Immer wieder von vorne beginnen?

Moderator: Keshia

ehem User

Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von ehem User »

Hallo liebe Forenmitglieder!

Ich habe ein Problemchen und ich hoffe ihr könnt mir helfen:

Ich habe meine Stute seit Mai 2012. Sie ist mein erstes Pferd (ich reite seit 13 Jahren). Ich war anfangs, als sie zu mir gekommen ist, sehr begeistert von ihr da sie sehr brav war (Konnte alleine Spazieren gehen, reiten, etc.) Doch nach ein paar Wochen (vermutlich als sie die anderen Pferde aus der Herde besser kennen gelernt hat) änderte sich dies. Spaziergänge die anfangs unkompliziert und lustig waren, wurden zur Katastrophe, da sie panisch um mich lief, stieg und bockte. Ich ließ das dann wieder bleiben, weil es mir einfach zu gefährlich war. Fing dann mit dem Longenkurs (Wege zum Pferd) an, was ich nach einiger Zeit auch wieder ließ, weil sie nicht mehr vorwärts ging und noch schlechter gelaunt wurde. Ich ritte sie dann (das klappte nach anfänglichen Sattel- bzw. Rückenproblemen dann super) und longierte sie „normal“. Beim Longieren tauchten dann auch wieder die ersten Probleme auf – sie stieg und wollte nicht mehr auf den Zirkel hinaus. Nachdem eben viele Versuch fehl schlugen, und ich auf die Weise nach Wege zum Pferd auch nicht mehr weiter wusste, habe ich an das typische Gerede von Stallkollegen gehört wie „du musst sich da einmal durchsetzten“. Ich habe mich dann auch durchgesetzt – war aber auf keinen Fall in irgendeiner Weise gewalttätig bzw. habe sie nicht geschlagen oder dergleichen. Ich musste sozusagen nur meine Angst überwinden und mich (meiner Meinung auch) teilweise ja einem Risiko aussetzen – sprich ich gab nicht nach beim Longieren und schickte sie mit der Peitsche immer wieder hinaus, wo sie anfangs auch immer wieder stieg, aber ich durfte sozusagen nicht nachgeben und irgendwann funktionierte das dann auch. Die nächste Aufgabe war dann wieder das Spazieren gehen (Da hatte ich sie dann schon ein halbes Jahr). Wieder, sobald wir weiter weg waren, überholte sie mich und bestand ich aufs weiter gehen stieg sie. Auch das bekamen wir nach Wochen in den Griff, weil ich mit ihr einfach das Schrittweise erarbeitete. Leider hatten wir über die Wintermonate 2012/13 eine lange ungewollte Pause aufgrund von Krankheit meiner Stute. Im März begann ich sie dann wieder anzutrainieren und sie wurde bis zum Sommer hin das bravste Pferd – ich konnte spazieren gehen, alleine ausreiten, longieren, Dressur reiten, Bodenarbeit, frei laufen alles….. Doch jetzt im August musste ich leider Stall wechseln, weil die Bedingungen im alten Stall zu wünschen ließen. Zwar war es ein Offenstall und sie fühlte sich meiner Meinung auch wohl, doch ich fühlte mich nicht mehr wohl, wir hatten keine Halle, das Viereck war entweder hart, extrem tief oder ein See, lästereien im Stall und und und.
Nun sind wir seit einem Monat im neuen Stall… und alles beginnt von vorne :O … Die ersten zwei Wochen war sie äußerst brav – war alleine oder in der Gruppe ausreiten etc. … doch dann, als sie sich wieder an die neuen Pferde gewöhnt hat und ihre Position der Ranghöchsten einnahm, ging fast nichts mehr – das Spazieren läuft ab wie vor einem Jahr, beim ausreiten hat sie mich das erste Mal abgeworfen und sie kommt mir nur einfach schlecht gelaunt vor. Noch dazu kommt, dass sie eine Sehnenzerrung hat und ich sie nicht wirklich viel bewegen kann/ soll – und wenn dann wäre Schritt ausreiten auf harten Boden das optimalste, jedoch möchte ich das Risiko nicht eingehen. Beginne jetzt wieder mit Spazieren gehen – Schritt für Schritt erarbeiten – aber kann es echt sein, dass ich dasselbe wie voriges Jahr durchmachen muss???? Ich war so stolz das ich mich da durchgekämpft habe und wir sozusagen zueinander gefunden haben.. aber nun bin ich echt deprimiert… braucht sie das das man sich durchsetzt oder kann ich auch irgendeine andere Weise mit ihr erarbeiten, so nach dem Prinzip von Babette, das meine Stute das von sich aus machen will... Ich bin ratlos...
Ich weiß die Eingewöhnung in den neuen Stall dauert seine Zeit, aber ich weiß gar nicht wie ich mit ihr arbeiten soll...

