Halbwilde Katzenbabys

[Abendsonne]

Hallo zusammen.
Bei unsrem Nachbarn, der auf einem Stück neben unserem Wohnhaus einen Lagerplatz hat, siedeln seit einigen Wochen eine Katzenmutter mit 3 kleinen Kitten.
Die jungen waren zuerst völlig scheu, beim bloßen Anblick rannten sie davon.
Jetzt füttere ich sie, in der Hitze bekommen sie Milch mit Wasser gemischt von mir, weil ich einfach ein Herz für sie hab.
Der Besitzer wohnt ein paar Hundert Meter weiter weg von uns und kümmert sich auch nicht wirklich darum, z.B. dass man die Kätzin mal sterilisiert oder die Kitten zahm macht.
Ich wohne ja vis a vis von der "Wohngruppe" und somit kann ich frühs und spät nach den Kleinen gucken und abends bekommen sie regelm. Futter u. was zu trinken.
Sie werden dabei immer zahmer, laufen aber bei einem Schritt auf sie zu noch weg.

Was soll ich tun. Bin hin und her gerissen. Versuchen handzahm zu machen? Ist es dafür zu spät? Die Kitten sind ca. 8-10 Wochen alt, älter schätze ich sie nicht. Sind noch klein.
Ich traue mich auf keinen Fall einen hochzuheben, habe schon von infizierten Katzenbissen gehört und gekratzt will ich auch nicht werden. Weil mir die Kleinen so Leid tun, habe ich sie auch schon mit Frontline behandelt. Auch die Mutter.
Schon wieder kriechen ihr Zecken im Fell rum, klar, die muss ja das Futter für die Meute erjagen.
Die Katzenmutti schleicht ab und an zu ihrem Besitzer um da auch zu fressen, wird aber von einer andren Katzenmama, deren Kitten ich im August nehm, teilweise verjagt.
Jetzt hoffen wir, dass die 3 Wildkatzen zu dem Besitzer ziehen, sobald ich meine Katzen hier hab.

Was meint ihr, soll ich sie weiter versuchen, an Menschen zu gewöhnen oder sie frei laufen lassen, ihrem Schicksal sozusagen? Das kann ich aber ned.

Ist es zu gefährlich, mal eine Katze hochzuheben, evtl. mit Handschuhen und dicker Jacke?

Besteht bei solch "alten Katzen" noch eine Change, sie "menschenvertraut" zu machen?
Wie haben sie es leichter, wild, menschenzahm? Aber ich möchte sie nicht ins Tierheim bringen, lieber laufen sie frei rum...
Außerdem hat da der Besitzer noch das letzte Wort.

Der Besitzer sagte außerdem, wenn ich mag, könne ich mir auch diese 3 Kitten "herziehen". Aber Hauskatzen werden die nicht mehr?

[Wallinka]

Wenn die 8-10 Wochen alt sind, werden es vermutlich nicht mehr nette Kuschelkatzen, die jedem hinterherlaufen und um Streicheleinheiten betteln. Man kann die aber durchaus noch so zahm bekommen, dass sie ein schönes Leben in Menschenobhut leben können.
mom später mehr

[Wallinka]

Wenn die jetzt viel Menschenkontakt haben, dann kann man ihnen noch recht gut beibringen, dass Menschen nett sind. zB vorsichtig an Spielen gewöhnen (Spielangeln sind dazu toll) vorsichtig immer näher ans Futter setzen, bis sie dich berühren müssen um dran zu kommen, dann vorsichtig mit streicheln anfangen. Am Anfang ev mit nem ausgestopften Handschuh am Stab.
Toll wärs natürlich, wenn irgendwer die reinnehmen würde, damit sie möglichst viel Menschenkontakt kennenlernen könnten. Allerdings jemanden finden, der das tut (und weiß, wie und was er da tut, ist um diese Jahreszeit nicht einfach)
Wenn die verwildern und der Nachbar die nicht kastrieren läßt, dann werden das in den nächsten Jahren immer mehr und irgendwann sind das dann bestimmt keine glücklichen wilden KAtzen mehr.
Also wenn der Nachbar dir die Erlaubnis gibt, würd ich versuchen, die soweit wie möglich an den Menschen zu gewöhnen. Und wenn irgend möglich( zB mit Hilfe des örtlichen Tierschutzvereines) die Mutterkatze kastrieren zu lassen.
Das mit dicker Jacke und Handschuhen hochheben würd ich unbedingt lassen. Zum einen ist es ein Vertrauensbruch, solang sie noch so scheu sind. Zum anderen sind die meisten Handschuh kein echter Schutz und Katzenbisse können sich wirklich heftig infizieren und lange Ärger machen. Dann lieber vom Tierschutz eine Lebendfalle holen und sie damit einfangen,wenn einfangen nötig sein sollte.

