Ignorieren von Verhalten

Moderator: Keshia

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Topsana
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Topsana »

Ich glaube, dass hier der Begriff "ignorieren" noch gar nicht eindeutig definiert ist, weshalb ich jetzt gar nicht wüsste, was ich schreiben soll.
Ich kann auch keinen klaren Unterschied zwischen "ignorieren" und "übergehen" sehen.
Ich übergehe ein Verhalten oder ich ignoriere ein Verhalten?

Ich dachte erst beim Lesen dieses Thread schon, dass ich manche Verhaltensweisen des Pferdes ignoriere und dann wurde von einigen geschrieben, dass das dann "übergehen" heißt.

Ich finde nicht, dass ignorieren bedeutet "nicht ansprechen, wegschauen, wegdrehen, keine Reaktion zeigen".
Zudem ist "wegdrehen" eine Reaktion.

Wenn ich ein Pferd putze und es fängt an mit dem Huf zu scharren, dann ignoriere ich das, ich gehe nicht darauf ein zeige diesem Verhalten gegenüber keine Reaktion. Aber ich schaue deshalb nicht weg und drehe mich auch nicht weg. Ich mache einfach weiter und ignoriere aber diese einzige spezielle Verhaltensweise, alles andere aber nicht.

Wikipedia sagt: Ignoranz zeichnet sich dadurch aus, dass eine Person etwas - möglicherweise absichtlich - nicht beachtet.

Wo ist nun der Unterschied zu "nicht beachten" und "übergehen"?
Vielleicht mag nochmal jemand eindeutig beide Begriffe definieren? :)

Da zu Beginn auch das Thema Mensch angesprochen wurde. Ja, da ignoriere ich. Ich setze das in der Arbeit in der Erziehung bewusst sein.
Wenn ich z.B. am Mittagstisch sitze und ein Junge neben mir, spricht mit mir, dann gehe ich darauf ein und antworte natürlich. Wenn er sich ununterbrochen wiederholt, mir die selben Fragen stellt, sagt, dass er "Schmarrn macht" usw. Dann ignoriere ich das, denn würde ich darauf eingehen, würde er sich weiter ununterbrochen wiederholen, egal, was ich antworte, es kommt nur darauf an, DASS ich antworte. Sobald er mir wieder eine neue Frage stellt oder nicht mehr nur provozierende Fragen stellt, antworte ich wieder ganz normal.

Ich nutze bei Kindern und Jugendlichen das schon bewusst. Bevor ich anfange laut zu werden, Strafe durch Entzug einsetzen muss o.ä., ignoriere ich dieses spezielle unerwünschte Verhalten. Und ich lobe das erwünschte Verhalten.
Davon kriegt kein Kind gleich einen Schaden weg. Es kommt darauf an, wie und wie oft es ansonsten positive Aufmerksamkeit bekommt.
Die meisten Eltern werden ihr Kind irgendwann schon einmal ignoriert haben.

Ich finde es, etwas "krass" zu sagen, dass man davon einen psychischen Schaden davon trägt. Es kommt darauf an, was sonst gemacht wird. Klar, wenn ein Kind sein Leben lang als ganze Person ignoriert wird, dann wird das alles etwas schwierig.
Aber wenn ich ein Kind regelmäßig und viel lobe, ihm Aufmerksamkeit schenke und hin und wieder ein einzelnes bestimmtes Verhalten (und nur dieses) ignoriere, dann ist meiner Meinung nach, völlig ok.

