doch einfach mal einen auf, ist ja doch ein bischen anders als der schulungsthread...

Also, was sind Reitpferdepoints?

Eine genaue Definition konnte ich nirgends finden, aber so allgemein weurde ich sagen: Es sind bestimmte Exterieurmerkmale die darauf hoffen lassen, das sich ein Pferd als Reitpferd eignet.

Dann muesste man auch noch 'Reitpferd' definieren.

Ein Reitpferd ist ein solches, welches sich ohne groessere Schwierigkeiten auf einen gewissen Stand der Ausbildung bringen lassen kann. Genauer gesagt waere das Ausbildungsziel:

- Es kann sich in allen 3 gangarten auch unter dem sattel gut ausbalanciert bewegen
- es kann spruenge bis zu 80cm ohne grosse probleme in recht guter manier ueberwinden
- es kann sich im GElaende ohne probleme bewegen (bergauf, bergab usw) und dabei auch einen sprung ueberwinden

Ausserdem ist fuer mich ein Reitpferd ein solches, welches den reiter viele jahre lang tragen kann, ohne sich selbst dabei schaden zuzufuegen (gute ausbildung vorrausgesetzt.).

Das waere so das grundliegende, ich habe absichtlich keine Turnierlevel erwaehnt, weil ich nicht finde, das ein Reitpferd zb eine trabverstaerkung koennen muss, oder bis 1m springen usw

Aber - von guten Reitpferdepoints wuerde ich mir versprechen, dass sich auch eine spaetere Spezialisierung erreichen laesst, und dabei gehen die points dann auseinander fuer verschiedene disziplinen und auch reitweisen natuerlich. Darauf muss man dann auch eingehen. Zb

- bei guten dressurpoints wuerde ich mir vorstellen,d ass sich ein pferd gut verstaerken laesst, oder elegantere bewegungen hat, mehr raumgriff, mehr ausdruck, bessere anlehnung oder sich gut versammeln laesst. Verschiedene points versprechen ja verschiedene veranlagung dorthin.
- oder ich wuensche mir,d ass ein pferd besser springen kann, weite strecken galoppieren usw

Sehe ich es richtig, das wir mehr am Dressurtyp interessiert sind? Viele points sind eh aehnlich, aber meine vermutung ging jetzt in richtung dressur - klassisch, oder auch 'classique'?
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Es ist wohl auch klar, dass man auch pferde ohne gute points reiten kann - daher auch mein 'ohne grosse schwierigkeiten' oder 'ohne grosse probleme'. So als Beispiel - Pip konnte man auch gut reiten. Aber wenn man 3 jahre braucht, um einen guten Galopp zu erreichen, ist das doch sehr muehsam. Lohnt sich, man lernt viel - aber einfach ist anders.

Die meisten PFerde lassen sich auf den oben beschriebenen Ausbildungsstand bringen. Nur dauert das laenger, man braucht mehr erfahrung, mehr geduld, mehr zeit. Und vor allem ein PFerd, welches das Interieur besitzt, auch ueber die fehlenden points hinwegzuarbeiten. Das sollte man nicht vergessen - die ausbildung ist nicht nur fuer den Reiter schwieriger, sondern vor allem fuer das PFerd. Nicht jedes Pferd moechte sozusagen 'an sich arbeiten' damit es ausbalanciert galoppieren lernt...

Andersherum kann man bestimmt einiges an mangelndem exterieur mit einem passenden Interieur ausgleichen, aber darum geht's ja hier nicht.

Ich fang mal an, was ich mir so vorstelle und warum, ich bin absolut kein Experte und lasse mich auch gerne korrigieren wenn ich Mist erzaehle :frech: Und ich gehe davon aus,d ass wir von Reitpferd grundsaetzlich (also kann vom exterieur her einen reiter tragen und eine ausbildung absolvieren, ohne sich dabei grossen schaden zuzuziehen) und vom spezialtyp 'dressur' ausgehen, wobei ich damit nicht Turnierdressur meine sondern ein PFerd, das sich gut fuer eine dressurmaessige ausbildung eignet, und man kann ja dann auch genau schreiben, was man von den points erwartet, in welche richtung zb.