Ich freue mich auf zahlreiche Ratschläge von euch!

LG
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Equester
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Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von Equester »

Hört sich für mich nach sehr gestresstem Pferd an (Verantwortung kann einen fertig machen ;) ) und sie scheint mit ihrer Postion als Chef überfordert zu sein. So etwas schlägt schnell auf den Magen und dann zeigen sie gerne solche Verhaltensmuster. Wenn sie dann auch noch von der Herde wegsollen, also die Kontrolle verlieren und dann auch noch "arbeiten" müssen, vielleicht sogar mit einem Menschen, der Angst hat und Unsicherheit verbreitet (ich möchte hier aber nichts unterstellen, ich schwafel einfach mal nur), dann steigt das Stresslevel ins unermeßliche, damit die Magenschmerzen, damit das Verhalten, was widerrum den Streßlevel steigen läßt, die Magenschmerzen....... *undtäglichgrüßtdasmurmeltier* .

Wie sieht denn die Fütterung aus? Wie die Platzverhältnisse? Wie viele Pferde an wie vielen Fressstellen, gibt es Weide, wenn ja, wie viel, was gibt es als Kraftfutter?
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
ehem User

Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von ehem User »

Ach ja, meine kleine Chefin ^^ ... ich möchte nicht abstreiten, dass ich viell. nicht unsicher bin... ich bemühe mich immer wieder auf das neueste ihr sicherheit und ruhe zu geben, aber immer gelingt mir das leider nicht- vor allem wenn madame ihr künste im steigen wiedergibt :P

...Also meine Stute steht täglich von ca. 07:00-17:00 Uhr auf der Weide mit 6 anderen Stuten. Nachts in einer (großen) Box, wenn es nicht regnet oder so, bleibt sie auch über nachts auf der Koppel mit 3 anderen Stuten. Die Koppel sieht so aus, dass zuerst sozusagen ein Gatschplatzerl ist, schätzungsweise 200qm und anschließend gleich die riesiiige Graskoppel - sie können immer wählen wo sie hinwollen. Es gibt eine Heuraufe wo auch alle gemeinsam fressen, sollten sie nicht auf der Wiese sein.
Kraftfutter bekommt sie keines. Nur Mineralfutter - jetzt speziell für die Hufe, da sie so schlecht sind.
Im Vergleich waren vorher 17 Pferde im Offenstall auf einer (im Verhältnis) viel kleineren Fläche :O

lg
ehem User

Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von ehem User »

ja, kann schon sein, dass du dir das (zT) wieder neu erarbeiten musst.
ich stimme equester zu, ich denke auch, dass das mit ihrem 'job' zu tun hat.
jetzt ist sie da noch neu, hat sich grad die position erarbeitet - d.h., sie ist sich in dieser position noch nicht sicher.
könnte ja sein, wenn sie den anderen den rücken kehrt, dass die sie dann abwählen ;-) sozusagen.
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A.Z.
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Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von A.Z. »

Wie kommen nur alle immer auf die Idee, dass Pferde ranghoch sein wollen. :-? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Verantwortung für die ganze Herde wirklich haben wollen. Aber wenn sie sie übernommen haben, dann sind sie gewissenhaft. Und ja, dann dauert es wieder ein wenig, bis sie merken, dass ihrer Herde nichts passiert, bis sie wieder zurück sind. Immerhin war die letzte Herde ja dann mal plötzlich weg für immer und man musste zwischen neuen Pferden seinen Platz finden. Das ist alles andere als einfach fürs Pferd.

Von dem her kann ich dir nur ganz viel :ohm: schicken, die Zeit - mal wieder - zu überstehen.


