Emotion im Pferdetraining

Moderator: Keshia

Axel
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Axel »

Sanojlea hat geschrieben: Ich habe was "Emotion im Pferdtraining" angeht so viel unterschiedliches gelernt und gehört in meinem Leben. Von "du musst auch mal echte Wut verspüren" über "Wut gehört überhaupt nicht in die Arbeit mit Pferden" war alles mögliche dabei.
Einige Zeit war ich verwirrt, aber jetzt gehe ich doch meinen eigenen Weg! Für mich ist wichtig zu wissen das Pferde im Hier und Jetzt leben und das ich mir darüber bewusst bin, das ich das meistens nicht wirklich tue.
Ich möchte es lernen von meinen Freunden den Pferden, ich möchte Achtsamkeit lernen und das Sein in der Gegenwart!
Ich finde du sprichst einen wichtigen Punkt an. Gefühle sind da. Ob es uns passt oder nicht. Die zu leugnen hilft nichts, das Pferd bekommt es mit.

Es ist dann die Frage, was ich aus den Gefühlen mache und damit umgehe. Bei mir gab es schon Tage, da wollte ich mit einem Pferd arbeitet, aber es lief einfach nicht. Dann spürte ich in mich hinein und stellte fest. Kein Wunder, dass das Pferd keine Lust hat, ich selbst hatte auch kein Bock auf das, was ich gerade tat. Da hab ich dann schnell was anderes gemacht ;).

Ach, was mir gerade einfällt. Man sollte seinen emotionalen Ballast, den man ggf. mit sich rumträgt, nicht bei seinem Pferd abladen. Das passiert leider schnell, jedoch ist es nicht gut fürs Pferd.

Tschüs
Axel
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Einige Zeit war ich verwirrt, aber jetzt gehe ich doch meinen eigenen Weg! Für mich ist wichtig zu wissen das Pferde im Hier und Jetzt leben und das ich mir darüber bewusst bin, das ich das meistens nicht wirklich tue.
@Sanojela, genau das meinte ich...
Und es ist so genial für mich, durch mein Pferd und mit meinem Pferd zu lernen, ganz das zu sein, was ich in dem Moment bin...
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Romy
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Romy »

Ich hab mal wieder eine Frage zum Thema Emotion: Findet ihr, dass man in Reaktion auf ein potentiell gefährliches Verhalten des Pferdes auch zu wenig ärgerlich werden kann? Also angenommen das Pferd greift euch an und ihr findet das einfach nur interessant zu beobachten oder bestenfalls ein bisschen nervig? Meine Frage zielt nicht so sehr darauf ab, ob ihr denkt man kann das Problem lösen ohne ärgerlich zu werden (da bin ich mir ganz sicher), sondern eher ob ihr denkt, dass es in solchen Fällen sowas wie ein "optimales Level" an eigenem Ärger gibt. :-)
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Sanojlea
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Sanojlea »

Sehr intressante Frage. Ich finde das ist ganz unterschiedlich und situationsbedingt. Wenn man selbst keine Angst verspürt und nicht das Gefühl hat in Gefahr zu sein und dadurch cool bleibt, ist das vielleicht beeindruckend, oder zeigt dem Pferd etwas, vielleicht bringt es das Pferd aber auch noch mehr in Rage... Und es ist ja auch die Frage: Reagier ich denn ohne Wut mit z.B. einem Wort oder einer Geste die "das nicht" bedeutet, oder reagier ich überhaupt nicht?

Man kann meiner Meinung nach äusserlich überhaupt nicht reagiern, aber Gefühle übertragen die ihre Wirkung zeigen. Man kann aber auch innerlich unberührt bleiben (soll man ja im NH z.B., wenn ich es richtig verstehe) und mit Körpersprache/Stimme/Hilfsmitteln reagieren.
Ich bin ja für Echtheit. Wenn ich wütend bin, bin ich es, wenn der Junghengst spielen will und ich finde das faszinierend, dann baue ich keine künstliche Wut auf- jedenfalls nicht mehr mittlerweile.
"Ich will alles daran setzen und mein Bestes geben, damit diese Pferde in ihrem freundlichen Wesen gut über mich urteilen und damit Harmonie walte, getragen vom Einvernehmen zwischen zwei Lebewesen."
Reitmeister Nuno Oliveira
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Heupferdchen
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Heupferdchen »

Hmm - Ärger als positive Emotion beim Pferdetraining. Da möchte ich auch was beitragen.

