Herden- Umstrukturierung?

Moderator: Keshia

Abendsonne

Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Abendsonne »

Hallo, mir brennt was auf den Nägeln.
Meine 24-jährige Quarterstute, die ich jetzt schon das 9. Jahr in der selben Herde stehen habe, bestehend aus noch 2 andren Stuten, hat im Moment Stress mit der jüngsten Stute.
Diese Stute ist ca. 6 Jahre alt und war in der Rangordnung immer ganz "unten".

Die Stute die, wie ich sage, in "der Mitte" der Rangordnung steht, bewegt sich nicht "vom Fleck", also sie bleibt immer gleich und ihr ist es auch nicht wichtig wem sie folgt, die ist im Moment auch eher "zwischen den Stühlen". Die kommt schon zurecht.

Mehr erschreckt mich fast schon die Kämpferei zwischen meiner Stute und der Joungsterin.
Die Jüngste rennt oft auf meine Stute zu, beißt sie und läuft dann wieder weg, ganz schön gemein.
Meine Stute schaut sich das (in meinen Augen viel zu lange) an, wenns ihr zu blöd wird dreht sie um, rennt rückwärts auf die Junge zu und quietscht was das Zeug hält, springt hinten hoch und deutet Schläge an und legt die Ohren an (das Drohverhalten was halt Pferde zeigen).

Wenn ich so zuseh (ich mische mich da natürlich nicht ein), fällt mir auf, dass die Jüngste oft meine Alte so lange am Gehen hält, wie sie es für richtig hält. So kommt es mir vor, sie treibt sie vor sich her.
Trotzdem habe ich das Gefühl, bzw. der letzte Drops ist hier noch nicht gelutscht, sie machen gerade aus, wer die Anführerin wird.
Ich sehe wie meine Stute Energie spart, sich aber auch nicht alles gefallen lässt. Und der kleine Fratz ist ganz schön unausgelastet, wird sich ja auch fast nicht gekümmert drum. (Unterm Sattel ist sie wie ein Lamm, kann sich das ändern?, mir gehört sie ja nicht).

Ich verstehe, dass in einer Pferdeherde neu ausgemacht werden muss, wer das "vertrauenswürdigste Leittier" sein wird, wenn Stuten oder Herdenmitglieder anfangen älter zu werden und das nützt die junge Stute glaube ich aus!
Die wissen alle, dass meine nicht mehr so "kann" und jetzt fängt die Fragerei an.

Das beobachten wir jetzt schon einige Wochen lang und wäre ich nach dem Spazierengehen gestern nicht noch 15 Min. am Zaun stehen geblieben, hätte ich das gar nicht mitbekommen.

Auch mir gegenüber ist sie "schneller einsichtig", sie diskutiert nicht mehr sooo lange mit mir wie früher.
Sie wird irgendwie mir gegenüber anhänglicher und ich bin sowieso daran, beständig und immer ruhig und gleichbleibend ihr gegenüber zu sein. Sie soll wissen, dass sie bei mir ihren "Anker" hat. Egal wer sie auf der Koppel anstänkert, bei mir ist sie immer willkommen.
Im Gelände wiehert sie noch immer andren Pferden hinterher, ich überlege echt, endlich mal wieder auf die andre Nachbarsranch des Stalles zu gehen und sie dort einfach mal wieder "umschauen" zu lassen. Sie zieht immer in diese Richtung wenn wir daran vorbeigehen.

Baut sie jetzt ab? Klar sie ist bald 25, da ist nicht mehr alles frisch, trotzdem ist es interessant aus diesem Verhalten zu lernen und zu sehen, wie Rang-Umstruktuierungen in Herden sich auf das Verhalten Menschen gegenüber verändert.
Hoffentlich habe ich nicht zu viel geschrieben.
Wenns jemand kommentieren mag?
LG
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kolyma
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Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von kolyma »

So eine Herde ist ja ein sehr dynamisches Gefüge. Und was in der Herde läuft beschäftigt das Pferd ja auch dauerhaft. Den Menschen sieht sie ja auch nur ein paar Stunden am Tag.

