Pferd sieht keinen Sinn Auszureiten

[milli]

huhu liebe foris,
heute bin ich absolut frustriert. mein pferdchen sieht einfach keinen sinn drin, mich durchs gelände zu schaukeln.

mein pferdchen ist ne absolut coole und ruhige socke. auch auf dem paddock geht er nur gaaaanz gemütlich. er ist herdenchef und es gibt ja keinen grund sich mal mehr zu bewegen. ich fand ihn auch schon immer für einen wb außergewöhnlich bewegungsunfreudig. habe ihn mit 3,5 jahren gekauft. schon nach 2 wochen habe ich damals den ta geholt, weil ich mir sicher war, dass mit dem pferd etwas nicht stimmen könnte. weil er meiner meinung nach einfach nicht genug motivation hatte (da wurde er noch nicht gearbeitet). aber schon auf die koppel raus ging er am liebsten gaaanz gemütlich im schritt. nix von wegen rausgaloppieren. immer schön gemütlich. klar, wenn er sich mal behaupten musste oder wollte, dann konnte er schon mal rennen. er war auch schon in der damaligen großen herde sehr ranghoch. aber ansonsten mit seinen 3,5 jahren ein absoluter chiller....
er wird erst seit einem jahr regelmäßig geritten. wir machen sehr viel handarbeit (akad. reitkunst), freiarbeit, longieren und gassi gehen. ich versuche sein programm sehr abwechslungsreich zu gestalten. arbeitseinheiten sind kaum länger wie ne halbe stunde.
um ihn auf dem platz zu motivieren, arbeite ich sehr viel mit futterlob. das klappt auch recht gut. er macht dort ganz gut mit. zwar auch gemütlich aber er gibt sich mühe. es ist auch nicht so, dass man ihn übermäßig antreiben muss. trotz seiner chilligkeit ist er sehr sensibel und reagiert gut auf die vorwärtshilfen. er geht aber auch auf dem platz natürlich nur vorwärts weil frauchen das will und nicht weil er einfach mal gerne rennen möchte.
ich glaube die platzarbeit ist akzeptabel für ihn weil er eben weiß, dass es sehr viele leckerlies gibt und weil die arbeit auch meist nicht so anstrengend ist. gerade handarbeit machen wir hauptsächlich im schritt.

das hauptproblem ist nun das ausreiten. er sieht einfach null sinn darin, mich durch die gegend zu schaukeln. ich versuche ihm zwar auch das ausreiten durch viel lob und auch leckerlies von oben schmackhaft zu machen. aber er frägt bei jeder ecke oder nach jedem halt sofort an ob wir nicht umkehren können. und dann auch noch den berg hoch???? absolut keine lust. ich bin meinem pferd sehr nahe und ich merke einfach, wenn er total angekekst ist. er hat von sich aus eben kaum bewegungsfreude .
er ist auch im gelände cool und chillig. es ist also nicht so, dass er nicht von der herde zuhause weg will. wenn wir unterwegs sind, kann auch die herde von ihm wegreiten. das stört ihn alles nicht. hauptsache er kann langsam machen. mich würds nicht mal stören nur schritt zu gehen. wenn ihm der rest schon zu viel ist. aber er will halt am liebsten gar nicht raus zum ausreiten.
gassi gehen ist dagegen ok. da er weiß, dass ich ihn oft unterwegs grasen lasse. das findet er ja super. er spingt auch gerne einen 2m einen hang hoch, wenn er weiß, dass da oben leckeres gras wächst .
ich bin nun total ratlos. ich würde schon gerne 1-2 mal in der woche ausreiten gehen. aber wenn ihm das so gar keinen spass macht, dann macht das mir auch keinen spass. in der gruppe ist es etwas besser, aber alleine absolut öööörks....

hat jemand von euch auch so ein pferd?
ich kann nicht verstehen, wie man so bewegungsunlustig sein kann .
irgendwelche tips, wie ich ihm das ausreiten noch schmackhafter machen kann?

[Sanojlea]

Warum nicht auch beim reiten Fresspausen?

[kolyma]

Ich bin unschlüssig zwischen: Das Pferd muss etwas gesundheitliches haben und das Pferd hat dich voll im Griff und schaut nur, dass es so viele Leckerlis wie möglich abgreifen kann....

Wie schaut denn das Blutbild aus - ist da nie was Auffälliges vorgefallen?

Wie arbeitet dein Pferd mit, wenn du die Leckerlis weg lässt? Was würde passieren wenn du die "insert-coin" Tour mal komplett bleiben lässt?
Deine Beschreibung erinnert mich ein bisschen an einen Automaten, der nur läuft wenn man was einschmeißt.

