Pferd rennt rückwärts hinter anderes Pferd

[kolyma]

Haha - bräuchte für den Titel eigentlich noch ne längere Zeile...

Bei mir hat sich jetzt ein kleines Problem aufgetan, welches ich durch Nachlässigkeit wohl selbst erschaffen habe. Jetzt brauche ich Lösungsansätze, wie ich dieses Verhalten wieder in den Griff bekomme.

Ich beschreib einfach wie das abläuft:
Mein Pferd hat nen besten Kumpel - wir reiten ca. 1x die Woche zusammen aus. Wenn mein Pferd auf dem Weg irgendwas entdeckt, was ihm unbehaglich erscheint, bleibt er stehen und rennt auf treibende Hilfen sofort rückwärts, bis er auf Höhe oder hinter seinem Kumpel ist und geht dann weiter.

Ich hab das selbst verbockt, da ich, wenn wir an was kamen, an dem mein Pferd nicht vorbei wollte, das routiniertere Pferd habe vorgehen lassen... Normalerweise blieb mein Pferd auch "nur" stehen, aber mittlerweile macht er das mit dem rückwärts laufen immer öfter und es nervt mich sagenhaft und ich muss echt an mich halten, nicht wütend zu werden.

DENN: Er macht das NUR wenn dieses eine Pferd dabei ist. Und wenn wir ALLEINE raus gehen, macht er das nicht. Er bleibt stehen und ich kann ihn relativ schnell dazu bewegen, sich das "gruselige" Ding anzuschauen. Scheinbar meint er, wenn sein Kumpel dabei ist, hab ich da nix zu sagen... Zudem muss man sagen, dass mein Pferd eigentlich kein Angsthase ist - aber er findet es extrem bequem sich hinter seinen Kumpel zu verstecken.


Mein Pferd reagiert auf Druck entweder mit totalem ausblenden oder mit Gegendruck. Ich bin jetzt ein bisschen ratlos, was tun. Absteigen und führen halte ich für nicht so schlau, denn dann geh ja ICH vor, was ja da seiner Idee total entspricht. Hätte er tatsächlich Angst, würde ich natürlich absteigen, aber ich spüre einfach, dass er keine Angst hat. Das klingt vielleicht schräg, aber für mich fühlt es sich eher an, wie eine gute Möglichkeit sich einfach den Hilfen zu entziehen...

Vielleicht habt ihr ja ein paar Ideen. Denn das muss unbedingt aufhören, bevor es wirklich gefährlich wird - er hat ja hinten keine Augen... Und naja - das ist einfach ne total unmögliche Macke! *g*

[Stjern]

Merkst Du denn, dass er gleich zurückgehen wird, BEVOR er den Rückwärtsgang einlegt?

[kolyma]

Ja, es ist fast schon eine fließende Bewegung (haha - wenn er das auf dem Platz auch so schön machen würde...)
Eigentlich die perfekte Einleitung zu ner Schaukel vorwärts, ein minimales Stocken und dann sofort rückwärts und das aber flott.

Ich denke, mein Problem ist auch, dass ich zu langsam bin. Denn eigentlich denke ich immer, er kuckt bloß und stockt nur kurz... Aber ich muss da an meinem Timing arbeiten.

[Romy]

Kurze Verständnisfrage, denn davon hängt meiner Meinung nach ab, welche Lösungsstrategien in Frage kommen: Was wünschst du dir, das dein Pferd lernt? Eher in die Richtung, dass es weiß es kann sich den Hilfen ohnehin nicht entziehen (denn scheinbar nimmst du ja an, dass es einen Grund hat, das zu wollen) und daher am besten kommt, wenn es einfach tut was gefordert wird? Oder soll es eher lernen, dass es solche Situationen auch ganz allein meistern kann, ohne die Unterstützung seines Freundes - oder dass es für es selbst vielleicht sogar besser ist, wenn es das alleine schafft?

[Stjern]

Hm, kannst Du Dein Pferd sofort zum Stehen bringen, verbal oder auf Körperhilfen? Ich ziele dahingehend, ob Du erstmal das Rückwärtsgehen verhindern kannst?
Dann würde ich probieren ihn genau in das Stocken herein zum Stehen bringen und am Ort halten (durch Bequatschen mit Belohnung) und aus dieser Situation heraus wieder vorwärts.

Vielleicht auch während des Stehens das andere Pferd erst passieren lassen und dann zwar wieder hintendran sein. Aber erstmal das Rückwärts weggebekommen. Dann am alleine weitergehen arbeiten. So kannst Du das Problem in kleinere Teilprobleme zerlegen und diese erstmal abarbeiten.

Eine Gefahr in dieser Taktik liegt, dass er vielleicht wie angenagelt Stehen bleiben wird. Aber finde ich erstmal risikoärmer als Rückwärtsrennen.

Vielleicht kannst Du das Stocken schon zum Weitergehen nutzen, indem Du ihn ins Stocken hinein animierst zum Weitergehen. Das wäre die Lösung mit direktem Erfolg.

Einen verarschenden Vorsatz würde ich nicht unterstellen wollen. Er stockt ja und zieht sofort die Lösung, sich hinter das andere Pferd in Sicherheit zu bringen. Er hat diese Taktik " , schnell verstecken" stark verinnerlicht. Scheinbar nutzt er es, wenn er das "Versteckpferd" dabei hat. Ist er alleine, dann geht es ja nicht. Machen Kinder auch so. Mama da, dann ans Hosenbein klemmen. Mama nicht da, dann muss man eben alleine durch.

Du schreibst, dass es auch Dein Timing ist. Eventuell erstmal für Dich selber üben, direkt aufs Stoppen zu reagieren. Z.B. Dir vornehmen, direkt erstmal "WEITER" zu sagen oder zumindest "Halt, Steh" (was Du gerne benutzt). Du scheinst auch kurz in Deinem eigenen "mist-nicht-schon-wieder!-Ärger" zu verharren. Das ist wertvolle verlorene Reaktionszeit. Unterbinde diese eigene emotionale Reaktion in eine positive vorwärts gerichtete aufmunternde emotionale Reaktion Deinerseits. Was ich meine ist: die Zeit nicht mit Ärgern verstreichen lassen, sondern schon bereits zum Handeln (und wenn es erstmal nur "Steh" sagen ist) benutzen.

Kontrollier auch, ob Du eventuell reitlerlich unbewusst bremsende Hilfen einleitest auf das Stocken hin, weil Du andere "Panikreaktionen" fürchtest. Kann sein, dass er diese bremsende Hilfe schon in das Rückwärtsgehen umsetzt.
Dann wäre es sinnvoll, dass Du Dich nach oben genanntem Ansatz erstmal fest drauf konzentrierst mindestens mal "auf der Stelle" zu bleiben oder in ein "Vorwärts" denkst.

Ist jetzt ein bissele verworren. Ich hoffe, Du kannst die verschiedenen Ideen auseinanderbasteln?

[kolyma]

Hallo Stjern, danke für den Ansatz. Ich finde es gut, das Problem in Teilschritte zu zerlegen. Ich muss zugeben, dass ich schon die Angst habe, dass er dann fest steht. Denn das würde seinem Charakter auch entsprechen.

Naja, an direkte "Verarsche" denke ich nicht. Ich gehe von dem Prinzip aus, dass das Pferd Bedürfniss-gesteuert ist und ein eben auftauchendes Bedürfniss (verstecken) halt einfach vordringlich ist. Ich denke, ich muss da auch mit Bestärkung arbeiten.
Auf keinen Fall werde ich das andere Pferd vor gehen lassen. Er muss lernen, dass seine "Taktik" keinen Erfolg mehr erzielt. Ich denke nämlich, wenn er mal gecheckt hat, dass das einfach nicht mehr geht, wirds besser.

@Romy, für mich ist das schon ein Rittigkeitsproblem und kein Vertrauensproblem - jedenfalls kein vordringliches. Natürlich ist es ihm unbehaglich. Aber zwischen Unbehagen und Angst liegt ja sehr viel.
Ich möchte auch, dass meine Hilfen nicht völlig ignoriert werden. In meinem Kopf spielen sich dann Horrorszenen ab, wie weit sich das Problem noch entwickeln kann. Ich muss ja, vor allem im Gelände, ein Pferd haben, dass an den Hilfen steht. Sowas ist für mich ein ebenso großes Problem wie Durchgehen - nur dass das Durchgehen in der Situation erst mal gefährlicher ist, als einfach stehenbleiben und rückwärts rennen. Aber beide Probleme sagen ja aus, dass das Pferd den Reiter ausblendet. Und beides ist gefährlich.

[Romy]

Okay, danke für die Info, kolyma. Es hat sich für mich bewährt, zuallererst zu verstehen, was die Ziele der jeweiligen Person sind, weil ich sonst unnötig Dinge aufschreibe, die für die Person ohnehin nicht relevant sind. Zum Thema Rittigkeitsproblem kann ich glaube ich nichts Produktives beitragen, aber du bekommst sicherlich von anderen hilfreiche Tipps. Viel Gück euch beiden!

[Lottehüh]

Ich finde jetzt ehrlich gesagt Absteigen und Führen gar nicht mal so verkehrt. Wenn Du es schaffst, abzusteigen, bevor er rückwärts geht, kannst Du diese Kette „Unwohlsein – Stehenbleiben – Rückwärtslaufen“ unterbrechen. Du kannst ihn vorbeiführen und wieder aufsteigen – dann bist nämlich DU die tolle, die sich traut und er läuft DIR nach und nicht dem anderen Pferd.

Ist sicher nicht jedermans Ideallösung, aber ich fände es nicht so abwegigund glaube auch nicht, dass man Unwohlsein des Pferdes mit reiterlichem Können entgegentreten sollte.

[Keshia]

Huhu kolyma,

ich halte wie Lottehü auch das Führen für keine schlechte Idee, wenn du schon vor dem Rückwärts absteigen kannst. Selbst wenn dein Pferd schon rückwärts gegangen ist und dann hinter dem anderen steht, kannst du noch absteigen.
Beim Führen würde ich dann aber darauf achten, daß nicht du vorgehst. Bleib am Fleck stehen, animiere dein Pferd zum Gehen (z.B. kannst du es mit dem Zügelende an der Schulter touchieren), und wenn es den ersten Schritt tut, geh mit. Wenn er stehen bleibt, bleibst du auch stehen und animierst ihn wieder, den ersten Schritt zu tun.
So kannst du ihn quasi "von hinten" führen, auch wenn du auf Halshöhe neben ihm gehst. Er hat sich dann zwar vielleicht versteckt, muß aber trotzdem zuerst am Hindernis vorbei und kann dir nicht hinterherlaufen.

[kolyma]

Hallo Keshia - den Ansatz finde ich super. Auf die Idee wäre ich nie gekommen
Es löst sozusagen gleich mehrere Probleme auf einmal - auch mein Wunsch, dass er vor geht. Ich werde es mal so versuchen und berichten, ob die Situation sich bessert.