Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterwegs???

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jella
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Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterwegs???

Beitrag von jella »

Hallo ...

ich habe ja nun vor kurzem meine Reitlehrerin gewechselt u. bin vom FN-Kurs auf dem akademischen WEg nach Bent Branderup unterwegs ...

Meine Frage hierzu, die ich sicher auch meiner RL stellen könnte, mich interessiert aber wie ihr das seht ...

Sinn u. Zweck dieser Ausbildung ist, dass das Pferd lernt, sich selbst zu tragen. So daß eine Anlehnung wie es bei der FN-Reiterei verlangt wird, nicht nötig wird. Trotz allem sind die Pferde ja in der "Anlehnung". Sprich, wenn das Pferd die Selbsthaltung verliert, wird ein Impuls gegeben.
Trotz allem treten hier Fragen auf bezüglich der Anlehnung, wieviel ..etc.
Bei uns im Stall höre ich halt immer nur; die Pferde treten nicht ans GEbiß heran, etc.

Würde mich freuen, Gedanken von Euch hierzu zu lesen!!!
milli
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von milli »

Huhu,
ich mache mit meinem Pferdchen auch akademische Reitkunst :-D .
Die Frage ist ja immer was unter "Anlehnung" verstanden wird.
Hier ist zu dem Thema ein ganz interessanter Artikel: http://www.pferde-gesund-bewegen.de/new ... C2%AB.html

Vielleicht schreibt Hina ja noch etwas dazu. Ich finde sie kann immer wunderschön erklären :-D .
jella
Pegasus
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von jella »

Hi Milli, schön, dass du antwortest!!

Ja, genau das ist es, was ich meinte;
milli hat geschrieben:Die Frage ist ja immer was unter "Anlehnung" verstanden wird.
Das genau ist das Problem!!! Gerade heute hatte ich wieder eine Diskussion, warum ich das denn mache??! Ich für mich kann nur sagen, dass meine Stute um so vieles feiner geworden ist, dass es wirklich nur noch eine Freude ist, sie zu reiten. Und man sieht sehr oft bei uns den durchhängenden Zügel - trotzdem ist sie in der Anlehnung. Wenn ich das Becken vorschiebe, wird sie schneller, kippe ich ab, kommt sie zurück. Es ist doch viel schöner, sich dieses zu erarbeiten, ohne dass man eine Handeinwirkung sehen kann ...(keine Frage, soweit bin ich noch nicht, dass es nicht doch mal passiert)
Vielen Dank für den Link, den habe ich eben mal gelesen. sehr interessant!!!
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Schattenstern
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von Schattenstern »

Ich bin seit etwas über einem halben Jahr akademisch unterwegs, habe einmal im Monat Stunde bei einem Schüler von M.S.

Aber ich muss zugeben, dass ich mich akademisch im Sattel nicht wohl fühle. Ich mag das Gefühl, wenn das Pferd sich ans Gebiss herandehnt und ich trabe für mein Leben gerne. Dazu kommt dass mein Pony und ich uns mit einer leichten Anlehnung an beiden Zügeln einfach besser verstehen.
Die wenigen Stunden reiten die ich bei meinem RL hatte haben mir den akademischen Weg da total verleidet, auf Kappzaum wollte er sich von oben garnicht stellen, mit Trense hat mein RL ihm irgendwann das Gebiss quer durchs Maul gezogen, so mag ich das nicht :(
Außerdem durfte ich dann nurnoch Sachen im Stand und im Schritt machen und damit habe ich mich so garnicht wohl gefühlt...

Mit der Bodenarbeit dagegen kann ich mich total identifizieren, das macht mir und Pony total Spaß, wir machen immer wieder Fortschritte und es unterstützt unsere Arbeit unterm Sattel ganz stark.

Also bin ich momentan am Boden nach der AR unterwegs, im Sattel arbeite ich in Richtung FN.

Es würde mich sehr interessieren, nochmal bei einem anderen Lehrer Reitunterricht nach AR zu bekommen, ich war zum Beispiel mal als Zuschauer auf einem Kurs von S.M., das hat mich total gefallen.
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Sunny77
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von Sunny77 »

Meine Enia ist akademisch nach BB ausgebildet und angeritten. Sie konnte, als ich sie gekauft habe, SH und KH im Schritt und Trab an der Hand und hat auch schon SH und KH im Schritt unter dem Reiter angeboten. Allerdings alles nur auf Kappzaum, ein Gebiss hat Enia erst bei mir das erste mal spazieren getragen. Zügel haben wir bisher darin nicht verschnallt. Enia "sucht" keine Anlehnung, sie ist eher irritier, wenn man die Zügel zu kurz hat. Sie reagiert dagegen super auf Sitz/Gewicht und Zügel an den Hals anlegen.

