Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

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Antigone
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Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Antigone »

Schritt in Fakten

http://de.wikipedia.org/wiki/Pferdegangart
Der Schritt ist eine ruhige Viertaktgangart ohne Schwebephase, bei der das Pferd die Hufe „diagonal-lateral“[1] (Richtlinien, S. 156.)
also z. B. in der Reihenfolge links vorne – rechts hinten – rechts vorne – links hinten setzt, wobei die Bewegungen sich ein wenig „überlappen“.

Anbei dazu ein paar Links samt Rezensionen

http://www.dai-shodan.de/pferde-trainie ... eiten.html

„Und ganz wichtig! Stundenlanges geradeaus Reiten in immer gleicher Haltung auf einem Pferd, sprich auf einem Lebewesen, das nicht zum Tragen von Lasten "konzipiert" ist, schadet mehr als das es nutzt!
Damit z.B. der lange Rückenmuskel auch wirklich als Bewegungsmuskel locker bleibt und das Pferd nicht aus Ermüdung beginnt den Reiter mit der Rückenmuskulatur zu tragen, gilt es wirklich SCHRITT ZU REITEN!

Muskulatur, als auch Sehnen und Bänder funktionieren nach dem Prinzip "anspannen und entspannen"!
Auch im Schritt können Tempiwechsel geritten werden, im Gelände durch auf und ab des Weges verändert das Pferd gewollt ständig die Körperhaltung […]“

http://pferdekosmos.de/eine-unterschaetzte-gangart/

„Für ältere Pferde, Pferde mit Arthrose(n), Pferde im Aufbau nach einer Trainingspause oder vor dem ersten Anreiten ist eine Periode mit „nur“ Schritt oder viel Schritt mit wenig Trab und Galopp fantastisch geeignet, um dem Körper die nötige Kondition zu geben, überhaupt Muskelarbeit leisten zu können. Macht man das nicht, führt rasches Ermüden dazu, dass die Bewegungen schnell auf Bänder, Sehnen und die Gelenke gehen.
Es gibt diverse Studien die dies zeigen. Eine verglich ein Trainingsmodell mit viel Schritt und wenig Galopp, das aber Trainingseinheiten am Berg beinhaltet, mit einem Trainingsmodell mit viel Galopp und wenig Schritt auf der Ebene: Mit dem Ergebnis, dass beide nahezu gleiche Trainingsfortschritte brachten „

http://www.endurance-bernwest.ch/downlo ... bf5dcfc215

„Der gute Schritt: Schritt ist nicht gleich Schritt!!! Ein guter Schritt sollte sich um 7 km/h bewegen. Dabei soll sich das Pferd in seiner Längsachse nach vorwärts - abwärts strecken können, den Rücken aufwölben und die Hinterhand gut engagieren. Als Reiter spürt man diese Bewegung als ein kräftiges Vorwärtsschieben und als einen harmonischen, elastischen Bewegungsablauf. Viel Übertritt mit der Hinterhand bedeutet aber noch lange nicht, dass das Pferd über den Rücken geht! Erst sobald sämtliche oben genannten Kriterien erfüllt sind kann von einem „über den Rücken gehenden Pferd“ gesprochen werden“

http://de.wikipedia.org/wiki/Pferdegangart

Ist schon die „Schrittarbeit […] überhaupt das Schwerste in der Reiterei“[2] (Seunig, S. 105) so gilt das insbesondere für den versammelten Schritt: „Die Versammlung im Schritt herbeizuführen, ist zweifellos eine der allerschwierigsten Aufgaben für den Reiter.“[3] (Seunig, S. 105) Wenn der Reiter durch eine übertriebene Hilfengebung des Pferdes, wie z. B. zu starke Einwirkung mit den Zügeln, das Tier in seinem natürlichen Bewegungsablauf stört und es sich dadurch verspannt, kann es sein, dass aus Schritt Pass wird oder dass andere Taktfehler, Fehler im Raumgriff und in der Losgelassenheit des Pferdes auftreten.

J. C Racinet „Auf dem falschen Fuß“ S. 63 Kapitel 7 „Fehlauffassung Dass das Pferd nur im Trab gearbeitet werden soll“

„[..] einstigen Autoren und Reitmeister, [.] wählten den Schritt als die hauptsächliche Arbeitsgangart, nicht den Trab. [..] Unter Ihnen ist de Lubersac wohl der bekannteste: Es ist dokumentarisch nachweisbar, dass er seine Pferde zwei Jahre lang ausschließlich im Schritt arbeitete und dass seine Schüler dann, wenn sie ihr Lehrer einlud, die Pferde zu reiten, diese in allen drei Gangarten vollkommen ausgebildet fanden und dass sie außerdem wirklich glänzend passagierten! [..]“

Meine Fragen

Nutzt das Pferd im (guten) Schritt komplett andere Muskulatur im Vergleich zu Trab und Galopp?
Welche Erfahrungen habt Ihr bezüglich dominanter Schrittarbeit gemacht ?
Wie schaut es mit „Jung“ und „Altpferdearbeit“ aus ?
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kolyma
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von kolyma »

