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"Spätentwickler"?

Verfasst: Fr 15. Feb 2013, 19:48
von Sanojlea
Hallo,
ich lese hier ganz oft das Wort "Spätentwickler" und "den würde ich nicht vor..." und da komme ich jedesmal ins grübeln:
Klar, ich hab das früher auch so gelernt, "Pferde kann man mit 3 Jahren einreiten, Isländer sind aber später erst soweit entwickelt, die sollte man nicht vor 4 anreiten!". Und dann später auch erfahren das sowas auch noch von anderen Rassen gesagt wird und das Vollblüter frühreifer wären... Gut mittlerweile sind die Meisten zum Glück bei 4 und 5 Jahren angekommen!
Aber gibts das wirklich? Sind manche Rassen wirklich später erwachsen und somit belastbar als andere?

Oder hängt das vielleicht eher damit zusammen, das grade so ein halbwildes Isifohlen natürlich nicht so behüddelt und betüddelt war auf der rauen Insel, wie seinerzeit schon unsere WB Fohlen auf der Koppel, wo jeder Mangel (struppiges Fell ect.) entdeckt, untersucht und behoben wurde. Wo das Futter immer stimmte, der TA gekommen ist wenn was war...
Kann es sein das jedes Pferd länger braucht um erwachsen zu werden, als man Jahre lang gedacht und gelehrt hat?
Das mein Pony frühestens mit 4 Jahren angeritten wird ist für mich eh klar. (Was mein Kind und mein Pony vorher treiben ist ne andre Sache, wenn die Kleine mal aufs 3 jährige Pony draufkrabbelt :nix: :ohm: )
Ich hab mal gelernt das ein Pferd bis 6 Jahre wächst, eben habe ich gelesen einige könnten sogar bis 12(!) Jahre wachsen.
Grade was die Vollblüter angeht: Ich fürchte da wird es sich einfach schöngeredet, weiter nichts. Ein Pferd mit 1 1/2 einzureiten, ich finde dafür gibt es nur Selbstsucht und Gewinnoptimierung als Grund :-z

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Fr 15. Feb 2013, 20:13
von Hina_DK
Ja, es gibt da Unterschiede. Wenn man vernünftig mit seinem Pferd umgehen möchte, sollte man es mit Reitergewicht nicht bevor die Wachstumsfugen geschlossen sind, belasten und die schließen sich tatsächlich rassebedingt unterschiedlich. Bei Vollblütern früher, bei Ponyrassen später. Also nicht nur Isis, auch Shetties und andere typische Robustrassen sind Spätentwickler. Es hat also nicht nur was mit der "geistigen Reife" zu tun. Geistig und auch körperlich ohne Gewicht, kann man auch Ponies schon vorher mit Bodenarbeit, Freiheitsdressur oder was auch immer fordern. Aber auch da sicher von Rasse zu Rasse und Pferd zu Pferd unterschiedlich. Gut ist es, wenn man einen Blick dafür hat, ob das Pferd tatsächlich auch diese Reife und vor allem wirklich Konzentrationsfähigkeit hat. Ein Pferd, was einfach nur menschenbezgen ist, muss deshalb noch lange nicht eine ausreichende Reife besitzen, auch zu arbeiten.

Was die Wachtumsfugen angeblangt, so kann man sich nur sicher sein, wenn man ein Röntgenbild hat. Daher sind Altersangaben auch eher als Richtwerte zu sehen. Die geschlossenen Wachstumsfugen haben aber nicht zur Auswirkung, dass da nicht noch weiteres Wachstum erfolgt. Es beendet nur dass das Längenwachstum der Knochen beendet ist. Das Dickenwachstum wird viel später abgeschlossen und alles was sich so zwischen den Knochen als Verbindungsstücke befindet. Dadurch wachsen viele Pferde auch noch viel länger aber es ist kein Knochenlängenwachstum mehr. Viele richten sich überhaupt erst recht spät richtig auf, womit der Widerist ja auch höher kommt und die Messlatte auf einmal einiges mehr anzeigt. Auch das späte Überbaut sein, ist durchaus ein sichtbares Zeichen weiteren Wachstums. Ich denke, das ist eine gewagte Angelegenheit für das Ende des Wachstums eine Altersgrenze zu benennen. Menschen sind auch nicht pauschal mit 18 oder 21 Jahren ausgewachsen. Es gibt immer Ausnahmen und gar nicht so wenige nach der einen und der anderen Seite.

