Trauma durch zuviele Behandlungen...

Moderator: Keshia

Benutzeravatar
Biggi
Lehrpferd
Beiträge: 4659
Registriert: Do 17. Mai 2012, 18:00
Wohnort: im schönen Bergischen Land

Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von Biggi »

Ich brauche mal wieder euern Input:

Unser Isländer Glóni hatte ja das Problem der häufigen Kniescheibenfixation durch zu lockere Kniebänder. In dieser Zeit musste er alle 8 - 12 Wochen von der Physiotherapeutin behandelt werden, da er sich ja nicht mehr bewegen konnte. Das Ganze zog sich über 2,5 Jahre. Die Behandlungen waren für ihn meist schmerzhaft und unangenehm. Vor 12 Wochen wurden seine Kniebänder in der Klinik angespritzt, auch keine nette Geschichte für ihn.

Glóni unterscheidet total, ob jemand seine Hufe auskratzen möchte oder an den Hufen rumfeilen möchte. Für diese Aktivitäten gibt er die Hufe anstandslos her. Möchte man mit seinen Hintebeinen andere Dinge machen, z.B. Beinarbeit nach Tellington, wehrt er sih emens.

Durch die Kniebandschwäche hat er sich vor allem am linken Hinterbein eine Art Schongang angewöhnt. Er führt da linke Hinterbein meist in einem Bogen von außen nach innen vor. Er winkelt beide Hinterbeine nicht gerne an, z.B. beim Treten über Stangen oder bei Seitwärtsgängen. Auch mag er nicht gerne ein Hinterbein belasten. Die Ostheopathin hat uns beauftragt, ihm durch Tellington-Beinarbeit wieder den physiologisch richtigen Weg zu zeigen.

Im Moment schafft er es aber nicht, ein Bein länger als 5 Sekunden hochzuhalten, vorzuschwingen, dehnen zu lassen etc. Wohlgemerkt: Hufauskratzen, Hufe raspeln geht.

Wie würdet ihr vorgehen?
Viele Grüße

Birgit

Reiten ist ganz einfach: Du sitzt drauf und brauchst fast nichts zu machen! :-D Das Probelm: Du darfst auch fast nichts machen! :mrgreen:

Das Tagebuch der schrecklichen Schecken!

Sch(r)ecken-Fersehen
Benutzeravatar
faraway
Lehrpferd
Beiträge: 3435
Registriert: Sa 30. Jun 2012, 10:49

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von faraway »

Der arme Kerl :hug:
Also mal ganz platt formuliert: Wenn er die Dehnung nicht länger als 5 Sekunden halten kann, würde ich bei 2 Sekunden anfangen und ganz langsam steigern. Kurz dehnen, danach entspannen lassen und u.U. nach fester Muskulatur suchen und vorsichtig massieren? Und jede Idee in Richtung Mitmachen würde ich dann hoch bestärken :kratz: Was hat denn die Osteo konkret für Übungen aufgegeben? Kann man die in Minihäppchen zerstückeln und Stück für Stück erarbeiten? Dehnen kann ja auch ordentlich weh tun...

Aber wenn er schon das Bein anheben für "was anderes als Hufe machen" grausam findet, wäre für mich der erste Schritt das Bein "anders" anfassen lassen wieder zu was Angenehmen zu machen: Beim Putzen wie zufällig abstreichen und für Entspannung belohnen und dabei mit weit weniger anfangen, als er aushalten kann. Darfst du denn sein Bein anfassen bzw. bürsten?
Wenn nur die Liebe, die Liebe existiert - so ist Zeit ein absurdes Konzept.
Forugh Farrokhzad an Ebrahim Golestan


Frau Vina - Piratin unterm Edelweiß
Zwei Hafinasen - TB 1
Benutzeravatar
Biggi
Lehrpferd
Beiträge: 4659
Registriert: Do 17. Mai 2012, 18:00
Wohnort: im schönen Bergischen Land

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von Biggi »

faraway hat geschrieben:Der arme Kerl :hug:
Also mal ganz platt formuliert: Wenn er die Dehnung nicht länger als 5 Sekunden halten kann, würde ich bei 2 Sekunden anfangen und ganz langsam steigern. Kurz dehnen, danach entspannen lassen und u.U. nach fester Muskulatur suchen und vorsichtig massieren? Und jede Idee in Richtung Mitmachen würde ich dann hoch bestärken :kratz: Was hat denn die Osteo konkret für Übungen aufgegeben? Kann man die in Minihäppchen zerstückeln und Stück für Stück erarbeiten? Dehnen kann ja auch ordentlich weh tun...

