Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Moderator: Keshia

ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Hallo Swedenfox, ich weiß, glaub ich, genau was du meinst und dann triffst du wahrscheinlich den Nagel auf den Kopf.
Es ist mit Sicherheit ein vielschichtiges Problem. Meine Einschätzung wäre aktuell:

Stallwechsel (darauf zeigt er meist erst verzögert Verhaltensänderungen, kommt auch mal mit 2 Wochen Box zurecht, nur dann irgendwann nicht mehr) / "Herden"wechsel --> er ist plötzlich der Ranghöchste, hat auch die Verantwortung, keinen Spielkumpel --> Energie / Frust / Langeweile
+
Blockaden (auch bestimmt verstärkt durch unkontrolliertes Rumspringen durch Energieüberschuss)
--> Stress
+ Stehzeit wg. dickem Bein
+ Lisa, die sich am Anfang dachte "armes Pferd, dann darfst du dich an der Longe wenigstens ausbuckeln, wenn es sonst schon nicht geht" haha, nur leider funktioniert "kontrolliertes" Energie-weg-Buckeln nicht
+ Wurmkur
--> Kolik
--> Stress
--> Virusansteckung nach Klinik (der Stallkumpel nach 1 Woche nach der Gesung von meinem auch deutliche Krankheitsanzeichen gezeigt, nur zum Glück nicht so schlimm wie bei meinem, der halt auf alles sehr sensibel reagiert)
--> wieder Schonung
--> Frust

und damit sind wir, wo wir sind.

Für mich war immer klar, dass ich möchte, dass mein Pferd prinzipiell auch ohne mein Kümmern zufrieden ist und ich nicht verpflichtet bin, für seine Beschäftigung etc. zu sorgen. Das ging auch immer wunderbar. Wir haben gern etwas gemacht, auch mal nur jeden 3. Tag und da ging es dann mehr um geistige Auslastung, die körperliche hatte er mit den Kumpels. Das ist jetzt nicht mehr der Fall und das System bricht zusammen. Leider ist der Besitzer von B wenig kooperationsbereit "solange "B" noch funktioniert, bleibt er hier" "Das ist dann ja DEINE Aufgabe ihn zu beschäftigen"... bla ... Meine Reitlehrerin hat es auf den Punkt gebracht mit: "Das ist, als wenn du in nem 5 Sternehotel wohnst, alles ist toll, nur musst du dein Zimmer mit nem Idioten teilen"... Nur was mach ich da jetzt?

Auszeit zB in einer Herde mit anderen Jungs, wäre sicher erstmal toll - Aber ich wohne hier auf dem Hof und möchte mein Pferd auf Dauer hier haben (und eigentlich ist auch alles toll - auch für mein Pferd, nur der Kumpel fehlt). Wenn er erstmal diese tolle Herde hatte, wird er wohl so nicht glücklicher... Also ist eine Auszeit erstmal ne angenehme Flucht, nur wie bekomme ich ihn dann wieder zurück?
ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Das einzige was mir momentan einfällt ist, ein zweites Pferd als Spielkumpel kaufen und zu deinem stellen :lol:

Sorry, war natürlich nicht ernst gemeint.

Ja, in eine Herde stellen und dann wieder raus nehmen ist sicherlich auch doof, aber du schreibst immer, dass ja sonst alles so toll ist und du an sich zufrieden - aber letztendlich nutzt das ja nichts, wenn es deinem Pferd schlecht geht.
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Lottehüh
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Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von Lottehüh »

Also ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Dein Pferd aufgrund der fehlenden Spielmöglichkeit so drauf ist. Nicht, dass ich nicht glaube, dass es sowas geben kann, aber so wie die frühere Konstellation war, dass er dauernd Stress hatte weil der andre ihn gescheucht hat und er beim Spielen auch einstecken musste (oder so irgendwie hast Du geschrieben), da hätte er damals Stress gehabt. Ja, manche Pferde kommen schlecht damit klar, plötzlich der ranghöchste zu sein. Trotzdem denke ich, die Herdenkonstellation war auch vorher suboptimal wenn der andere so drauf war und er hätte diese Verhalten dann auch damals schon gezeigt, wenn es aufgrund der sozialen Situation wäre.