Was die Pferde betrifft, da gibt es eine sehr interessante Veröffentlichung darüber, welche Pferderassen durchschnittlich welches Wachstum beenden und wann die Wachstumsfugen geschlossen werden. Ich müsste da mal ganz tief in mein Chaos auf dem PC tauchen, um es wiederzufinden, weil mir leider der Name des Autors entfallen ist ;). Das sind zwar recht alte Forschungen aber die Evolution hat in den letzten Jahrzehnten in der Hinsicht ja nicht so viel verändert.

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Fr 15. Feb 2013, 21:26
von ehem User
Was die Pferde betrifft, da gibt es eine sehr interessante Veröffentlichung darüber, welche Pferderassen durchschnittlich welches Wachstum beenden und wann die Wachstumsfugen geschlossen werden. Ich müsste da mal ganz tief in mein Chaos auf dem PC tauchen, um es wiederzufinden, weil mir leider der Name des Autors entfallen ist . Das sind zwar recht alte Forschungen aber die Evolution hat in den letzten Jahrzehnten in der Hinsicht ja nicht so viel verändert.
Auja Hina, das würde mich auch interessieren.

Aber ich denke auch wie du, das bei allen Durchschnittswerten und Rasseunterschiede die individuellen Unterschide noch ganz erheblich sein können.

Ein Faktor, ob ein Pferd Früh- oder Spätentwickler ist, ist auch was für Futter ihm zur Verfügung steht. Rassen wie Isländer und Shettys die traditionell über sehr karges Futter verfügen, sind daher tendenziell Srätentwickler.

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 10:55
von Sanojlea
Ein Faktor, ob ein Pferd Früh- oder Spätentwickler ist, ist auch was für Futter ihm zur Verfügung steht. Rassen wie Isländer und Shettys die traditionell über sehr karges Futter verfügen, sind daher tendenziell Srätentwickler.
Ja, das ist eben meine Überlegung: Sicher das es nicht der einzige Grund ist?

Ich hab auch irgendwann mal was gelesen und da, meine ich, war es nicht eindeutig das die Wachstumsfugen bei manchen Rassen früher oder später schliessen...
Hoffentlich findest du den Artikel, würde mich auch sehr intressiern!

Um die geistige Reife ging es mir garnicht, erstmal wirklich rein um die körperliche.
Was die Wachtumsfugen angeblangt, so kann man sich nur sicher sein, wenn man ein Röntgenbild hat. Daher sind Altersangaben auch eher als Richtwerte zu sehen.
:? Aber es macht doch Niemand vor dem anreiten ein Röntgenbild.. :!: :?:
Ich hab hier im Forum zwei Bilder gesehen (müsste ich jetzt suchen, glaube in "Jungpferde") von einer Stute, eines mit drei Jahren, eines mit fünf Jahren das war ein gewalltiger Unterschied und ich meine es wäre ein VB... Also die hätte ich mit 3 Jahren nicht reiten wollen... :nix: (Wurde sie glaube ich auch nicht ;) )
Ich hab halt den leisen Verdacht das die meisten Pferde und Ponys zu früh geritten werden...

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 11:04
von Schattenstern
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Pferde und Pony zu früh geritten werden.
Zumindest wenn man mir abrät, ein 12jähriges Pferd zu kaufen, weil das ja schon "fast zu alt wäre zum reiten".
Da kann ich nur den Kopf schütteln, mit 12 sind die doch gerade auf dem höchsten Leistungsniveau!
Wenn ein Pferd gesund angeritten wurde (was meint ohne Gewalt, mit passender Ausrüstung und eben spät genug) dann ist dieses Pferd wenn nichts schlimmes passiert sicherlich bis zum 20. Lebensjahr reitbar.

