Pferd wird Wütend

Moderator: Keshia

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Integra
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Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von Integra »

Hi,

ich hab ihn seit er 2 Jahre alt ist, er ist wild aufgewachsen, habe ihn abgemagert und in recht bedenklichem Zustand bekommen.
Er hatte damals auf allen 4 Hufen extremen Strahlpilz (der sehr sehr tief ging) dazu noch sein Hahnentritt und er konnte ja noch gar nichts. Er musste am Anfang nur Hufe geben lernen und eben aufbauen.

Mit 2,5 Jahren haben wir dann langsam angefangen mal zu spielen (groß trainieren mussten wir nicht, er hatte das so schnell raus als wäre es angeboren mit dem Menschen zu arbeiten) mit ca. 3 Jahren das erste mal etwas Untertreten gemacht, was er prompt jeden Tag auf dem Paddock übte (immer untertretenderweise am Zaun entlang)
Angeritten wurde er mit 4,5 jahren, mit 3,5 jahren hatte ich schon mal angetestet was er zu Dingen auf seinem Rücken sagt (das hat ihn aber nie interessiert) also in Ruhe gelassen und nur Bodenarbeit gemacht, ab und an mal ein Sattel drauf gelegt.
Er ist wahnsinnig ehrgeizig und ich muss ihn oft bremsen, haben immer mal wieder Ferien gemacht (also nur Weidepferd und ein wenig betüddeln, spatzieren gehen).

Das Stolpern trat bisher immer nur zum Winter hin auf, wenn es sehr matschig wurde und er auf dem Lehmboden rutschte (wenn es da zu doll wurde, habe ich aufgestallt, also Paddock) oder wenn deutlich Wachstum erkennbar war.
Als das Stolpern vermehrt auftrat suchten wir nach der Ursache, Hufe und Beine wurden geröncht (bis auf die Hufknorpelverknöcherung ohne Befund) wir haben die Hufpflegerin gewechselt, die ihn von seinen ausgelatschten hebelnden Wänden befreite, seit dem wurde es deutlich besser.
Nun haben wir den Strahlpilz wieder entdeckt, den wir hofften vor 2 Jahren für immer los zu sein.
Auch Wachstum scheint derzeit eine Rolle zu spielen, er ist Hinten leicht überbaut, reiten tun wir zur Zeit sehr selten.

Also ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Stolpern mit dem Pilz zusammen hängt, dennoch ist der Ursprung des Leistungsdrucks für mich nicht so ersichtlich, außer halt das er schon immer wahnsinnig ergeizig war und ich ihn bremsen musste (vieleicht habe ich ihn nicht genug gebremst)

Das über die Stange laufen bekommt er inzwischen auch ganz gut hin.

LG
Integra
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ehem User

Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von ehem User »

Also ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Stolpern mit dem Pilz zusammen hängt, dennoch ist der Ursprung des Leistungsdrucks für mich nicht so ersichtlich, außer halt das er schon immer wahnsinnig ergeizig war und ich ihn bremsen musste (vieleicht habe ich ihn nicht genug gebremst)
Der Ursprung ist wahrscheinlich weniger wichtig als Du glaubst. Wichtig ist, dass Dein Pferd JETZT und HIER deutlichen Leistungsdruck hat.

Die Wutanfälle und das Stressgehampel (sie wirkte da auch immer sehr genervt, weil es nicht schnell genug so klappte, wie sie wollte) meiner Stute hörte erst dann auf, als ICH wirklich ruhig wurde. Und damit meine ich echte und keine aufgesetzte innere Ruhe. Das ist ein Riesenunterschied. Ich hatte schon vor 4 Jahren, als ich meine Stute bekam, von dem Spiegelphänomen gehört und wußte, dass mir mein Pferd da etwas spiegelt und habe mich folglich sehr um innere Ruhe bemüht, vor allem, wenn wir im "Arbeits"modus waren. Bis vor kurzem haben meine Bemühungen wenig, bzw. zumindest nicht nachhaltig gefruchtet.
Jetzt plötzlich haben wir den Wahnsinnsdurchbruch und wirklich JEDER, der uns von vorher kannte, spricht mich an, was mit uns beiden los sei. Wir seien so ruhig geworden. Und weißt du, was den Durchbruch brachte?
Es ist Tatsache, dass ich gar nichts mehr von meinem Pferd brauche oder will. Weder benötige ich Erfolg mit ihr noch ihre Zuwendung. Das war früher anders, auch wenn ich mir das nicht so gerne eingestanden habe. Paradoxerweise öffnet diese innere Haltung der absoluten Erwartungslosigkeit eine neue Tür, die bisher ganz ganz fest verschlossen war :) .

