Hm, ich finde, das ist ein schwieriges Thema, weil man so sehr ans "Eingemachte" muss
. Ich habe mal versucht, das für mich ein wenig zu sortieren.
Was ist eine Emotion? Als Kurzerklärung wir im Netz u.a. diese Definition angeboten:
innere Empfindung, die angenehm oder unangenehm empfunden und mehr oder weniger bewusst erlebt wird, z.B. Freude, Angst, Kummer, Überraschung.
Bei angenehmen Empfindungen sind wir alle dabei, da ist jeder der Meinung, das musst Du dem Pferd unbedingt zeigen, damit es sich gut fühlt und das positive Ergebnis gerne wieder holt und damit fühlen wir uns gut. Bei unangenehmen Empfindungen wird es schon schwieriger, da dies durchaus mit negativen Erfahrungen für das Pferd enden kann und wir u.U. hinterher ein schlechtes Gewissen haben.
Zwei Dinge finde ich an dieser Stelle extrem wichtig:
1. Ist es wirklich schlimm ist, wenn ein Pferd auch mal unangenehme Erfahrungen machen muss?
2. Warum fühle ich mich hinterher schlecht, wenn ich negative Emotionen raus gelassen habe?
Zu 1: Ich muss sagen, ich finde es wichtig, dass Pferde auch mal unangenehme Erfahrungen machen, das brauchen sie nämlich zur persönlichen Entwicklung und damit bestimmte Schaltungen im Hirn aktiviert werden. Ich sehe das wie Sheitana, Kinder und Tiere, die immer dürfen was sie wollen, weil wir nicht böse sein wollen, sind im besten Fall unerträglich und im schlechtesten Fall richtig gefährlich. So wie Kinder ihre Grenzen suchen und auch brauchen, brauchen auch Pferde ein Verständnis dafür, wie weit sie gehen dürfen. Das läuft bei Pferden zwar ein wenig anders als bei Menschen, kann aber im Grunde durchaus verglichen werden. Sie lernen dadurch, dass in bestimmten Situationen bestimmtes Verhalten nicht gewünscht ist (das müssen sie in der Herde auch lernen, ein Pferd, was andere immer zwickt, wird irgendwann an den richtigen geraten und bitteres Lehrgeld beziehen) und können ihr Verhalten entsprechend steuern.
Zu 2: Normalerweise habe ich einen unglaublich langen Geduldsfaden in der Pferdeerziehung, aber auch bei mir gibt es Grenzen, die ich dann sehr deutlich mache. Warum aber fühlt man sich bei dem einen Ausbruch gut und beim nächsten nicht? Wenn wir jetzt ganz ehrlich zu uns selber sind, dann fühlen wir uns immer dann schlecht, wenn wir bei den negativen Emotionen unfair dem Pferd gegenüber geworden sind.
Wenn ich z.B. eine Übung vom Pferd verlange, welche es einfach nicht ausführen kann, weil es sie nicht verstanden hat, weil es körperlich dazu nicht in der Lage ist oder weil einfach in diesem Moment etwas im Umfeld passiert, was das Pferd als Fluchttier in sein genetisch veranlagtes Verhalten presst und ich strafe es dann mit Wut ab, dann bin ich schlicht und ergreifend unfair. Es obliegt meiner Verantwortung, solche Dinge zu erkennen und entsprechend zu handeln.
Wenn ich aber durch rücksichtsloses Verhalten des Pferdes in die Gefahr rate, mich zu verletzen (weg da, jetzt komme ich *rempel*), dann nutze ich das, was ich gerade zur Hand habe. Das ist in der Regel zunächst die Stimme, in extremen Situationen aber auch mal die Longierpitsch oder Gerte, sofern ich sie zur Hand habe (wer jemals erlebt hat, wie ein Pferd mit gebleckten Zähnen und nach innen gekrempelten Ohren auf einen zustürmt, der wird sich verteidigen, ganz sicher oder danach hat sich das Thema Pferd für denjenigen so oder so für immer erledigt
).
Doch jetzt kommt das große Aber. Ich finde eine solche Reaktionen gerechtfertigt, aber dann muss es auch gut sein. Noch zig mal nachschlagen oder gar das Pferd verfolgen, geht gar nicht. Leider sehe ich genau das immer wieder
. Die Situation ist geklärt und der Mensch in seiner Wut kommt nicht von der Palme runter. Da wird dann noch 10x die Trense ruckartig nach unten gerissen oder die Gerte genutzt, obwohl die ursprüngliche Situation schon lange vorbei ist. Das können Pferde nicht verstehen und das macht sie entweder scheu und ängstlich und tötet das Vertrauen in den Menschen oder sie werden wirklich böse.
Mir passiert es auch immer mal wieder, dass ich wütend werde und mich danach wirklich schlecht fühle, weil ich dann festgestellt habe, dass es einen für das Pferd wichtigen Grund gab, so zu reagieren. Aber ich lerne sie immer besser zu lesen und wenn ich dann wirklich mal laut werde, dann nehmen sie es als verdient an und polieren schnell ihren Heiligenschein. Es bleibt einem aber ne Menge erspart, wenn man rechtzeitig manche Dinge grundsätzlich geklärt hat, dann überwiegen die positiven Emotionen bei weitem