Und es ist ja auch die Frage, was man genau unter anreiten versteht. Ich verstehe darunter Gewöhnung an die Ausrüstung und an Reitergewicht auf dem Rücken. Das muss aber zu Anfang nicht der Besitzer mit 70 Kilo oder mehr sein. Eine Reitpuppe, ein gut reitendes Kind oder einen sehr leichten Erwachsenen kann man sicher für kurze Zeit auch auf Pferdli setzen, wenn es noch nicht 100%ig ausgewachsen ist. Ich gehe aber davon aus, dass das Pferd nach dieser "Gewöhnungsphase" nochmal für ne ganze Zeit auf die Koppel kommt. Nach dieser Methode kann man Frühreife Pferde sicherlich mit 4, Spätreife mit 6 oder 7 auf jeden Fall gesund anreiten.

Ich finde auch, dass das nur bedingt Rassen-abhängig ist. Ich kenne eine Huzulenstute, die sich nach dem dritten Geburtstag nichtmehr verändert hat, ein anderes Pferd der selben Rasse sah mit 3 noch aus wie ein Fohlen.
Ich verstehe unter Früh- und Spätreif also auch nicht "Die Rasse des Pferdes ist so oder so" sondern eher "Das Pferd als einzelnes Lebewesen wirkt so oder so"

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 11:55
von Hina_DK
So ein Röntgenbild macht natürlich so gut wie keiner. Eigentlich kann man sich nur so halbwegs an "Richtwerten" orientieren. Deshalb ist es mir auch vollkommen unverständlich, wenn man z.B. bei Isländern, die im Grunde immer so mit ca. 5 Jahren angeritten wurden, weil da die Wachstumsfugen bereits bei so gut wie allen Isis sicher geschlossen sind (die schließen sich bei denen gewöhnlich mit ca. 3,5 Jahren) und auch die Knochendicke und -dichte soweit entwickelt ist, dass man das Pferd wirklich langsam belasten kann, den Zeitpunkt nun immer weiter nach vorne verlegt. Heute sagt man einfach, die Wachstumsfugen sind mit 3,5 Jahren zu, da kann man getrost mit 4 Jahren anreiten. Manche meinen sogar, man kann das auch schon kurz vor Schließen der Wachstumsfugen machen und schwingen sich dann auf einen knapp 3jährigen Isländer. Das ist übrigens mittlerweile keine Seltenheit mehr und hier in Dänemark gibt es eine Züchterin, die permanent damit argumentiert, dass sie ja schaut, ob die Pferde gut entwickelt sind (was auch immer sie darunter versteht) und dass das beste Alter für Isis zum Anreiten ist. Alle, die das anders sehen, würden keine Ahnung von der Ausbildung von Pferden haben. Nun möchte man ja meinen, dass das ein Sturm der Verwunderung und Empörung ausgelöst hätte. Das ganze Gegenteil ist eingetreten. Die Frau hat von der "Profiwelt" fast nur Zustimmung und anerkennende Worte geerntet, allenfalls nochmal den Hinweis, dass man aber wirklich drauf achten sollte, dass sich das Pferd soweit schon stabil entwickelt hat. Was will man dazu noch sagen? Ähnliches habe ich übrigens bereits aus Deutschland auch gehört und in Island ist es ja Gang und Gäbe, die Isis mit 3,5 Jahren an das Reitergewicht zu gewöhnen, dann allerdings nochmal wegzustellen. Die Tendenz wird aber immer weiter Richtung 3-3,5 Jahre gehen, denn letztendlich geben die Prüfungsordnungen das vor. Die sind natürlich von den Züchtern selbst gemacht. Wenn ich einen 4-jährigen Isi geritten zur Zuchtprüfung vorstellen und dabei auch für die Rittigkeit ordentlich Punkte absahnen möchte, dann kann man sich ausrechnen, wann man mit dem Training beginnen muss.