Mein Wallach ist auch recht sensibel und jede Bewegung in seiner kleinen Herde bekomme ich auch mit. Momentan ist alles sehr harmonisch, die Wallache spielen viel und ich habe in der letzten Zeit beobachtet, wie meiner immer öfter nachgibt und auch mal weicht. Früher wäre das nicht vorgekommen. Wir sind jetzt ein Jahr an diesem Stall und meiner hat sich jetzt so langsam richtig eingelebt.
Es gibt einen Tagesrhytmus und eine tiefere Verbundenheit. Meiner versucht nicht mehr ständig die Rangfolge mit aller Macht zu verteidigen. Er weiß, dass er Cheffe ist und so wird er den anderen gegenüber nachsichtiger. Der andere Wallach darf ihn zwicken und zum Spiel auffordern und er benimmt sich in seinen jungen Jahren wie eine alte Katzenmutter - er scheint immer wenn er gepiesackt wird zu denken: "Ach ja... die Kinder..." ^^
Wenn seine Stute rossig ist, ist er auch nicht mehr so cholerisch sondern sieht auch das etwas gelassener. Vor einigen Wochen war das auch noch anders.

Und das wirkt sich auch auf unsere Arbeit aus. Er ist abgeklärter, geduldiger und bereiter mir zuzuhören. Im großen und ganzen auch sehr anschmiegsam und chillig.

Darf gerne so bleiben. Aber da eine Herde ja immer ein bisschen im Wandel ist, kann das in einigen Wochen schon wieder ein bisschen anders sein.

Muss dazu sagen, dass seine kleine Herde aus lauter etwa gleichalten Pferden (alle zwischen 7 und 10 Jahren) besteht. Fände es auch schön, wenn noch ein älteres Pferd dabei wäre. Denn die Leitung der Herde ist für meinen Jungspund schon auch anstrengend.
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ehem User

Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von ehem User »

Ich finde es toll, dass du alles so genau beobachtest!
Es gibt da noch einen wichtigen Aspekt aus meiner Sicht: Kämpft die jüngere Stute um die Leitpferd-Position oder um den Rangplatz? Ist sie vom Verhalten her einfach dominant oder zeigt sie Leitpferd-Verhalten? Also kümmert sie sich um den Tagesablauf, die Sicherheit und das Wohlbefinden der kleinen Herde? Das kann man ja gut daran erkennen, wie sie sich beim Grasen und überhaupt den lieben langen Tag über verhält, wie aufmerksam sie die Umgebung überwacht etc.
Und dieses leitpferdartige Vor-sich-her-Treiben - macht sie das auch mit der mittleren Stute? Gibt sie generell die Impulse, den Platz zu wechseln?
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kolyma
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Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von kolyma »

Was mir noch eingefallen ist - möchte die Junge die Ältere vielleicht einfach nur zum Spielen auffordern?

Unser zweiter Wallach kneift meinen momentan ständig in die Schweifrübe um ihn zum Spiel aufzufordern. Er ist dabei auch sehr aufdringlich. Meiner ist nicht so die Hupfdohle, aber manchmal macht er dann doch mit und dann ist wieder ne Weile Ruhe. Hab vor einigen Tagen davon ein Video gemacht - wenn du Interesse hast, kann ich dir es gerne per PN schicken. Darauf sieht man, wie aufmüpfig und aufdringlich der andere Wallach ist und wie meiner auf die Spielaufforderung widerwillig einsteigt. Mit der Rangordnung haben diese spielerischen Rangeleien aber recht wenig zu tun.
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Abendsonne

Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Abendsonne »

In der Box z.B. steht die Jüngere neben meiner Stute und giftet sehr oft rüber zu meiner Stute. Besonders wenns Futter gibt, legt sie die Ohren an und keilt in Richtung meiner Stute aus. Die hat schon die Stalltüre ganz schön zerkratzt , darauf hat mich erst meine Tante gebracht, die haut oft so hin an die Türe, dass es knallt und die Mauer schon ein ganzes Stück aufgebrochen ist. Also immer wieder. Allerdings weiß ich nicht, ob sich die beiden Pferde da nicht auch oft dagegenlehnen und die Mauer so immer weiter "aufbröckelt".

Das ist eine gute Frage, ob die Jüngere auch Leitqualitäten an den Tag legt, meiner Meinung nach nicht weil die zwar auf meine mit angelegten Ohren zurennt und beißt, aber sich dann oft wieder zum Fressen begiebt, auf der Weide mein ich jetzt. Auch traut sie sich nicht ans andre Ende der Koppel allein, meine Stute geht da voraus. Ich glaube die testet. Aber ob da wirklich jetzt Ernst dahinter ist, kann ich noch nicht sagen. Meine Tante meint, dass sie es jetzt grad "ausraufen", aber bei genauerer Beobachtung finde ich nicht, dass die Jüngste Führqualitäten hat.

