Verhalten beim Freilaufen

Moderator: Keshia

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Weibi
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Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Weibi »

Ich brauche mal bitte eine Einschätzung von euch, ich hatte heute eine etwas komische Situation am Stall:

Nano hatte wahnsinnig viel Bewegungsdrang und war unterm Sattel recht unkooperativ. Man hat einfach gemerkt, dass er rennen und buckeln möchte. Ging leider die ersten paar Minuten nicht, weil eine longiert hat und eine andere geritten ist. Schenkelweichen ging einigermaßen, Schritt-Trab-Übergänge auch, zwischendrin hat er aber gebuckelt und war total motzig. So kenne ich ihn eigentlich gar nicht.

Als die beiden den Platz verlassen hatten, habe ich ihn abgesattelt und laufen lassen. Er ist von mir weggetrabt, dann losgedüst mit quietschen und bocken. Am anderen Ende umgedreht, im Vollspeed auf mich zu, 3-5m vor mir zu einem großen Bogen abgedreht und wieder im vollen Galopp zur anderen Seite. Inklusive buckeln, ausschlagen und quietschen. Meiner Meinung nach hat er gespielt, sein Gesichtsausdruck war freundlich, er ließ sich rufen und auf brrr durchparieren.
Zwei Einsteller haben mir dann zugebrüllt, dass ich ihm beim nächsten mal wenn er auf mich zukommt ich ihm eine knallen soll. Viel ist mir dazu leider nicht eingefallen, gemacht habe ich es natürlich nicht, es war ja nix. Er passt beim ausschlagen schon auf, dass er mich nicht trifft. Selbst wenn ich ihm hinterher rennen würde während er ausschlägt würde er mich nie treffen.
Beim spielen wenn er frei läuft und ich losrenne schießt er auch oft quietschend und buckelnd von mir weg. Wenn ich ihn rufe oder stehen bleibe reagiert er aber sofort entsprechend. Für mich spiegelt sein Verhalten Lebensfreude wieder und keine Aggressivität. Sein Blick ist freundlich, die Ohren gespitzt. Was er manchmal macht ist sich groß machen und dann vor mir ganz fest ausatmen. Was mir das sagen soll weiß ich nicht, ich fühle mich aber zu keiner Situation bedroht durch ihn.
Mein Mann war mit mir auf dem Reitplatz, er sieht die Situation genauso wie ich und hat mich während unserem anschließenden Spaziergang mit Nano versucht zu beruhigen. Nachdem er sich ausgebuckelt hatte war er wieder wie ein Lämmchen. Super aufmerksam und gut zu händeln.

Jetzt stehe ich wohl etwas inkompetent mit einem rüpeligen aggressiven Pony da. Eure lassen doch mit Sicherheit auch Dampf ab? Ich war echt irritiert, wenn ich nicht drauf sitze oder an der Longe hänge kann er doch mit genügend Abstand sich ausbocken? Er kann sich ja nicht immer zusammenreißen?

Dazu kommt, dass eine Pferdepflegerin sich von meinem Pony bedroht fühlt. Vielleicht hat auch das noch bei der Reaktion der beiden Frauen mit reingespielt. Die Pferdepflegerin wird von der Diakonie vorbei gebracht und mag Nano gar nicht. Sie denkt er bedroht sie, er ist aber einfach nur neugierig und dazu auch noch etwas rüpelig. Wenn man ihm klare Grenzen zeigt hat man keine Probleme mit ihm.
Die SBs sehen es Gott sei Dank genau wie ich, ich mache mir aber Gedanken ob ich etwas ändern könnte. Nano ist ein junges, neugieriges Pony der durch den Gewichtsverlust und das Antrainieren viel Energie übrig hat. Die Pferdepflegerin glaubt mir leider nicht wirklich, sie spricht mich nur immer wieder an wie bedrohlich mein Pony doch ist.
Dadurch, dass ich arbeite kann ich ihr nicht zur Seite stehen. Ich möchte aber auf keinen Fall, dass mein Pony von anderen als bedrohlich aufgenommen wird.