Auch wenn man bei einem 3jährigen Pony vielleicht nicht mehr sieht, dass sich da noch was entwickelt, bedeutet es nicht, dass im Körper nicht noch sehr viel passiert. Ich habe noch nie optisch sehen können, wie sich Knockendicke- und dichte entwickelt, auch nicht die Gelenk- und Sehnenstabilität. Deshalb ist ein Pony, das sehr früh nicht mehr weiterwächst noch längst nicht zwangsläufig ausreichend entwickelt.

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 12:02
von HP-Manu
zum Knochenwachstum kurz eine Angabe, die den Durchschnitt betrifft: Längenwachstum der Knochen endet etwas mit 3 Jahren und das Dickenwachstum mit 5 Jahren. Das sind zwar Durchschnittswerte, aber ich finde auch, dass heutzutage viel zu früh mit dem Anreiten begonnen wird. Hat man früher Isländer erst mit 5 angeritten, so fangen sie heute manchmal schon mit 3,5 an und das ist entscheiden zu früh.
Bei den WB ist es noch schlimmer, da beginnen sie oft mit 2,5 schon und dann gleich ausgebunden und an den Zügeln "gehend".
Zu frühes anreiten bringt immer später Probleme mit sich. Das Durchschnittsalter der WB ist heutzuage 7 Jahre und die meisten Todesursachen sind Probleme im Gelenkapparat. Großer Anteil daran nimmt zum einen die Haltung und zum anderen aber auch das zu frühe belasten.

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 12:04
von HP-Manu
ups...zu früh abgesendet....wollte doch noch was dazu schreiben: bei vielen Rassen wird im ganz jungen Jahren Spezialfutter gefüttert, was die Jungpferde einfach propper ausehen lässt und sie wirken deswegen schon "fertig". Allerdings eben nur optisch von aussen

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 12:28
von Sanojlea
Wenn ein Pferd gesund angeritten wurde (was meint ohne Gewalt, mit passender Ausrüstung und eben spät genug) dann ist dieses Pferd wenn nichts schlimmes passiert sicherlich bis zum 20. Lebensjahr reitbar.
:-? :ohhh: Bis 20 nur?? Also ich frag mich immer, warum die Leute ihre Pferde mit 20 schon in Rente schicken, da möchte ich mein Pony aber noch nicht auf der Weide lassen, oder nur noch am Boden beschäftigen! (Soweit gesund.)
Ich kenne so einige Pferde und Ponys, die mit Mitte 20 noch super im Reitunterricht (!) laufen und die gesund über 30 Jahre alt wurden/sind! Von 6 bis 20 Jahre, das wären ja grade mal 14 Jahre gemeinsamme Ausritte :ohhh:
Ich denk mir da immer: Wer rastet der rostet! 20 ist ja nun wirklich noch kein Alter, meine Güte selbst mein geliebter Mogli wird bald schon 20 und wenn er, hoffentlich irgendwann, meiner ist dann will ich mir den auch nochmal ans reiten bringen! Und wenn er dann wirklich schon zu alt ist, nun ja, dann kecksen wir halt nur so... :herzi:

Re: "Spätentwickler"?

Verfasst: Sa 16. Feb 2013, 12:31
von HP-Manu
Bis 20 nur?? Also ich frag mich immer, warum die Leute ihre Pferde mit 20 schon in Rente schicken
die meisten können froh sein, wenn ihr Pferd überhaupt so alt wird :cry: . Aber ich persönlich versteh das auch nicht. Meine Isistute ist 27ig und wird noch bis max. 2 std. geritten, in der Kundschaft habe ich ein paar WB mit weit über 20ig, die noch geritten werden und diese Pferde sehen echt am besten aus. Ich glaube, dass es sich vorallem in großen Reitställen einfach nicht schick genug macht ein älteres Pferd zu haben / reiten. :roll: