Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Moderator: Stjern

Lateva
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Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Lateva »

Hey,

aus aktuellem Anlass würde ich gerne mal Eure Meinungen zum Thema Sperriemen lesen...
Ich bin grundsätzlich gegen die Verwendung von solchen "Zwangsmaßnahmen" und habe eine Mitreiterin eines meiner Berittpferde gestern gebeten, den Sperrriemen nicht mehr zu benutzen. Sie hatte jedoch einige (für mich nicht logischeund zum Teil abstruse) "Erklärungen", warum sie ihn doch benutzen wird. Leider war ich von ihrem selbstbewussten Auftreten, verbunden mit versteckter Kritik an meinem ("freizeitmäßigem"...im Sinne von nicht turnierfokussiert) Reitstil so baff, dass ich gar nichts dazu sagen konnte. :azuck:

10 Minuten später sind mir natürlich 100 Gegenargumente eingefallen... :roll:

Da ich noch immer auf 180 bin, :gaah: mag ich auf die Details unserer Unterhaltung gerade nicht näher eingehen...
Mich interessieren aber eure Argumente und Meinungen, also her damit ;)
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kolyma
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von kolyma »

Zum Thema Freizeitreiter: Ich reite hin und wieder im Neindorff-Reitinstitut in Karlsruhe sowie am Barockreitzentrum Heimsheim - kein einziges Pferd dort trägt Sperriemen...

Mein Pferd trägt keinen Sperriemen und wird auch nur über meine Leiche jemals einen tragen. Genau so verhält es sich mit Ausbindern.

Mich würden aber die Argumente Pro-Sperriemen brennend interessieren.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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WaldSuse
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von WaldSuse »

Die Argumente für so ein Ding kenne ich auch nicht so richtig,es soll wohl das Pferd daran hindern,das Maul aufzusprerren,drumm heißt es ja auch "Sperr-riemen".....
Was mich freut ist,daß ich V. davon überzeugt hab,das Glumb weg zu lassen.
Außerdem reiten Westernreiter nie mit Sperriemen und auch die bekommen ganz nette (und auch weniger nette) Lektionen hin.
Ich habe den Eindruck,daß der größte Teil der Reiter den Sperriemen verwendet,weil man das halt so macht.Wie Hufeisen und Ausbinder.
Nicht müde werden,
sondern,
dem Wunder leise,
wie einem Vogel,
die Hand hin halten.
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kolyma
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von kolyma »

Also ich hab noch nen Sperriemen hier rumliegen. Dient oft ganz gut um z.B. was an der Trense umzubauen. Hatte ihn auch schon mal als Heunetzhalter umfunktioniert.

Wenn mein Pferd sperrt stimmt meine reiterliche Einwirkung nicht. Punkt. Wenn das Pferd schon mit Sperren darauf aufmerksam macht, dass ihm was nicht passt (nett ausgedrückt), dann fände ich es fatal das mit irgendwelchen Zwangsmittelchen zu unterdrücken. Das Grundproblem ändert sich dadurch ja nicht.

Angeblich soll sich der Druck durch das Gebiss dadurch im Maul besser verteilen. Das funktioniert aber bei einem ordentlich sitzenden Reithalfter mit Nasenriemen genau so.
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Jochen
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Jochen »

Bei einem gebrochenen Gebiß stellen sich die beiden Hälften im Winkel auf und drücken gegen den Gaumen, wenn man die Zügel annimmt. Kann das Pferd nun den Mund öffnen, so kann es diesen Druck mindern. In dem Fall muß der Reiter reiten können, und trotzdem kann es sein, daß man seine Zügeleinwirkung sieht. Und das darf ja nun nicht sein.

Sperrt man dem Pferd nun den Mund zu, so kann es dem Schmerz nicht mehr ausweichen, und man kann ziemlich unauffällig Gewalt anwenden. Und alles sieht prima aus.

Bei einem Stangengebiß (Liverpool z. B.) bewirkt der Sperriemen ebenfalls eine verstärkte Einwirkung, allerdings auf die Kiefer/Mundwinkel. Vor allem beim mehrspännigen Fahren ist es sinnvoll, eine korrekt dosierte Einwirkung zu haben, da ja alle Gebisse in nur zwei Leinen enden.

Wegen verschiedener Sensibilitäten bei verschiedenen Pferden gibt es bei Fahrgebissen Verschnallmöglichkeiten für verschieden lange Hebel — es kommt ja nur eine einzige Verkürzung auf die Leinen, wenn man die Hand eindreht, und die muß sich halt unterschiedlich stark auswirken. Wenn nun die Pferde diese feine Einstellung ausbooten können, kann das Ganze reichlich unkontrolliert enden.

Fazit:
Beim Reiten braucht man kein Sperrhalfter. Da ist sowas eine Ungehörigkeit. Wenn man aus Konformitätsgründen (Turnier oder was weiß ich) ein Sperrhalfter verwenden muß (na ja), verschnallt man es halt so lose, daß das Pferd ungehindert grasen kann und nicht den Winkel des gebrochenen Gebisses in den Gaumen bekommt...
Beim einspännigen Fahren könnte man sich dem Vorwurf der Fahrlässigkeit aussetzen, falls (ohne Sperrhalfter) was passiert.
Beim mehrspännigen Fahren sind Sperrhalfter meist schwer wegzudenken.