Als beispiel: ein kurzes pferd mit sehr schraeger kruppe laesst sich sicher leichter versammeln, aber fuer den raumgriff / verstaerkung waere vielleicht ein rechteckpferd besser/schulter entscheidend usw.
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Achso, und ich finde man sollte in diesem thread auch moeglichst viele Fotos einstellen um sachen zu verdeutlichen :-)
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Schnucke
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Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Schnucke »

Schöner Thread Tina!
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Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

:-)

Und was meint ihr, trifft das die sache der Points? Und sprechen wir hauptsaechlich von Dressurveranlagung bzw allgemeines Reitpferd?
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Fionnlagh
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Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Fionnlagh »

Was Kluges beitragen kann ich nicht, aber ich hab eine Frage:
Woran liegt es, ob sich ein Pferd ausbalancieren kann? Hat das was mit dem Exterieur zu tun? Oder ist das eher eine Sache der Ausbildung?
Ich weiß noch als ich mit dem Bären beim Longenkurs war. Da war er grad 3 und Petra war damals ganz begeistert, weil er so super ausbalanciert ist. Dabei hab ich ja noch gar nicht wirklich was mit ihm gemacht und mir war das auch gar nicht bewusst gewesen :nix: .
Oder hat es was mit der Händigkeit zu tun? Petra meinte damals auch, dass er kaum Händigkeit hat und das ist ja nach wir vor so. Klar, bisschen Unterschied merkt man, aber es ist wirklich gering.

Ich denke ja, es geht um allgemeines Reitpferd. Und halt alles, was man damit machen kann. Also eben kleinere Sprünge, Geländeritte, vielleicht auch bisschen Kutsche ziehen :nix: . Alles, was so ein vielseitig ausgebildetes und gut trainiertes Familien- und Freizeitpferd ausmacht :-n
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Die wichtigsten Points sind fuer mich:

Ein guter ruecken von mittlerer laenge, kraeftig, mit langem widerrist und guter Sattellage.

Warum?
Ein zu kurzer ruecken ist schnell fest und neigt dazu, nicht gut zu schwingen und festgehalten zu werden. Ein zu langer ruecken ist vielleicht nett zu sitzen, aber neigt dazu, zu haengen und fuehrt auch zu frueherem verschleiss. Der kurze, steile widerrist fuehrt oft eine neigung zum KS mit sich, und sort ausserdem fuer eine schlechte sattellage. ein nicht vorhandener widerrist ist auch ganz schlecht fuer die sattellage.

Und gut bemuskelt natuerlich dazu. Die lende soll nicht zu fest sein, aus demselben grund des festgehaltenen rueckens, oder zu weich, s.o.

Hier ein paar beispiele:

http://img4.fotos-hochladen.net/uploads ... 30fmct.jpg

Schlechte sattellage: Mangelnder widerrist, der sattel rutscht mit sicherheit seitlich, sehr kurz, und das pferd gibt einem sicherlich ein 'bergab' gefuehl.

hier auch noch:
http://i51.tinypic.com/112a3wl.jpg

Sehr kurz im ruecken.

Hier noch ein anderes Beispiel:
Bild


Auf den ersten Blick wirkt der ruecken gar nicht soooo kurz. Bis man sich dann die Schulter dazu anguckt und sieht, wie weit die in die sattellage reicht, da wird's dann knapp fuer einen sattel. Und der ruecken ist auch im vergleich zum rest des Pferdes wirklich kurz.

Die hier hat dagegen eine nette sattellage, aber sie ist erst 3, und da kann ich mir vorstellen, dass sie sehr lang werden wird:
Bild
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Gut ausbalanciert ist im sinne des exterieurs eine Veranlagung. Ein Pferd kann lernen, sich auszubalancieren, aber manche pferde sind natuerlich dafuer geschaffen, andere muessen sich das muehsam erarbeiten.

