Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Moderator: Keshia

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Keshia
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Keshia »

Hallo Sunny,

tatsächlich ist es so, daß die einmal erlernte Höflichkeit sich sehr stark einprägt - so zumindest meine Beobachtung. Allerdings kann es passieren, daß man dem Pferd nur beibringt, VOR dem Click höflich zu sein. Es ist jedoch auch wichtig, daß das Pferd lernt zu warten, bis die Belohnung zu ihm kommt.
Der erste Schritt hierfür ist das Füttern in Position. Das Leckerli wird nicht am eigenen Körper gefüttert, sondern mit ausgestreckter Hand von dir weg. Ich mache das z.B. so, daß das Pferd dabei den Kopf gerade vor seinen eigenen Körper halten muß.

Zweitens habe ich eingeführt, daß es auch nach dem Click das Leckerli zunächst in der Faust gibt, und erst wenn Pony stillhält und nicht mehr nach der Hand hapst (anfangs habe ich das mit Handschuhen geübt!), öffnet sich die Faust, und es darf das Leckerli nehmen.
So haben die Pferde, mit denen ich bisher geclickert habe, recht schnell gelernt, daß ein Kopfschnicken, Hapsen oder Ohren anlegen gar nichts bringt. Die Belohnung kommt erst nach "dauerhaft höflichem" Verhalten.

Zusätzlich kann man eine kleine Aufgabe zwischen Click und Belohnung einsetzen. Dies kann sein, daß der Kopf in eine höhere oder niedrigere Position genommen werden soll (leicht zu erreichen, indem man das Leckerli in der Faust dort anbietet, wo der Kopf sein soll, das Pferd muß sich organisieren, um ans Leckerli zu kommen), kann aber auch sein, daß das Pferd einen Schritt nach hinten oder vorn gehen soll (durch Kommando für rückwärts/vorwärts, dann Leckerli in Position).

Es gibt ganze Abhandlungen über das Thema. ;-) Wichtig ist meiner Meinung nach einfach der Punkt, daß man dem Pferd sagen muß, wie man es gerne hätte. Was soll es in der Zeit zwischen Click und Belohnung tun? Das muß erstmal dem Menschen klar sein, dann kann er es seinem Pferd erklären. :-)
Der späte Wurm entgeht dem Vogel.

"Wenn Du meinst, daß das Abenteuer gefährlich ist, probier's mal mit Routine. Die ist tödlich."
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Muriel
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Muriel »

"Höflichkeit auf Signal" ist auch noch nicht "höfliches Verhalten", sondern "ich drehe den Kopf weg bis der Click kommt".
Deshalb umfasst das Thema Höflichkeit auch sehr viel mehr. Insbesondere nützlich ist es, Höflichkeit als Bettelverhalten zu etablieren und über freies Formen jedes Kopfwegdrehen zu belohnen, ohne Signal.
Da ich keine so guten Erfahrungen mit Kopf-WEG-drehen gemacht habe, bestärke ich "Kopf geradeaus und ruhig". Dann bleiben die Pferde besser auf mich konzentriert, und man kann es besser in alle andere Situationen übernehmen.
Mein Signal dazu ist kein aktives (also kein Wort, das ich sage), sondern eine Körperhaltung, die dem Pferd signalisiert: Wenn Du jetzt Dich bemühst, den Kopf geradeaus und ruhig hältst, dann ist die Chance auf einen Click sehr groß.
Diese Körperhaltung kann ich dann immer unauffällig einsetzen, wenn ich es möchte. Die Signalwirkung ist sehr groß, wenn es gut geübt wurde.

