Emotion im Pferdetraining

Moderator: Keshia

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Romy
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Romy »

brexi hat geschrieben:Ich denke schon, dass es Situationen gibt in denen uns unsere Pferde "testen" wollen :-n
TakeItEasy hat geschrieben:Auf Pferde, die unsicher sind, ob sie dem Menschen vertrauen können, weil sie sich bei ihm nicht sicher fühlen, wird das vermutlich zutreffen. Ich denke daher, das ist eine Frage, wie sehr Mensch und Pferd miteinander vertraut sind. :-)
Ich denke, dass Pferde kontinuierlich testen. Damit meine ich aber nicht irgendwelches negativ besetztes "versuchen, der Boss zu werden", sondern einfach handeln, die Konsequenzen dieser Handlungen beobachten und diese mit den erwarteten Konsequenzen vergleichen - und ihr Verhalten dann eben gegebenenfalls an die neue Situation anpassen, wenn sich was geändert hat. Ich denke, dass das eine absolut überlebenswichtige Strategie ist, wenn man in einer variablen Umwelt lebt, weil man nur so über die Grenzen und Möglichkeiten seines Handelns informiert sein kann.

Das ist sicher nicht das was Menschen üblicherweise meinen, wenn sie sagen das Pferd würde sie testen. Aber für mich besteht da kein fundamentaler Unterschied zwischen einem Pferd, das testet was passiert, wenn es seinen Menschen ansteigt und einem Pferd, das testet was passiert, wenn es ein Target berührt. In ersterem Fall wird es oft so gewesen sein, dass der Mensch kleinere Zeichen nicht bemerkt hat und was bleibt dem Pferd da anderes übrig als zu testen wie weit es sein Signal verstärken muss, um eine Reaktion zu bekommen?
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Also, ich glaube ich bin schon ein sehr emotionaler Mensch. Nur zeigen tue ich das nicht. Schon gar nicht anderen Menschen und wenn die Emotionen traurig oder wütend sind. Gut, letzteres je nach Situation.

Meinen Pferden gegenüber versuche ich meine Emotionen nicht zu "verstecken" oder angeblich gut gelaunt zu sein, aber innerlich könnte ich zum Axtmörder mutieren.
DAS haben die sowieso nach paar Sekunden raus!!!
Heute z.B. hatte ich wirklich schlechte Laune! :evildevil:
Morgens, als ich zu den Hotties gegeangen bin habe ich sie relativ kühl begrüßt und auch gesagt: Ich habe schlechte Laune, laßt mich zufrieden.
Alle Ponys standen dann draußen zusammen, haben mich meine routinemäßige Arbeit machen lassen und sind, nachdem ich weg gegangen bin wieder in die Hütte gegangen.
Meine Laune hat sich gebessert im Laufe des Tages und das haben meine Pferde auch gemerkt. Sie kamen an und wir haben uns alle ne Runde bekrault.

Wenn ich nicht gut drauf bin, dann passe ich mein Programm an, oder ich lasse es ganz sein. Meine Ponys würden das mit dementsprechenden Reaktionen quittieren. Und ich möchte ihnen ja auch kein Unrecht tun.

Mein altes Pony war da schon ein sehr guter Lehrmeister. Schlechte Laune gehabt und vielleicht etwas "grob" gewesen in seinen Augen, dann lag ich im Dreck!

Ich möchte für meine Ponys immer transparent bleiben, sie sollen immer wissen woran sie sind und das sie keine Fehler machen.
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Romy
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Romy »

Danke für die Beschreibung, Alex. :-) Ich sehe das ähnlich und das ist auch ein Aspekt von dem was ich vorher meinte als ich schrieb ich wolle negative Emotionen zeigen aber bei mir lassen. Transparent sein, aber dem anderen die freie Wahl lassen, ob er in diesem Zustand mit mir interagieren möchte oder nicht.