Pip ist ein super beispiel fuer ein von natur aus nicht gut ausbalanciertes Pferd. Wenn du dir das Bild oben anguckst und dir eine linie direkt vor der brust ziehst, eine da, wo bei ihm der widerrist aufhoert, und eine ungefaehr vor dem kniegelenk, dann sieht man schnell, das pip eine mega-vorhand hatte. Der Hals ist mega-lang und gerade, die schulter gigantisch, die hinterhand dafuer aber eher 'mickrig', schlecht bemuskelt und im sprunggelenk fast gerade. Auf dem bild ist er 4 und hat so ziemlich noch nichts gemacht. Er steht ausserdem ueber wenig boden - soll heissen, er ist sehr kurz im koerper und ist ein quadratpferd. Im vergleich dazu die stute unten, die ein laengsrechteck pferd ist.

Quadrat ist nicht schlimm, aber wenn zu dem quadrat dann so ein mega vorderteil kommt mit so einem megahals und etwas steiler schulter, kann man sich vorstellen dass er schon von allein irgendwie 'nach vorne kippt'. DAzu kommt, das er das hinterbein nicht so ohne weiteres unter sich gebogen bekommt, weil die winkelung halt sehr gerade ist, er schiebt mehr als er traegt - noch ein punkt, warum er nach vorne faellt, weil er einfach von natur aus die kraft nicht hat, hinten die last aufzunehmen.

Man kann sich ausserdem vorstellen, dass er, um sich auszubalancieren, den hohen hals noch hoeher nehmen moechte - der hals ist fast gerade, soll heissen, unterlinie ist fast genau so lang wie die obere linie des halses (im vergleich mal dazu die stute unten!)

Man stelle sich also vor, ich setz da jetzt noch ein reiterlein oben drauf, da wird das gewicht noch mehr nach vorne kommen. ABer auch ohne reiter wird er ganz einfach muehe haben, sich um die kurven zu bewegen, einfach weil es sich auf der hinterhand viel besser wenden laesst als auf der Vorhand, er aber von natur aus komplett auf der vorhand ist.

Es hat JAHRE gedauert, bis er gelernt hat, ausbalanciert auf dem zirkel zu laufen oder bergauf zu springen. Nicht nur, weil er es lernen musste, sondern auch weil ich erstmal verstehen musste, warum er solche probleme hatte...

Man kann sich auch vorstellen - so ein gerades bein, so ein schoen tiefer brustkorb und ein langer hals, kombiniert mit einem 'go' temperament - so ein pip kann super lang und flach galoppieren (und auch gerne!) Die muskulatur hinten zum tragen mussten wir uns muehsam erarbeiten, dazu dann halt auch lernen, nicht lang und flach, sondern vorne anzuheben usw... jahre.

So sah es nach jahren arbeit irgendwann aus:
Bild

von natur aus hat er sich lieber so bewegt - flach, nach vorne, mit hoch aufgestelltem hals und abgesunkenem widerrist:
Bild

und im trab gerade wie ein buegelbrett mit nach hinten heraustretender hinterhand:
Bild

ein bilbo vergleich folgt...
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Bilbo ist zwar auch nicht gerade lang im ruecken, aber auch nicht wirklich kurz. Und dazu passen die proportionen einfach viel besser zusammen. Er hat eine sehr kraeftige Hinterhand mit guter winkelung, ist im hals eher kurz, ist breit und steht ueber viel boden, wie man in england so schoen sagt 'type: a leg in each corner' :kicher:

Er laeuft ganz von alleine in schoener balance:
Bild

da ist er ebenfalls 4 oder 5 und angeritten aber mehr auch nicht, so alt wie pip also. Aber durch sein exterieur ist er einfach gut ausbalanciert.

er hat zb auch immer mal wieder solche sachen hier veranstaltet:
Bild

Einfach weil von natur aus sein schwerpunkt weiter hinten liegt, verbunden mit der kraeftigen hinterhand kann er sich fast auf den hintern setzen und sich somit viel freier bewegen.
Bild
Shieldmaiden

Re: Reitpferdepoints - was sind sie, und wie erkennt man sie?

Beitrag von Shieldmaiden »

Leider ist das pip bild sehr verschwommen, aber vielleicht sieht man ja trotzdem - das hinterbein kommt auch weit unter den schwerpunkt, aber gerade, nicht gebogen wie bei bilbo. Es bleibt dann auch so und schiebt ihn lang und flach nach vorne - waehrend bilbo sich hinsetzt, den widerrist anhebt und von dannen springt...
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