Aber wenn er schon das Bein anheben für "was anderes als Hufe machen" grausam findet, wäre für mich der erste Schritt das Bein "anders" anfassen lassen wieder zu was Angenehmen zu machen: Beim Putzen wie zufällig abstreichen und für Entspannung belohnen und dabei mit weit weniger anfangen, als er aushalten kann. Darfst du denn sein Bein anfassen bzw. bürsten?
Ja, Anfassen und bürsten ist meistens "erlaubt". Aber nicht zu dolle und bitte nicht auch noch nach irgendwas gucken wollen oder gar tasten. :panik: Dann wehrt er schon ab. Nicht böse, aber die Ohren sind dann fragend nach hinten gerichtet, Kopf hochgerissen und er möchte weg.

Wir sollen das Bein hochheben und in Bewegungsrichtung leicht schräg noch vorne-Bauchnaht bewegen. Sobald ein kleiner Widerstand zu spüren ist, bis 10 Zählen :roll: und absetzen. Das Gleiche nach hinten raus. Keinesfalls überstrecken, keinesfalls gegen den Widerstand drücken und nicht seitlich rausziehen. Dann sollen wir das Bein hochheben, leicht im Sprunggelenk beugen und kleine kreisende Bewegungen machen.

Zur Anregung der Muskulatur sollen wir "Hüftwackeln" machen. :lol: Man stellt sich paralell neben die Pferdehüfte, legt die Hand an den gegenüberliegenden Hüfthöcker und schauckelt mittels Eigenbewegung die Pferdehüfte hin und her. Das läßt er geschehen.

Aus unserer Tellingtonarbeit haben wir versucht ihm das Beine-Abstreichen wie Phytonheber oder Oktopus schmackhaft zu machen, aber das ist ihm schon zuviel. :(
Viele Grüße

Birgit

Reiten ist ganz einfach: Du sitzt drauf und brauchst fast nichts zu machen! :-D Das Probelm: Du darfst auch fast nichts machen! :mrgreen:

Das Tagebuch der schrecklichen Schecken!

Sch(r)ecken-Fersehen
calista
Sportpferd
Beiträge: 1436
Registriert: Di 15. Mai 2012, 12:27

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von calista »

Vielleicht hiflt es, unbefangen an ganz anderer Stelle anzufangen? Wenn der Focus auf das Bein gerichtet ist, weiß PFerd das auch. Also würde ich eine allgemeine Behandlung beginnen. Das ganze Pferd abstreichen, sprich mit der flachen Hand eine kleine Falte vor sich her schiebend und die zweite Hand gleich so folgen lassen von Genick an (immer in Fellwachsrichtung). Damit würde ich ihn erst mal ablenken und versuchen, wieder Angehmes einzubauen. Dann kann man mit den Fingerknöcheln in Fellwachsrichtung hinterhergehen, Tellington Kreise über das ganze Pferd ziehen usw. Beliebte Kratz- und Kraulstellen einbauen, falls vorhanden und sich so langsam rantasten. Ich würde evtl auch an beiden Hinterbeinen die Übungen versuchen, also erst an der "guten" Seite anfangen, so dass das bei dieser ganzen Körperarbeit einfach dazu gehört.
Benutzeravatar
Maxima
Einhorn
Beiträge: 5330
Registriert: Mi 16. Mai 2012, 16:58
Wohnort: Hochtaunus
Kontaktdaten:

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von Maxima »

Zusätzlich zu den oben genannten Ideen wäre es vielleicht möglich, ihn seine Gymnastik durch Clickern selber machen zu lassen. Z.B. hält man (als Endziel) die Hand an passender Stelle unter den Bauch und er hebt das Hinterbein und berührt mit dem Fesselgelenk die Handfläche. Das könnte man in ganz kleinen Schrittchen per Clicker aufbauen, begleitend zu den passiven Dehn- und Bewegungsübungen.

Weitere Idee - wenn er schon die Füße zum Hufe kratzen hergibt, dann einfach auch in winzigen Schritten den Absetzweg verändern in Richtung der gewünschten Dehnung. Also Huf nicht senkrecht runter, sondern zentimeterweise immer mal ein Stückchen weiter.