Und ja, bei einem Pony kann es sein, dass das Thema immer wieder aufkommt. :twisted: Pferde sind keine Automaten, insofern liegt es in der Regel an der eigenen Konsequenz, wie stark das Thema Höflichkeit ein normales Verhalten wird, das sich immer eher lohnt als aktiv am Menschen herumzunagen.
"Gegen Zielsetzungen ist nichts einzuwenden, sofern man sich dadurch nicht von interessanten Umwegen abhalten lässt."
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Sunny77
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Sunny77 »

Hallo ihr beiden :)

Danke für Eure Anregungen.
Keshia hat geschrieben:Allerdings kann es passieren, daß man dem Pferd nur beibringt, VOR dem Click höflich zu sein. Es ist jedoch auch wichtig, daß das Pferd lernt zu warten, bis die Belohnung zu ihm kommt.
Muriel hat geschrieben:"Höflichkeit auf Signal" ist auch noch nicht "höfliches Verhalten", sondern "ich drehe den Kopf weg bis der Click kommt".
Deshalb umfasst das Thema Höflichkeit auch sehr viel mehr. Insbesondere nützlich ist es, Höflichkeit als Bettelverhalten zu etablieren und über freies Formen jedes Kopfwegdrehen zu belohnen, ohne Signal.
Ja, genau das ist es glaube ich, was bei Enia und mir abgelaufen ist - ich habe ihr beigebracht auf Signal "Höflich" (Wort) den Kopf weg zu drehen. Also hat sie nur gelernt VOR dem Klick höflich zu sein. Ich habe das freie Formen ursprünglich benutzt, um sie (mit Signal/Click) zu konditionieren. Ist es dann im Nachhinein noch eine gute Idee, das zu ändern und das Signal weg zu lassen?
Keshia hat geschrieben:Der erste Schritt hierfür ist das Füttern in Position. Das Leckerli wird nicht am eigenen Körper gefüttert, sondern mit ausgestreckter Hand von dir weg. Ich mache das z.B. so, daß das Pferd dabei den Kopf gerade vor seinen eigenen Körper halten muß.
Das mache ich durchaus auch. Da Enia mir ja gerne "auf den Schoß kriecht" habe ich vom ersten Tag an etabliert, dass sie einen Schritt zurück gehen soll/muss, weil das Leckerli mit ausgestrecktem Arm irgendwo an der Bugspitze oder an der Schulter präsentiert wird - leider habe ich den Energieparmodus eines verfressenen Ponys unterschätzt, sie macht die lustigsten Verrenkungen um an die Belohnung zu kommen, OHNE sich bewegen zu müssen ;)
Keshia hat geschrieben:Zweitens habe ich eingeführt, daß es auch nach dem Click das Leckerli zunächst in der Faust gibt, und erst wenn Pony stillhält und nicht mehr nach der Hand hapst (anfangs habe ich das mit Handschuhen geübt!), öffnet sich die Faust, und es darf das Leckerli nehmen.
So haben die Pferde, mit denen ich bisher geclickert habe, recht schnell gelernt, daß ein Kopfschnicken, Hapsen oder Ohren anlegen gar nichts bringt. Die Belohnung kommt erst nach "dauerhaft höflichem" Verhalten.
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mich das bisher nicht getraut habe... Enia beißt tatsächlich zu, wenn es ihr nicht schnell genug geht oder sie meint, da wäre noch was in der Hand. Ich habe natürlich bei WzP gelesen, dass man das genau so machen soll, aber ich hatte gehofft, es gäbe vielleicht noch einen anderen Weg.