Da ich leider durch 30 Jahre FN-Reiterein eine totale Bodenarbeits-Nulpe bin und im Sattel mein erster Impuls ist, die Zügel an zu nehmen, nehme ich auch Unterricht bei R. (wo auch Schattenstern Unterricht hat). Ich fahre dafür extra 1-2 mal im Monat mit dem Hänger in den Hunsrück.
Liebe Grüße,
Sunny
Eine unerwartete Reise
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Hina_DK
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von Hina_DK »

Ich bin auch akademisch unterwegs mit Tigull. Wir hatten ja das große Problem, dass er nicht traben konnte, weder freilaufend noch unterm Reiter. Durch die Bodenarbeit und das Erarbeitete mitnehmen in den Sattel, war das Problem in Windeseile gelöst. Nach FN würden wir heute wahrscheinlich immer noch nicht ordentlich traben können. Das liegt einfach daran, dass die Herangehensweise eine ganz andere ist. Bei der AR ist ein gelöstes Pferd, das sich biegen und das Gewicht mit der HH aufnehmen kann und das gerade gerichtet ist, einfach die Grundlage jeglicher Reiterei. Bei der FN stehen Seitengänge, also Biegearbeit und Geraderichtung erst zu einem späteren Zeitpunkt an. Kurz gesagt, die AR war für uns regelrecht eine Notwendigkeit, für eine sinnvolle Ausbildung und es ging auf. Ein so stark spanniges, sensibles und lateral dominantes Pferd kann nicht in eine diagonale Gangart finden, wenn es nicht gebogen, geradegerichtet und tatsächlich durchlässig ist.

Was die Anlehnung betrifft. Bei der FN soll das Pferd an das Gebiss herantreten, es besteht durch die aufgenommenen Zügel ein verhältnismäßig intensiver Dauerkontakt über das Maul. Kontakt zum Maul besteht aber durchaus auch bei der AR. Alleine durch das Zügelgewicht besteht schon eine Einwirkung aufs Gebiss. Der große Unterschied besteht aber darin, dass bei der FN-Anlehung auch eine dauerhafte Informationsübertragung vom Reiter auf das Pferd und zurück erfolgt. Ich nenne das frecherweise immer "vollsabbeln" ;). Nicht viel anders ist das mit den Schenkelhilfen. Viele FN-Reiter sind mit Dauertreiben unterwegs. Ob diese vielen Informationen, die da stetig aufs Pferd einwirken, immer sinnvoll sind, ist die Frage. Je fester die Hand und je ungeübter der Reiter, desto größer ist auch die Ansammlung an Fehlinformationen, die übertragen werden. Die Schenkelhilfen kommen meist auch im falschen Moment und dann durch die Reitweise in Häufung. Es nutzt aber nichts, ein Hinterbein vorzutreiben, wenn es gerade beim Auffußen ist oder gar bereits Bodenkontakt hat. Das kann das Pferd überhaupt nicht mehr umsetzen. Pferde können da bis zu einem gewissen Grade aussortieren aber es gibt reichlich Pferde, die dadurch zügellahm oder schenkelstumpf werden. Für mich eigentlich eher eine Reitweise für wirkliche Könner. Da man aber nicht als Könner geboren wird, sehe ich immer wieder, wie auf diese Weise Probleme, die bei der AR im Grunde gar nicht erst entstehen oder innerhalb kürzester Zeit behoben sind, eher zu einem langwierigen Thema werden können. Das betrifft in erster Linie die Durchlässigkeit des Pferdes und was den Reiter betrifft, der tatsächlich unabhängige Sitz. Für mich aber zwei der Grundpfeiler guten Reitens.

Ich möchte nicht die FN-Reitweise verteufeln, steht doch am Ende ein ebenso gut durchlässiges Pferd, das mit fast unsichtbaren Hilfen ordentlich geritten werden kann. Der Weg dahin ist aber ein anderer als bei der AR und meiner Meinung nach ist es auch viel aufwändiger. Geschichtlich gesehen, hatte das durchaus alles seine Berechtigung, denn bei der Kriegsreiterei gehts nicht um Schönreiten, sondern um ein 100 % beherrschbares Pferd. Wir sind aber nicht im Krieg und können uns durchaus Schönreiterei erlauben, zumal das letztendlich auch dem Pferd aus biomechanischer Sicht mehr zugute kommt.

Aber die AR steht und fällt natürlich auch mit dem jeweiligen RL. Zudem sollte man die AR nicht als Reitweise als solche sehen, sondern als eine Form der Ausbildung für ein gut rittiges Pferd für jegliches, was man eigentlich mit seinem Pferd vor hat. Man kann es natürlich bis hin in die feinsten Reitkünste ausdehnen aber man kann es auch z.B. als wunderbare Grundlage für ein ordentliches Geländepferd machen.

Hier auch mal ein paar Bilder von unserer Arbeit. Alles fängt am Boden an.

Wir beginnen alles mit dem Lösen und Biegen. Mit der linken Hand fasse ich dort auf Höhe des dritten Halswirbels auf einen Reflexpunkt. Wir nennen das Reset. Damit bekommt man jeden Aufreger dazu, sich zu lösen. Dann sind kurz die Seitengänge dran und dann wird es dabei belassen oder in den Sattel geschwungen.

