Ignorieren von Verhalten
Verfasst: Sa 5. Jan 2013, 08:12
Mal wieder ein Thema, zu dem ich an euren Meinungen interessiert bin. Es geht darum, unerwünschtes Verhalten des Pferdes zu ignorieren. Meine Frage dazu ist, ob und warum ihr das sinnvoll, zielführend oder dem Tier gegenüber in Ordnung findet - oder eben warum nicht.
Hintergrund ist der, dass ich das immer wieder höre und lese als eine pferdefreundliche Methode, um unerwünschtes Verhalten abzustellen. Die damit intendierten lernpsychologischen Grundlagen sind mir bekannt (Löschung durch Ausbleiben einer Konsequenz des Verhaltens), aber ich frage mich eben, ob Ignorieren im sozialen Kontext wirklich ein so neutrales Ausbleiben einer Konsequenz ist. Ich denke, dass Ignorieren mindestens zwei verschiedene Arten von Folgen hat, psychologische und solche, die sich direkt auf die Beziehung auswirken können.
Aber zunächst mal zur psychologischen Wirkung: Wenn wir über Menschen sprechen, brauche ich glaube ich gar nicht erst irgendwelche wissenschaftlichen Studien bemühen, um zu argumentieren, dass Ignoriertwerden problematische psychologische Auswirkungen haben kann. Nun kann man natürlich das Ignorieren einer bestimmten Verhaltensweise nur bedingtmit dem Ignorieren der Person an sich vergleichen. Dennoch bin ich persönlich froh darüber, dass die Personen die mich in meiner Entwicklung begleitet haben, scheinbar nichts über die Löschung von Verhalten gelesen haben. Der Grund warum ich nicht denke, dass Ignorieren neutral ist, ist der, dass es in einer kooperativen Kommunikation der Normalzustand ist, eine zur eigenen Handlung passende Reaktion zu bekommen. Bleibt diese aus, so besteht die Möglichkeit, dass der Betreffende das Ignoriertwerden eher wie eine negative Bestrafung (Entziehen eines angenehmen Stimulus zur Verringerung eines Verhaltens) erlebt – mit allen bereits bekannten problematischen Folgen von Bestrafung.
Der zweite für mich wichtige Punkt ist die soziale Auswirkung des Ignorierens. Hier befürchte ich genau genommen zwei Dinge. Das erste hat mit der Wahrnehmung des Gegenübers zu tun. Was schließe ich daraus, wenn jemand ein deutliches und eigentlich nicht zu überhörendes Zeichen von mir ignoriert? Wahrscheinlich naiverweise erstmal, dass er irgendwie taub oder dumm ist. Natürlich kann ich als Mensch dann kompliziert um die Ecke denken und mir bewusst machen, dass der Andere mein Verhalten zwar durchaus bemerkt hat, aber so tut als ob er es nicht bemerkt habe, um mir damit etwas deutlich zu machen. Aber sind solche Schlüsse für Pferde genau so leicht? Falls nicht, dann wäre es mir persönlich nicht wirklich recht, wenn mein Pferd mich als derart abgestumpft erlebt. Ganz einfach weil das dann auch wieder sein Verhalten mir gegenüber beeinflussen wird. Ein vorsichtiges und aufmerksames Pferd erhalte ich wahrscheinlich eher nicht dadurch, dass ich mich selbst unaufmerksam und unvorsichtig gebe.
Mein zweites Bedenken hinsichtlich der Mensch-Pferd-Beziehung ist die Frage des Fokus, oder genauer genommen auf wen dieser gelenkt wird. Selbst wenn Ignorieren tatsächlich wie eine neutrale Löschung durch das Ausbleiben angenehmer Konsequenzen des Verhaltens wirken sollte, so sind dies doch wieder ausschließlich Konsequenzen für das Pferd selbst. Wenn zum Beispiel ein schnappendes Pferd lernt, dass sein Schnappen ignoriert wird und für es selbst keine Konsequenz hat, so weiß es dadurch noch lange nicht, wie der Mensch sich dabei fühlt. Eigentlich sollte es aus dessen Indifferenz sogar schließen können, dass der das Schnappen ab kann – oder seinen emotionalen Zustand eben gar nicht mehr beachten, weil keine informativen Signale darüber ausgesendet werden.
Für mich führen diese Punkte dazu, dass Ignorieren in meinem Umgang mit Pferden nicht vorkommt – oder zumindest nicht als absichtlich eingesetztes Kommunikationsmittel. Anstatt dessen bemühe ich mich, dem Pferd IMMER eine Art Anerkennung für sein Verhalten zukommen zu lassen („ja, ich habe es bemerkt“) und ihm dann rückzumelden, wie ich das finde. Die Anerkennung kann denkbar subtil sein und für weniger relevante Verhaltensweisen auch gern mal nur in einem Blick oder einer kleinen körpersprachlichen Veränderung bestehen. Aber sie muss dem Pferd eben signalisieren, dass sein Signal angekommen ist. In der Rückmeldung über meine emotionale Reaktion auf sein Verhalten bin ich dann so authentisch wie möglich, was auch mal bedeuten kann, dass ich leicht genervt oder traurig reagiere. Aber ich denke die Wirkung unseres eigenen Emotionsausdruckes auf das Verhalten des Pferdes wäre schon wieder ein ganz neues Thema.