Mir hat mal jemand gesagt, es braucht 3 Jahre bis Mensch und Pferd ein wirklich unverrückbares Team sind und ja, ich kann für mich und meinen Wallach bestätigen, dass das absolut richtig ist.
Wir kannten uns nach dieser Zeit gegenseitig in und auswendig und gingen gemeinsam durch dicke und dünn.

Nichts desto trotz hat auch er, als nach 7 Jahren ein Umzug fällig wurde, ein paar Mal angefragt, ob bestimmte Regeln noch gelten und ob es nicht möglich wäre, das ein oder andere anders zu machen. Er war da nur ein wenig sanfter und schneller zu überzeugen.
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

In memoriam
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ehem User

Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von ehem User »

es gibt solche und solche. wie beim menschen auch.
es gibt geborene führungspersönlichkeiten, es gibt solche, die es im grunde nicht machen wollen, es aber gut und gewissenhaft machen, es gibt solche, die es unbedingt wollen und sich hochprügeln und im grunde von niemandem als FÜHRUNG akzeptiert werden (aber durchaus als wegschicker) usw.

aber die, die stress haben, wenn sie den job übernehmen - vor allem zu beignn, sind sicher nicht die seltensten vertreter
und es dauert einfach, bis herden zusammenwachsen, bzw bis neue mitglieder voll eingewachsen sind. auch wenn sie sich gleich zum chef aufschwingen - vertrauen muss auf beiden seiten wachsen.
Ulla
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Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von Ulla »

Unsere Tiere sind die Spiegel unseres unbewußten. Bei solchen Problemen ist es meistens hilfreich wenn man mal in sich selbst reinhorcht. Ihr Verhalten deutet auf Unsicherheit hin. Wenn man sich nur das Verhalten anschaut wenn sie von der Herde weg soll zeigt sich das. Solange sie nicht an die neuen Pferde gewöhnt ist, geht sie gerne und freiwillig mit. Wenn sie die anderen kennt sucht sie Sicherheit und randaliert wenn sie weg soll. Ich deute das nicht als Dominanz sondern als Unsicherheit.
Wie siehts in Dir selbst aus? Kann es sein das Du auch eher Sicherheit suchst und Dich wohler fühlst wenn Du Menschen um Dich hast an denen Du Dich ein bißchen festhalten kannst?

Fühl mal in Dich selbst hinein. So kannst Du das Problem am besten lösen. Wenn Du verstanden hast was sie Dir zeigen will wird sich ihr Verhalten von allein ändern weil sie ihren Job getan hat. Sie soll Dir helfen Deinen eigenen Weg zu finden.

LG Ulla
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. (Antoinne de Saint Exupery)
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Equester
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Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von Equester »

A.Z. hat geschrieben:Wie kommen nur alle immer auf die Idee, dass Pferde ranghoch sein wollen. :-? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Verantwortung für die ganze Herde wirklich haben wollen.
Der Ansatz ist nicht, die Verantwortung für eine ganze Herde haben zu wollen, sondern die Führung der Herde zu übernehmen, wenn der Eindruck entsteht, dass der, der jetzt führt, das schlecht macht, bzw. innerhalb der Gruppe keiner so wirklich führt. Das ist dann ein wenig so wie: wer Boss werden will, tritt einen Schritt vor und alle anderen gehen einen Schritt zurück und dann steht der neue Chef in der ersten Reihe ;) .

Meiner macht das z.B.. Das hat er in unserem ersten Stall gemacht und es hat ihn unendlich gestresst, da er im Grunde seines Herzens Beamter ist und alles immer ganz genau sein muss :augenroll: . Zum Schluss fing er sogar an, den Wallachen Stuten zuzuteilen oder zu verhindern, dass ein bestimmter Wallach mit einer bestimmten Stute steht :-& . Er hat es auch in unserem kleinen O-Stall gemacht, bis Moshe endlich die Führung übernommen hat und er war heilfroh, dass er den Job abgeben konnte.
Ulla hat geschrieben:Unsere Tiere sind die Spiegel unseres unbewußten. Bei solchen Problemen ist es meistens hilfreich wenn man mal in sich selbst reinhorcht.
Ich bin ja immer dafür, dass man sich selber beguckt, aber es gibt Dinge, da ist man als Mensch tatsächlich nicht Ursache für das Problem, man macht es manchmal vielleicht nur ein wenig schlimmer ;) .