Bild

Und hier mal ein Trabbild. Gut zu erkennen, der "Schlappzügel" ;). Ich arbeite bei Tigull sehr viel mit der Verlagerung meines Schwerpunktes besonders im Trab. Das sieht dann oft nicht nach tollem Reitersitz aus, hat aber in der AR seinen Sinn. Bei Tigull ganz besonders im Trab. Da ist es bei ihm wichtig, besonders in schwierigen Situationen, z.B. die Hallenecke auszureiten, den eigenen Schwerpunkt möglichst dicht an seinen zu bekommen. Der Sitz bei der AR folgt nicht strengen Regel, wie bei der FN, sondern er muss drei Bedingungen erfüllen. Er muss bequem sein, darf das Pferd nicht stören und muss als Hilfe einsetzbar sein.
Überhaupt reiten wir ja in der AR vornehmlich über Sitz-, Gewichts- und Schenkelhilfen. Zügelhilfen gibt es natürlich auch aber in erster Linie, um das Pferd zu stellen. Alle Hilfen werden nur als Signale gegeben und nur wirklich notwendige. Ein treibender Schenkel wird nur eingesetzt, wenn es notwendig ist, das jeweilige Hinterbein an den Schwerpunkt heranzutreiben. Ein verwahrender Schenkel wird nur dann eingesetzt, wenn es überhaupt etwas zu verwahren gibt. Eine HH, die keinen Fehler macht, muss man auch nicht verwahren.

Bild
Viele Grüße
Hina

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jella
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von jella »

Hina, vielen Dank für deinen ausführlichen Post!!! (haben wir die gleiche RL??? Wir haben nämlich oft Dänen bei uns im Stall, oder zumindest Menschen, die aus Dänemark mit ihrem Isländer anreisen)

Ja ... dann verstehe ich das alles richtig!!!! Meine RL macht es bei meiner Stute übrigens genauso, was ich jetzt 2 mal beobachten konnte (dass sie vermehrt in der Entlastung sitzt)!

Zu den anderen später, ich muss Essen kochen!
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Hina_DK
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von Hina_DK »

Ich bin mit Tigull hier http://www.reiten-ist-orange.de/index_de.htm in Süddänemark aber da tummeln sich eigentlich viel mehr Deutsche, als Dänen. Ich mache das alle paar Wochen als Wochendkurs mit je 2 Boden- und 2 Reiteinheiten. Zudem hat Tigull noch einmal die Woche dort eine Trainingseinheit, in der ihn aber meine Freundin, bei der ich ihn derzeit dort untergebracht habe, reitet, da ich 2,5 Stunden bis dahin brauche. Sie geht auch, wenn genug Zeit ist, regelmäßig mit ihm ins Gelände, denn das finde ich als Kombination auch sehr wichtig, als nur "Kringelreiten" ;). Wir sind jetzt seit 5 Monaten dran, wobei im ersten Monat nur eine Unterrichtseinheit war und wir jetzt 6 Wochen Sommerpause gemacht hatten, also effektiv etwas mehr als 3 Monate. Jetzt haben wir mit den versammelnden Lektionen begonnen. An sich geht das alles recht schnell. Tigull war ja im Grunde mehr oder weniger unreitbar, versuchte sich schon nach dem Aufsteigen immer jeglichem Reiter zu entledigen. Davon ist keine Spur mehr.
Viele Grüße
Hina

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ehem User

Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von ehem User »

Das ist ja mal wieder total spannend hier :-n
Berichtet gerne mal weiter, bin voll interessiert. Mal so ne Frage nebenbei... Diesen Online-Kurs bzw. Kurse, den es auf der BB-Seite gibt... Ist der empfehlenswert für den Einstieg?
jella
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Re: Ist hier noch jemand auf dem Bent-Branderup-Weg unterweg

Beitrag von jella »

Ich bin jetzt seit Mai auf diesem "Kurs" und auch bei uns gab es eine Sommerpause ... Ich bin dann fast 4 Wochen gar nicht geritten ... Da sie erst 6 ist, tat ihr die Pause auch gut.
Jakari stolperte immer wieder und ich bin von einigen Frauen, die bei meiner jetzigen RL reiten, darauf angesprochen worden, da sie so enorm auf der Vorhand rumlief. Anfangs kamen die Stolpler immer noch, seit einigen Wochen aber sind sie komplett weg. Auch wenn ich leichttrabe, was früher immer wieder dazu führte, dass sie mindestens 2 - 3 mal stolperte, hat nun aufgehört (auf HOlz klopf). Sie hat mittlerweile begriffen, dass sie eine Hinterhand hat, die sie zum "tragen" einsetzen soll.
Als eingefleischter FN-Reiter fällt es mir manchmal immer noch schwer, diesen Modus abzustellen ... aber meine Stute nimmt alles dankbar auf.
Ich stehe in einem großen Stall u. der "akademische Kreis" hat nur einen ganz geringen Anteil und so gibt es immer wieder Diskussionen, warum man das soooooo machen würde. Und dann gibt es immer wieder solche, die ziemlich übergriffig sind und das total verpönen. Und dabei geht es immer wieder um das Thema "Anlehnung".
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