ADHS-Pony

Moderator: Keshia

Benutzeravatar
Weibi
Sportpferd
Beiträge: 1290
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 05:58
Wohnort: München

ADHS-Pony

Beitrag von Weibi »

Bitte lacht mich jetzt nicht aus, ich bin gerade wirklich mit meinem Latein am Ende. Seit November habe ich meinen wunderbaren bald 7jährigen Haflingerwallach Nano. Er kam mit aktuem Übergewicht und wenig gearbeitet zu mir. Davor stand er in einem OS mit ganztägig und jährig Weide. Anfangs hatten wir ein paar Probleme, Keshia hat mir viel mit ihm geholfen. Mittlerweile würde ich behaupten, dass wir eine ganz gute Beziehung zueinander haben. Zumindest für die kurze Zeit...

Er ist ein kleiner Sturkopf, geht aber überall mit mir hin und ließ mich in keiner Situation mit mir hängen. Anfangs kannte er es nicht beim putzen angebunden zu sein und still stehen zu müssen. Wir haben also "Steh" und gegen das betteln "Kopf weg" geclickert. Soweit so gut. Das einzige wirkliche Problem das ich mit ihm habe, bzw. mit seiner Art ist, dass er ununterbrochen am rüsseln ist. Er kann wenn ich in seiner Umgebung bin nicht entspannt sein. Er bietet mir ununterbrochen irgendetwas an oder rüsselt mich an, bis ich "Kopf weg" sage. Daraufhin erwartet er natürlich ein Leckerli.

"Kopf weg" macht er allerdings vielleicht ein Sekunde, dann schaut er wieder zu mir. Wenn ich statt "Keks" "prima" sage um die Situation länger zu bekommen wird er motzig oder reagiert gar nicht mehr. Beim putzen schaut er sich zum Beispiel ständig nach mir um. Vor allem wenn ich auf der rechten Seite bin. Wenn ich mich mit jemanden unterhalte hängt er ununterbrochen an mir dran. Wenn ich in seinem Paddock bin folgt er mir jeden Schritt. Er begrüßt mich sofort wenn er mich sieht, teilweise wiehert er. Mich freut die Begrüßung wahnsinnig, ich wünschte nur, er könnte zum Beispiel beim putzen einfach mal abschalten und nicht ständig an mir rumrüsseln.

Er ist auch bei anderen so unendlich neugierig und aufdringlich. Die SBs finden ihn super witzig, sprechen mich aber auch an und sagen Sachen wie "ich habe Griffe an der Hütte montiert und dein Pony wäre am liebsten auf meinen Rücken geklettert um besser sehen zu können".

Kurz gesagt ich wünsche mir, dass mein Dicker zwischendrin mal runter kommt. Wie ich das erreichen kann ist für mich gerade ein Rätsel. Mit clickern haben wir viel erreicht, ich möchte es nicht aufgeben. Gestern habe ich es mir beim putzen leicht gemacht und einfach ein paar Karotten vor ihm auf den Boden gelegt. Bis er fertig war, war ich auch fertig. Aber das muss doch auch anders funktionieren?
Seit er im neuen Stall steht sieht er viel zufriedener aus. Er hat einen gleichaltrigen Ponywallach mit dem er zusammen auf der Koppel viel spielt. Figurtechnisch wird es immer besser. Allerdings nicht durch Diät sondern durch Bewegung. Wir gehen viel raus und zweimal die Woche wird er von meiner RL geritten. Er macht wirklich einen zufriedenen Eindruck. Ist aber so unendlich neugierig und aufgedreht, dass ich manchmal wirklich verzweifle. Ich weiß einfach nicht welcher Ansatz der richtige ist.
Wenn ich ihm beim putzen einen Klaps auf die Nase gebe wenn er sich umschaut und "Nein" sage macht er trotzdem weiter. Klar, es kommt ja auch eine Reaktion. Sage ich beim umschauen "Kopf weg" und kekse ihn dafür komme ich nicht mehr zum putzen, er macht es nur eine Sekunde und ich bin zu doof ihm das länger beizubringen. Ignoriere ich ihn wird er immer zappeliger und rempelt mich an.

Wenn ihr irgendeine Idee habt, bitte her damit! Er ist wirklich ein ganz toller, lieber und aufgeweckter Kerl. Ich liebe ihn von ganzen Herzen, ich hätte nur so gerne etwas mehr Ruhe in unserer Beziehung. Sogar fremde attestieren ihm ADHS :?
Benutzeravatar
Purgatori
Schulpferd
Beiträge: 603
Registriert: Do 14. Nov 2013, 11:48
Wohnort: München

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Purgatori »

Alle Pferde haben ADHS ;)

Deiner ist halt einfach etwas aufdringlich. Kommt bei Haflingern häufiger vor. (Der bei uns am Stall hat als erster raus gehabt, wie man in die Futterraufe am Fressständer reinsteigt, um das rausgefallene Heu auch noch zu erwischen)