Also, nutze Dein Ross für Deine Erkenntnis über Dich selbst und Ihr werdet beide davon profitieren.

Viele Grüße

Tanuschka
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Nelchen
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Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von Nelchen »

durchaus möglich das evtl. auch Schmerz eine Rolle spielt. (möglich auch durch die Hufknorpelverknöcherung oder/und dem Strahlpilz)
Genau das war auch eine Ursache bei einem Pferd von uns, dessen Bild ich vor Augen hatte, als ich dir antwortete und Zweifel an der Wut hägte. ;)
LG Katrin

Ein Tänzer scheint nur denen verrückt, die die Musik nicht hören.
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Lottehüh
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Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von Lottehüh »

Ich würde nicht nichts mehr machen, sondern die Aufgabe in kleiner Lernschritte einteilen. Manche Pferde wollen auch einfach unbedingt alles richtig machen und verzweifeln, wenn sie es nicht schaffen. Das kann auch solche Frustrationsausbrüche hervorrufen. (Kann aber natürlich auch Schmerz sein.) Dann liegt es in unserer Hand, die Aufgaben fürs Pferd so zu stellen, dass es sie lösen kann.

Übrigens kann Pablo auch die Dualgassen einfach nicht überwinden. Er findet, dass ein Pferd aus Kopf, Hals und Vorhand besteht, dahinter ist nix mehr. Dass dann da plötzlich noch mehr Pferd kommt und das auch noch wo hängen bleibt - oh jeeee... Schonmal mit Körperbandage geübt?
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
ehem User

Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von ehem User »

Klar,vermenschlichen ist immer eine grosse Gefahr. Aber ganz ehrlich, ich kenne das. Hat dein Kleiner 'Ponyblut in sich? Ich kenne diese Art von Reaktion besonders von Ponies, und Pony mischlingen.

Meine Pferdeopi konnte regelrechte Wutanfälle hinlegen - zb rückwärts durch ein Stangen L - klar hab ich es vermutlich schlecht aufgebaut, aber anstatt einfach stehen zu bleiben, kam ihm die erste STange zwischen die Hufe und dann schmiss er alle anderen auch noch die Gegend, grunzte und knurrte dazu und schaltete komplett auf Durchzug. Damals hab ich viel zu sehr auf meiner Position beharrt - also die Richtung von "ich bin hier der Chef, wir machen dass jetzt dass gleich nochmal in Ruhe " - eher weniger erfolgreich.

Jetzt haben wir ja einen Haffi, insgesamt etwas ruhiger vom Charakter -aber auch er kann sehr "unwirsch" reagieren, wenn er entweder die Aufgabe nicht versteht oder aber keinen Sinn darin sieht. Es muss immer klar für ihn sein. Wenn er also "wütend" wird, reduziere ich die Aufgabe auf etwas, was er sicher kann. Viel Lob. Etwas Pause. Und dann nochmal zumindest einen Teil der neuen Aufgabe, eine kleine Steigerung. Wenn die dann klaptt, viel Lob - und aufhören. Es muss für ihn immer klar und zu bewältigen sein, damit er motiviert mit arbeit3et.