Die "mittlere" Stute habe ich aber heute beobachtet, hat schon noch die Oberhand über die Jüngste.

@kolyma, interessiert mich schon Dein Video.

Ich werde jetzt (Mo und Di bin ich so lange in der Arbeit) erst wieder am Mittwoch in den Stall kommen. Das ist halt auch blöd, wenn man nicht jeden Tag hin kann.

Heute beim Spazierengehen ist mir auch aufgefallen, dass meine Stute andren Pferden hinterher wiehert, wenn sie alleine mit mir unterwegs ist. ->Ne neue Herde sucht sie nicht, oder?
Dennoch bleibt sie bei mir, sie ist halt dann ein paar Minuten recht angespannt und sehr guckig.

??? Rangplatz oder Leitpferd? Ist das Ranghöchste nicht auch gleich das Leitpferd?
ehem User

Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von ehem User »

Naja, es gibt schon beträchtliche Unterschiede zwischen Leitpferden und Leitpferdqualitäten und dem Verhalten eines dominanten Pferdes, das versucht, in der Rangordnung aufzusteigen. Vielleicht müsste ihr es tatsächlich noch eine Zeitlang beobachten. Wenn es über weiterhin eher nach dem aggressiven Verhalten eines dominanten Pferdes aussieht und nicht nach Leitpferd-Wechsel, würde ich mich einmischen und am Respekt- und Sozialverhalten arbeiten. Ist die Stute denn euch gegenüber respektvoll oder versucht sie auch öfter, euch "herumzuschubsen" und eure Grenzen zu verletzen?
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Nelchen
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Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Nelchen »

Oh oh, wie gut ich das kenne und wie ich da mit meiner Stute gelitten habe. Sie war auch Leitstute in ihrer 5 köpfigen Herde und das 22 Jahre lang. Dann wurde sie alt. :cry: Und Pferde können grausam sein! Fast wie Menschen, will man meinen. Sie ist jetzt 28 und die Letzte im Rang.
Es fing alles an, als die Sehkraft etwas nachließ, sie kurzsichtiger wurde. Sie wurde unsicherer, klebte dann oft an anderen Pferden, die noch rangniedriger waren und wurde auch guckiger im Gelände.
Als ich sie raus nahm und nur mit ihrer "Freundin" stellte, wurde sie depressiv und teilnahmslos. Ich dachte, sie wird alt und habe sie auch nicht mehr geritten. Da wurde alles schlimmer. Sie hatte richtig abgeschlossen mit dem Leben. Ich habe sie dann wieder in die Herde gestellt und als sie dann immer die Erste am Zaun war, als die Kinder ihre Pferde fürs Reiten holten, sie einfach mal mitgenommen. Seit sie eine Aufgabe hat und trotz letzdem Rang wieder in der Herde steht, meistert sie ihr dasein ihrem Alter entsprechend gut.
Aber es war hart für sie, 5 Ränge "zu fallen" und auch für mich, das zu sehen und zu wissen, dass ich nicht viel tun kann, da es denen ihre Gesetze sind und nicht meine. :?
Für mich, bzw. mir gegenüber war sie nie ein Pferd , welches auf ihren Status bestand. Ich habe allerdings auch noch einen Junghengst, der ist 5, dem bekommt es z. B. garnicht, wenn er der ranghöchste ist. Er ist in seiner Persönlichkeit noch nicht gefestigt, sodass er auch dem Menschen gegenüber "kämpft"(also mir). Das muss man echt nicht haben!
Ist jedoch ein anderes Pferd Chef, ist er der liebste Schmusebär, gehorsam, aufmerksam und überhaupt nicht hengstig.
Er muss das allerdings noch lernen und ist, wie gesagt, noch nicht gefestigt und unerfahren. Das kommt auf den Typ Pferd an, ob dann beim Menschen auch getestet wird. Muss also nicht sein, dass die junge Stute sich im Verhalten ändert.
Es kann alledings auch Stress für sie bedeuten, jetzt den Rang übernehmen zu müssen, weil kein Anderer da ist. Wenn sie kein Anführer-Typ ist, kann das genauso schlimm werden, wie die Verdrängung vom Rang.
Das Idealste wäre wohl, eine Herde alter Damen zu haben, aber wer hat das schon? :? (Alte Pferde können genauso senil werden, wie Menschen! ;) )
LG Katrin