Im Grunde muss ich also nach dem Klick die Belohnung präsentieren, aber in der geschlossenen Faust halten, solange das Pferd nicht ruhig bleibt. Egal, wie viel Zeit dann zwischen Click und Belohnung gerät?
Keshia hat geschrieben:Zusätzlich kann man eine kleine Aufgabe zwischen Click und Belohnung einsetzen. Dies kann sein, daß der Kopf in eine höhere oder niedrigere Position genommen werden soll (leicht zu erreichen, indem man das Leckerli in der Faust dort anbietet, wo der Kopf sein soll, das Pferd muß sich organisieren, um ans Leckerli zu kommen), kann aber auch sein, daß das Pferd einen Schritt nach hinten oder vorn gehen soll (durch Kommando für rückwärts/vorwärts, dann Leckerli in Position).
Also einen Schritt Rückwärts etablieren hat ja wie oben geschrieben noch nicht soooooo gut funktioniert ;)
Aber mit Kommando "Zurück!" dazwischen - verwässert das den Click dann nicht?
Keshia hat geschrieben:Wichtig ist meiner Meinung nach einfach der Punkt, daß man dem Pferd sagen muß, wie man es gerne hätte. Was soll es in der Zeit zwischen Click und Belohnung tun? Das muß erstmal dem Menschen klar sein, dann kann er es seinem Pferd erklären. :-)
Ja, das ist richtig :) Für mich ist eben unklar, wie ich dem Pferd erkläre (ohne den Click zu verwässern), dass ich von ihm erwarte, dass es halbwegs entspannt darauf wartet, dass ich ihm die Belohnung schon reichen werde.
Muriel hat geschrieben:Mein Signal dazu ist kein aktives (also kein Wort, das ich sage), sondern eine Körperhaltung, die dem Pferd signalisiert: Wenn Du jetzt Dich bemühst, den Kopf geradeaus und ruhig hältst, dann ist die Chance auf einen Click sehr groß.
Ich habe Dein Signal übernommen für "Kopf geradeaus, tief und warten" :) DAS funktioniert sehr gut - es geht mir nur darum, dass ich ja ein ganz anderes Verhalten belohnen möchte (z.B. Übertreten) mit Click - und dann nach dem Click noch etwas anderes ab zu fragen (Kopf tief) und das dann ohne Click zu belohnen - irgendwie wiederspricht das meinem Verständnis der Verknüpfung von Aktion (Signal) - Reaktion (Übertreten) - Click (Marker) - binnen kürzester Zeit Belohnung. Wenn ich in diese Kette noch ein anderes Signal mit einer anderen Reaktion einfüge und das ohne Marker belohne, wird die Belohnung nicht mehr mit dem ursprünglich korrektem Verhalten (Übertreten) in Verbindung gebracht, oder?
Muriel hat geschrieben:Und ja, bei einem Pony kann es sein, dass das Thema immer wieder aufkommt. :twisted: Pferde sind keine Automaten, insofern liegt es in der Regel an der eigenen Konsequenz, wie stark das Thema Höflichkeit ein normales Verhalten wird, das sich immer eher lohnt als aktiv am Menschen herumzunagen.
Ja, da hast Du absolut Recht!!! :) Ich bin schon so konsequent und gebe NICHTS ohne Click raus - aber die Versuchung scheint doch immer größer zu sein, als die Selbstbeherrschung (jedenfalls, nachdem wir mit dem Clickern begonnen haben - im normalen Umgang, z.B. beim Führen oder Halftern knabbert sie ja quasi nicht mehr).

Ich werde heute Abend mal versuchen, den Schritt zurück zu gehen und Höflichkeit ohne Signal zu fördern und mit Lederhandschuhe anziehen und mich der Herausforderung stellen, dass sie lernt Futter freundlich und höflich zu nehmen...
Diese Körperhaltung kann ich dann immer unauffällig einsetzen, wenn ich es möchte. Die Signalwirkung ist sehr groß, wenn es gut geübt wurde.
Liebe Grüße,
Sunny
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tara
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von tara »

ich kann mir schon vorstellen, daß es bei verfressenen...ähh... futterorientierten Pony schwieriger ist. Das Polo wosste anfangs gar nicht, was er mit dem Keks auf meiner Hand machen sollte. Ich mußte ihm den förmlich zwischen die Zähne schieben. Und auch heute noch geiert er keineswegs nach dem Keks.
Liebe Grüße
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Sunny77
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Sunny77 »

tara hat geschrieben:ich kann mir schon vorstellen, daß es bei verfressenen...ähh... futterorientierten Pony schwieriger ist. Das Polo wosste anfangs gar nicht, was er mit dem Keks auf meiner Hand machen sollte. Ich mußte ihm den förmlich zwischen die Zähne schieben. Und auch heute noch geiert er keineswegs nach dem Keks.
Du hast es gut *ggg* :D
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Sunny77
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Sunny77 »

Sooooo - Experiement "Futtererziehung" ist geglückt. Also - relativ jedenfalls.
Enia und ich haben uns in den Round Pen zurück gezogen so dass sie drinnen stand, 2 Balken zu, ich draußen.
Wir haben dann zuerst noch mal (ohne Signal) Höflich sein geübt. Das ging binnen bruchteilen von Minuten. Nach 2 Clicks stellte sie sich brav einen Schritt hinter die Balken und "bettelte" mit abgewandtem Kopf. Das haben wir etwa 8-10 mal gemacht, um es noch mal zu festigen und gerade am Anfang eine hohe Clickerrate zu haben.

Gleichzeitig habe ich das Futter immer in der Faust verschlossen, wenn sie grob wurde. Interessanterweise hat sie kein einziges Mal versucht wirklich zu zu beißen - sie hat nur "angenibbelt". Wenn dann kein Futter kam, hat sie recht schnell abgelassen. Sobald sich die Hand öffnete fraß sie aber wieder "mit Zähnen". Ich vermute das es unter Anderem daran liegt, dass ich Pellets benutze, die in den Ritzen zwischen meinen Fingern stecken bleiben und sie die total gerne da raus popeln würde, das aber ohne Zähne nicht hin bekommt. Bei größeren "normalen" Leckerli's macht sie das nämlich nicht.

Ich bin dann zu ihr rein, kurze Pause, kraulen. Dann habe ich das Signal "Hände vor dem Bauch" geübt zum Kopf geradeaus, etwas senken und still halten. Das fiel Anfangs 2 oder 3 mal auch recht leicht, mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad (nebenan grasende Ponys urden rein geholt) war Enia aber nicht mehr ansprechbar. Zuerst stand sie am Ausgang, total angespannt, hochgerissener Kopf, wiehrte, rannte ein paar mal herum in wildem Trab/Galopp Gemisch, kam dann aber zu mir - und kroch mir wieder quasi in die Tasche.

Soll heißen, sie kommt mir mit Kopf und Schulter so nah, dass sie mich auch regelrecht schubst/drängelt und dabei schnabbelt sie dann an Jacke und Belohnungstasche herum. Meine Vermutung ist, dass sie durch die "von der Herde verlassen werden" Situation so stresst, dass sie bei mir nach Nähe sucht - aber eben nicht besonders respektvoll. Meine Strategie war in diesem Fall, dass ich los gegangen bin und sie mir folgen mußte. Ganz ruhig im Schritt. Blieb sie mit Kopf/Hals in respektvollem Abstand neben mir, ohne zu überholen oder an mir herum zu knabbern oder sich zurück fallen zu lassen, dann gab's nach 2 Schritten C+B.
Leider hat sie dann wieder genau das Verhalten gezeigt, was ich beschrieb - ich Clicke, sie bedrängt mich und schnappt nach der Hand, während ich sie an die Stelle führe, wo ich füttern möchte (eine Armlänge seitlich von mir, etwas weiter unten, so dass sie den Kopf senken muss). Ich habe das nach dem 3. Versuch abgebrochen, weil sie eben NICHT bei mir blieb, sondern immer wieder weg lief, mich überholte, anknabberte, etc.

Wir haben dann noch 2x Kopf senken auf Signal "rausgewürgt" (ich habe auf 5 Signale nur 2x eine verlässliche Reaktion bekommen) um die Einheit irgendwie halbwegs positiv und mit etwas ruhigem zu beenden.

Hätte ich die Einheit abbrechen sollen, als sie in Stress geriet? Lernt sie dann nicht, dass sie sich nur aufregen braucht und dann ist die "Arbeit" vorbei? Mir hat das Ganze jedenfalls gezeigt, dass Enia vor Allem dann "aufdringlich" wird, wenn sie etwas stresst. Das Verhalten ist demnach ein guter Indikator dafür, wie es ihr geht (naja, das kann man am Giraffenhals und am gespannt-wie-ein-Flitzebogen auch sehen, aber ich glaube Aufdringlich sein ist eine Zwischenstufe zwischen "alles OK" und "ganz schlimm").
Liebe Grüße,
Sunny
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Keshia
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Keshia »

Sunny77 hat geschrieben: Ja, genau das ist es glaube ich, was bei Enia und mir abgelaufen ist - ich habe ihr beigebracht auf Signal "Höflich" (Wort) den Kopf weg zu drehen. Also hat sie nur gelernt VOR dem Klick höflich zu sein. Ich habe das freie Formen ursprünglich benutzt, um sie (mit Signal/Click) zu konditionieren. Ist es dann im Nachhinein noch eine gute Idee, das zu ändern und das Signal weg zu lassen?