Es ist schwierig was zu sagen, ohne die Situationen gesehen zu haben. Wenn er am Widerrist Probleme hat, kann da auch was in den Gliedmaßen sein, das kann sich gegenseitig bedingen. Würde ja dann auch erklären, warum er bei der BA „plötzlich“ spinnt, wenn er sich dann halt blöd drauf dappt. Evtl auch Magenschmerzen - wenn er so Kolikanfällig ist und 13 Stunden zwischen der letzten und der ersten Heugabe – wie lange hat er an der Abendration? (das wäre sogar das erste, woran ich ansetzen würde, falls er nachts lange ohne Heu steht).

Es gibt einige Dinge, die Du ja aufgelistet hast, dazu kommt, dass ihr mittlerweile eine ordentliche Portion Misstrauen zwischen Euch stehen habt.Ob Euch eine Pause da raus hilft, ob ihr da alleine rauskommt oder ob Du Hilfe in Anspruch nimmst, kannst nur Du entscheiden.

Ich find’s jedenfalls voll schön, dass Du bei Deinem Pferd wohnst. In Ställen, auch in kleinen Ställen, kommt und geht immer mal jemand. Als Lotti bei uns am Stall ankam, waren nur zwei Rentner da und Lotti musste abgetrennt nebendran stehen. Jetzt gerade platzt der Stall aus allen Nähten und es gäbe zig Möglichkeiten. (Ich hab aber trotzdem schon vorher den Stallkumpel für Lotti gekauft, weil ich auf das hin und her keine Lust mehr hatte). Es muss nur einer kommen oder gehen und schon werden die Karten neu gemischt und überlegt, wie man die Pferde stellen kann, oder? Wenn der Stall also sonst ok ist, würde ich bleiben.
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
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Der Muckel
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Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von Der Muckel »

Hallo Lisa,

vielleicht wäre ja eine Bioresonaz oder Tierkommunikation etwas für dich/euch? Ich weiß, dass einige Leute diesen Sachen skeptisch gegenüber sind, aber viel verlieren (außer, dass es Geld kostet) kann man dadurch nicht.
Mein Tagebuch: Auf das Leben! Die Straße ist nicht immer eben...
Abby, Grace und Ruby - drei Schwestern entdecken die Welt
In Gedenken an mein Seelenpferd: Muckel *1998 - +08.05.2014
ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Soooo, jetzt traue ich mich endlich mal euch zu antworten:

- Tierkommunikation hatte ich auch schon, die sagte, ihm tut nichts weh. Ich soll nicht immer nur "seinen Körper" sehen und schauen, ob ihm gesundheitlich etwas fehlt. Er möchte Abwechslung (schwierig zu gewährleisten, wenn es so gefährlich wird) und vermisst unsere Beziehung, die wir früher hatten. Die Pferdekumpel seien ihm eigentlich relativ egal. Das hat mich ziemlich überrascht, hat mich aber auch zu dem Zeitpunkt nicht weitergebracht.

- Es ist, wie Lottehü schreibt: Wenn es die soz. Situation wäre, wäre er auch früher schon auffällig geworden.

--> Ich war es! War ja auch klar, ich wusste nur nicht, was ich ändern soll.
Mitte Dezember habe ich verzweifelt bei der Horsemanship-Trainerin angerufen, die ihn damals angeritten hatte und deren Co-Trainerin mir bis vor 1,5 Jahren über die Dauer von 5 Jahren Unterricht gegeben hat. Ich hatte in der Zwischenzeit immer mehr auf Freiwilligkeit und positive Verstärkung gesetzt. Ich weiß, das widerspricht jetzt etwas dem Konsens in diesem Forum: Er hat mich als Entscheider vermisst.
Als meine Trainerin da war, war er bei mir genau wie beschrieben und dann hat sie ihn an die Longe genommen und plötzlich war er wie ausgewechselt, mein Traumpferd von früher. Ich könnte es so zusammenfassen: Ich habe vor lauter Zuhören selbst das Kommunizieren vergessen. Sie hat mir den Kopf gewaschen, mich an meine alte Grundsätze erinnert und mir auch gezeigt, dass er kräftemäßig mehr leisten kann und "ihm todlangweilig" ist "Warum reitest du ihn nicht mehr?!" - tja... hat sich einfach alles so eingeschlichen. Über die ganzen Krankheiten und anderen Veränderungen habe ich vergessen, dass er eine GANZ klare Linie braucht. Damit meine ich nicht, dass ich ihn jetzt unterdrücke, sondern dass ich die Entscheidungen treffe und ihm die ganz deutlich mitteile. Dazu gehört auch, dass Steigen und Rumspringen, wenn ich dranhänge absolut verboten ist. Damit, dass ich da jetzt konsequent und selbstsicher eine Richtung eingeschlagen habe, kommt das auch kaum noch vor und wenn doch, habe ich einen Plan und keine Angst, kann die Situation händeln und das ist Gold wert.