Wir hatten gestern eine ganz ähnliche Situation: Ich kam gegen neun Uhr von der Arbeit und hatte zwar keine schlechte Laune, aber war mental einfach komplett fertig nach einem Tag voll konzentrierter Arbeit. Das habe ich den Pferden auch so mitgeteilt und ihnen gesagt, dass wir gern trainieren können, aber dass sie sich in diesem Fall bitte selbst ums Programm kümmern müssen und ich nur passiv die Leckerlis austeile. Und nachdem sie nun einige Tage lang total hypermotiviert gewesen waren ( :ball: ), hatte das dann gestern zur Folge, dass sie alle einfach Heu fressen gingen. Das hatte ich nach den letzten Tagen irgendwie nicht mehr für möglich gehalten. ;)

In solchen Situationen bin ich immer total dankbar, dass wir einfach auf der Koppel in ihrem normalen Lebensraum trainieren können - einfach weil mir das die komplizierten Entscheidungen abnimmt, ob ich an einem gegebenen Tag fit genug bin, um ihnen gerecht zu werden oder ob ich das den Pferden lieber nicht zumuten sollte. Dadurch, dass wir bei ihnen zu Hause arbeiten und sie genug sinnvolle Alternativen haben, kann ich diese Entscheidung ruhigen Gewissens ihnen überlassen.
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TakeItEasy
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von TakeItEasy »

Romy hat geschrieben:Ich kam gegen neun Uhr von der Arbeit und hatte zwar keine schlechte Laune, aber war mental einfach komplett fertig nach einem Tag voll konzentrierter Arbeit. Das habe ich den Pferden auch so mitgeteilt und ihnen gesagt, dass wir gern trainieren können, aber dass sie sich in diesem Fall bitte selbst ums Programm kümmern müssen und ich nur passiv die Leckerlis austeile. Und nachdem sie nun einige Tage lang total hypermotiviert gewesen waren ( ), hatte das dann gestern zur Folge, dass sie alle einfach Heu fressen gingen. Das hatte ich nach den letzten Tagen irgendwie nicht mehr für möglich gehalten.
:sigh:

Ist schon erstaunlich, was für feine Antennen unsere Pferde haben.
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umamulher
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von umamulher »

Ich denke auch, dass es uns gar nciht wirklich möglich ist unsere Emotionen vor den Pferden zu verstecken. Was natürlich nicht heißen soll, dass wir allen Emotionen freien Lauf lassen sollen. Aber unsere Tiere spüren immer wie es uns geht. Meine Trainerin sagte mal zur mir: "Schon in dem Moment wo du im Stall aus deinem Auto steigst weiß dein Pferd mehr über deine Stimmung als du selbst" Das habe ich sehr zu Herzen genommen und sehe das auch so.

Mein Sensibelchen spiegelt das auch ganz oft: bin ich nicht gut drauf im Sinne von müde oder traurig, dann ist sie meist ganz gemütlich und nicht sonderlich motiviert. Bin ich so richtig gut drauf und hab total Lust auf eine halbe Stunde Arbeit, dann lässt sie sich davon gerne anstecken. Bin ich schlecht gelaunt, mach ich am besten erst gar nicht viel mit ihr, da ignoriert sie mich auch am liebsten.

Was ich aber sehr spannend finde ist die Beobachtung, wie gut unsere Pferde uns und unsere Emotionen mit der Zeit einschätzen können. Ich z.B. bekomme ganz schnell Herzklopfen, wenn irgendwas vermeintlich aufregendes passiert. Sei es, dass der TA kommt, wir verladen müssen oder grade irgendwo ein Pferd explodiert. Rein äußerlich merkt man mir das gar nicht an, aber das Herzklopfen spüren Tiere natürlich sofort. In der Anfangszeit war das ein echtes Problem, weil ich damit mein Pferd immer angesteckt habe. Zwischenzeitlich aber hat sie gelernt, dass ich trotzdem ruhig bleibe und bei ihr bin und nun kann sie besser damit umgehen.
LG Christa

Urteile nie über einen Fremden bevor Du nicht 1000 Schritte in seinen Mokassin getan hast
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Tolles Thema :-D

Ich finde auch, das es wichtig ist, dass wir den Pferden unsere Emotionen zeigen! Kinder machen das ja automatisch, knudseln, küssen usw :lol: Unser kleines Pony musste da schon einiges mitmachen, aber es war so gutbund wichtig, dass meine damals 8jährige Tochter enfavh vom ersten Tag an beschlossen hatte, dieses kleine Pony zu lieben, egal was. Wir hatten ein Pony bekommen, das in einer Reitschule alle Kinder regelmäßig abgebuckelt hat - meine Tochter hat sie nicht runterbekommen, die saß obendrauf und lachte, von da an war das Thema erledigt :mrgreen:

Aber auch so generell, ich denke es motiviert unsere Pferde sehr, wenn wir sie loben und ihnen deutlich zeigen,dass wir uns freuen, wenn sie etwas richtig machen. Aber auch negative Emotionen können wichtig sein, vor allem beim abäppeln zwischen den Pferden auf dem Paddock, wenn dann die Chefin an mir vorbei will, um ein anderes Pferd zu verscheuchen, werd ich richtig sauer, ich hab sie schon angeschrien und ihr mit dem Besen gedroht - das hat sie wohl so beeindruckt, dass ich jetzt nur immer den Kopf heben mus und ihren Namen sagen muss, damit sie sich in meiner Gegenwart benimmt :)
Axel
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Axel »

Hi zusammen,

ganz besonders sieht man die Auswirkungen von Emotionen oder inneren Einstellungen beim coachen mit Pferden. Die Interaktion, die dann zwischen den Cochee und dem Pferd passieren, sind total spannend. Gerade wenn es sich um Leute handelt, die noch nie etwas mit Pferden zu tun hatten.

Deswegen ist meiner Meinung nach die innere Einstellung, die man hat, während man mit dem Pferd etwas unternimmt, sehr wichtig.

Tschüs
Axel
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

@umamulher: Weise Trainerin haste da. :-D Ich denke auch, dass die so feine Antennen haben, dass sie wohl schon unsere Laune merken wie wir vielleicht die Autotür zuschlagen.

@Axel: Das ist bestimmt super interessant. Meine Mama z.B. hatte immer etwas Angst vor meinen Ponys. Mittlerweile hat sie an Sebstvertrauen dazu gewonnen und das merken die drei. Jetzt haben sie es nicht mehr so leicht :mrgreen: !

Ein Kumpel von mir hat noch nie etwas mit Pferden zu tun gehabt, ist aber sehr Selbstbewußt und ohne Berührungsängste. Da hat der kleine Schecke aber blöd geschaut als er von ihm ein konsequnetes NEIN zu hören bekommen hat. Das lief wirklich gut zwischen den Beiden.
Und ich fand die Interaktion zwischen beiden sehr interessant. Eingreifen musste ich nicht so wirklich.

Was ich auch sehr interessant finde ist, dass mir meine Ponys zeigen wie die Laune vom Kerl ist :mrgreen: ! Da kann der noch so oft sagen es ist nichts.
ehem User

Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von ehem User »

Ui, interessantes Thema.

Vor allem ist jeder Mensch ja auch permanent unterbewußt emotional gefärbt. Ich meine damit, dass jeder (ausser er/sie hat es überwunden) permanent einem unbewußten Stimmungsspiegel unterliegt. Unsere sich immer wieder im Kreis drehenden Gedankenschleifen färben unser Bewußsein und somit unsere Körperhaltung und die Art mit uns und anderen umzugehen, ohne dass wir es bewußt merken. Ich meine tiefgreifende Emotionen wie Existenzängste oder Schuldgefühle. Solche oder ähnlich tiefgreifende exisstenzielle Grundfärbungen unseres Geistes lassen uns das Leben so wahrnehmen, wie wir es tun. Sie machen uns wohl zum Individuum. Den einen juckt es nicht, wenn ein anderer z.B. seine Pferdearbeit kritisiert, der andere kann danach vielleicht eine Woche nicht mehr vernünftig schlafen (zugegeben, das ist übertrieben...). Je nach unterbewußter Grundverfassung, denke ich... Unsere tiefliegenden Färbungen merken wir eben schon gar nicht mehr. Ich glaube, die Pferde merken es schon. Und ich meine wirklich nicht die emotionale Tagesverfassung, sondern das, was darunter liegt... Mein Versuch, das aufzuspüren wird immer wieder von Phasen des Verdrängens unterbrochen. Aber es ist echt spannend. Das, was darunter liegt, will ich finden. Auch beim Pferd. Aber es macht mir auch Angst. Was bin ich jenseits von meinen Gefühlen und Ängsten? Muß ich auch die Freude und Liebe loslassen? Oder liegt darunter eine tiefe Freude und Liebe, die mit Worten gar nicht zu beschreiben ist? Echt spannend und vielleicht zu krass für den ein oder anderen, aber ich wollte es trotzdem mal einbringen...