Montoja hat mich auch nur abgerüsselt, bis ich die Leckerlis wieder eingestellt hab. Uns hat das gut geholfen. Er kann sich einfach besser konzentrieren, wenn er nicht dauernd auf "Ich-will-ich-will-ich-will" ist. Ich weiß, du willst weiter klickern, aber ein Versuch könntest du machen.
Benutzeravatar
kolyma
Lehrpferd
Beiträge: 2625
Registriert: Fr 7. Sep 2012, 23:13
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: ADHS-Pony

Beitrag von kolyma »

Ich würde es auch eindämmen. Zumindest so lange bis die Grundregeln sitzen.
Auf das Gerüssel würde ich mit Aufmerksamkeitsentzug reagieren. Das heißt Pferd einfach stehen lassen. So lange er Erfolge verbuchen kann wird er es weiter machen. Und ein Kläppschen auf die Nase ist für ihn bereits Erfolg...
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


"Besser wenig und das Wenige gut."Egon v. Neindorff

leidenschaftliche Pferdefotografie: https://www.facebook.com/melanie.viereckel.photography
Rennfisch
Schulpferd
Beiträge: 780
Registriert: Do 28. Jun 2012, 12:11

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Rennfisch »

Kommt mir irgendwie bekannt vor... ;) Clickern im Alltag hat sich bei Funky und mir auch nicht bewährt, mittlerweile machen wir das so: Es gibt fest abgegrenzte Clickereinheiten; das Zeichen, dass eine solche ansteht, ist der Clickerbeutel an meiner Hüfte; hab ich den nicht oben, gibt es nichts, und er braucht gar nicht erst versuchen zu betteln. Ausnahmen sind wenn ich komme bzw. gehe, und jaaa, manchmal gibts zwischendrin ein Leckerli, aber grundsätzlich nur als Belohnung. Ich hab auch im alltäglichen Umgang nie Leckerli eingesteckt, damit ich gar nicht erst in die Versuchung komme, bzw. damit Funky keinen Frust haben braucht, weil er riecht, dass ich was mithabe, und er es aber nicht kriegt. Das haut bei uns ganz gut hin.
:aquarium2:
ehem User

Re: ADHS-Pony

Beitrag von ehem User »

:-e

Also wenn das Pferd einen abrüsselt beim Clickern, dann hat man m.E. etwas falsch gemacht in der Höflichkeitserziehung. Und ebenso, wenn es wegen des Clickernstotal überdreht im "Ich-will"-Modus ist. Wenn es das hingegen grundsätzlich ist - und so klingt es ja hier - dann macht es auch keinen Unterschied ob man clickert oder nicht.

Sieben ist ja noch ziemlich jung, dann ist da die zweite Umstellung des Stalls innert relativ kurzer Zeit, viel (mehr) Arbeit als noch vor dir, oder?
Dann - Bist z.B. du ein Ruhepool für dein Pferd? Stimmt deine Körpersprache? Wa kommunizierst du letztlich genau?

Dauer aufbauen, egal wobei, finde ich selbst - als ungeduldige, lebendige Person - eine der schwierigsten Übungen überhaupt, aber wenn es nicht klappt, liegt das mehr an mir als an meinen Pferden. Mein Jungpferd z.B. hat unheimlich Temperament und ist das neugierigste, unerschrockenste Pferd, das ich kenne. Trotzdem steht er viel ruhiger am Anbinder als mein Ex-Pony, das mir - tadaa - viel länger gehört hatte :lol:


edit, wenn ich grad in deinem anderen thread so lese, ich kenn da ne gute clickertrainerin in deiner gegend... :kicher:
Zuletzt geändert von ehem User am Mi 26. Feb 2014, 20:44, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Fionnlagh
Pegasus
Beiträge: 15830
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:37

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Fionnlagh »

Das ist, ums kurz zu machen, einfach eine Übungssache ;)
Meiner ist 5, ganz genau der gleiche Typ Pferd, dazu wahrscheinlich um einiges größer und schwerer und wird "schon immer" geclickert und zwar immer, zu jeder Zeit ;)
Ich denke, du musst dir darüber im Klaren sein, was du willst! Clickern macht die Pferde nun mal extrem aktiv und reaktiv. Hat man ein Pferd, dass das von sich aus sowieso schon ist, ist das noch mal ein anderes Kaliber ;) . Das muss man erst mal gelenkt bekommen und das ist nicht immer leicht und liegt auch nicht jedem bzw. will das gar nicht jeder.

Ansonsten ist das einfach Arbeit, viel viel Arbeit. Bei uns hat das Jahre gedauert und wir sind immer noch nicht am Ende.
Ich würde ganz viel Weichübungen mit ihm machen, ganz viele Kopftargets und dazwischen ganz viele Ruhesequenzen. Einfach nebeneinander sein, kraulen und kratzen, gemeinsam atmen, ohne Anforderungen.