Schritt reiten ist sehr schwierig - bzw. GUTEN Schritt reiten. Von daher ist es vielleicht die unterschätzte Gangart, weil sie sehr schwer zu reiten ist, wenn man das Pferd nicht nur einfach vorwärts latschten lassen möchte. Man sagt gerne, dass man die Qualität des Schritts nicht verbessern kann. Ein Pferd hat eine gewisse Schritt-Qualität oder nicht. Das finde ich nicht und ich konnte den Schritt meines Pferdes tatsächlich im Laufe der Zeit enorm verbessern was Rückentätigkeit, Energie, Lastaufnahme und Ausdruck anbelangt. Allerdings habe ich das nicht nur durch Schrittreiten erlangt sondern durch die allgemeine Gymnastizierung und Kraftaufbau.
Schritt ist auch die störanfälligste Gangart. Taktfehler schleichen sich sehr schnell ein. Bereits zu viele treibende Hilfen können den Schritt stören, klemmig machen.

Welche Muskeln genau trainiert werden und wie sich die von Trab und Galopp unterscheiden kann ich nicht sagen.
Jedenfalls finde ich Schritt als sehr wichtige Gangart. In wie weit man die Schritt-Qualität nur durch Schritt-Reiten verbessern kann weiß ich nicht. Wir haben auch viel von Spaziergängen im flotten Schritt profitieren können. Ich bin mit dem Pferd zu einem sehr großen Teil im Gelände unterwegs. Da hilft natürlich auch bergauf- bergab klettern mit dem Pferd. An der Hand oder unterm Sattel.
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Antigone
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Antigone »

Ich bin auch der Meinung, dass es Möglich ist den Schritt zu verbessern. Ein Pferd was auf eine Beschleunigung meines Schrittes anfängt zu "zackeln" kann - meiner Meinung nach- die Schritte nicht optimal verlängern, oder sich so koordinieren, dass es mit allen Körperabschnitten hinterher kommt.
Pferde die gerne bergan und bergab beschleunigen und nicht im Schritt bleiben können- finde ich- passen auch in dieses Muster, kein gleichbleibender Schritt, kein Takt, keine Bremsende Aktivität- bisschen wie bei kleinen Kindern, die das Laufen lernen und nicht mehr anhalten können, sondern immer schneller werden...
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Muriel
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Muriel »

Der Schritt lässt sich sehr gut verbessern, wenn man beachtet dass man nie zu eilig arbeitet oder mit falschen Spannungen oder zu fester Zügelverbindung. Aber gerade im Schritt zeigen sich sehr schön Mängel in der Losgelassenheit, aber man hat gut Zeit daran zu arbeiten. Auch an Sitz und Einwirkung lässt sich gut arbeiten, da alles nicht so schnell passiert und sowohl Pferd als auch Reiter Zeit haben die richtige gute Reaktion zu finden oder Vorschläge zu machen.
Ich lasse im Unterricht sehr viel Schritt gehen und habe damit bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Es bringt mir auch die Basis, die oft fehlt.
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Hottie
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Hottie »

Antigone hat geschrieben:Eine verglich ein Trainingsmodell mit viel Schritt und wenig Galopp, das aber Trainingseinheiten am Berg beinhaltet, mit einem Trainingsmodell mit viel Galopp und wenig Schritt auf der Ebene: Mit dem Ergebnis, dass beide nahezu gleiche Trainingsfortschritte brachten „
Das kann ich absolut bestätigen! Wobei ich statt zu galoppieren eher trabe. Als mein Pferd im Schwarzwald stand, hatte er eine wunderbare Kondition durch hauptsächliches Schritt reiten am Berg mit gelegentlichen Trab (oder Galopp)phasen bergauf. Jetzt sind wir in einer beinahe flachen Gegend mit wenigen Hügeln und ich muss schlicht deutlich schneller reiten, um denselben Trainingseffekt zu erzielen. Dabei wird die Arbeit in den Bergen sicher deutlich Gelenkschonender und Verschleißärmer gewesen sein.

Ich habe immer gute Erfahrungen gemacht mit viel Schritt reiten. Eins ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Es war ein junges Korrekturpferd, das insgesamt sehr steif und fest war und ich war Praktikantin auf dem Hof und bin eben dann einfach hauptsächlich Schritt geritten, weil ich es völlig sinnlos fand, ein Pferd, das im Schritt schon nicht gut lief, anzutraben. Erst gucken alle doof. Aber als das Pferd dann einige Einheiten später auch viel runder trabte und sogar halbwegs gut auf dem Zirkel galoppieren konnte auf Anhieb, sagte keiner mehr etwas gegen Schrittarbeit :-D .
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Hina_DK
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Hina_DK »