Sorry, ist jetzt echt lang geworden...
ehem User

Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von ehem User »

Also ich würde mir da keine Gedanken machen. Auch, wenn meine Nase eher selten Dampf ablässt - viiiieeeel zu anstrengend! - so kennt man doch die Körpersprache und Gesichtsausdrücke seines Pferdes am besten.
DU würdest es merken, wenn dein Nano dich bedroht, und DU kennst den Unterschied zwischen seinem Spielgesicht und sein Drohgesicht.

Mit der Pflegerin würde ich vielleicht mal sprechen und ihr zeigen, wie sie sich Nano gegenüber verhalten muss, wenn er rüpelt. Das ganze dann vielleicht ein paar mal üben und schon bald wird sie sich sicher fühlen und dein "Mörderpferd" ist bei ihr kein Thema.

Und die anderen Einsteller ... Naja. Wer der Meinung ist, seinem Pferd "eine knallen" zu müssen, wenn er unsicher ist... Der ist vielleicht nicht die ideale Person, um Ratschläge zu geben, was meinst du?
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kolyma
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von kolyma »

Freu dich, dass dein Pony dich in sein Spiel mit einbeziehen möchte. Lass die Leute reden, die werden so ein Glück mit ihren Pferden nie erleben, weil sie ihnen die Türe vor der Nase zuknallen.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Hina_DK
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Hina_DK »

Ich würde mich auch nicht von den anderen verrückt machen lassen. Das ist leider der Nachteil von so einem Stall mit vielen Leuten. Es wird nicht wirklich versucht, die Ausdrucksweise der Pferde verstehen zu lernen, es wird eine Meinung gehabt und das ist eine Meinung, die aus Erfahrungen im Umgang mit Menschen zusammengebastelt werden. Pferde sind aber keine Menschen und haben andere Ausdrucksweisen.

Dein Pferd bedroht niemanden, es ist ein Fluchttier wie alle Pferde, er will ihr sagen, hey kommt, spiel mit mir, es ist so toll heute. Und ja, junge Pferde sind nunmal noch nicht so gut in ihren Bewegungen koordiniert, weil Tempo und Steuerung noch nicht immer ganz so super zusammen passen. Man nennt das dann gerene Rüpeligkeit, ich nenne meinen Tigull, der auch so ist immer den Grobmotoriker. Aber egal, wie man es nennt, man kann damit umgehen lernen und das auch ganz ohne Dominanzgehabe und "jetzt musst Du es ihm aber zeigen". Man muss nur überzeugen können, dass ja alles gut und schön ist aber es einen gewissen Abstand zum Menschen geben sollte, bei aller Lebensfreude und auch immer noch ein Ohr beim Besi bleiben sollte und ja, die machen das auch.

Was es bedeutet, wenn ein Pferd kommt, sich groß macht und ordentlich schnaubt ? Das bedeutet, hey, schau mal, wie groß ich bin ;). DAS können wir auch, uns groß machen und schon findet Pferdchen das recht beeindruckend :). Nein, der will Dir damit nicht sagen, dass er Dich gerade anzweifelt, der will nur sagen, dass er ein richtig tolles Pferd ist. Eben ein bißchen auf die K...e hauen ;). Ja, wo ist das Problem, davon tanzt so ein Pferd einem ja nicht gleich auf die Nase rum, wenn man sich nicht auf selbiger rumtanzen lässt.
Viele Grüße
Hina

Probiers mal mit Gemütlichkeit
Nucades
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Nucades »

Weibi hat geschrieben: ich fühle mich aber zu keiner Situation bedroht durch ihn.
Dann warst Du auch nicht bedroht ;)
Jetzt stehe ich wohl etwas inkompetent mit einem rüpeligen aggressiven Pony da.
Ja, das kenne ich :teehee: Da hilft nur drüberstehen und bald wird jemand anderes in den Fokus der hilfreichen Mit-Einstellerinnen rutschen...
Dazu kommt, dass eine Pferdepflegerin sich von meinem Pony bedroht fühlt.
Auch das kommt mir sehr bekannt vor. Nach meiner Erfahrung mit meinem Pferd ist es einfach so, dass jeder selbst im Umgang mit ihm klären muss, was in Ordnung ist und was nicht. Mein Pferd überträgt meine Regeln nicht auf andere, vielleicht ist es bei Deinem ähnlich.
Dadurch, dass ich arbeite kann ich ihr nicht zur Seite stehen.
Das kann auch nicht Deine Aufgabe sein, sondern die des SB, weil die Helferin ja für ihn arbeitet, also sollte er sie auch anleiten.
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Sunny77
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Sunny77 »

*hachja* Ich darf bei uns in der Halle gar nicht lauen lassen, aber Enia kann sich leider im Offenstall auch nicht altersgemäß austoben und macht das dann, wenn sie an der Longe hängt. Sie hat sich mal los gerissen und quietscht, keilt und rennt dann in der Halle umher und kommt dabei auch mit vollspeed auf mich zu... ich gebe zu, mir wird dann schon mal mulmig... Aber außer beim allerersten Mal, als ich sie gerade erst ein paar Tage hatte, hat sie mich noch nie erwischt bei diesen Tobe-Aktionen. Von daher finde ich es (gerade zu dieser Jahreszeit) total okay, wenn das Pony sich austobt. Wenn's Nötig ist, um anschließend konzentriert arbeiten zu können, dann ist das so. Klingt für mich nicht nach "agressiv", sondern nach "spielen" :)
Liebe Grüße,
Sunny
Eine unerwartete Reise
ehem User

Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von ehem User »

Zwischendurch macht meiner das auch. Ich finde das total schön wenn er dann im Trab die Beine schmeißt als währe er Tortilas, stehen bleibt ,Schweif hoch, sich groß macht und faucht wie ein Drache. Ich schmeiße dann ein Möhrchen rein und zack ist er wieder weg um nach einer Weile wieder so angeschwebt zu kommen. Man sieht ihm genau an wie toll er sich da grade findet. So beeindruckend läuft der sonst nicht :mrgreen:
Auch dieses Buckeln,quicken, sich hinschmeißen und wälzen um sekunden später wieder auf zu springen und weiter zu galloppieren finde ich total lustig. Lebendsfreude pur. Ich freu mich dann mit.

Ich würde mit der SB reden ob sie nicht bei der Helferin vermitteln/sprechen könnte.
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Weibi
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Weibi »

Danke für eure ganzen Antworten!
Ihr habt mir sehr über meine Zweifel geholfen, dass am Sonntag war wirklich nur spielen und absolut harmlos. Ich habe mir nochmal ein Video angeschaut, wo er auch losrennt und quietscht und sich auch groß macht und schnauft, dass hat mir zusammen mit euren Beiträgen geholfen ;)

Mit der SB habe ich heute gesprochen. Sie selbst fühlt sich überhaupt nicht von Nano bedroht, die Pflegerin ja leider schon. Wie sie mit ihm umgehen soll kann ich ihr leider nicht zeigen, bei mir macht er es nicht und wenn ich mit ihr in der Paddockbox bin auch nicht. Da ignoriert er sie komplett und hängt nur bei mir rum. Die SB wird eine Leine ziehen um einen Teil des Paddocks abtrennen zu können. Dann kann die Pflegerin misten und sie und mein Pony haben ihre Ruhe. Das ist wohl die einfachste Lösung. Gerade nach der heutigen Situation.

Die unschöne Sache geht leider weiter. Ich war mit Nano auf dem Platz, er frei. Davor hatte ich ihn in seinem Paddock geclickert und noch jede Menge Karottenstücke in der Tasche. Heute hatte er gar keinen Bewegungsdrang wie am Sonntag, war eigentlich total lieb. Ich wollte, dass er auf dem Zirkel um mich herum geht. Kurz gesagt Abstand hält. Zur Unterstützung hatte ich eine Longierpeitsche dabei. Die Übung kennt er und macht das eigentlich wunderbar.

Ich hatte nur zu attraktive Leckerlis in der Tasche, eigentlich klickere ich mit Pelletts, die waren leider aus. Er ist lauter Ostereier um mich herum gekringelt und wollte partou nicht von mir weg. Als er mir zu nahe kam habe ich ihm leicht (!) mit dem Stock von der Peitsche gegen den Po geklopft. Daraufhin hat er in meine Richtung den Po gelupft, also angedeutet auszuschlagen. Ich habe ihm ohne nachzudenken nochmal leicht auf den Po geklopft, selbe Reaktion vom Pony. Dann habe ich ihn angebrüllt und er ging wieder auf den Zirkel. Die Pflegerin hat die Situation beobachtet und hält ihn jetzt für das Monster schlechthin befürchte ich :?
Danach wollte ich, dass er stehen bleibt und wartet bis ich ihn rufe. Ich konnte mich nicht mal einen Meter entfernen ohne das er mir hinterher läuft. Die Übungen kann er.

Jetzt frage ich mich natürlich, was ich ändern kann und was ich falsch mache. Hintern lupfen als Drohung geht für mich gar nicht. Wie sollte ich in Zukunft reagieren? Ich werde in Zukunft nicht mehr mit Karotten clickern sondern Heubussis oder Heucobs nehmen, die dürften nicht so interessant sein. Das clickern an sich möchte ich nicht weglassen :(
'Vermutlich wirke ich total inkompetent, ehrlich gesagt fühle ich mich auch gerade etwas überfordert. Mein Pony ist kein bösartiges Tier, er ist jung, neugierig und hat Probleme ruhig zu sein. Ein ADHS-Pony. Wie kann ich es ihm leichter machen und trotzdem der "Chef" bleiben? Habt ihr Ideen? Ich habe gerade keine außer die Leckerlis auszutauschen... Mein Kopf ist gerade total zu...
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kolyma
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von kolyma »

Ich kenne noch so nen Hafi ^^

Kurzum - das Verhalten ist schon ein deutliches drohen - alá "Alte - pass uff sonst bums!" - alles in allem völlig normal und im ersten Moment auch nicht wirklich bedrohlich. Er sagt dir seine deutliche Meinung.

Jetzt gibts mehrere Möglichkeiten damit umzugehen. Ich bin ein Vertreter der Ansicht, dass ein Pferd mir durchaus auch mal sagen darf, dass es mich scheiße findet. So lange ein respektvoller Abstand zu mir eingehalten wird wird ausfeuern in meine Richtung in der Regel ignoriert und übergangen.

Und genau da sollte jetzt dein Ansatzpunkt sein. Erst mal für dich entscheiden wieviel dieser Ansagen gegen dich du zulassen willst und zweitens, dass der Abstand eingehalten wird.

Man kann nur miteinander arbeiten wenn gewisse Regeln festgelegt sind.
Höflichkeit ist das A und das O. Vor allem beim Clickern. Du bist hier nicht der Futterautomat an dem man sich das Futter ggf. mit Gewalt einfordern kann.

Ich würde zurück kehren zur Höflichkeitsübung. Und ich würde das Weichen üben. Beim Führen, Longieren, ect.pp. genau festlegen wo sich dein Pony aufhalten darf. Das Pony auch mal weg schicken und deinen Raum für dich beanspruchen.

Man findet es ja meisten sooooooooooooooooo süß, wenn das Pony nur an einem klebt. Das hat leider oft nichts mit Zuneigung zu tun sondern für das Pferd bedeutet es: "Wenn ich nur immer bei dem Menschen bleibe gibt sie mir sicher noch so was Feines zum Naschen"
Das Pferd muss auch lernen, dass du auch deinen Raum brauchst und du es einlädst und genau so weg schicken kannst. Wenn du es weg schickst gibts nix mehr. Punkt.

Gerade bei so aufdringlichen Exemplaren muss man da hin und wieder deutlich werden. Auch wenns weh tut. Aber man tut sich nix gutes wenn man seine 500Kilo unbeabsichtigt dazu erzieht einem auf den Schoß zu krabbeln.
Bild Geduld ist die hohe Kunst sehr langsam wütend zu werden...:ohm2: :sofort:


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Purgatori
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Re: Verhalten beim Freilaufen

Beitrag von Purgatori »

Das Ausfeuern in meine Richtung hat mich am Anfang auch ziemlich verunsichert. Inzwischen hab ich verstanden, dass das auf pferdisch einfach "A..loch" heißt und das sag ich dann einfach zurück :mrgreen: (Gut, ich will nicht wissen, was der Rest vom Stall von mir denkt, aber mir hilfts, es rauszulassen). Danach machen wir dann normal weiter.
Ich glaub nicht, dass mich meiner in dem Moment wirklich treten will, es ist mehr eine Demonstation seiner Laune.
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