@fluffi
Die Haltungsbedingungen hören sich gut an, schätze, da müsst ihr beide einfach durch, bis das Pferd sich in Gänze eingelebt hat und das kann locker 6 - 12 Monate dauern (wollen wir immer gar nicht glauben, ist aber so :nix: )

Hast Du eine gescheite THP an der Hand? Ich würde evtl. auf Bachblüten oder Australische Buschblüten zurück greifen. Diese Möglichkeit habe ich bei Veränderungen für mein Pferd schon ein paar mal erfolgreich genutzt. Oder auch mal gucken, ob im Pferd etwas fehlt (Magnesium, Selen, etc.) und dass es dann besser wird, wenn man quasi auffüllt. Und dann hilft einfach nur aushalten und abwarten, irgendwann hat sich alles so eingespielt, dass wieder normales Arbeiten und Zusammensein mit dem Pferd möglich ist.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
ehem User

Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von ehem User »

das problem ist nicht mysteriös, unerklärlich oder auch nur ungewöhnlich.
im gegenteil, ich denke, das haben hier schon einige in der ein oder anderen form nach stallwechseln gehabt.

pferde reagieren auf uns, ok - aber es ist ja wohl maßlos arrogant anzunehmen, sie reagierten NUR auf uns.
weitaus mehr als mit uns sind sie idealerweise mit ihrer herde zusammen - aber sie spiegeln NUR uns?
die herde ist für das pferd essentiell, wir sind im besten fall gute freunde, die regelmäßig zu besuch kommen. selbstverständlich reagieren sie gestresst, wenn sie sich mit einer neuen herde arrangieren müssen, die dynamik der neuen herde noch nicht durchblickt haben, ihren platz finden oder sichern müssen, sich in der herde beweisen müssen. und zwar völlig unabhängig vom (ihrem) menschen.
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Nelchen
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Re: Immer wieder von vorne beginnen?

Beitrag von Nelchen »

Ulla,genau so isses! Das wird leider sehr unterschätzt. Einiges ließe sich besser erklären und lösen, wenn es dafür mehr Verständnis gäbe.
Es gibt immer mehrere Ebenen zu einem Problem. Eine davon ist in dem Fall pferdisch und eine menschlich.
Das menschliche an dem Problem hat ja Ulla schon versucht zu interpretieren. :-d
Das pferdische könnte sein, dass deine Stute ganz einfach bei einem Wechsel immer wieder neu ihre Position "ermitteln" muss. Auch zwischen dir und ihr. Das ist nichts ungewöhnliches. Druck erzeugt Gegendruck. Wie heftig der ausfällt, hängt davon ab, wie angemessen es das Pferd betrachtet, auf Grund ihrer (eingebildeten) Stellung zum Druckverursacher, das tun zu müssen. Mit anderen Worten: Trifft ein ranghohes Tier auf einen unsicheren Menschen, fällt das entsprechend heftiger aus. Trifft ein rangniedriges Tier auf einen selbstsicheren Menschen, wird garnichts passieren. Trifft ein ranghohes Tier auf einen selbstsicheren Menschen, wird außer ein paar halbherzigen Versuchen den Rang auszutesten, auch nichts weiter passieren.
Ob Unsicherheit, oder Dominanz ist da erst mal zweitens.
(Und um Irrtümer um das Wort "Druck" zu vermeiden. Auch ein Pferd um sich herum zu schicken ist Druck.)
Mache Pferde haben nicht gelernt zu unterscheiden, dass man mit Menschen nicht wie mit Artgenossen umgeht. Das ist in sofern gut, dass, wenn das Pferd dir vertraut, es sich bei dir genauso sicher fühlen kann, wie in einer Herde. Schlecht dabei ist, dass du wahrscheinlich jedesmal, wenn sich dein Pferd neu orientiert, du ihr auch beweisen musst, dass sie dir weiterhin vertauen kann. Aber du hast das doch schon mal gemacht, da weißt du doch wie es geht! ;)
LG Katrin

Ein Tänzer scheint nur denen verrückt, die die Musik nicht hören.
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