[kolyma]

Ich hatte bereits mehrere halbwilde Katzen aufgenommen. Meine Zuri, die ich jetzt seit Januar habe, ist zwei Jahre alt und hat vor uns keinen Kontakt zu Menschen.
Also es hat gedauert... Und richtig kraulen kann ich sie noch lange nicht. Aber sie lebt bei uns, freut sich, wenn sie uns sieht, kommuniziert mit uns, lässt sich über den Rücken streicheln oder markiert unsere Hand mit ihrem Köpfchen. Hätte nie gedacht, dass sie so zutraulich wird... Aber das ist alles machbar. Und bei so jungen Kitten gleich dreimal. Nur Mut! Versuche es einfach... Langsam, mit Geduld aber auch einer gewissen Beharrllichkeit. Solche Katzen werden mal ganz tolle Stubentiger!

Übrigens:

Zuri zwei Wochen nach dem Einzug - in den zwei Wochen hat sie sich nur im Bad zwischen den Handtüchern verkrochen und hat nur nachts gefressen und ihr Geschäft gemacht (Stubenrein war sie da auch noch nicht....)



Zuri aktuell - sie ist so viel entspannter und erträgt auch, wenn ich sie fotografiere. Sie ist mittlerweile Stubenrein und völlig integriert - und sie fühlt sich sauwohl... Wie gesagt - sie kam total wild zu uns.

[Abendsonne]

Mit Handschuhen hochheben, ein Vertrauensbruch.
Ist da nicht einfach einsperren ins Haus eher ein Drama für die Katzen? Sie einfach in einen Raum sperren, die kennen sich hinten und vorne nicht aus, ich bin berufstätig, will nicht, dass die mir das Haus verwüsten und stubenrein sind die dreimal nicht. Da glaube ich, tu ich mir und den Katzen nix gutes.
Wir werden versuchen, sobald ich im Urlaub (der ist in knapp 4 Wochen) meine Katzen daheim habe (die völlig an den Menschen gewöhnt sind und schon über 12 Wochen alt), die halbwilden umzusiedeln in das Heim des Nachbarn. Das wäre der Idealfall.
Ehrlich gesagt bin ich nämlich Katzen-Anfänger und will nicht das gleiche erleben wie mit meinem Pferd, die ja Turnierpferd war und ich 24 Jahre alt und oft völlig überfordert. D.h. ich nehme jetzt die "eingebürgerten" ruhigen Katzen zu mir.
Die halbwilden lassen sich beim Fressen schon anlangen und manchmal nimmt eine Katze mir Futter schonmal von der Hand. So schlimm sind sie nicht mehr.
Abends wenn ich "miezie,mieze" rufe und raschel, kommen sie angelaufen.
Schönes Bild.
Aber ganz umpolen, das traue ich mir nicht zu, mein Ziel ist es zumindest nicht.

[kolyma]

Ich kann deine Bedenken verstehen. Wenn du die Verantwortung nicht auf dich nehmen möchtest.

Aber folgendes möchte ich dir dazu sagen - vielleicht traust du dich dann ja doch:

1. Katzen sind Raubtiere - Pferde sind Fluchttiere. Das sind schon mal ganz andere Vorraussetzungen. Katzen sind zwar sehr Reviertreu, passen sich neuen Lebensumständen extrem schnell an. Katzen lernen auch sehr schnell. Sie in einen Raum zu sperren mag erst einmal für den Menschen sehr unschön aussehen und wenn sie dann jammern und zetern hört sich das auch schlimm an. Aber sie würden sehr schnell diesen Raum als ihr Revier ansehen und sich bald heimisch einrichten.

2. diese Katzen sind noch so jung, dass sie es auf jeden Fall schaffen würden, sich komplett domestizieren zu lassen. Die Neugierde ist noch extrem ausgeprägt und schon sehr bald würden sie Vertrauen schöpfen.

