Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Moderator: Keshia

ehem User

Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von ehem User »

Anm. d. Mod.: Bitte beim Thema bleiben, es geht hier um NHS/Parelli (nicht um das Für und Wider des Clickern bzw. um den Artikel).
Wenn dazu Diskussionsbedarf besteht, kann der Artikel gern im geeigneten Thema besprochen werden. :mrgreen:
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Fionnlagh
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von Fionnlagh »

Integra hat geschrieben:achso und das mit dem Fingerdruck wäre bei Pat Parelli das zweite Spiel, gehört also auch dazu, bin ich aber nicht direkt am Pferd, warum auch immer und aus welchem Grund auch immer muss ich das Pferd rückwärtz schicken, dann nützt mir das mit dem Finger auch nicht mehr.
das ganze geht natürlich auch auf entfernung ;)
es erst mal mit dem finger direkt AUF dem körperteil anzulernen, ist der anfang. irgendwann muss man (bzw. in unserm fall ich) nur mehr auf den gewünschten körperteil zeigen.


@katja:
in dem artikel geht es um dominanz. das clicker-training wird in einem einzigen satz ganz am schluß erwähnt.


ich denke, das ist der eigentliche fehler, der immer wieder passiert: arbeit mit positiver bestärkung wird gleich gesetzt mit wattebausch, antiautoritärer erziehung und zu wenig klarheit im umgang mit dem pferd... das ist es NICHT! wer das nicht kapiert hat, hat die arbeit mit positiver verstärkung einfach nihct verstanden :nix:
(und glaub mir: wenn mein pferd meint, sich auf meinem fuß platzieren zu können und dann gemütlich die schöne gegend zu betrachten, dann kriegt der nen ordentlichen renner in die seite... zufällig brauch ihc meinen fuß nämlich noch ;) )
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
ehem User

Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von ehem User »

Gut, ich habe mich unverständlich ausgedrückt - ich meinte das nicht explizit auf bestimmte Rassen bezogen, sondern natürlich auf die individuellen Typen und bin da wohl auf die Rassenklischeeschiene gerutscht :shy:

Integra, danke für deine ausführlichen Erklärungen!
Ich glaube nicht, dass ich NHS-Fan werden werde und mit dem Wort 'Dominanz' tu ich mich sehr schwer, weil die meisten Pferde den Menschen nicht 'dominieren wollen', sobald sie mit einem zu tun haben und es außerdem schon einige Male erlebt habe, wie körperliche Unfähigkeit des Pferdes als Dominanzproblem ausgelegt und als solches behandelt wurde, obwohl man damit weder Mensch noch Tier irgendeinen Gefallen tat.
Aber diese Diskussion finde ich für mich dennoch sehr hilfreich, weil ich ja schon verstehen möchte, was die Hintergründe sind für bestimmte Herangehensweisen.
Ich hoffe daher sehr, dass du dich hier - zumindest von mir - nicht angegriffen fühlst, weil das definitiv nicht die Intention ist!!

faraway hat geschrieben: Ich muss nochmal was nachfragen: Integra, du schreibst, dass du dann eine quasi Vorstufe einbaust und dem Pferd rückwärts "erklärst", indem du z.B. einen Schritt auf es zu machst. Wenn das Pferd dann reagiert, kommt das Schlangen-Seil dazu. Find ich auf jeden Fall einen lobenswerten Ansatz, dem Pferd das Gewollte verständlich zu machen. Nur frage ich mich, wozu dann das Schlangen-Geschlenkere überhaupt einführen, wenn Pferd auf ein anderes Signal, das im offensichtlich direkt verständlich war, bereits reagiert hat? Nur, weil "man das eben so macht" im NHS?
Das ist doch letztlich die Frage, um die es ging. Worin genau der Sinn des Seils besteht. Und die ist mir leider immer noch nicht klarer als durch die Erklärungen der Dame damals. Für mich ist das immer noch eine menschliche Idee, einem Tier etwas beizubringen, und zwar mit (teils massivem) Druck. Aber den Anspruch, dies sei eine Pferden besonders verständliche Methode, den sehe ich immer noch nicht belegt!
Genau die beiden Punkte interessieren mich auch :-n
Integra hat geschrieben: Aaalso grundsätzlich ist NHS ein überbegriff, das bedeutet nicht, nur Pat Parelli ist NHS, es gibt ja da noch mehr.