Mein Pferd ist weder auf Angriff gepolt noch auf andere Weise gefährlich. Trotzdem ärgere ich mich häufig beim Zusammensein mit meinem Pferd - bestimmt etliche Male pro Trainingseinheit. Und ich zeige ihm das auch: Durch kurzes Schimpfen, deutliches 'Nein', auffordernde, durchaus aggressive Ausstrahlung und Körpersprache. Nicht gerade das, was viele (auch ich) als Ideal von Pferdetraining im Kopf haben.

Bei meinem vorherigen Pferd war ich ganz anders: Sehr passiv und ruhig, eher abwartend und gelassen. Ich habe so gut wie nie gesprochen. Jetzt gebe ich alle paar Sekunden akustische Rückmeldung.

Warum hat sich das so entwickelt? Mittlerweile glaube ich, dass mein Pony mich so trainiert hat - weil er stark auf meine Emotionen reagiert und ich ihn damit so fantastisch formen kann.

Mein Pony hat viele 'schlechte' Bewegungsmuster. Meine negativen Emotionen beeinflussen seine Bewegungsqualität positiv:
-höhere Körperspannung
-stärkeres Bewusstsein für seine Körperposition, seine Beine
-höhere Aufmerksamkeit und Reaktivität

Ich kann ihn durch ein wenig Schimpfen gut 'hochfahren', er wird angespannter, kompakter, bewegt sich akzentuierter, wird sich seiner Bewegungen bewusster. Dann gibt es noch das auffordernde Loben, wenn seine Anstrengungen in die richtigen Bahnen gelenkt sind. Und das Entspannungs-Loben, wenn wir eine Pause machen.

Für andere Pferde ganz normale Sachen wie Trab auf dem Zirkel, übertreten, ohne mit dem Hinterbein seltsame Dinge zu tun, Antraben,... fallen ihm sehr schwer. Da muss er sich richtig anstrengen. Und um ihn in die richtige Verfassung dafür zu bringen, muss ich schon fordernd auftreten und auch mich psychisch 'anstrengen'.

Ab und an schieße ich übers Ziel hinaus und schimpfe zu viel. Dann merke ich, dass er emotional nicht mehr 'mitgeht', sondern in Opposition geht. Hier hilft nur eine Pause, ein 'liebes Pony, alles gut' (auch für mich!), und wir starten etwas weniger emotional erneut. Für mich ist es manchmal schon wichtig, schlechte Bewegungsmuster einfach zu übersehen. Das kann schwer werden, wenn er mal wieder vier linke Hufe hat! Und meine Hilfen zu langsam und zu ungelenk sind, um ihn zu unterstützen! Dann muss ich das auch mal mit Humor (für mich selbst) meinem Ärger Luft machen, um nicht ungerecht zu werden. Ungefiltert lasse ich also meinen Emotionen auch keinen freien Lauf!


Ich versuche, möglichst wenig in mein Pony hineinzuinterpretieren - Pferde sind ja eine Riesen-Projektionsfläche für alle möglichen Besitzer-Dinge. Aber ich habe schon das Gefühl, dass mein Pferd sich bei unseren Trainingseinheiten wohl fühlt und auf mich einen fast stolzen Eindruck macht. Und nach einer besonders gelungenen Sequenz fordert er schon mal eine Pause, in der er dann richtiggehend unter oder neben mir wächst -
Irgendwie ist er halt doch ein unsicheres Kerlchen, das sich mit dauernder Rückmeldung am wohlsten fühlt.