Darum macht man das.
Beziehungsweise nicht.
Halt mich fern von der Weisheit, die nicht weint, der Philosophie, die nicht lacht,
und der Größe, die sich nicht vor Kindern verbeugt.


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ehem User

Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von ehem User »

Es gab mal einen super Artikel von M.G. auf FB über den Sperrriemen! Da finden sich ganz viele Argumente dagegen. Leider finde ich ihn gerade nicht.
IcIrgendwo (kann nicht mehr sagen obs der gleiche Artikel war) stand auch dass der Sperrriemen heute ganz anders verschnallt wird als es geplant war. Eigentlich sollte der Riemen von oben durch die Gebissringe gezogen und dann oben wieder geschlossen werden. Kann man sich das einigermaßen vorstellen? Sollte den Sinn haben das Gebiss zu stabilisieren, und nicht dem Pferd das Maul zuzuschnüren...
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Keshia
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Keshia »

Pferdeverrückte, wahrscheinlich meinst du den hier:
https://www.facebook.com/permalink.php? ... 0346366571

Interessant. :kratz:
Der späte Wurm entgeht dem Vogel.

"Wenn Du meinst, daß das Abenteuer gefährlich ist, probier's mal mit Routine. Die ist tödlich."
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Cate »

Den Artikel gibt es hier auch für nicht-FB-ler http://www.toeltknoten.de/pdf/Sperrriemen_MG_0214.pdf
und hier noch schöne Stellungnahmen von S.H. dazu http://www.toeltknoten.de/pdf/Sperr_2_SH_0214.pdf und http://www.toeltknoten.de/pdf/LF_Sperrh_SH_0214.pdf


und nein, es gibt keinen Grund, Sperrriemen zu verwenden, außer seine eigene mäßige Reiterei zu kaschieren .... :-z
Es ist sinnvoll, sich mit dem Üben anzufreunden, denn man wird weit mehr Zeit mit Üben verbringen als damit, perfekt zu sein - Maren Diehl

Was wir sehen, hängt hauptsächlich davon ab, wonach wir suchen - Sir John Lubbock :puppy: :puppy:
Lateva
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Lateva »

Danke für Eure Beiträge, das habe ich jetzt gebraucht! :grouphug2:
Ich kann mich Euren Argumenten GEGEN einen Sperriemen nur anschließen! Ich habe nur leider das Gefühl, es ist ein Kampf gegen Windmühlen!

Die Argumente meiner Gesprächspartnerin FÜR die Verwendung des Sperriemens:
1. Das Pferd klappert mit den Zähnen - mit Sperriemen ist das "besser geworden" :wall: :wall: :wall:
(Daraufhin konnte ich immerhin noch fassungslos erwidern, dass es dafür ja einen GRUND gibt und man die Ursache dafür finden muss, anstatt das Symptom abzuschalten...darauf ist sie dann nicht weiter eingegangen)

2. Die Pferdebesis sind ja Anfänger, somit wäre der Sperriemen eine zusätzliche "Hilfe" und diene der Sichereheit :?: :irre: :-e
(hier war ich dann leider schon Sprachlos...sonst hätte ich gefragt, woran sie das denn festmacht)

3. Das Gebiss würde dann ruhiger im Maul liegen...(Kann ja sein, aber warum soll das Gebiss denn fixiert an einer Stelle liegen? Ist es für das Pferd nicht angenehmer, es auch mal um ein paar Milimeter verschieben zu können? Übrigens hat das Pferd eine doppelt gebrochene Olivenkopftrense, die per se schon super ruhig im Maul liegt, ich reite ohne Sperriemen UND ohne Reithalfter!!!)

Überhaupt, wurde das physikalisch und anatomisch überhaupt schonmal bewiesen, dass Sperriemen und Reithalfter den Druck im Maul POSITIV beeinflussen. Ich weiß, dass der Nasenriemen in dem Moment, in dem das Pferd "sperrt" Druck auf Nase und Genick aussübt, somit halte ich diesen für Anfänger schon mal für sinnvoll...aber beim Sperriemen???kann ich mir nicht vorstellen...

Übrigens habe ich letztens ein schönes Kompliment von einer Freizeit-Westernreiterin dort am Stall bekommen: Sie meinte, das Pferd würde ja so schön locker und entspannt aussehen, ohne dass alles so zugeschnürt wäre ;) Das hat mich dann wieder ein bisschen beruhigt.
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Schnucke
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Re: Sperrriemen - Sinn und Unsinn

Beitrag von Schnucke »

Es gibt einen Grund wieso ich inen Sperriemen nutze, bei Pferden die gelernt haben zu Sperren und dieses Wissen im Gelände nutzen. Es ist nämlich nicht witzig überhaupt keine Einwirkung mehr zu haben, das kann durchaus passieren wenn das Pferd sperrt und ist MIR dann zu gefährlich. Allerdings reicht da ein Sperriemen der korrekt verschnallt ist und man sollte wissen was man da drauf hat und dementsprechend fein mit der Hand sein, wobei man das immer sein sollte. Ziel ist aber immer das Ding irgendwann mal weglassen zu können.
Keine Stunde im Leben, die man im Sattel verbringt, ist Verloren (Sir Winston Churchill)

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