NHS bedeutet für mich zumindest, die Natur des Pferdes zu berücksichtigen, das verhalten in der Herde, das Verhalten allgemein, wenn es Angst hat, wenn es sich freut, wenn es schmerzen hat, etc...

also das Gesammtbild Pferd und wiederum jedes einzelne für sich, man kann jetzt einen Holsteiner nicht mit einem Schleswiger vergleichen, dennoch sind beides Pferde, die Grundvorraussetzungen sind also gleich.
Dass NHS mehr ist als Parelli, ist mir klar.
Ansonsten meine ich mit NHS Leute, die quasi nur mit Knotenhalfter und sehr langem Seil arbeiten (und auch, wenn das Parelli ist, aber in meiner Umgebung hier haben die alle einen orangenen Stick in der Hand), meist nicht über positive Verstärkung, sondern Druck, sehr oft und schnell auch psychischer Natur. Und für mich ist das Ganze oft auch sehr Western-/Cowboy-angehaucht. Das meine ich nicht polemisierend, sondern kanns einfach nicht besser beschreiben :shy:

Deine Definition ist da anders, mir aber irgendwie zu ungenau. Wie bezeichnest du dann Leute wie dich - die jetzt nicht explizit nach Parelli arbeiten, aber schon von der Grundhaltung in diese Richtung? Im Gegensatz beispielsweise zu reinen Clickerern?
NHS ist viel mehr eine Lebenseinstellung, als eine Technik, mir Persönlich hat diese Technik aber geholfen zu verstehen und nach zu prüfen, um letztendlich auf die unterschiedlichsten Pferde entsprechen eingehen zu können.
Welche Technik jetzt? Ist NHS doch auch eine Technik (im Gegensatz zu deiner Definition oben)? Was für eine?
Dazu gehört, das Pferd zu analysieren, welche Probleme hat es?, was braucht es?, was kann ich tun um die möglichen Probleme zu lösen und wie stelle ich das an, hat das Pferd überhaupt Probleme oder ist es nur nicht erzogen oder steckt da noch was anderes hinter? Das ist nicht bei jedem Pferd gleich und man kann auch nicht gleich von Dominanzproblemen sprechen, manchmal sind es so winzige Kleinigkeiten, die ein Pferd unsicher machen, kann man dies jetzt lösen, indem man beim Führen z.B. einfach aufrecht geht und die Führungsposition klar übernimmt, hat man dieses sogenannte "Dominanzproblem" beseitig, weil das Pferd nicht Dominant, sondern unsicher war.
Das gilt es zu erkennen, das bedeutet für mich NHS, ein Pferd als Individuum zu verstehen und es entsprechend behandeln zu können.
Gut, dass ist für mich eben nicht explizit NHS, sondern das sollte jeder Trainer/RL/... können und auch der Ottonormal-hobby-Pferdemensch sollte sich dessen bewusst sein und es anstreben.
Die 7 Spiele sind eine schöne Sache, wenn man versteht, sie zu benutzen und wenn man auf das Pferd als Individuum eingeht, dann funktioniert das mit jedem Pferd. Dann kann ich jedem Pferd alles beibringen, was ich möchte.
Von den Spielen habe ich keine Ahnung.
Jedes Pferd ist auf der Weide in der Herde ein Pferd in der Natur und wenn ein anderes Pferd kommt, dann wird es ganz natürlich mit dem anderen Pferd umgehen.
Nun bin ich aber kein Pferd und meine Körpersprache sieht anders aus, also wenn ich mit meinem Pferd arbeiten möchte, brauche ich entweder einen Dolmetscher oder eine Sprache die wir beide verstehen, logisch oder?
Natürlich, da bin ich ganz bei dir. Nur glaube ich nicht, dass es von sich aus eine eindeutige Sprache gibt, die beide verstehen. Das mit der Schlange muss man manchen Pferden erklären. Clickertraining ist auch eine Sprache, die man lernen muss.
Und ok, bei Körpersprache ist eben der Mensch der begrenzende Faktor und muss dort unheimlich an seiner Wahrnehmung und seinem Bewusstsein arbeiten, um die gezielt einsetzen zu können.
Integra hat geschrieben: Nun, warum muss ein Pferd überhaupt weichen? warum muss ein Pferd überhaupt mit uns arbeiten? fragen wir doch mal so...
Das finde ich zu weit hergeholt :nix:
Und warum Stößt es dir auf, wenn ein Pferd, wenn ich es zurück schicke, weichen soll?
Das will mir nicht so ganz klar werden...
Ich denke, Equester ging es nicht drum, warum ein Pferd überhaupt weichen soll, sondern um das Wie (wie erreiche ich das langfristig und in dem jeweiligen Moment).
Für mich hat das wenig mit der alleinigen Unterwerfung zu tun als viel mehr das Pferd in jede belibige Richtung schicken zu können und dieses Schicken zu konditionieren... Allein schon aus dem Grund weil ich gerade mal 90 Kg Wiege und mein Pferd 720Kg. Habe ich ein Pferd welches einfach stehen bleibt und überhaupt nicht reagiert, werde ich auch in möglichen Gefahrensituationen ein Pferd haben das nicht reagiert oder mich gar umrennt...(alles schon gehabt)
Mit einem Pferd welches nicht auf meine Körpersprache reagiert, brauche ich mit arbeit am Kappzaum gar nicht anfangen, denn ich muss ja damit rechnen, dass es mich jederzeit umrennt, wenn irgentwas ist.


Also egal ob vorwärtz, rückwärtz, seitwärtz brauche ich ein Pferd welches auf mich achtet und reagiert, sonst bekomme ich bei 720Kg irgendwann Probleme.
Aus eigener Erfahrung mit einem Shetty (!) neulich: Nicht erst bei 720kg ;)
Ich weiß ja nicht wies euch geht aber bei aller Freundschaft und Liebe zum Pferd muss auch der beidseitige Respekt vorhanden sein... So sehe ich das zumindest. Dabei ist egal auf welchem Weg man das erreicht...

Aber wenn ihr hier jetzt schreibt, das arme Pferd muss doch nicht auf mich reagieren, dann verstehe ich darunter " wenn mein Pferd nicht auf mich hören will, dann muss es das auch nicht, wenn mein Pferd mich umrennt, dann ist das halt mein Pech"

Pferde in der Herde schenken sich auch nichts und wenn sie nicht das tun, was das ranghöhere Pferd will, dann knallt das ganz ordentlich...
Ich glaube, meine Herangehensweise ist da etwas anders.
Was du mit 'Respekt' bezeichnest, würde ich in vielen Kontexten mit 'Aufmerksamkeit' ersetzen.
Umrennen lasse ich mich nicht und ein Pferd, was immer frei entscheidet, wann es mitmachen möchte und wann nicht, kann außerhalb von umzäunten Bereichen schlicht auch für sich und die Umwelt gefährlich werden und das geht einfach nicht.
Meiner Meinung nach muss ich aber erstmal die Aufmerksamkeit des Pferdes haben, ehe ich eine Reaktion bekommen kann. Wenn das Pferd mit dem Kopf bei einem Hund auf der anderen Elbseite ist, kann ich von Stufe 1 bis sonstwohin gehen, ohne dass es notwendigerweise reagiert (je nach Typ), weil es einfach gar nicht zuhört. Also hole ich mir erst die Aufmerksamkeit zurück und stelle dann die Aufgabe erneut (Stufe 1) und in der Regel bekomme ich dann problemlos eine Reaktion.
Leider gibt es Leute, die schon bei Stufe 15 (auf einer Skala bis 10) angelangt sind, weil sie einfach nicht erkannt haben, dass das Pferd grad nicht auf sie achtet, weil irgendwo grad etwas passiert, was das Pferd als wesentlich wichtiger (oder, provokanter: attraktiver) einstuft.
Anders ist es, wenn beispielsweise ein Pferd im Schritt an der Hand dermaßen auf die innere Schulter fällt, dass es den Zirkel verkleinert. Nun läuft da innen oft der Mensch, der merkt, das Pferd kommt ihm näher und wenn er nicht rechtzeitig entsprechend reagiert, läuft es ihn um (wieder je nach Typ). Hier ist die Aussage auch oft: respektlos!, Wir müssen erstmal wieder klären, wer hier das SAgen hat!
Seh ich wieder anders :nix: - das ist nicht respektlos, sondern das Pferd kann körperlich einfach nicht anders und der Mensch hats zu spät gemerkt. Helfen kann ich, indem ich dem Pferd zeige, dass es die innere Schulter auch entlasten kann. Dazu muss ich aber erstmal erkennen, dass das Pferd nicht respektlos ist, sondern einen Grund für sein jeweiliges Verhalten hat.

Ich will damit nicht sagen, dass es nicht auch Pferde gibt, oder Momente, in denen Pferde sagen 'ich hab jetzt absolut keine Lust auf Mitmachen und zeige das deutlich'.
Aber das Meiste, was ich in meinem direkten Umfeld als 'respektlos' betitelt sehe, hat seine Schuld beim Menschen, der entweder dem Pferd nicht die Möglichkeit gegeben hat, zu verstehen, was er möchte oder der nicht sieht, dass das Pferd körperlich oder psychisch momentan schlicht nicht in der Lage ist, auf die Anfrage zu reagieren.
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Turbo
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von Turbo »

Fio :five: .

Plüschtiger :five: .
Ich bin manchmal verrückt. Wäre ich normal, würde ich wahnsinnig werden :spock: .

Wenn dir die Antwort nicht gefällt, dann stell die Frage anders :breitgrins2:.
ehem User

Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von ehem User »

Ich bin zu langsam :ohhh:
Integra hat geschrieben:
faraway hat geschrieben: Nur frage ich mich, wozu dann das Schlangen-Geschlenkere überhaupt einführen, wenn Pferd auf ein anderes Signal, das im offensichtlich direkt verständlich war, bereits reagiert hat? Nur, weil "man das eben so macht" im NHS?

also für mich ist das Seil schüttel eine extrem praktische Sache, wenn ich jetzt z.B. mit meinem Pferd im Gelände spatzieren gehe, das Pferd erschreckt sich, weil so ein böses Buhgespenst es fressen will, dann mache ich völlig automatisch diese bewegung, weil ich mich auch erschrecke. Mein Pferd hat durch das erschrecken jetzt vorwärzz im Kopf und durch das Seil rückwärtz, was passiert? das Pferd steht wie angewurzelt, weil diese Seilschüttelgeschichte so drinne ist, das sie instinktiv funktioniert auch wenn es eine antrainierte Fertigkeit ist und das ist nur ein Beispiel.

Im Beispiel Pad jetzt, nutze ich dies um ihn auf Abstand zu halten, damit er mich nicht umrennt oder mich mit seinen Hufen nicht trifft, wenn er mal wieder austickt...

Und für mich hat sich das als sehr praktisch erwiesen, weil es automatisch mit meinem Verhalten in gewissen Situationen zusammen passt und ich meinem Pferd in jeder aber auch wirklich in jeder Situation egal ob ich es anschaue oder 3 Meter entfernt bin rückwärtz schicken kann, rückwärtz sind sie definitiv langsamer als vorwärtz und die Gefahr verringert sich, dass er bei Buhgespenstern losprescht und weg ist und sich in seiner kopflosen Panik womöglich noch verletzt.
Ich kann ihn damit in das Hier und jetzt zurück holen und das jederzeit, das ist für mich das angenehme daran.
Man könnte sagen es ist menschliches verhalten, die Hände hoch zu reißen, wenn etwas auf sie zu kommt oder wenn sie sich erschrecken mit einem gewissem Impuls zu reagieren.

Damals habe ich es ganz klar so gemacht, weil der Trainer es so gesagt hat... Ich denke mal, das wir alle schonmal Dinge getan haben, die wir nicht hinterfragt haben. Heute denke ich anders darüber und schaue mir, wozu es mir überhaupt nützlich ist.

achso und das mit dem Fingerdruck wäre bei Pat Parelli das zweite Spiel, gehört also auch dazu, bin ich aber nicht direkt am Pferd, warum auch immer und aus welchem Grund auch immer muss ich das Pferd rückwärtz schicken, dann nützt mir das mit dem Finger auch nicht mehr.
Ok, dann ist das auch vom Mensch jeweils abhängig. -?
Wenn ich mich erschrecke, zucke ich maximal zusammen, mache aber garantiert keine ruckartigen Bewegungen mit meinen Händen, schon gar nicht welche, mit denen ich ein langes schweres Seil zum Schwingen bringen würde.
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Equester
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von Equester »

Ich antworte mal pauschal ohne Zitate ;)

Integra, wie Plüschtiger schon richtig angemerkt hat, mir geht es nicht darum, dass man niemals nie nicht was von den Pferden verlangen sollte, schon gar nicht rückwärts, sondern es geht mir um das wie. Vielleicht habe ich mich bei meiner Frage ungeschickt ausgedrückt (denn diese ist nach wie vor nicht beantwortet), deshalb probiere ich es noch einmal.

Du schreibst, dass Du energisch auf das Pferd zugehst und wenn es dann rückwärts geht schlenkerst Du das Seil, damit es irgendwann versteht, dass das Schlenkern das Signal für Rückwärts ist. Aus Deinen Worten springt mich eine unglaublich Aktivität und Dominanz an und daraus resultiert meine Frage: Warum muss das Rückwärtsgehen mit einer solchen Vehemenz verlangt werden? Warum nicht - wie von Fionnlagh beschrieben - mit ganz leisen und zarten Signalen? Du schreibst von Belohnung, wie sieht die aus? Soweit ich weiß ist die Belohnung dass der Druck weg bleibt. Aber wenn wir uns das ganz ernsthaft angucken: ist das Weglassen von Druck wirklich eine Belohnung? Nicht eher eine Erleichterung? Bei einer Belohnung bekomme ich etwas, bei einer Erleichterung fällt nur was Unangenehmes weg.

Ich arbeite regelmäßig mit Pferden, die nach unterschiedlichen Methoden ausgebildet wurden, wo im Laufe der Zeit der Aktionismus der jeweiligen Trainer immer härter wurde, weil das Pferd angeblich einfach keinen Respekt hat oder seinen Besitzer vera....schen will. Wo andere Respektlosigkeit sehen, sehe ich sehr oft Angst und mind. genauso oft schlicht und ergreifend Unverständnis, weil das Pferd gar nicht verstanden hat, was man von ihm will. Je widersetzlicher dann ein Pferd ist, desto leiser näher ich mich ihm. Mit ganz kleinen Dingen, die ich belohnen kann, wenn es sein muss belohne ich auch nur gucken um eine Basis zu schaffen. Ich arbeite gerne mit Clicker, aber nicht jedes Pferd springt auf Clicker an. Aber Lob wollen sie alle, weil sie uns im Grunde gefallen wollen und das bekommen sie schon für den Gedanken in die richtige Richtung.

Du schreibst, dass Du das Seil und das Schlenkern brauchst, wenn Pferd xy mal wieder austickt. Meine Herangehensweise ist immer: WARUM macht das Pferd das? Es geht mir nie darum, ein Verhalten zu verhindern, es geht mir immer darum zu verstehen, warum es so reagiert. Wenn ich das verstanden habe, habe ich auch die Lösung.

Ich finde es wie Du und sicher ganz viele andere hier unglaublich wichtig, dass man sein Pferd "im Griff" hat. Schon alleine deshalb, weil ich an meiner Gesundheit hänge und auch draußen im Gelände sehr gerne am Stück mit einem heilen Pferd zurückkomme. Aber wie unzählige beweisen können, geht das mit sehr leisen Tönen und für das Pferd verständlich. Das schlenkern von dem Seil ist ja nur ein kleiner Teil einer sehr komplexen Ausbildung, aber es zeigt deutlich wie die Ausbildung aussieht: Druck, keine Reaktion mehr Druck, immer noch keine Reaktion richtig viel Druck.
Nur damit ich nicht falsch verstanden werde, ich glaube nicht, dass man ohne Druck auskommt. Der entsteht schon, wenn ich sanft die Hand an die Brust des Pferdes lege und damit erreichen will, dass es rückwärts geht. Oder wenn ich beim Reiten meinen Schenkel anlege um die Richtung zu zeigen und und und. Aber für mich geht es darum, ob sich aufbauender Druck bei ausbleibender Reaktion wirklich der Weg der Weisheit ist und ob das Pferd sich dabei wirklich verstanden und wohl fühlt?

Noch eine Sache, es wurde der so viel gepriesene Respekt angesprochen. Ich weiß nicht, ob mein Pferd mir gegenüber Respekt hat. Aber ich weiß, dass er mich nicht mit Absicht umrennen würde, dass er immer versucht mich zu verstehen um mir meine Wünsche zu erfüllen. Er weiß im Gegenzug, dass ich niemals etwas machen würde, was ihm schadet. Das erkenne ich daran, dass ich ihn auch durch sehr unangenehme Situationen bringen kann, ohne dass wir beide die Kontrolle über uns verlieren.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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faraway
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von faraway »

Ich versuche mal kurz zusammenzufassen, was für mich jetzt in dieser Diskussion herausgekommen ist:
Zur ursprünglichen Frage des Seil-Schlenkerns denke ich ist klar geworden, dass dies keine irgendwie natürlich gegebene Kommunikation ist, sondern letztendlich eine Konditionierung. Das beschreibt Integra ja auch von sich selbst, wenn auch bei ihr die Reaktion Schreck->Seilschlenkern automatisiert kommt.
Da das Erreichen dieser Konditionierung per Druckaufbau geschieht und der in vielen Beispielen sehr massiv, bis hin zu nicht mehr vertretbar meiner Meinung nach ist (womit ich niemanden hier im Forum angreifen möchte, sondern lediglich meine Meinung zu angeführten Videos meine), ist für mich persönlich der NHS-Weg nicht der, den ich mit einem Pferd gehen möchte.
Letztlich gibt es meiner Meinung nach eben weitaus freundlichere Wege, mit einem Pferd in Kontakt zu treten und mit ihm eine gemeinsame Kommunikationsebene zu erarbeiten. Die aber auch zu verlässlichen Ergebnissen führen.

Und @Katja: Der Artikel meint denke ich genau das, was du als dein Vorgehen beschreibst! Hören auf das Pferd und achtsam sein, sich nicht von einer Dominanz-Ideologie vereinnahmen lassen. Da steht mit keinem Wort, dass Clickern das allein seligmachende Mittel ist. Es geht um die grundsätzliche Einstellung dem Pferd gegenüber, und da gehen wir glaub ich sehr konform!
Wenn nur die Liebe, die Liebe existiert - so ist Zeit ein absurdes Konzept.
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ehem User

Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von ehem User »

@Equester: DAS kann ich voll und ganz unterschreiben bei Dir.

NHS ist für mich mehr eine Einstellung zu meinem Pferd und keine Technik die anwenden möchte!

Auch das ganze Dominanzgetue geht mir tierisch auf´n Sa...! :roll:
Ein Pferd ist ein Pferd und ein Pferd weiß, dass wir keine Pferde sind! ICH muss seine Sprache lernen und ihm meine verständlich machen. Gegenseitiges Vertrauen und Respekt finde ich dabei am wichtigsten!
Was nicht heißt, dass ich zur Wattebauschfraktion gehöre. ;) Ich bin schon streng, aber sie wissen immer woran sie bei mir sind.
Kann das schlecht erklären.

Ich arbeite teilweise eher nach: Wer bewegt wen und wer hat das längere Durchhaltevermögen :lol: .

Ein Beispiel ist das freie stehen. Das habe ich mit Schecki solange geübt, bis er einfach keine Lust mehr hatte sich zu bewegen, da ich ihn immer wieder auf seinen Platz zurück gestellt habe. Stehhhh, warte!
Das habe ich immer länger ausgedehnt und mit einem Keks belohnt.
Mittlerweile kann ich ihn beliebig abstellen und zwar solange bis ich ihn wieder abhole. Er macht dann derweil ein schläfchen :lol: .

Es gibt auch mal ein "paar zwischen die rippen" und ein lautes NEIN! Dann wurde ich aber ganz büffelig angerempelt oder es ist sonstwas passiert.
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wiassi
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von wiassi »

plüschtiger hat geschrieben:Ich habe eine Verständnisfrage an die unter euch, welche sich mit NHS bzw. Parelli beschäftigen und ihr Pferd danach arbeiten (oder gearbeitet haben).

Es betrifft das Rückwärtsschicken des Pferdes durch einen vor ihm stehenden Menschen mithilfe von Knotenhalfter und Rope/Seil:
Der Mensch steht frontal vor dem Pferd und wedelt mit dem Rope. Daraufhin soll das Pferd rückwärts treten.

Kann mir jemand erklären, inwiefern diese Hilfe vom Pferd logisch als 'Rückwärts' verstanden werden soll?
Oder habe ich andere Dinge vielleicht übersehen?
Jaaaa....nhs scheint ja immer ein emotionales Thema zu sein. :whistle:
Vorweg: ich mache nhs und mache es gern. Trotzdem kann ich die Vorbehalte gut nachvollziehen, da ich sie jahrelang selbst hatte. Schnell reagierende Pferde ohne Spaß bei der Sache oder sichtlich genervt...so sah das früher oft und leider heute auch noch zu oft aus, dazu hatte ich keine Lust und habe es daher gelassen. Zu viele "angebrütete" versuchen sich als Trainer, weil man zu schnell meint alles begriffen zu haben, was aber wirklich in den meisten Fällen ein Trugschluß ist. Ich rate heute noch Interessierten, die mich fragen, sich den Trainer ihrer Wahl immer est als Zuschauer ohne Pferd anzusehen und dann zu entscheiden, ob sie ihm ihr Pferd und sich selbst anvertrauen mögen.

