Positiv oder respektlos?

[kolyma]

Das mit "Pferde rennen keine Menschen um" kann ich leider entkräftigen... Eine gute Freundin wurde auf der Koppel von einem Noriker niedergetrampelt als dieser sich im Spiel ein Wettrennen mit einem anderen Pferd geliefert hat. Es war keine Panik in der Herde - es war nur Spiel. Und dennoch hat er sie komplett umgerannt und ihr schlimmste Prellungen an Oberschenkel und Hüfte beigebracht.

Ich persönlich möchte, dass mein Individualabstand respektiert und eingehalten wird. Ich verlasse mich nicht mehr auf "das machen Pferde nicht..." - doch - auch das brävste Pferd kann sich - wie ein Mensch eben auch - mal verkalkulieren oder den eigenen Bremsweg falsch abschätzen. Daher finde ich es schon auch wichtig die Bremse beim Pferd gut zu installieren. Kracht ein Pferd volle Kanne in seinen Kumpel rein geht das ganz anders aus als wenn ich Menschlein unter die Hufe komme.

Bei spielenden Pferden bin ich jedenfalls runter von der Koppel...

[Keshia]

Na, ich denke, das ist auch ne völlig andere Situation als wenn man alleine mit seinem Pferd auf dem Platz oder in der Halle ist. Wenn man auf den Paddock oder auf die Koppel geht, hat man besser nen Blick drauf, was die Herde macht. In meinem alten Stall ist auch schonmal eine von nem Jungpferd umgerannt worden.
Spielende Pferde halten den Individualabstand nicht ein, auch wenn er vorher geklärt ist. Das ist ja das Spezielle am Spiel: Da ist die Rangfolge außer Kraft gesetzt.

[kolyma]

Wir haben nen Hafi der einem auch umrennen würde. Der setzt das sogar gezielt ein um einen aus dem Weg zu schaffen. Klar da liegt die Erziehung im Argen. Aber ich bin gänzlich von der Vorstellung abgerückt, dass Pferde so etwas nie tun würden. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

Ich spiele hin und wieder Fangen mit meinem Tinker. Da brauche ich mir um Abstand keine Gedanken machen. Er ist sehr höflich. Wenn er das Spiel beenden möchte, stellt er sich direkt vor mich hin - aber mindestens mit einem Meter Abstand. Dann weiß ich, dass er nicht mehr möchte.

[Keshia]

Ja, da stimme ich dir vollkommen zu, es ist sicher eher gefährlich zu sagen: Pferde würden das nie tun. Es gibt immer Einschränkungen. Das, was das Pferd schon gelernt hat, z.B. oder eben, in meinen Augen ganz wichtig, die Beziehung, die zwischen Pferd und Mensch herrscht.

In meinen Augen hat dies allerdings sehr wenig oder eher gar nichts damit zu tun, wie nah das eigene Pferd einem kommt, bzw. ob es die Nähe von sich aus sucht oder nicht. Dein Nero darf doch sicher auch in einigen Situationen bis zu dir her kommen und sich Streicheleinheiten abholen, oder?

Ich spiel noch nicht so viel mit Leni, weil ich bisher zu wenig Vertrauen in sie hatte. Habe damit erst vor ein paar Wochen begonnen. Unter anderem war meine Sorge, daß sie mir zu nah kommen würde, denn die Kleine ist auch so eine, die sehr meine Nähe sucht. Sie kann zwar auch schon "geparkt" werden, wenn ich drauf bestehe (das lernte sie, weil es mir eben auch unangenehm war, daß sie mir beim Aufräumen der Gassen immer auf Schritt und Tritt folgte), sie läuft auch schön auf Abstand frei oder an der Longe, aber normalerweise hängt sie mir am Rockzipfel.
Beim Spielen hält sie aber auch sehr viel Abstand, und da macht sie einen sehr unsicheren Eindruck noch. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Und es ist lustig, sie reagiert da ähnlich wie Nero, wenn sie nicht mehr will. Sie stellt sich zwar nicht vor mich, aber sie stellt sich demonstrativ hin und rührt sich nicht mehr.

Auf Salomina bezogen meine ich jedenfalls, daß man sich keine große Sorge machen braucht, solange man sich selbst noch wohl fühlt. Wenn man sich selber nicht wohl fühlt, ist es sicher angebracht, konsequent auf mehr Abstand zu bestehen.