3. kämen die Tiere in ein Tierheim würde dort genau so verfahren werden. Erst mal kämen Sie in Käfige zur Karantäne - dann wären sie in relativ kleinen Räumen. Ich habe alle meine Katzen aus Tierheimen und keine einzige war dauerhaft traumatisiert. Wie gesagt, Katzen passen sich sehr gut an und solche Dinge sind schnell vergessen.

4. Wenn die Katzen weiterhin wild bleiben, werden sie es vermutlich sehr schwer haben. Entweder sie finden den Weg ins Tierheim - wo sie noch die besten Chancen hätten übernommen zu werden oder sie verwildern komplett. Und das ist für die Tiere warscheinlich weniger erstrebenswert.

Wie gesagt, ich habe bereits einige Erfahrung mit halbwilden Katzen - und ich kann dir sagen: Alles halb so wild *g*
Ein wenig Erfahrung sollte man zwar haben, aber vielleicht kannst du sie wirklich ins Tierheim bringen, wo sie ne faire Chance kriegen.

[Abendsonne]

Lieber wild als Tierheim? Wo kommen sie dann hin, zu Katzenquälern? Lieber wild und frei, als domestiziert? So denke ich über Katzen.
Wir hoffen jetzt auf diese Option, dass die Kätzin vielleicht zum Nachbarn (Besitzer) umzieht, sobald meine Katzen daheim sind.

[Wallinka]

wild und frei ist heutzutage für Katzen nicht einfach. Dazu ist ihre Umwelt einfach nicht mehr gemacht.
Wenn sie Glück haben und einen festen Futterplatz und einen ganzjährig nutzbaren Unterschlupf, mag das gehen.
Wenn sie unkastriert bleiben, werden sie sich vermehren. Die Mutterkatze wird vermutlich dieses Jahr noch einmal Junge bekommen, die Jungtiere vermutlich alle im nächsten Frühjahr und dann im August noch mal.
Dann hast du in zwei Jahren ungefähr 30 Katzen da laufen, davon mindestens die Hälfte, wenn nicht mehr mit Inzucht und den damit verbundenen Problemen. Wenn so viele Katzen auf einem Haufen sitzen, haben sie Stress. Meist reicht dann auch das Futter an einer Futterstelle nicht mehr für alle (vor allem geht das Futter für so viele Tiere ganz schön ins Geld) dh, sie sind nicht mehr wirklich gut versorgt. Beides führt zu einem schlechten Immunsystem. Kommt jetzt irgendein Krankheitserreger vorbei, durchseucht er ganz schnell alle Tiere, je nach Schwere der Erkrankung sterben mehr oder weniger daran.
Die übrigen werden weiter Junge werfen, Inzucht produzieren, Stress haben, irgendwann daran sterben.
Oder sie wandern ab in der Hoffnung, irgendwo anders an einem Platz mit weniger KAtzen ein neues Revier zu finden. Einem, wo hoffentlich ein Mensch mit Futter hilft, es keine Katzenhasser gibt, wo es Unterschlupf gibt. Und dort werden dann neue KAtzenkinder geboren und das Theater geht von vorne los.
Wild und frei- das klingt wunderschön, aber die Realität sieht leider meist anders aus.
Die kleinen Katzen, die du jetzt fütterst, sind grad in dem Alter, in dem sie die Mutterkatze nicht mehr brauchen, selbstständig werden, sie ihren Platz im Revier suchen. Genau in diesem Alter macht ihnen ein Umsetzen in eine neue Umgebung noch am wenigsten aus. Sind sie älter und schon eingefahrener in ihrer Umwelt und ihren Erfahrungen mit Menschen, ist es für sie deutlich mehr Stress.
Ich mal ungern schwarz, so wie oben beschrieben. Aber glaub mir, nach 20 Jahren aktiv im Katzenschutz ist mein Motto: jede nicht geborene wildlebende Katze ist eine glückliche Katze....
Und ich hoff, du meintest nicht wirklich, dass Tierheime ihre Tiere nur an Tierquäler vermitteln, oder?

[Candyline]

Hallo Abendsonne,

ich kann Wallinka nur zustimmen - halbwilde Katzen haben alles andere als ein leichtes Leben. Wenn du die Möglichkeit hast, die Kleinen zu zähmen dann nütze sie. Falls du dir das aber nicht zutraust, würde ich in Absprache mit dem bisherigen Besitzer mich mit dem Tierschutz in Verbindung setzen, die dann ein geeignetes Heim für die Kleinen finden können, wenn sie da, wo sie eigentlich herkommen, nicht gewollt sind.

[kolyma]

Doppelpost