Zur Frage: Pferde weichen auf rythmischen Druck.
Ein Beispiel: Ein ranghöheres Pferd das an die Tränke kommt, beißt die andern nicht ansatzlos fort (so weit zu dem Strickabdruck, den equester beschrieb -die Besi hatte gar nichts verstanden, armes Pferd), es setzt unmerkliche Signale ein, ein Vorstrecken der Nase, ein Blick -die Pferde die das kenne weichen da schon zur Seite oder bieten es an -meist reicht das schon. Ein fremdes Pferd erkennt die feine Signale nicht gleich, da kommt das Schlenkern des Kopfes als Warnung dazu, bevor etwa das Maul drohend geöffent wird - und auch da wird noch nicht gebissen und ist meist nicht notwendig. Das Schlenkern des Strickes imitiert diese rythmische "Wegschick"-Bewegung. Gleiches geht auch, wenn ich den Strick als Propeller vor mir wirbele und auf ein oder mehrere Pferde zugehen -die meisten werden kommentarlos ausweichen.
Vor dem Bewegen des Strickes zum Rückwärtsschicken kommen eine ganze Reihe von feine Signalen, die der Anfänger nicht beherrscht (woher auch), weshalb erst diese einfache Signale unterrichtet werden und dann später die Verfeinerung. Die einfachen Signale und die Beherrschung des eigene Körpers fällt den meisten anfangs schon schwer genug. Ziel ist es, mit immer weniger Druck auszukommen, mit immer feineren Signalen. Aber zu Anfang kann man das eben nicht. Trotzdem denken viele leider da schon, sie hätten nhs begriffen.

Egal, es muss niemand den Karabiner an Pferdeköpfe hauen. Man kann den Druck auch anderweitig verstärken, etwa im gleichen Rythmus den Stick auf den Boden erst tippen, dann das Klopfen verstärken und/oder auf das Pferd zugehen...
In jedem Fall muss aber auch der noch so kleine Fortschritt, bei unserem Elmi das kleinste Signal in die gewünschte Richtung belohnt werden und sei es ein im Körper rückwärts lehnen. Das muss man aber auch erst mal erkennen! Strenge NHSler belassen es dabei, dann den Druck wegzunehmen, ich gebe zusätzlich auch gerne Leckerlie und lobe auch stimmlich, meine Pferde kenne das so. Der größte Fehler wird meist gemacht, wenn der Druck dann nicht unmittelbar weggenommen wird. Oder wenn bei erneutem Aufruf der Übung mit diesem erhöhren Druck begonnen wird, anstatt wieder fein anzufangen.

Dazu kommt ein nötiges Wissen um Pferdepersönlichkeiten, das wurde früher nicht beachtet oder unterschätzt. Wenn ich unseren Elmi so behandeln würde wie damals meinen Shaman würde er panisch werden. Dabei bin ich nicht etwa brutal zu Shaman, er ist nur ein ganz anderer (extrovertierter) Lerntyp, mit viel mehr Neugier und Interesse, das es zu wecken gilt, während Elmi (introvertiert, schüchern und leichter mal panisch) mehr Vertrauen und Sicherheit und damit auch Bestätigung und Zeit braucht.
Shaman liebt Herausforderungen, eine neue Aufgabe wie damals die ersten Dualgassen -Elmi geht lieber.
Einem Tier zu helfen, verändert nicht die ganze Welt.
Aber die ganze Welt verändert sich für dieses Tier.

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Equester
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Re: Frage NHS/Parelli-Bewanderte

Beitrag von Equester »

Wiassi, Dein Beitrag gefällt mir :clap: . Es bringt mich zwar nicht auf die Strickschlenkerseite ;) aber es ist doch ein deutlicher Unterschied zu dem, was ich bisher in meinem Umfeld sehen konnte/musste und vermittelt bekommen habe. Ich stand mal auf einem Hof, wo regelmäßig eine sehr bekannte Trainerin kam, aber ich glaube mit Leckerchen hättest Du da keine Blumen gerntet :-D . Streng genommen weichst Du damit aber schon vom ursprünglichen Gedanken ab, oder irre ich da? Aber es gefällt mir sehr :breitgrins: .
Das mit dem rechtzeitigen Druck wegnehmen ist auch aus meiner Sicht ein sehr großes Problem, nicht nur für NHSler. Zu erkennen wann das Pferd den richtigen Gedanken ausbrütet und das zu belohnen ist aber auch schwer und für Anfänger so gut wie gar nicht umsetzbar.
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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