Andererseits finde ich es sehr, sehr merkwürdig, dass ein Pferd ungerne raus geht. Draußen sein, sich in der Natur bewegen ist das urtümlichste Verhalten eines Pferdes. Unmotivierte Pferde bringt man in aller Regel im Gelände auf Touren. Wenn das Pferd auch draußen keinerlei Motivation hat und nur schlapp durch die Gegend tapert und auch noch den Hang hat jegliche Anstrengung zu vermeiden würde ich echt mal untersuchen lassen ob da nicht doch etwas Gesundheitliches zu Grunde liegt.

Jedenfalls glaube ich, dass die Leckerli-Geberei euch nicht unbedingt voran geht, denn dein Pferd sieht das offenbar nicht mehr als Belohnung für erbrachte Leistung an sondern sozusagen als Vorauszahlung überhaupt was zu tun...

[milli]

@sanojlea
fresspausen: machen wir auch beim ausreiten. aber eben sehr viel weniger als beim gassi gehen. sonst kommen wir gar nicht voran

@kolyma
mit dem automatengedanken hast du völlig recht. mit der fütterei habe ich angefangen, weil er damit einfach viel motivierter ist. gibt es auf dem platz keine belohnung, dann macht er seine arbeit auch. aber die arbeitsmotivation ist eben nicht da. also im sinne von: ok, ich mache das, weil du es willst aber nicht weil er es wirklich gerne tut. und so macht mir dann die arbeit eben auch keinen spass. dann schmeiß ich lieber öfters etwas ein und er ist motivierter bei der arbeit.

blutbilder waren bisher immer unauffällig.

beim gassi gehen ist er wohl nur deshalb motivierter, weil der futterspender ja vorne weg geht und er weiß, dass er etwas bekommt, wenn er fleissig mitkommt.

ich kann ja schlecht beim reiten ne angel mit möhrchen vorne dran halten

früher bei anderen pferden habe ich nie etwas von leckerlies gehalten. aber bei ihm habe ich bisher einfach noch keine andere motivation gefunden.

und ich habe mir schon tausend gedanken gemacht, was mit ihm nicht stimmen könnte. weil er eben so chillig ist.... andererseits ist er herdenchef. dort kann er sich also sehr wohl behaupten. ich denke immer, wenn er doch krank wäre und vielleicht schmerzen hätte, dann würde er sich doch vielleicht eher zurückziehen und seine ruhe haben wollen????

[WaldSuse]

Wie hier einige wissen,mein Pferd gehört auch zu der gemütlichen Sorte,auch WB.Aber wir sind beide keine Jungspunde mehr,also dürfen wir gemütlich sein.
Mein Bube versucht auch öfters,den Weg zu bestimmen,oder zumindest einen Vorschlag zu machen,der IMMER in Richtung Heimat verläuft...Er weiß zuverlässig IMMER,in welcher Richtung seine Weide liegt,auch in völlig fremden Gelände.Mit dem Pferd kann ich mich nie verlaufen.Er braucht auch immer ne zeitlang,bis er warm gelaufen ist,aber dann macht er mit.Er ist kein Typ für Gefühlsausbrüche,was ihn zu einem absoluten Verlaßpferd macht.
Als ich deinen Post durch gelesen hab,kam mir so ein Gefühl,als ob dein Herr Pferd dich ganz gut im Griff hat.....nix für ungut....Wenn er wirklich Herdenchef ist,dann weiß er ganz genau,wie er seinen Willen durchsetzt.Er scheint zu der Sorte "aussitzen" zu gehören.Und wenn du nun länger "sitzen" kannst als er?Gerade heute hatte meiner auch eigentlich keine Lust,war total triebig,obwohl sein liebster Kumpel dabei war.Ich hab dann einfach das bessere Sitzfleisch und gebe nicht nach.Wütend werden nützt nix,das tangiert ihn nicht.Ich muß nur noch länger durchhalten als er.Er fordert mich.Er will ganz genau wissen,ob es mir wirklich ernst ist,ob ich WIRKLICH jetzt dahin will?JA,ICH WILL! Das muß ganz klar in dir zu lesen sein.

[kolyma]

Ich lese bei dir heraus, dass du es gerne deinem Pferd möglichst recht machen möchtest. Du möchest ihn auf der einen Seite bewegen, auf der anderen schonen. Du arbeitest nicht länger als eine halbe Stunde, damit er ja nicht vergrätzt wird und motiviert bleibt. Du versuchst ihm das alles mit Futterlob schmackhaft zu machen.

Aber dein Pferd bekommt das Lob mehr, damit es sich weiter bewegt. Das ist wie in Vorleistung gehen.
Möglicherweise fehlt es ihm schlichtweg an Kraft und Ausdauer. Ein Couchpotatoe der gerne Chips futtert bewegt sich halt nicht so gerne.