Seitdem läuft es super. Er hat sich im Ausdruck verändert, ist wieder viel ruhiger, hat eine zufriedene Ausstrahlung (das sagen auch andere), pöbelt die anderen Pferde nicht mehr an, ist nicht mehr so versessen auf das Spielen mit ihnen, bedrängt mich nicht mehr, dass wir ständig etwas unternehmen müssen, weil ihm langweilig ist. Stattdessen machen wir wieder 3-4x/Woche etwas und das funktioniert super. Wir sind sogar schon ausgeritten!!?! (es ist Winter!!! :) :) ) Auch nach 2 Stehtagen können wir geordnet eine ruhige Runde ums Feld gehen (noch nicht geritten, aber das wäre auch zu viel verlangt).
Ich bin auch erstmal wieder zurück zum Laufenlassen bevor ich aufsteige, damit die erste Energie schonmal raus ist und er etwas lockerer ist. Die letzte Zeit hatte ich aus Biomechanik-Argumenten versucht, ihn nur noch korrekt zu longieren, um keine Fehlhaltungen zu verstärken etc. Das funktioniert im Moment bei ihm nicht. Wir müssen da gerade einfach Prioritäten setzen: Vielleicht braucht er gerade dieses langfristig ungesunde Rumtoben (ja und die Halle ist leider auch zu klein, sodass es schon auf die Gesundheit geht), wenn die Alternative ist, dass er irgendwann unkontrolliert entweder sich oder mir ernsthaft etwas tut. Das ist der einzige Wehmutstropfen in der Geschichte.

Darüber hinaus beschäftige ich mich mit Heuzeiten-Maximierung, aber das ist ein anderes Thema.

Ich bin also sehr froh, euch von einem Happy End berichten zu können :) (auch wenn es nicht ganz in den Kontext dieses Forums passt)
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lunimaus
Pegasus
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Registriert: Di 15. Mai 2012, 21:28

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von lunimaus »

oh fein! Das freut mich echt für euch!
(Und ich finde nicht, dass es dem Forenkontext widerspricht. Gerade unsichere Menschen brauchen eben auch jemanden, der sie an die Hand nimmt. Sage ich meiner Maus nicht, wo es langgeht, dann denkt sie, sie muss das übernehmen und das geht dann eben schief, weil sie sich der Verantwortung eigentlich nicht gewachsen fühlt - geht ihr übrigens in Herden ohne wirkliche Chefin ganz ähnlich. - Aber nur, weil ich sage, was Programm ist, bedeutet das doch nicht, dass sie NICHTS mitbestimmen kann. Sie darf sagen, wenn sie gekrabbelt werden möchte und wo, sie darf nach Futter fragen, sie darf sagen, wenn sie keine Lust mehr hat oder wenn etwas weh tut - aber uns tut es gut, wenn wir diese Grenzen haben als Richtschnur).
"Lebenskunst ist nicht zuletzt, auf etwas notwendiges zu verzichten, um sich etwas überflüssiges zu leisten." (Vittorio de Sica)
ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Danke lunimaus! Meintest du da Menschen oder Pferde? :
lunimaus hat geschrieben:Gerade unsichere Menschen brauchen eben auch jemanden, der sie an die Hand nimmt.
Trifft in unserem Fall wohl auch auf uns beide zu, denn ich brauchte jemanden, der mich an die Hand nimmt, um mein Pony wieder an die Hand nehmen zu können :)
ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Es freut mich auch total, dass ihr wieder zueinander gefunden habt! Und ich finde auch, dass das jetzt nicht dem "allgemeinem Konsens" hier widerspricht! Manchmal liegt die Lösung näher, als man sich vorstellen kann!
ehem User