Mein Pferd kann auch in entspanntem Zustand fein reagieren und aufmerksam sein. Aber dann bleibt er reiterlich und bewegungstechnisch unter seinen Möglichkeiten und wäre für mich dann auch kein Pferd, das ich guten Gewissens reiten könnte.

Im Umgang schimpfe ich so gut wie nie. Manchmal aufgrund eines Missverständnisses (so letzte Woche: 'Nein, wir machen jetzt kein Hänger-Erkunden, steig bitte schnell ein, wir müssen los!').

Obwohl ich den Wunsch habe, immer weniger negative Emotionen beim Training zu haben, feiner und gelassener nonverbal zu kommunizieren, finde ich derzeit, dass eine gewisse Menge von negativen Emotionen sich positiv auf unser Zusammensein auswirkt. Trotzdem -
ich wäre gern mehr 'Psychologe' und weniger 'Fitnesstrainer'.
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Heute hatte ich den Äppi am Wickel und nach dem Longieren, die Einheit war nicht sehr lange, wollte ich noch stillstehen üben beim Aufsteigen am Hocker.
Das ist ein Schelm. Sobald ich den Fuß im Bügel hatte ist er seelenruhig ein paar Tritte zurück gegangen. Die ersten 3-4 Mal habe ich das ruhig korrigiert und mich nicht beirren lassen.
Beim fünften Mal habe ich ihn ausgeschimpft. Da war ich wirklich verärgert und habe ihn auch etwas strenger korrigiert.
Danach ging es auf einmal. Also, ausgiebig loben und Feierabend.

Der Äppi hat mir das weder krum genommen, noch war er dann ängstlich oder ähnliches, aber ich denke er hat schon gemerkt, dass das so nicht geht.
Denn ich weiß, das er es schon besser kann und das spielerei war.

Der kleine Schecke hat vor ca. 3 Tagen auch mal eine vorn Bug bekommen. Da war ich wirklich sauer!
Ich wollte ihn abduschen und er hat da so ne Welle geschoben mit ansteigen und losreißen wollen, also das ging mal gar nicht! Denn das ist absolut nichts neues für dieses 6jährige Pferd!
Da bin ich laut geworden und er hat eine mit dem Strick vor die Brust bekommen! Ich denke, dass die das ruhig wissen dürfen, wenn das Maß voll ist. Danach war auch gut. Er ließ sich anständig abduschen und holte sich auch sein Leckerchen wie immer ab.

Ich persönlich möchte für meine Pferde schon immer transparent sein und meine Gefühle nicht verbergen, denn die merken sie ja so wie so, egal wie ich mich äußerlich gebe!
Man muss halt nur das richtige Maß finden, wenn man seinen Unmut äußert und ob dieser auch wirklich angebracht ist. Was zu erkennen manchmal echt nicht einfach ist.

Aber in diesen beiden Fällen war das für mich sehr klar!
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Romy hat geschrieben: Ich hab mal wieder eine Frage zum Thema Emotion: Findet ihr, dass man in Reaktion auf ein potentiell gefährliches Verhalten des Pferdes auch zu wenig ärgerlich werden kann? Also angenommen das Pferd greift euch an und ihr findet das einfach nur interessant zu beobachten oder bestenfalls ein bisschen nervig? Meine Frage zielt nicht so sehr darauf ab, ob ihr denkt man kann das Problem lösen ohne ärgerlich zu werden (da bin ich mir ganz sicher), sondern eher ob ihr denkt, dass es in solchen Fällen sowas wie ein "optimales Level" an eigenem Ärger gibt. :-)
Das finde ich eine tolle Frage!