Nun bin ich vor allem gespannt auf eure Ansichten zum Thema Ignorieren. Sehr gerne würde ich auch komplett gegensätzliche Meinungen lesen, da mich gerade die zum Lernen und Nachdenken anregen und da ja einer der Gründe ist, warum ich hier in diesem Forum gelandet bin.
Hintergrund ist der, dass ich das immer wieder höre und lese als eine pferdefreundliche Methode, um unerwünschtes Verhalten abzustellen. Die damit intendierten lernpsychologischen Grundlagen sind mir bekannt (Löschung durch Ausbleiben einer Konsequenz des Verhaltens), aber ich frage mich eben, ob Ignorieren im sozialen Kontext wirklich ein so neutrales Ausbleiben einer Konsequenz ist. Ich denke, dass Ignorieren mindestens zwei verschiedene Arten von Folgen hat, psychologische und solche, die sich direkt auf die Beziehung auswirken können.
Aber zunächst mal zur psychologischen Wirkung: Wenn wir über Menschen sprechen, brauche ich glaube ich gar nicht erst irgendwelche wissenschaftlichen Studien bemühen, um zu argumentieren, dass Ignoriertwerden problematische psychologische Auswirkungen haben kann. Nun kann man natürlich das Ignorieren einer bestimmten Verhaltensweise nur bedingtmit dem Ignorieren der Person an sich vergleichen. Dennoch bin ich persönlich froh darüber, dass die Personen die mich in meiner Entwicklung begleitet haben, scheinbar nichts über die Löschung von Verhalten gelesen haben. Der Grund warum ich nicht denke, dass Ignorieren neutral ist, ist der, dass es in einer kooperativen Kommunikation der Normalzustand ist, eine zur eigenen Handlung passende Reaktion zu bekommen. Bleibt diese aus, so besteht die Möglichkeit, dass der Betreffende das Ignoriertwerden eher wie eine negative Bestrafung (Entziehen eines angenehmen Stimulus zur Verringerung eines Verhaltens) erlebt – mit allen bereits bekannten problematischen Folgen von Bestrafung.
Der zweite für mich wichtige Punkt ist die soziale Auswirkung des Ignorierens. Hier befürchte ich genau genommen zwei Dinge. Das erste hat mit der Wahrnehmung des Gegenübers zu tun. Was schließe ich daraus, wenn jemand ein deutliches und eigentlich nicht zu überhörendes Zeichen von mir ignoriert? Wahrscheinlich naiverweise erstmal, dass er irgendwie taub oder dumm ist. Natürlich kann ich als Mensch dann kompliziert um die Ecke denken und mir bewusst machen, dass der Andere mein Verhalten zwar durchaus bemerkt hat, aber so tut als ob er es nicht bemerkt habe, um mir damit etwas deutlich zu machen. Aber sind solche Schlüsse für Pferde genau so leicht? Falls nicht, dann wäre es mir persönlich nicht wirklich recht, wenn mein Pferd mich als derart abgestumpft erlebt. Ganz einfach weil das dann auch wieder sein Verhalten mir gegenüber beeinflussen wird. Ein vorsichtiges und aufmerksames Pferd erhalte ich wahrscheinlich eher nicht dadurch, dass ich mich selbst unaufmerksam und unvorsichtig gebe.
Mein zweites Bedenken hinsichtlich der Mensch-Pferd-Beziehung ist die Frage des Fokus, oder genauer genommen auf wen dieser gelenkt wird. Selbst wenn Ignorieren tatsächlich wie eine neutrale Löschung durch das Ausbleiben angenehmer Konsequenzen des Verhaltens wirken sollte, so sind dies doch wieder ausschließlich Konsequenzen für das Pferd selbst. Wenn zum Beispiel ein schnappendes Pferd lernt, dass sein Schnappen ignoriert wird und für es selbst keine Konsequenz hat, so weiß es dadurch noch lange nicht, wie der Mensch sich dabei fühlt. Eigentlich sollte es aus dessen Indifferenz sogar schließen können, dass der das Schnappen ab kann – oder seinen emotionalen Zustand eben gar nicht mehr beachten, weil keine informativen Signale darüber ausgesendet werden.
Für mich führen diese Punkte dazu, dass Ignorieren in meinem Umgang mit Pferden nicht vorkommt – oder zumindest nicht als absichtlich eingesetztes Kommunikationsmittel. Anstatt dessen bemühe ich mich, dem Pferd IMMER eine Art Anerkennung für sein Verhalten zukommen zu lassen („ja, ich habe es bemerkt“) und ihm dann rückzumelden, wie ich das finde. Die Anerkennung kann denkbar subtil sein und für weniger relevante Verhaltensweisen auch gern mal nur in einem Blick oder einer kleinen körpersprachlichen Veränderung bestehen. Aber sie muss dem Pferd eben signalisieren, dass sein Signal angekommen ist. In der Rückmeldung über meine emotionale Reaktion auf sein Verhalten bin ich dann so authentisch wie möglich, was auch mal bedeuten kann, dass ich leicht genervt oder traurig reagiere. Aber ich denke die Wirkung unseres eigenen Emotionsausdruckes auf das Verhalten des Pferdes wäre schon wieder ein ganz neues Thema.
Nun bin ich vor allem gespannt auf eure Ansichten zum Thema Ignorieren. Sehr gerne würde ich auch komplett gegensätzliche Meinungen lesen, da mich gerade die zum Lernen und Nachdenken anregen und da ja einer der Gründe ist, warum ich hier in diesem Forum gelandet bin.