Im Grunde muss ich also nach dem Klick die Belohnung präsentieren, aber in der geschlossenen Faust halten, solange das Pferd nicht ruhig bleibt. Egal, wie viel Zeit dann zwischen Click und Belohnung gerät?

Also einen Schritt Rückwärts etablieren hat ja wie oben geschrieben noch nicht soooooo gut funktioniert ;)
Aber mit Kommando "Zurück!" dazwischen - verwässert das den Click dann nicht?

Ja, das ist richtig :) Für mich ist eben unklar, wie ich dem Pferd erkläre (ohne den Click zu verwässern), dass ich von ihm erwarte, dass es halbwegs entspannt darauf wartet, dass ich ihm die Belohnung schon reichen werde.

... es geht mir nur darum, dass ich ja ein ganz anderes Verhalten belohnen möchte (z.B. Übertreten) mit Click - und dann nach dem Click noch etwas anderes ab zu fragen (Kopf tief) und das dann ohne Click zu belohnen - irgendwie wiederspricht das meinem Verständnis der Verknüpfung von Aktion (Signal) - Reaktion (Übertreten) - Click (Marker) - binnen kürzester Zeit Belohnung. Wenn ich in diese Kette noch ein anderes Signal mit einer anderen Reaktion einfüge und das ohne Marker belohne, wird die Belohnung nicht mehr mit dem ursprünglich korrektem Verhalten (Übertreten) in Verbindung gebracht, oder?
Hallo Sunny,

ich werde mal versuchen, alle deine Fragen zu beantworten. :-)
Dazu hole ich etwas aus. Wenn man eine Verhaltenskette konditionieren möchte - in deinem Fall ist das z.B. die Kette Übertreten - Click - höfliches Warten auf das Leckerli - Leckerli - dann fängt man am besten immer mit dem letzten Glied in der Kette an, denn danach weiß das Pferd, kommt das Leckerli.
Ich erkläre das mal am Beispiel meiner Katzen. Denen habe ich beigebracht, daß sie sich hinsetzen sollen, um auf das Leckerli zu warten. Hierfür habe ich "Sitz" mit einem Körpersignal verknüpft, und wenn die Katze sitzt, bekommt sie ihr Leckerli. Das bekommt sie auch nur dann, wenn sie sitzen bleibt.
Wenn ich jetzt üben möchte: Spring auf den Stuhl und setz dich dort hin, dann kann ich im zweiten Schritt "Spring auf den Stuhl" üben, denn nach dem Click setzt sich die Katze automatisch hin, um ihr Leckerli in Empfang zu nehmen.
Als drittes könnte ich nun üben: "Mach Rolle, spring auf den Stuhl (Click), mach dort Sitz" usw.

Meine Arbeitsweise ist die, daß ich zuerst ausschließlich die Höflichkeit übe, denn das ist Grundvoraussetzung dafür, daß ich Verhaltensketten aufbauen kann und mein Pony mir die Pellets (nutze ich auch, das Minaralfutter) nicht aus der Hand schält.
Wenn es fürs Pony absolut selbstverständlich ist, daß es die Belohnung nur bekommt, wenn es den Kopf geradeaus oder von mir weggewandt oder gesenkt (was auch immer du möchtest) hält, dann wird es in der Regel automatisch beim Click diese Position einnehmen. Es kann natürlich sein, daß du dann eine Woche lang oder etwas länger nur Höflichkeit clickerst und nichts anderes. Meiner Erfahrung nach zahlt es sich aus.

Diese Art der Höflichkeit habe ich anfangs sogar komplett ohne Clicker geübt. Da ich auch ohne Click aus der Hand füttere, ist das sozusagen ein Standard, den ich eingeführt habe. Wenn das mal etabliert ist, dann ist es auch fürs Pony nicht mehr so schwer, da es das ja schon verinnerlicht hat. Es wird somit zu einem angelernten Reflex, dann wird auch später in der Verhaltenskette der Click für eine andere Aktion dadurch nicht verwässert.