Meine eigenen Beobachtungen mit Ärger gehen aus von einem psychologischen Grundsatz, den ich sehr hilfreich finde: Ärger ist das Gefühl, das einem sagt, dass jemand deine Grenzen missachtet und überschritten hat. So gesehen glaube ich schon, dass es ein "optimales Level" an Ärger gibt, nämlich eine möglichst unmittelbare und klare Reaktion auf so eine Grenzverletzung, ohne dabei gleich in aggressives Verhalten überzugehen.
Meine Erfahrung ist: Wenn man verlernt hatte, die eigenen Grenzen zu schützen, kann es gerade im Umgang mit den Pferden sehr oft passieren, dass zu wenig Ärger da ist, wenn sie die Grenzen überschreiten. Eigentlich könnte aufsteigender Ärger in solchen Momenten eine schützende, sehr gesunde instinktive Reaktion sein ... wenn man nicht abgeschnitten ist von den instinktiven Wahrnehmungen und Reaktionen in sich selbst. Und dann so lange diese Grenzverletzungen hinnimmt, bis das Fass überläuft und der ganze angestaute Ärger sich in aggressivem Verhalten entlädt.
Wenn ein Pferd "angreift" und ich das "nur" interessant finde, ist da aus meiner Sicht entweder zu wenig Selbstwahrnehmung ... oder instinktive Wahrnehmung und Bewusstsein sind so gut verbunden, dass ich weiß, dass das nicht ernst und gefährlich ist und Mensch und Pferd "noch nicht an die Grenze gestoßen sind" ...
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Sheitana
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Sheitana »

Ganz oft lese ich, dass Ärger, Wut und negative Emotionen nichts beim Pferd zu suchen haben. Warum eigentlich?

Ich denke wir alle sind uns einig, dass wir unsere Partner nicht schlagen wollen. Wir tun das schließlich auch nicht mit unseren Mitmenschen.

Sehr oft erlebe ich es aber im Alltag, dass Pferd wirklich richtiggehend frech und rüpelhaft sind.
Genau aus dem Grund, weil die Besitzer sagen "ich darf nicht böse zu meinem Pferd sein".

Ich finde, dass in unserer heutigen Gesellschaft Einiges aus dem Ruder läuft. Es gibt bei Pferden wie bei Menschen zig Erziehungsratgeber, von positiver Verstärkung bis zu antiautoritärer Erziehung etc.
Und jegliche Begrenzung des Kindes oder des Pferdes wird als ach so schlimm empfunden.

Was m.M. nach dabei erheblich vergessen wird ist, dass Grenzen wichtig und elementar sind, um ein friedliches zusammenleben zu garantieren.

Ganz oft erlebe ich, dass Menschen bei "bloß nicht zu böse zu meinem Pferd sein" gleichzeitig zu vorsichtig und passiv werden um dem armen Tier ja keinen Schaden zuzufügen, wo es doch sowieso schon in Gefangenschaft leben muss.

Ich denke, bei all dem Positiven, was wir mit unseren Tieren erleben wollen dürfen wir trotzdem nicht vergessen Grenzen zu setzen.
Und ja, ich finde meine Pferde dürfen ruhig merken, wenn ich über etwas richtig böse bin. Und das verstehen sie auch!
Genauso sollen sie wissen, wenn sie mir weh tun, weil sie gerade nicht aufgepasst haben und mir auf den Fuß gelatscht sind.
Genauso dürfen sie meinen Ärger spüren, wenn sie sich gegenseitig anzicken obwohl ich dazwischen stehe, wo sie genau wissen das möchte ich nicht.
Andersherum akzeptiere ich schließlich auch ihre Grenzen, warum sollte ich nicht das Gleiche erwarten dürfen?
Für mich gefährliche Situationen werden bei mir grundsätzlich sehr deutlich quittiert. Schlagen, Beißen, Steigen wenn ich in der Nähe bin und getroffen werden könnte ist ein NoGo. Was umgekehrt nicht heißt, dass ich mir nicht Gedanken über das "Warum" mache, aber in dem Moment gibt es eine passende Antwort.

Wichtig ist es, fair zu bleiben! Im richtigen Moment Verhalten loben, oder zeigen, dass dies nicht gewünscht ist. Dann ist es für das Pferd überhaupt kein Problem, auch nicht, wenn man mal ärgerlich wird.
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SueAnna
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von SueAnna »

Sheitana hat geschrieben:Ganz oft lese ich, dass Ärger, Wut und negative Emotionen nichts beim Pferd zu suchen haben. Warum eigentlich?

Ich denke wir alle sind uns einig, dass wir unsere Partner nicht schlagen wollen. Wir tun das schließlich auch nicht mit unseren Mitmenschen.

Sehr oft erlebe ich es aber im Alltag, dass Pferd wirklich richtiggehend frech und rüpelhaft sind.
Genau aus dem Grund, weil die Besitzer sagen "ich darf nicht böse zu meinem Pferd sein".

Ich finde, dass in unserer heutigen Gesellschaft Einiges aus dem Ruder läuft. Es gibt bei Pferden wie bei Menschen zig Erziehungsratgeber, von positiver Verstärkung bis zu antiautoritärer Erziehung etc.
Und jegliche Begrenzung des Kindes oder des Pferdes wird als ach so schlimm empfunden.

Was m.M. nach dabei erheblich vergessen wird ist, dass Grenzen wichtig und elementar sind, um ein friedliches zusammenleben zu garantieren.

Ganz oft erlebe ich, dass Menschen bei "bloß nicht zu böse zu meinem Pferd sein" gleichzeitig zu vorsichtig und passiv werden um dem armen Tier ja keinen Schaden zuzufügen, wo es doch sowieso schon in Gefangenschaft leben muss.

Ich denke, bei all dem Positiven, was wir mit unseren Tieren erleben wollen dürfen wir trotzdem nicht vergessen Grenzen zu setzen.
Und ja, ich finde meine Pferde dürfen ruhig merken, wenn ich über etwas richtig böse bin. Und das verstehen sie auch!
Genauso sollen sie wissen, wenn sie mir weh tun, weil sie gerade nicht aufgepasst haben und mir auf den Fuß gelatscht sind.
Genauso dürfen sie meinen Ärger spüren, wenn sie sich gegenseitig anzicken obwohl ich dazwischen stehe, wo sie genau wissen das möchte ich nicht.
Andersherum akzeptiere ich schließlich auch ihre Grenzen, warum sollte ich nicht das Gleiche erwarten dürfen?
Für mich gefährliche Situationen werden bei mir grundsätzlich sehr deutlich quittiert. Schlagen, Beißen, Steigen wenn ich in der Nähe bin und getroffen werden könnte ist ein NoGo. Was umgekehrt nicht heißt, dass ich mir nicht Gedanken über das "Warum" mache, aber in dem Moment gibt es eine passende Antwort.

Wichtig ist es, fair zu bleiben! Im richtigen Moment Verhalten loben, oder zeigen, dass dies nicht gewünscht ist. Dann ist es für das Pferd überhaupt kein Problem, auch nicht, wenn man mal ärgerlich wird.
Ein toller Beitrag! :clap: Da kann ich nur unterschreiben ;)
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Equester
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Equester »

Hm, ich finde, das ist ein schwieriges Thema, weil man so sehr ans "Eingemachte" muss :shy: . Ich habe mal versucht, das für mich ein wenig zu sortieren.

Was ist eine Emotion? Als Kurzerklärung wir im Netz u.a. diese Definition angeboten:

innere Empfindung, die angenehm oder unangenehm empfunden und mehr oder weniger bewusst erlebt wird, z.B. Freude, Angst, Kummer, Überraschung.

Bei angenehmen Empfindungen sind wir alle dabei, da ist jeder der Meinung, das musst Du dem Pferd unbedingt zeigen, damit es sich gut fühlt und das positive Ergebnis gerne wieder holt und damit fühlen wir uns gut. Bei unangenehmen Empfindungen wird es schon schwieriger, da dies durchaus mit negativen Erfahrungen für das Pferd enden kann und wir u.U. hinterher ein schlechtes Gewissen haben.

Zwei Dinge finde ich an dieser Stelle extrem wichtig:

1. Ist es wirklich schlimm ist, wenn ein Pferd auch mal unangenehme Erfahrungen machen muss?

2. Warum fühle ich mich hinterher schlecht, wenn ich negative Emotionen raus gelassen habe?

Zu 1: Ich muss sagen, ich finde es wichtig, dass Pferde auch mal unangenehme Erfahrungen machen, das brauchen sie nämlich zur persönlichen Entwicklung und damit bestimmte Schaltungen im Hirn aktiviert werden. Ich sehe das wie Sheitana, Kinder und Tiere, die immer dürfen was sie wollen, weil wir nicht böse sein wollen, sind im besten Fall unerträglich und im schlechtesten Fall richtig gefährlich. So wie Kinder ihre Grenzen suchen und auch brauchen, brauchen auch Pferde ein Verständnis dafür, wie weit sie gehen dürfen. Das läuft bei Pferden zwar ein wenig anders als bei Menschen, kann aber im Grunde durchaus verglichen werden. Sie lernen dadurch, dass in bestimmten Situationen bestimmtes Verhalten nicht gewünscht ist (das müssen sie in der Herde auch lernen, ein Pferd, was andere immer zwickt, wird irgendwann an den richtigen geraten und bitteres Lehrgeld beziehen) und können ihr Verhalten entsprechend steuern.

Zu 2: Normalerweise habe ich einen unglaublich langen Geduldsfaden in der Pferdeerziehung, aber auch bei mir gibt es Grenzen, die ich dann sehr deutlich mache. Warum aber fühlt man sich bei dem einen Ausbruch gut und beim nächsten nicht? Wenn wir jetzt ganz ehrlich zu uns selber sind, dann fühlen wir uns immer dann schlecht, wenn wir bei den negativen Emotionen unfair dem Pferd gegenüber geworden sind.
Wenn ich z.B. eine Übung vom Pferd verlange, welche es einfach nicht ausführen kann, weil es sie nicht verstanden hat, weil es körperlich dazu nicht in der Lage ist oder weil einfach in diesem Moment etwas im Umfeld passiert, was das Pferd als Fluchttier in sein genetisch veranlagtes Verhalten presst und ich strafe es dann mit Wut ab, dann bin ich schlicht und ergreifend unfair. Es obliegt meiner Verantwortung, solche Dinge zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Wenn ich aber durch rücksichtsloses Verhalten des Pferdes in die Gefahr rate, mich zu verletzen (weg da, jetzt komme ich *rempel*), dann nutze ich das, was ich gerade zur Hand habe. Das ist in der Regel zunächst die Stimme, in extremen Situationen aber auch mal die Longierpitsch oder Gerte, sofern ich sie zur Hand habe (wer jemals erlebt hat, wie ein Pferd mit gebleckten Zähnen und nach innen gekrempelten Ohren auf einen zustürmt, der wird sich verteidigen, ganz sicher oder danach hat sich das Thema Pferd für denjenigen so oder so für immer erledigt ;) ).

Doch jetzt kommt das große Aber. Ich finde eine solche Reaktionen gerechtfertigt, aber dann muss es auch gut sein. Noch zig mal nachschlagen oder gar das Pferd verfolgen, geht gar nicht. Leider sehe ich genau das immer wieder :nix: . Die Situation ist geklärt und der Mensch in seiner Wut kommt nicht von der Palme runter. Da wird dann noch 10x die Trense ruckartig nach unten gerissen oder die Gerte genutzt, obwohl die ursprüngliche Situation schon lange vorbei ist. Das können Pferde nicht verstehen und das macht sie entweder scheu und ängstlich und tötet das Vertrauen in den Menschen oder sie werden wirklich böse.

Mir passiert es auch immer mal wieder, dass ich wütend werde und mich danach wirklich schlecht fühle, weil ich dann festgestellt habe, dass es einen für das Pferd wichtigen Grund gab, so zu reagieren. Aber ich lerne sie immer besser zu lesen und wenn ich dann wirklich mal laut werde, dann nehmen sie es als verdient an und polieren schnell ihren Heiligenschein. Es bleibt einem aber ne Menge erspart, wenn man rechtzeitig manche Dinge grundsätzlich geklärt hat, dann überwiegen die positiven Emotionen bei weitem :breitgrins2:
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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