Ich würde die Leckerlis streichen, damit dein Pferd lernt, dass auch Bewegung zu einem Wohlgefühl verhelfen kann. Auch Pferde schütten, wie Menschen auch, nach Bewegung Endorphine aus. Dafür müssen sie sich aber, wie Menschen auch, hin und wieder anstrengen und aus der Komfortzone rauskommen.
Auch wenn dir das ein schlechtes Gefühl macht - aber trau deinem Pferd was zu und halte ggf. schlechte Laune auch mal aus. Der Couchpotatoe muss sich vom Sofa erheben und langsam anfangen Sport zu machen. Danach kann er ja wieder auf der Couch schlummern - aber dann mit dem guten Gefühl, welches man hat, wenn man was getan hat.

Wenn dein Pferd mal Kraft und Kondition aufgebaut hat, wird er sich (sofern er tatsächlich komplett gesund ist) auch mehr bewegen wollen. Es gibt auch Übungen die das Pferd von sich aus etwas flotter machen. Übergänge sind eine gute Möglichkeit, Stangenarbeit, kleine Hüpferchen. Schau was deinem Pferd Spass macht und was es aus Eigenantrieb machen möchte (ohne dass ihm ständig was zwischen die Backen geschoben wird) - geh mit Mitreitern raus, zeig deinem Pferd wie abwechslungsreich Gelände ist, wie toll ein flotter Galopp sein kann - selbst wenn du ihn am Anfang etwas mehr anspornen musst.

Das schadet deinem Pferd nicht - im Gegenteil. Leg vor allem deine Angst ab, dass dein Pferd dir beleidigt sein könnte und auch die Vorstellung, dass du dich mit der Situation abfinden musst. Er wird vielleicht nie der große Sportler, aber er wird Freude an seinem Körper finden und auch Freude an der Bewegung.

Ich hab ein Kaltblut - von Natur aus eher phlegmatisch. Nach den ersten Ausritten, die ne dreiviertel Stunde gedauert haben, war er tödlich beleidigt mit mir. Wie konnte ich auch nur. Nunja, der Kerl hatte kaum Kraft. Heute reiten wir stundenlang aus und er ist immer für nen flotten Galopp zu haben. Wie viel Spass das macht musste ich ihm aber auch erst zeigen.

Futterlob ist eine tolle Sache - so lange das Pferd den Spies nicht umdreht und den Besitzer damit besticht. Futter her oder ich mach nix mehr... So sollte es halt auch nicht sein.

[milli]

@waldsuse
danke für deinen beitrag. es hilft mir immer, wenn ich höre, dass es noch mehr pferde von der sorte gibt .

mein problem ist einfach, dass ich gerne spass mit meinem pferd habe. und mir macht es eben keinen spass, wenn ich feststelle, dass mein pferd am liebsten sofort umdrehen möchte.
aber es ist absolut richtig, dass mein pferd mich mittlerweile ganz gut erzogen hat und weiß wie es zu seinen leckerlies kommt. mir ist das inzwischen recht wurscht, hauptsache mein pferd ist dann motivierter .
vielleicht muss ich da irgendwie wieder umdenken

mal ein paar beispiele: mein pferd weiß, dass ich mich beim gassi gehen freue, wenn er auftrabt. leckerlie.
er weiß, dass ich mich irrsinnig über halbe tritte an der hand freue. leckerlie.
also zeigt er solches verhalten beim gassi gehen sehr oft, weil er dann halt seine belohnung abstaubt und ich mich freue, dass er "leben" zeigt.
er macht aber auch alles was ich will ohne leckerlie. aber dann ist der ofen eben auch aus.
sein ofen ist aber auch in der herde auf sparflamme. das liegt jetzt also nicht an mir. er ist eben einfach slow. selbst wenn er mal spielt, sind seine bewegungen irgendwie gemütlicher wie bei den anderen ....

aber ich liebe es auch durchs gelände zu tingeln und fänds halt so schön, wenn er auch ein bisschen spass daran hätte

[milli]

@kolyma
danke auch für deine anregung. das klingt irgendwie auch ziemlich logisch.
kann schon gut sein, dass es ihm an kraft und ausdauer fehlt. auf dem platz wird es wirklich nie sehr anstrengend für ihn und zusätzlich hagelt es noch lecker futter.
im gelände muss er bei uns schon deutlich mehr tun. selbst nur im schritt, da es recht bergig bei uns ist. kein wunder hat er da keine böcke drauf...
vielleicht darf ich da in der tat mal nicht so gefühlsduselig sein und muss da mal über meinen schatten springen.
puh, das wird aber ein hartes stück arbeit an mir selbst .
mit ist es halt am liebsten, wenn sich mein pferd freut
ich werde mir nun zunächst mal ein paar flachere strecken raussuchen für den anfang (hehe, da seht ihr wie gut ich es mit ihm meine ) und dann meine anforderungen langsam steigern.
mal gucken was sich tut

[Hina_DK]

Ich habe mit Reddi ja auch so einen Herdenchef, der es zu Hause am schönsten findet. Am liebsten steht er auf seinem Hügel und überschaut die Weite, passt auf die Herde auf und bewegt sich nur, wenn es denn unbedingt sein muss und bitte ganz gemächlich, denn als Herdenchef muss man ordentlich Energie für eine evtl. Flucht sparen, da wird die dann gebraucht.

Gehen wir ausreiten, hat er erstmal nichts dagegen, reißt sich aber auch nicht unbedingt drum und hat aber einen sehr gelangweilten Gesichtsausdruck. Entfernen wir uns vom Hof, wird angefragt, ob das jetzt überhaupt Sinn macht, er hätte schließlich noch einen anderen Job. Früher endete das immer in einer Kurzkehrtwendung alle paar Meter. Das haben wir jetzt nicht mehr oder nur noch ganz selten aber an jeder Ecke wird mir nach wie vor mit den Ohren von ihm Zeichen gegeben, wenn Du jetzt nicht weiter reitest, sondern Dich da oben nur rumschleppen lässt, dann macht das wenig Sinn, dann schaun wir lieber, ob bei den anderen alles in Ordnung ist. Wenn wir dann traben, dann geht das alles gaaaaaanz in Ruhe und ein netter Galopp ist auch wirklich ein nettes Schaukelpferdgalöppchen, immer schön mit der Ruhe und bitte ordentlich Energie sparen, wer weiß, wozu wir die noch brauchen.

Krank ist er nicht. Er ist sogar eigentlich ein guter Läufer, war ja Distanzpferd. Der kann auch richtig Tempo machen in jeder Gangart, wenn die Motivation da ist. Da liefert der sich auch mal ein Rennen mit galoppierenden Pferden im Renntrab und das kann der richtig gut. Es ist bei ihm wirklich in erster Linie eine Motivationsfrage. So baue ich unterwegs dann auch immer mal irgendwas ein, was Abwechslung reinbringt, steige auch mal ab und gehe mit ihm etwas zu Fuß, lasse ihn grasen usw. Dann geht das auch ganz gut aber ich weiß, dass geritten werden, nicht unbedingt seine Lieblingsbeschäftigung ist. Er ist mit Leib und Seele Chef und gemächlich. Ich habe mich mit ihm geeinigt, dass ich ihn nicht sonderlich viel reite, weil ich sowieso nicht so die super passionierte Reiterin bin aber wenn, dann machen wir das auch richtig und maulen nicht rum. Da wir uns super verstehen, klappt das auch . Mit Bodenarbeit läuft das übrigens bei uns recht ähnlich. Machen wir alles brav und folgsam aber wir müssen es nicht unbedingt übertreiben .

Ich glaube, Herdenchefs sind da auch manchmal etwas spziell. Kenne zwei Herdenchefreiter, die ähnliches zu berichten haben. Natürlich sind das auch oft besonders charakterstarke Pferde, die auch ihren Besi recht schnell in den Griff bekommen können, ohne dass der das so bewusst mitbekommt .

[Sky4ever]

Darf ich mich mal mit einer Frage einbringen, dir mir gerade unter den Nägeln brennt?

Meint Ihr, dass es nur bei Herdenchefs oder höherrangigen Pferde vorkommt?

Mein Junior (7) ist nämlich auch eine "Schlaftablette", den man um jeden Schritt bitten muss, egal ob auf dem Platz oder im Gelände. Er ist tierärztlich und von einer THP und Osteo durchgecheckt, alles im grünen Bereich.

Auf der Weide spielt er aber ausdauernd und ziemlich heftig, zeigt dabei viele schnelle Galoppaden, und hat immer noch nicht genug, wenn sein Gegenüber schon völlig fertig ist. Er spielt sich wirklich durch die ganze Herde durch, wenn ein Spielpartner k.o. ist, geht er zum nächsten und fordert ihn zum Spielen auf. Dabei ist er aber eher rangniedrig. Wenn auch eben frech und verspielt.

Ich suche auch die Ursache für seine mangelnde Lust beim Reiten (Longieren, Bodenarbeit, pp.), aber es kann ja nicht sein, dass er seine Herde beschützen will, denn Chef ist er nun wirklich nicht, eher so an letzter Stelle...

LG Rabea