Jedenfalls hilft mein Pferd mir beim Entdecken.
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Sanojlea
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Re: Emotion im Pferdetraining

Beitrag von Sanojlea »

Yogini hat geschrieben:Ui, interessantes Thema.

Vor allem ist jeder Mensch ja auch permanent unterbewußt emotional gefärbt. Ich meine damit, dass jeder (ausser er/sie hat es überwunden) permanent einem unbewußten Stimmungsspiegel unterliegt. Unsere sich immer wieder im Kreis drehenden Gedankenschleifen färben unser Bewußsein und somit unsere Körperhaltung und die Art mit uns und anderen umzugehen, ohne dass wir es bewußt merken. Ich meine tiefgreifende Emotionen wie Existenzängste oder Schuldgefühle. Solche oder ähnlich tiefgreifende exisstenzielle Grundfärbungen unseres Geistes lassen uns das Leben so wahrnehmen, wie wir es tun. Sie machen uns wohl zum Individuum. Den einen juckt es nicht, wenn ein anderer z.B. seine Pferdearbeit kritisiert, der andere kann danach vielleicht eine Woche nicht mehr vernünftig schlafen (zugegeben, das ist übertrieben...). Je nach unterbewußter Grundverfassung, denke ich... Unsere tiefliegenden Färbungen merken wir eben schon gar nicht mehr. Ich glaube, die Pferde merken es schon. Und ich meine wirklich nicht die emotionale Tagesverfassung, sondern das, was darunter liegt... Mein Versuch, das aufzuspüren wird immer wieder von Phasen des Verdrängens unterbrochen. Aber es ist echt spannend. Das, was darunter liegt, will ich finden.
Finde ich super was du da ansprichst! Das lenkt meinen Blick nochmal genauer darauf!

Jedenfalls hilft mein Pferd mir beim Entdecken.
Ja :-n Pferde sind da so viel besser als wir! Von unseren Tieren (nicht nur den Pferden) können wir ganz viel über uns lernen, wenn wir es zulassen!

Axel :-n :klatschen: darum möchte ich gerne Reittherapeutin werden!



Ich habe was "Emotion im Pferdtraining" angeht so viel unterschiedliches gelernt und gehört in meinem Leben. Von "du musst auch mal echte Wut verspüren" über "Wut gehört überhaupt nicht in die Arbeit mit Pferden" war alles mögliche dabei.
Einige Zeit war ich verwirrt, aber jetzt gehe ich doch meinen eigenen Weg! Für mich ist wichtig zu wissen das Pferde im Hier und Jetzt leben und das ich mir darüber bewusst bin, das ich das meistens nicht wirklich tue.
Ich möchte es lernen von meinen Freunden den Pferden, ich möchte Achtsamkeit lernen und das Sein in der Gegenwart!
Wenn ich nicht ganz bei ihnen bin, dann versuche ich mir das ins Bewusstsein zu holen und ihnen zu erklären und bis jetzt habe auch ich oft erfahren dürfen, das sie Verständnis haben.
Ich sage von keiner Emotionen das sie nicht sein darf, oder da sein muss, es muss einfach passen! Die Emotion sollte fair und ehrlich sein, dann darf sie sein! Vormachen können wir unsern Pferden eh garnichts, das musste ich schon vor Jahren lernen, auf die harte Tour.
Ich darf auch mal wütend auf mein Pferd sein und mein Pferd darf auch mal wütend auf mich sein!
Mogli (meine RB) hat mal ein Buckeln angedeutet und mir damit klar gesagt- wenn du jetzt nicht aufhörst da oben den Boss raushängen zu lassen, dann kann ich auch noch ganz anders! Ayla hat mir als Baby mal nen blauen Fleck getretten, den hatte ich sowas von verdient mit meinem gestresse und sie wollte trinken! Und ich hab jede Warnung überrant :tuete: ...
Aber wir wollen rücksichtsvoll miteinander umgehen! Ich will mein Pferd gerecht behandeln und auch mein Pferd soll möglichst deutlich "sprechen" ohne mir zu schaden, wie Mogli es z.B. getan hat!
"Ich will alles daran setzen und mein Bestes geben, damit diese Pferde in ihrem freundlichen Wesen gut über mich urteilen und damit Harmonie walte, getragen vom Einvernehmen zwischen zwei Lebewesen."
Reitmeister Nuno Oliveira
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