Ein Tänzer scheint nur denen verrückt, die die Musik nicht hören.
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Lottehüh
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Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Lottehüh »

Die Leute mit rangniedrigen Pferden müssen schon immer damit leben, dass ihre Pferde rangniedrig sind :-) Deshalb drängen die auch gerne darauf, dass die ORganisation im Stall so ist, dass auch der rangniedrigste Futter, Wasser und Schatten hat. Wenn das alles gegeben ist, sollte es ja nicht schlimm sein, wenn das eigene Pferd an Rang verliert.

Solange Dein Pferd nicht offensichtlich total gestresst ist, nicht ans Futter kommt und / oder Verletzungen hat, würde ich glaube ich abwarten.
Das Leben schenkt Dir ein Pferd - reiten musst Du schon selber.
:schritt:
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Neddie
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Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Neddie »

Ich glaube auch, dass es schlicht normal ist, dass ältere Pferde im Rang absteigen. Macht auch unter dem Aspekt der Herdensicherheit in der Natur Sinn.

Unsere ehemalige Leitstute ist jetzt 25, sie ist sicher nicht die letzte im Rang, aber immer noch unsere "Mutti": Sie nimmt jeden Neuankömmling unter ihre Fittiche. Allerdings gab es im letzten Jahr ein paar Neuzugänge und deshalb guckte der ältere Wallach, der schon bald sehr an seiner Frau hing, ziemlich doof, als die ihn einfach für eine neue Stute hat stehen lassen :teehee:

Aber Chefin ist sie halt nicht mehr, und augenscheinlich ist das für sie nicht besonders schlimm, sie sieht immer noch bestens aus.

Wenn deine Stute nicht zuuu arge Verletzungen davon trägt, würde ich sie das mit dem Jungspund ausdiskutieren lassen. Oder du kaufst dir noch eine in mittleren Jahren, die Chefin wird und die Junge in Schach hält? :-D
„Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen.“

Kurt Tucholsky
Abendsonne

Re: Herden- Umstrukturierung?

Beitrag von Abendsonne »

Hätte ich noch genügend Geld, würde ich sofort bei mir zuhause Stall bauen, sie einpacken und mir 1 einzigen Einsteller dazu suchen. :!:

Ich lasse die Pferde das sowieso allein ausdiskutieren!! Ich mische mich sicherlich nicht ein, ich arbeite 3 Tage in der Woche lang und wann sollte ich dann meinem "Aufpasser-Dasein" gerecht werden, wenn ich nicht Zeit habe, außerdem brauchen Pferde keine Menschen zum Aufpassen.
Die mittlere Stute zickt auch zu der jüngeren hin, ich dachte eigentlich sie ließe sich einiges gefallen; nicht so am Sonntag!

Meine Stute hat keinerlei Verletzungen und sie kommt jederzeit ans Futter, wir haben nachts Boxenhaltung und tagsüber Weide ganzjährig. Wobei man mal im Frühjahr mit dem Wassertrog auf der Koppel gucken muss.
Aber nachdem ich beobachtet hab, wie krass meine Stute rückwärts auf die junge losgegangen ist, Howdy, Hut ab!! Die lässt sich nix gefallen.

Das ältere Pferde nicht mehr die Oberleittiere sein dürfen in der Natur ist nur überlebenswichtig für die Herde. Eine senile alte Pferdedame die vergessen hat, wo die Wasserstelle ist, kann tödlich sein für den Rest ihrer Herde.
Aus dem Nähkästchen gesprochen ist es für mich jetzt nicht so schlimm, weil ich erhoffe, dass dadurch meine Stute endlich mal entdeckt, dass ihr Frauli ja eigentlich ne ganz gemütliche Person ist die auf sie aufpasst. Immernoch!

Letztens beim Putzen war ihr Gesichtsausdruck nach einer Rangelei auf der Koppel ungefähr so:
"Puh, weißt du Frauli, du bist garnich so übel. Du kennst mich jetzt lange und mir ist noch nie was passiert in deiner Nähe" - schnaub und ganz lieb guck :-D
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