Wenn du dir sicher sein kann, dass es keine Schmerzreaktion ist, würde ich nach einem Weg suchen, die Arbeit immer mit positiven Erleben für ihn zu verbinden. Ich glaube, dass "wütend werden" eine Art der Reaktion auf Überforderung von eher selbstbewussten Pferde ist.

Lg,Trixi
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kolyma
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Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von kolyma »

Ich glaube das hat nichts mit Selbstbewußtsein zu tun. Diese Pferde äußern ihre Unsicherheit halt durch Büffeligkeit. Generell ist es ein Problem Sebstbewußtsein und Büffeligkeit zu verwechseln, weil diese Pferde dann grundsätzlich zu hart angepackt werden.
Ich hab auch nen Shire-Tinker-Mix. Auch büffelig, extrem sensibel, extrem leicht zu verunsichern. Neues lernt er eher schwer. Wenn er es aber raus hat, dann sitzt es bombenfest.
Wenn er überfordert ist, wird er fahrig, schnell, hektisch, trampelig - er kriegt seinen Körper kaum unter Kontrolle. Rückwärts durch ein Stangen-L? Kann ich vergessen - weil er das einfach noch nicht schafft. Was für uns einfach aussieht (Rückwärts über eine Stange) ist für ein solches Pferd (schwer, ungelenk, grobe Glieder, Vorhandlastig, usw.) eine absolute Höchstleistung.
Dass es dann mit Unsicherheit bis hin zu Verzweiflung reagiert ist ja völlig klar. Da die ja auch extrem sensibel sind, spüren die jegliche Gefühlsreaktion ihres Menschen. Auch die Enttäuschung darüber, dass die Übung nicht sofort funktioniert. Und schon ist man im Teufelskreis - das Pferd wird noch unsicherer, spürt Druck, usw.

Für diese Pferde ist es wichtig ein sinnvolles Training zu machen - welches ihren speziellen Bedürfnissen gerecht wird. Das heißt sich darauf zu konzentrieren wo das Pferd körperliche Probleme hat und daran vorsichtig zu arbeiten. Kaltblüter sind keine Warmblüter - und sie müssen bestimmte Dinge anders lernen. Sie können sich am Ende genau so leichtfüßig bewegen - aber das Training muss komplett anders laufen.

Feine Manöver sind erst mit höherem Ausbildungsstand sicher abrufbar. Davor muss das Pferd erst lernen, dass er ein hinten und ein vorne hat. Übertreten lassen, Schenkelweichen, Rückwärts gerade aus und kurze Distanzen (vier Tritte und die sauber reichen), Stangenarbeit (vorwärts), die Hinterhand aktivieren - Tempounterschiede - fleißiges Vorwärts, V/A reiten, viel, viel, viel Lösungsarbeit - Langzügel, Doppellonge, TTouches, usw.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Integra
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Re: Pferd wird Wütend

Beitrag von Integra »

Hi,

danke für eure Antworten.

Die Aufgaben leichter zu stellen... Naja wenn man mit seinen 4 Füßen schon überfordert ist... Wenn einfaches Laufen schon zur Herrausforderung wird. Ich denke leichter kann ich da derzeit nichts stellen, demnach mache ich fürs erste Pause und nur Spatzieren, kuscheln und Pflege.

Soll er sich jetzt erstmal in Ruhe verwachsen und die Hufe (Strahlpilz) und Beine (Maukestellen) wieder ok bekommen und dann fangen wir nochmal langsam von vorn an.
Vieleicht beruhigt er sich dann auch wieder und ich habe Zeit etwas von meinem derzeitigen Stresslevel runter zu kommen.

Die "Problematik" bei ihm ist halt, er ist wahnsinnig ergeizig und hat eigentlich ein Selbstbewusstsein für 2, er ist in der Heerde mit unter den Ranghöchsten, er spielt auch öfters mit dem Heerdenchef. Dieses Tier möchte eigentlich immer nur neuen Input haben, alte Aufgaben werden schnell langweilig (da schaltet er dann gerne mal ganz ab und schläft einfach während der Übung ein).

LG
Integra
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