Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhaltens

Moderator: Keshia

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kolyma
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Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhaltens

Beitrag von kolyma »

Gestern habe ich mit meinem Pferd ein Experiment gemacht. Und zwar habe ich Apfeltauchen mit ihm gespielt. Das Ganze lief gänzlich anders als ich es mir vorgestellt habe und habe jetzt viele Gedanken dazu und auch Fragen. Und zwar in der Form, dass ich auch etwas unsicher bin und daher hier nach weiteren Mitdenkern suche....

Aufbau: Das Ganze fand im Roundpen statt. Boden ist Sand. Ich hatte einen etwa 70cm hohen und 1m breiten Wasserbottich zu 1/3 mit Wasser gefüllt. Darin schwammen 6 Äpfel.

Mein Pferd kam rein und soff erst mal Wasser.
Dann schob er mit der Oberlippe die Äpfel etwas hin und her. Als er feststellte, dass er die Äpfel nicht erreichen konnte mit "normalen" Mitteln - denn nass machen wollte er sich nicht - wendete er sich sofort an mich.
Er fing dann an mich herzzerreißend anzuschmachten, dass ich ihm jetzt die Äpfel heraus holte.

Als ich aber nicht darauf einging fing er mit einer ganzen Latte Übersprungshandlungen an. Erst mal kratzen, dann Wälzen.
Er hat es dann wieder versucht und angefangen im Eimer wild rumzuplanschen - aber eher nach dem Motto "Wenn ich plansche, holst du die Äpfel vielleicht dann für mich?"
Es war meiner Ansicht nach kein wirklicher Versuch das Problem zu lösen dabei.

Er ging dann weg und drehte ne Runde auf dem Hufschlag. Ich glaube er hat nachgedacht.
Ich bin dann auch mal ne Runde mitgegangen. Wir sind gemeinsam wieder zum Bottich. Er versuchte dann den Bottich zu kippen, was ich mit der Stimme bestärkt habe - ich meine, umkippen wäre eine probate Lösung des Problems gewesen.

Aber auch das blieb recht halbherzig. Irgendwie hatte er nicht die Motivation überhaupt an die Äpfel zu kommen. Er hat zwar gemerkt, dass er ein Problem hat, aber er empfand es als zu schwer es überhaupt großartig anzugehen.

Jetzt kriegte er aber langsam Frust.
Also weiteres Wälzen, diesmal relativ hecktisch und dann aufspringen und den Frust durch kräftiges Quicken und Buckeln kurz rauslassen.

Ich hab ihm dann geholfen und nach und nach mehr und mehr Wasser aus dem Bottich rausgekippt.
Aber er wollte weiterhin, dass ich den Job für ihn erledige. Hat dann auch mal versucht mit den Huf gegen den Bottich zu schlagen. Aber alles so.... "wenn ich das jetzt mache, holst du dann den Apfel für mich raus?"

Letztendlich hatte ich dann so viel Wasser aus dem Bottich raus gelassen, dass er tatsächllich ran kam und von den Äpfeln fraß.

Damit war das Experiment beendet.
______

Mir war es wichtig mein Pferd besser kennen zu lernen.

In der Regel arbeite ich so, dass das Pferd gar nicht frustriert sein kann und immer belohnt wird. Daher war es sehr schwer für mich ihm seinen Problem zu überlassen.
Andererseits muss ich einräumen, dass Futter für mein Pferd nicht so wichtig ist. Lieber lässt er es stehen als sich dafür zu "verausgaben"

Ich habe mir jetzt schon einige Gedanken gemacht.

Bei Problemen wendet sich mein Pferd sofort an den Menschen - spricht ja dafür, dass er in der Beziehung schon viele gute Erfahrungen gesammelt hat - Mensch = Problemlösung

Mein Pferd hat eine irrsinnig niedrige Frustrationsgrenze und kompensiert Stress mit Übersprungshandlungen wie Kratzen und Wälzen

Mein Pferd traut sich offensichtlich keine selbstständigen Problemlösungen zu


Nach der ganzen Sache war mein Pferd vom Kopf her sehr müde... Das Ganze hat nicht länger als max. 15 Minuten gedauert.

Mich würden eure Gedanken dazu interessieren. Bitte seht mir nach, dass ich meinem Pferd auch mal so einem Frust ausgesetzt habe. Ich finde es ist wichtig, sein Pferd auch mal auf diese Weise genauer kennen zu lernen und einzuschätzen.