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von ehem User »

Ohja, wir haben wieder zu einander gefunden. Es war echt ein Jahr, in dem ich oft mit Bauchschmerzen in den Stall gegangen bin. Immer wieder eine Mischung aus schlechtem Gewissen, Sorge, Angst, Wut, Resignation, Hoffnung, ...
Jetzt hält es schon lange an, dass ich mich freue, zu meinem Pferd zu gehen. Das alte Gefühl ist wieder da und das merkt er 100%ig auch. Sicher gibt es noch schwierige Situationen. Aber die verstehe ich jetzt und vor allem weiß ich, wie ich damit umgehen kann. Das gibt mir SIcherheit. Gestern bin ich ganz allein in der Sonne mit ihm ums Feld geritten. Das wäre auch vor der "Krisenzeit" nicht immer einfach gewesen und im Moment habe ich "im Gelände" den Eindruck, dass er sicherer geworden ist. Er zögert weniger und schnaubt oft sehr zufrieden, wenn ich ihn reite. Dann strahlen wir beide und selbst wenn gefährliche Gespenster drohen, bleibe ich entspannt und bin (endlich wieder) richtig stolz auf ihn! Das heißt, es fühlt sich so an, als wenn er sogar in dem schrecklichen Jahr Fortschritte gemacht hat und mir nun zeigt, dass er etwas unternehmen WILL (woran ich ja auch Spaß habe).

Ich plane schon einen gemeinsamen Urlaub. Mir ist gerade besonders wichtig, dass wir wieder gemeinsam etwas erleben und nicht nur den langweiligen longier-Alltag haben, den wir das ganze letzte Jahr hatten.

Was mir auch noch zu denken gegeben hat: Wenn ihm zB gerade wichtig ist, sich zu wälzen, dann können draußen vor der Halle die lautesten Geräusche sein, da hat er dann keine Zeit, sich aufzuregen, denn jetzt will er sich ja schließlich wälzen. Tja und daran sieht man, wie unwichtig ich war... Die Außengeräusche haben für mehr Action gesorgt.. ;)
Elin89
Remonte
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Registriert: Di 18. Mär 2014, 20:19

Re: Chronik eines großen Problems - Was soll ich nur tun?

Beitrag von Elin89 »

Danke, dass du so offen mit deinem Problem umgegangen bist - du hast mich zum Nachdenken gebracht :)
Zum einen - all die Menschen, die sagen, es ist ein Dominanzproblem - sowas mag ich auch nicht hören. Und ich würde auch hier sagen, dass es nichts mit Dominanz zu tun hat (ich mag das Wort echt so gar nicht!) sondern eher mit klarer Führung. Das ist für mich schon ein Unterschied. Dominanz hat bei mir einen negativen Beigeschmack von Unterdrückung und teilweise eben auch "hartem durchgreifen". Klare Führung dagegen ist nicht negativ.
Und wo du das so deutlich schreibst, glaube ich, dass ich an dem Bereich auch noch arbeiten muss :) Ich hab lange gebraucht, um von dem Dominanzthema wegzukommen mit dem "Du musst dich durchsetzen, sonst verarscht dich dein Pferd", hab dabei aber glaube ich komplett die klare Führung verloren. Diesen Mittelweg hinzubekommen, fällt mir echt schwer. Ich versuche immer, viel Rücksicht auf mein Pferd zu nehmen. Und wenn es dann zu viel wird, weil sie eben sehr unsicher ist, dann denk ich, ich muss mich jetzt doch durchsetzen, es geht ja gerade nicht anders. Ich sollte glaube ich auch noch klarer daran arbeiten, zu zeigen was ich möchte und selber die Entscheidungen zu treffen. Gerade bei meinem so unsicheren Pferd. Aber ohne dabei ungerecht, laut, aufbrausend, unsicher, panisch oder was auch immer zu werden. Keine leichte Aufgabe. Aber danke für der Denkanstoß :)
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