Ich bin ja auch leidenschaftlicher Schrittreiter bzw. mache auch viel Bodenarbeit im Schritt. Und natürlich kann man da sehr viel verändern bzw. verbessern. Wer meint, den Schritt kann man nicht verbessern, der hat es irgendwie noch nie versucht oder es nicht richtig angegangen. Setzt man sich auf ein unausgebildetes Pferd rauf und reitet Schritt, wird es eher vor sich hinlatschen, die Wirbelsäule hängt zwischen den Schulterblättern mehr oder weniger durch, es schiebt mehr, als es trägt, die Beine spuren nicht korrekt, es ist einfach schief und so greift eine HH immer kürzer als die andere, das Pferd läuft nicht wirklich taktklar unter dem Reiter. Das alles kann man sehr wohl verbessern und damit auch die Qualität des Schrittes um Welten verbessern. Allen voran sind da die Seitengänge von hoher Bedeutung. Damit kann ich das Pferd gerade richten, den überdimensionalen Schub immer mehr in Tragkraft umwandeln, so dass sich beides als Schubtragkraft die Waage hält, damit geht das Pferd auch vernünftig über den Rücken, kommt in eine relative Aufrichtung und die Wirbelsäule hängt nicht mehr zwischen den Schulterblättern. Das Pferd lernt zum Schwerpunkt hinzutreten und spurig zu gehen. Das ist alles keine Hexerei, sondern uraltes Grundwissen der Pferdeausbildung und bevor ich die Qualität des Schrittes nicht verbessert habe, bauche ich es in den anderen Gangarten auch noch nicht versuchen. Keine Ahnung, wer das aufgebracht hat, dass man den Schritt nicht verbessern könnte.
Beim Schritt ist das ganz wesentliche, dass der Brustkasten sehr deutlich rotiert, viel stärker als in jeder anderen Gangart und damit ist auch der gymnastizierende Effekt, was den langen Rückenmuskel betrifft, wesentlich deutlicher. Der Schritt ist auch keine schwunglose Gangart. Ist das Pferd durchlässig und geht einen qualitativ hochwertigen Schritt, ist da sehr viel Schwung, denn ohne den Schwung rotiert kein Brustkasten. Es ist nur nicht der Schwung, den viele als Schwung bezeichnen, der von den Beinen ausgeht.
Viele Grüße
Hina

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kolyma
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von kolyma »

Die Aussage habe ich bereits mehrmals von passionierten Dressurreitern sowie auch Züchtern gehört. Es geht wohl darum, dass die angelegten Gänge sich nur geringfügig (angeblich!) verbessern lassen. Da Schritt sowieso die schwierigste - weil störanfälligste - Gangart ist, geht man wohl davon aus, dass man hier kaum an der Qualität dessen, was das Pferd von Geburt an mitbringt, verbessern kann.
Vielleicht stimmt das auch zu einem gewissen Teil - aber ich konnte die Schrittqualität meines Tinkers in den letzten zwei Jahren enorm verbessern. Daran sieht man, dass es wirklich geht. Ist vielleicht vom Gebäude abhängig - aber einen schlechten Schritt kann man verbessern, wenn es nicht körperliche Hinderungsgründe dafür gibt. Und da wäre ich auch sowieso vorsichtig - denn auch mit Gebäudemängeln kann man noch viel erreichen.

Hier der Unterschied von 2013 (Mai)
Bild

und 2015 (März)

Bild
Zuletzt geändert von kolyma am Sa 21. Mär 2015, 18:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von b.e.a.s.t »

Meine Lieblingsübung zur Zeit ist, den Schritt zwischendurch so langsam zu machen das man einzelne Beine des Pferdes ansprechen kann. Reite ich gleich zu Beginn diesen Ultralangsamen Schritt wird Belleza sehr schnell extrem durchlässig, wölbt sich schneller auf und kaut mehr.
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von Rennfisch »

Die Aufgabe hat mir meine SB/RL in unserer letzten Reitstunde auch gegeben: Kontrollierten, langsamen Schritt reiten, dabei immer mal wieder zum Halten durchparieren (bei meinem Pferd klemmt die Bremse), und Seitengänge- also konkret KonterSH, auch langsam und kontrolliert. Am Tag danach hab ich das Ganze wiederholt, und hatte dann spontan Lust, mal zu sehen, ob ich ihn aus diesem kontrollierten Schritt heraus angaloppieren kann (auch so ein Thema bei uns- angaloppieren ohne Renntrabeinlage ist fast unmöglich). Es ging zwar nicht ohne ein paar Trabschritte, aber der Galopp danach war mit der Beste, den wir bis jetzt hatten- ohne dem Gleichgewicht hinterher Fallen, ohne dass ich das Gefühl hatte, die Trägheit haut mich gleich an der Außenseite aus dem Sattel, sogar zum treiben bin ich gekommen. Ich freu mich schon drauf, da weiterzuarbeiten :-D
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kolyma
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Re: Schritt- die unterschätzte Gangart- oder Entdeckung der Langsamkeit

Beitrag von kolyma »

Machen wir momentan auch - entweder übertreten auf dem Zirkel und daraus heraus angaloppieren oder aus dem SH... Der Galopp danach ist genial.
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