Bei mir hab ich festgestellt, dass das auch ganz viel mit mir zu tun hat. Oft bin ich innerlich so gestresst, das mir die innere Ruhe fehlt und das wirkt sich extrem auf´s Pferd aus. Mir ist das ewig lange gar nicht aufgefallen :tuete: . Dachte immer, ich bin eh entspannt...
Ich kann mein Pferd gut "ruhig atmen" hab ich kürzlich erst festgestellt. Dabei auch die Körperspannung raus nehmen, sich selber entspannen!!!
Ich hab z.B. ewig an der "Kopf tief"-Übung rum getan. Pferd nahm Kopf runter und "rums" sofort wieder hoch :roll: . Irgendwann hab ich angefangen, bei der Kopf-tief-Übung auszuatmen, bewußt zu entspannt, ein bisschen in mich zusammen zu sinken und siehe da :staun: mein Pferd kann tatsächlich den Kopf auch ein bisschen länger unten lassen ;)
Also selber ganz viel :ohm: haben!

Pferde sind nun mal gute Spiegel, die kennen uns viel besser als wir uns selber kennen, hab ich manchmal den Eindruck ;)
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
Nucades
Einhorn
Beiträge: 7629
Registriert: Mi 6. Jun 2012, 21:33

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Nucades »

Für mich klingt das überhaupt nicht nach ADHS, sondern nach einem sehr klugen und gewitzten Pony :-)
ehem User

Re: ADHS-Pony

Beitrag von ehem User »

Laura, schöner Beitrag! :-d
Benutzeravatar
Weibi
Sportpferd
Beiträge: 1290
Registriert: Fr 18. Okt 2013, 05:58
Wohnort: München

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Weibi »

Er ist laut der Vorbesi schon immer so gewesen. Sie hatte gesundheitsbedingt zum Schluss kaum noch Zeit für ihn, er wirkte unterfordert. Als klar war, dass sie ihn nicht mehr händeln kann hat sie mich angeschrieben. Sie hat ihm nie Leckerlis aus der Hand gegeben, eben weil sie dachte, dass er noch schlimmer wird mit dem anrüsseln. Für mich war kein Unterschied erkennbar, ich hab nach 3 Wochen mit ihm angefangen zu clickern.
Ich bin keine ruhige Person. Wenn ich Stress habe werde ich hektisch, wenn ich frustriert bin sowieso. Ich freue mich aber jeden Tag auf ihn und meine Zeit mit ihm ist für mich sehr schön und mein Ruhepol. Im Gelände wenn ich Herzklopfen kriege weil ein LKW kommt und er es auch deutlich merkt bleibt er total entspannt. Dafür wird er im Wald, oft gerade wenn es eng wird immer schneller (im Schritt). Da schaffen wir es aber zusammen wieder Ruhe rein zu bringen. Bei ihm bin ich ein wesentlich ruhigerer Mensch als im restlichen Leben. Inwieweit das ruhig genug ist kann ich nicht beurteilen...

Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass alles wo er angebunden oder kurz gehalten für ihn unangenehm ist. Außerdem langweilt er sich sehr schnell. Aber wie ich ihm beibringen soll entspannter zu werden und nicht zu aufdringlich weiß ich wirklich nicht. Die einzige Möglichkeit die mir einfällt ist Karotten hinlegen. Dann sind wir beide enstpannt :oops:

@ Fionnlagh
Kopftargets wollte ich auch mit ihm anfangen, habe es aber noch nicht geschafft zu ergoogeln wie die funktionieren. Ich glaube es hat etwas damit zu tun, die Hand vor z.B. das Auge des Ponys zu halten und zu clickern wenn er sich nähert. Stimmt das Prinzip so? Kannst du mir sagen, was man damit genau erreichen kann?
Beim kraulen wird er z.B. total ruhig und entspannt. Komplett ohne rüsseln. Kopf tief hatten wir angefangen, ich habe ihm damit aber nur nicken beigebracht :oops:
Die Zeit mit ihm zusammen ohne Programm fehlt uns noch eindeutig. Mit meiner kranken Katze bin ich gerade recht eingebunden, dass wird hoffentlich die Woche endlich zum guten ein Ende nehmen. Geht ihr für solche Ruhephasen auf den Platz? Mal ganz blöd gefragt :-D Ich würde mich wohl einfach im Paddock dazu setzen.

@ Nucades
Das sagt mein Mann und mein Gefühl auch :lol:
Benutzeravatar
Fionnlagh
Pegasus
Beiträge: 15830
Registriert: Di 15. Mai 2012, 11:37

Re: ADHS-Pony

Beitrag von Fionnlagh »

Achja, noch was anderes: Wie wird er denn gehalten?
Ich hab deinen anderen Thread kurz überflogen und denke, der junge Mann hat eventuell wenig Gelegenheit Energie abzulassen, kann das sein?
Ich hab bei meinem festgestellt, dass das essentiell ist!!! Der stand immer im Offenstall, aber der Unterschied zu einem Offenstall mit wenig gern spielenden Pferden zu einem Offenstall mit dauernd spielenden Kumpels ist riesig!!!
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
Antworten