[kolyma]

Nero darf bis Körperkontakt zu mir kommen. Ich liebe es, wenn er Körperkontakt sucht - beispielsweise beim Spaziergang - wenn er mit seiner Nase meine Schulter berührt - ich fasse ihn ja auch gerne an.
Sozusagen dringen wir beide permanent in unseren Individualraum ein. Er darf auch mit den Nüstern in mein Gesicht - da hab ich gar keine Probleme mit. Im Gegenteil - ich mag das. Ich hab ein Kuschelpferd.

Allerdings ist es mir wichtig, dass wir beide sagen dürfen "jetzt nicht."

Und genau darauf kommt es doch an. Wenn jemand mehr Abstand will ist das ok. Beide müssen sich aufeinander einspielen und niemand darf dem Anderen weh tun oder beschneiden.

Respekt zeigt sich immer auf beiden Seiten. Wenn ich auf mein Pferd zugehe und es kraulen will - er sich aber wegdreht hab ich das anstandslos zu akzeptieren. Genau so ist es, wenn er mir sofort den Rüssel ins Gesicht stecken will und ich sage "nein."


Habe immer die besten Erfahrungen damit gemacht vorsichtig zu fragen ob etwas erlaubt ist. Das Pferd spiegelt uns ja, sagt man doch so schön. Das heißt wenn wir liebevoll, rücksichtsvoll, vorsichtig, ruhig. zartfühlend, anfragend, bittend auf das Pferd zugehen wird es das spiegeln und sich uns genau so nähern.
Und das sind ja immer die magischen Momente zwischen zwei Lebewesen die zwar nicht die selbe Sprache sprechen sich aber mit Gesten und Gefühlen Speziesübergreifend verstehen.

Von daher würde ich auch raten, nicht auf Andere zu hören sondern dem Bauchgefühl zu vertrauen. Das tut das Pferd ja auch.

[Keshia]

Toll ausgedrückt, ich glaube, das bringt es auf den Punkt.

[ehem User]

Danke für die vielen Antworten. Ihr habt mir sehr weitergeholfen.


Ja, ich habe ihn gerne bei mir. Er ist mein absolutes Seelenpferd und wir haben eine sehr, sehr enge magische Beziehung zueinander. Warum das so ist, kann ich schwer nur beschreiben und würde hier jetzt den Rahmen sprengen. Ich versuche aber bald, ein Tagebuch zu eröffnen um alles ein wenig zu dokumentieren. Nur soviel: Walid und ich, wir stehen per TK seit 2 Jahren in Kontakt und er hat die ganze Zeit auf mich gewartet. Jetzt fühlt er sich, als ob er endlich nach Hause gekommen wäre.Sonst wäre unsere Beziehung nicht so eng, wie sie ist. Ja, ich weiß, daß sich das jetzt etwas anhört, ist aber so.
Walid ist wahnsinnig stolz, offen, mutig und schön. Was er im Moment leistet ist überirdisch. Nach 3 Tagen kam er absolut problemlos in die neue Herde. Wenn ich z. B. zu ihm komme, bin dann noch locker 100 m entfernt, hebt er seinen Kopf und kommt sofort auf mich zu. Wir kommen zeitgleich am Zaun an, er streckt seinen Kopf rüber und wir begrüßen uns liebevoll.
Blöderweise lasse ich mich leicht von anderen beeinflussen. , weil ich denke, daß die vielleicht mehr wissen als ich. Mein Problem ist, daß ich je mehr ich weiß, weiß, daß ich nicht viel weiß. Anders, ich weiß, daß ich auf dem Weg bin und noch viel lernen muß. Frei nach Aristoteles: Ich weiß, daß ich nichts weiß.

Ich werde versuchen mehr auf mein Bauchgefühl und auf ihn zu hören, egal, was die anderen sagen.


Liebe Grüße
Anne

[ehem User]

Liebe Anne - du kannst dir sicher sein, das die anderen in der Regel auf keinen Fall mehr wissen wie du und außerdem haben sie unter Umständen Wissen, was in deiner Situation gar nicht von Bedeutung ist! Wenn du schon so eine gute Beziehung zu ihm hast, dann vertraue auf dein Pferd und dem was er dir sagt und nicht andere, die ihn ja gar nicht "kenne"!

Übrigens, entweder bist du nicht oder wir alle sind hier

[ehem User]

LG
Anne