Gerne hätte ich auch Anregungen zu anderen Denksportaufgaben, auch gerne welche die einfacher zu lösen sind.

Freue mich schon auf den Austausch und eure Gedanken.
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blex
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von blex »

:lol: wenn dein Signaturspruch zu dir passt, passt er wohl auch zu deinem Pferd ;)

Ich glaube, der verlässt sich einfach auf dich. Irgendwie ja auch voll schön oder? ;)
Also ich glaub, ich würde das ganze nochmal machen und weggehen :whistle: Lass ihn dochmal allein mit dem Bottich, wär sicher interssant, was er dann macht, wenn du nicht da bist? Versteck dich und schau zu oder stell ne Cam auf :-D

Noch eine Denkaufgabe:

Kleinen Läufer (Teppich) auslegen, Leckerlies reinlegen und den Teppich zusammenrollen. Pferd soll dabei zuschauen. Nun soll er den Teppich ausrollen, um an die Leckerlies zu kommen :dance1:
Immer Leckerlie, dann wieder ein Stück rollen - Leckerlie, rollen usw... damit er zwischendurch natürlich immer was bekommt und nicht bis zum Schluss warten muss ;)

Und dann natürlich hier berichten :) Viel Spaß!
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kolyma
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von kolyma »

Wie der Herr so Gscherr. Wir sind uns charakterlich wirklich ähnlich ^^

Ich werds mal mit weggehen probieren. Allerdings glaube ich, dass er dann den Kübel konsequent mit Nichtachtung straft und sich an den Reitplatzeingang oder ans Roundpentor stellt und wartet, dass ihn jemand da raus holt.

Wir hatten jetzt bereits zwei Mal die gefährliche Situation, dass er sich mit dem Anbindestrick gefesselt hat. Leider geben die Panikhaken ja nie nach, wenn sie sollen. Beide Male wurde er von mir befreit. Mit dem Ergebnis, dass er in solchen Situationen halt wartet bis ich komme und nicht mal mehr versucht sich zu wehren - das finde ich ja grundsätzlich schon sehr, sehr löblich. Er hat halt gelernt: Problem? - Mama machts dann schon. ^^

Geht ja sogar so weit, dass er mir im Sommer zeigt, wo die bösen Bremsen sitzen und dass ich sie bitte tot hauen soll :lol:
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blex
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von blex »

ach wie goldig - schon süß :herzi:

Mit den Bremsen das kenn ich auch - meiner kommt dann schreiend (und ich übertreibe nicht) angelaufen und zeigt mir, wo sie sitzen, damit ich ihn schlagen kann :lol:
Echt, manchmal denk ich, was will er denn, warum rempelt er so? Bis ich dann sehe, dass ne Bremse am Hals sitzt :lol:
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von WaldSuse »

Ich finde,daß du das Spiel zu schwer gemacht hast.Normalerweise nimmt man einen stinknormalen Eimer,macht den zu 2/3 voll Wasser und macht EINEN Apfel rein.So einen großen Bottich kann das Pferd nicht umkippen.Und Umkippen ist durchaus eine Lösung des Problems.Er war so frustriert,weil seine Lösung,nämlich umkippen,nicht funktioniert hat.Schön finde ich auch,daß er zuerst dich gefragt hat. :-D
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von ehem User »

Ich denke auch, dass es mit einem normalen Eimer besser gewesen wäre, weil der leichter umzukippen ist.

Deinem Fazit stimme ich deswegen nur bedingt zu - dem letzten Punkt nämlich nicht ganz.

Ansonsten hab ich ähnliche Beobachtungen gemacht, dieses Spiel ist sehr aufschlussreich, ganz besonders, wenn man es nacheinander mehrere Pferde machen lässt :-n
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Jochen
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von Jochen »

Off topic zu Panikhaken:

Zuverlässige Sollbruchstellen für Halfterverschluß und Anbinder bastele ich gratis aus soundsovielen Fasern Ballenschnur (Nähgarn geht aber auch). Durch ein paar Zerreißproben herausfinden, wieviele Fasern man an dieser oder jener Stelle bei diesem oder jenem Pferd braucht. (Bei schlauen Losreißern hilft es oft, mehrere immer stärkere Sollbruchstellen, hintereinander, als Schlaufen, in den Strick einzubinden.)