Wenn man auf den Clicker konditioniert, ist es schon wichtig, daß die Belohnung sehr schnell nach dem Click kommt. (Darum habe ich anfangs auch ohne den Click die Höflichkeit geübt - so hatte ich beim Konditionieren auf den Clicker nicht mehr das Problem, daß meine Hände in Mitleidenschaft gezogen werden.) Wenn der Click aber verstanden wurde, dann kann ruhig zwischen Click und Belohnung eine Weile vergehen, das ist ja der Sinn des Clickers - aus Entfernung loben und zeitverzögert belohnen können.


Es freut mich, daß der erste Teil der Futtererziehung geglückt ist! Das ist doch schonmal ein großer Schritt. :-)
Das Aus-der-Hand-schälen hatte ich mit Leni eine zeitlang auch. Ich habe dann wieder mit Handschuhen gefüttert und die Hand wieder geschlossen, sobald die Zähne mit ins Spiel kamen. Leni hat so gelernt, daß sie die Hand mit den Lippen absuchen muß. Manchmal klappt das nicht, das ist dann, wenn sie z.B. hungrig ist. In so einem Fall breche ich das Clickern sofort ab, weil ich es generell nicht gut finde, mit einem hungrigen Pferd zu clickern, denn da habe ich die Aufmerksamkeit nicht bei mir sondern nur beim nächsten Click. Manchmal hilft es, dann ein paar Minuten grasen zu gehen und es danach nochmal zu probieren.

Ah, du hattest auch noch etwas über Konsequenz geschrieben. Das, was ich mit Konsequenz meine, ist nicht, daß ich konsequent nach jedem Click eine Belohnung gebe, sondern daß ich konsequent nur dann die Belohnung gebe, wenn ich ein höfliches Verhalten bekomme. Es ist tatsächlich vorgekommen, daß ich nach dem Click nicht belohnt habe. :nix: Da hatte ich geclickt, Leni blieb stehen, und im nächsten Moment war ihre Aufmerksamkeit von irgendwas anderem gefesselt, so daß sie meine ausgestreckte Hand mit der Belohnung ignorierte.
:nix: Also haben wir weiter gemacht.
Der späte Wurm entgeht dem Vogel.

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Sunny77
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Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Sunny77 »

Danke Keshia für diese ausführliche Erklärung! :D

Dann werde ich noch mal 2 Schritte zurück gehen und tatsächlich eine (oder von mir aus auch 2) Wochen NUR Höflichkeit machen und nichts anderes clickern. Und sowohl den Klick als auch die Belohnung bei der restlichen Arbeit gar nicht einsetzen. Bis es sich etabliert hat.
Liebe Grüße,
Sunny
Eine unerwartete Reise
ehem User

Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von ehem User »

Kann es nicht aber auch sein, dass dein Pferd wegen eines erhöhten Erregungslevels seine Höflichkeit vergisst?
Vielleicht könnte man durch zB aktive Entspannungsübungen wie das Kopf senken auch etwas erreichen?

Ich war auf dem Kurs von Marlitt W. (Namen bitte kürzeln, danke :-) Moderation ) zu dem Thema, deswegen bin ich etwas "sensibilisiert" :mrgreen:
Kolskeggur
Fohlen
Beiträge: 16
Registriert: Do 9. Jan 2014, 21:40

Re: Enias erster Klicker-Tag: Höflichkeit

Beitrag von Kolskeggur »

Würdet Ihr sagen, dass es was bringt, einem "fremden" Pferd Höflichkeit beizubringen und wird er dies dann auch bei seiner Besitzerin zeigen?
Ich kümmere mich öfter um das Pferd, als die Besitzerin und sein Betteln kann manchmal ganz schön nerven, während meiner (fast) immer höflich den Kopf abwendet, wenn er das Gefühl hat, er müsste jetzt mal wieder ein Leckerchen haben :-D
Die Besitzerin kann auch ganz schön grob werden, wenn ihr sein Geschubse zu viel wird und das tut mir dann leid für den Kleinen.
Ein Freund ist ein Mensch, vor dem man laut denken kann.
Ralph Waldo Emerson
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