Und ganz wichtig bei diesen Traumakandidaten ist es, sich NICHT drauf zu konzentrieren, NICHT genau da hinzuschauen.... alles ganz beiläufig und selbstverständlich machen und dabei an Käsekuchen und Steuererklärung denken... Ich betreue selber so ein Exemplar, der schon die Krise kriegt wenn man mit irgendwas in der Hand auf ihn zugeht.
Liebe Grüße
Ulla

Wir werden in Ewigkeiten nicht mehr gut machen können, was wir den Tieren angetan haben. (Mark Twain)

Maximas Tagebuch
ehem User

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von ehem User »

Hallo Birgitt,

Galli hatte vor zwei Jahren auch eine ganz gemeine Schonhaltung hinten (Muskelfaserriss und Beckenprellung). Anfassen ging gar nicht :-ü

Unsere Hausaufgabe bestand damals darin, dass wir zuerst per Clickern sekunden- und zentimeterweise die Beine etwas weiter unter den Bauch haben stellen lassen. Als das funktioniert hat, mussten wir uns schrittweise Huf für Huf über unsere Dualgassen "quälen". Immer ein Bein vor, lange Pause, und dann erst weiter. Zusätzlich noch Führen in wirklichem Zeitlupentempo, so dass er ganz langsam Bein für Bein einzelnd setzen musste.

Gute Besserung euch.

LG Nicole
Benutzeravatar
Biggi
Lehrpferd
Beiträge: 4659
Registriert: Do 17. Mai 2012, 18:00
Wohnort: im schönen Bergischen Land

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von Biggi »

Vielen Dank schonmal für alle wertvollen Tips und Ideen! :grouphug: Vielleicht setzen wir wirklich das Clickern ein. Muss nochmal drüber nachdenken. :kratz: Und das Leckerli gibts erst, wenn er es mit wirklich zart gespitzten Lippchen und nach hinten gedehntem Köpfchen annimmt. :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: (siehe unsere Höflichkeitsprobleme beim Clickern)
Viele Grüße

Birgit

Reiten ist ganz einfach: Du sitzt drauf und brauchst fast nichts zu machen! :-D Das Probelm: Du darfst auch fast nichts machen! :mrgreen:

Das Tagebuch der schrecklichen Schecken!

Sch(r)ecken-Fersehen
ehem User

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von ehem User »

Das Clickern des Huftargets finde ich eine ganz gute Idee. Vorausgesetzt man kennt diese von Dir genannte Widerstandsgrenze und nähert sich dieser sachte über das Target. Allerdings ist das Huftarget schon sehr anspruchsvoll und das Prinzip der Körpertargets sollte vorher im Idealfall bekannt sein. Selbst dann kann es aber sehr lange dauern.

Aber es wäre ein Weg. Genießt Gloni denn Krauleinheiten? Evtl könnte man sich darüber dem Bein annähern und Berührungen dort somit wieder positiver verknüpfen.

Höflichkeit ist an sich kein Hexenwerk, wenn man Regeln aufstellt. Aber das müßte ich sehen ;) Um zu beurteilen, wo man da einsteigt. Es gibt da gute Möglichkeiten. :-n
Benutzeravatar
Biggi
Lehrpferd
Beiträge: 4659
Registriert: Do 17. Mai 2012, 18:00
Wohnort: im schönen Bergischen Land

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von Biggi »

Ellen, ich hab mir sowoeso überlegt, das mal auf Video aufzunehmen, damit man sich ein besseres Bild von der Situation machen kann.

Im Körpertarget sind wir noch etwas ungeübt. Wir hatten schonmal begonnen uns ans Nasentarget heranzuarbeiten, es aber über all die anderen Dinge wieder vergessen.

Ich mach übers Wochenende mal ein Video und dann machen wir Fernberatung, ja?!

Das mit der Kraulstelle hatten wir anfangs probiert, aber es funktionierte nicht. Er zog praktisch das bein direkt weg und wollte gekrault werden.
Viele Grüße

Birgit

Reiten ist ganz einfach: Du sitzt drauf und brauchst fast nichts zu machen! :-D Das Probelm: Du darfst auch fast nichts machen! :mrgreen:

Das Tagebuch der schrecklichen Schecken!

Sch(r)ecken-Fersehen
ehem User

Re: Trauma durch zuviele Behandlungen...

Beitrag von ehem User »

:winke:

Was die Körpertargets und überhaupt Clickergymnastik angeht, kann ich Dir ein ganz tolles Buch empfehlen (mein meistgenutztes Nachschlagewerk :mrgreen: . "Clickerfitte Pferde" von Viviane Theby. Dort sind gymnastizierende und mobilisierende Clickerübungen für alle Körperpartien beschrieben. Auch das Huftarget ist dort vorgestellt.
Biggi hat geschrieben: Ich mach übers Wochenende mal ein Video und dann machen wir Fernberatung, ja?!
:gut:
Antworten