Off topic Ende.
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von WaldSuse »

Ich habe mich ganz spontan inspirieren lassen und heute das Apfelspiel mit Dustin gemacht.
Also Wasser in den Eimer,Dustin den Apfel gezeigt und Apfel in den Eimer.Er schnubbelte etwas rum,dann ein hilfesuchender Blick zu mir.....ich war aber gemein und hab ihm nicht geholfen.Er dachte nach und versuchte,den Eimer leer zu trinken.Aber er hatte wohl zu wenig Durst,klappte nicht.Wieder Frage an mich,ob ich nicht doch....?Nö.
Er schnubbelte wieder rum und ich hatte den Eindruck,als ob er versuchen würde,den Stiel mit den Lippen zu packen...
Bild
Ja,und dann machte er folgendes:Ein direkter Blick zu mir,untermalt mit dem Satz: " Hab keinen Bock mehr auf den Scheiß,mach das doch selber!" Ich guckte auf einen mir demonstrativ hin gestreckten Pferdehintern und von vorne kamen recht laute Heumampfgeräusche. Und ich guckte leicht verdattert darauf:
Bild
:lol: :lol2:
Im Nachhinein freute ich mich einfach über seine deutlich geäußerte Ablehnung.
Gut,da stand der Eimer und Mayo guckte neugierig mit langem Hals , "Was habt ihr da?" Okay,dann versuche du es mal.
Und er machte sich konzentriert an die Arbeit.Tja,war nicht so einfach. Frage an mich.Er machte weiter.Zwischendurch mal nachdenk*kauschleck*,weiter mach.Dann versuchte er die Umschmeißvariante,Huf hoch...anderen Huf hoch...aber er traute sich nicht,obwohl ich ihn aufmunterte.Dann versuchte er,den Eimer mit dem Kopf zu Fall zu bringen.Aber er hatte nicht genug Schwung.Zwischendrin mal wieder Frage an mich.....Huf hoch.....Huf wackeln....Ich merkte dann,daß er langsam Frust bekam und hab für ihn den Eimer um gekippt,damit er dann den Apfel verspreisen konnte,den er sich wirklich verdient hatte. :-D
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von kolyma »

Umschmeißen hätte er es mit Leichtigkeit können. Mich hat es eh gewundert, da ich schon öfter beobachtet habe, wie er Bottiche in der Größe umkippt.
Aber ich werde es dennoch nochmal mit einem Eimer probieren.

Das Spiel hatte ich damals mit meiner RB auch probiert. Allerdings war der in etwa doppelt so alt (15) wie meiner und daher auch abgeklärter und erfahrener. Der hat zwei, drei Dinge probiert und sich dann dafür entschieden die Äpfel mit dem Kinn an den Wannenrand zu buggsieren und somit einzuklemmen.

Habe es auch schon mal mit einem jungen Noriker gemacht - auch zwischen sechs und acht Jahren alt, der ähnliche Probleme hatte wie meiner (selbes Alter).... Vielleicht ist es auch eine Frage des Alters. Die Rahmenbedingungen waren alle in etwa gleich.

Vermutlich bin ich auch daher gar nicht auf die Idee gekommen einen einfachen Eimer zu nehmen.... War vielleicht tatsächlich etwas zu schwer für ihn.

@WaldSuse - finde es spannend, dass dein Pferd sich fast genau so verhält wie meines. Nach dem Motto: Blödes Spiel - hab keine Böcke darauf ^^
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Re: Apfeltauchen - Problemstellung und Bewertung des Verhalt

Beitrag von WaldSuse »

Ich hab das schon mal mit ihm gemacht,da hat er den Apfel mit der Lippe hoch gerollt,muß dazu aber sagen,daß er es leichter hatte,der Eimer war nicht rund,sondern so ein Futtereimer,halbrund,da konnte er den Apfel in der Ecke mit der Oberlippe hoch rollen und verspeisen.
Ich denke,daß es auch nach der Tagesform gehen kann. Vielleicht hat er an nem anderen Tag mehr Lust.Aber wie schon gesagt,ich war sehr froh über seine deutliche Ablehnung,weil er immer lieb und sanft ist.
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