Hat zwar jetzt nichts mit Pferden zu tun. Denn ich finde man kann das schwer übertragen. Aber ich wollte es doch gesagt haben.
ehem User

Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von ehem User »

Ich mach´s mir da ganz einfach mit der Unterscheidung:
Ignorieren = so tun, als ob ich es nicht bemerkt habe
Übergehen = "Ja, hab ich wahrgenommen, möchte ich aber nicht drauf eingehen, ich möchte stattdessen, daß Du auf das eingehst, was ich gerade von Dir will" oder so ähnlich, d.h. ich halte mein Signal, welches ich gerade gebe aufrecht und lehne nur nebenbei das vom Pferd gegebene Signal mit einer kleinen, kurzen Geste ab. So ähnlich, wie ein begleitendes Lob ist es sozusagen eine begleitende Ablehnung, die nicht das unterbricht, was ich gerade mit Pferd mache.
Aufnehmen = "So, was willst Du mir denn damit sagen, vllt diese oder jenes? Aha, na, dann lass uns das mal ausprobieren" Oder so ähnlich. D.h. ich gehe voll auf Pferds Anregung ein.
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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Topsana hat geschrieben:Wo ist nun der Unterschied zu "nicht beachten" und "übergehen"?
Vielleicht mag nochmal jemand eindeutig beide Begriffe definieren? :)
Das wird keiner können, weil das fast jeder anders verwendet. Was einige übergehen nennen wäre für mich ignorieren konkreter Verhaltensweisen (versus der Person). Für mich ist Übergehen wie bereits geschrieben ein Zustand in dem ich dem Gegenüber klar mache, dass ich es gehört habe aber jetzt gerade eben nichts damit anfangen kann oder will. Und das werden andere auch anders nennen. Ist nun mal so, wenn sich verschiedene Leute unterhalten, aber da muss man dann eben einfach dazuschreiben was man meint.

Falls du im Hinblick auf den psychischen Schaden meine Beiträge meintest, dann habe ich mich wahrscheinlich einfach unklar ausgedrückt. Das habe ich so nicht gemeint und mit "psychischen Folgen" meinte ich jetzt nicht wirklich ein Langzeittrauma. Für mich ist auch ein momentanes Unbehagen eine psychische Folge.

Ansonsten scheint es mir so, dass verschiedene Menschen das eben einfach unterschiedlich sehen. Ich möchte weder ein scharrendes Pferd noch ein plapperndes Kind ignorieren und das ist wahrscheinlich einfach nur eine ganz persönliche Vorliebe von mir, einfach weil ich auch nicht möchte, dass meine Kommunikationsversuche ignoriert werden, selbst wenn der Andere sie als unsinnig, unnötig oder unpassend empfindet. Ich gehe einfach davon aus, dass die meisten Mitteilungen Gründe haben und wenn ein Pferd zum Beispiel scharren oder schnappen würde, dann ist das für mich ein wertvolles Feedback. Ich würde mich selbst bestrafen, wenn ich dieses abstellen oder dem Pferd signalisieren würde, dass es sein Feedback lieber für sich behalten soll. Woher bekomme ich denn dann die Information über seinen Zustand? Eine meiner wichtigsten Informationsquellen wäre weg, wenn das Pferd lernen würde, dass es mich mit sowas gar nicht erst kontaktieren braucht. Was ich allerdings durchaus tue ist zusammen mit dem Pferd Wege zu finden, dieses Feedback nur auf so subtile Weise zu geben wie eben nötig.

Ich denke daher, dass die Frage nach dem Ignorieren oder nicht Ignorieren zumindest für mich nicht nur von den ganz grundsätzlichen Ansichten über wünschenswerte Umgangsformen abhängt sondern auch von ganz praktischen Dingen. Mein Umgang mit Pferden basiert nun mal auf gegenseitiger Aufmerksamkeit auf einem so hoch wie (mir) möglich aufgelösten Level (Mikrokommunikation sozusagen ;)). Mein Ziel ist es also, jede noch so kleine Veränderung im Zustand des Pferdes zu registrieren und bei den Pferden andererseits eine ebensolche Empfindlichkeit für meine Signale zu fördern. Dazu muss ich diese Signale aber eben erstmal geben und empfangen, und Feedback darüber bekommen, dass sie beim Pferd angekommen sind und Feedback darüber geben, dass seine Signale bei mir angekommen sind. Da würde mir Ignorieren einfach im Wege stehen.

Andere gehen mit ihren Pferden anders um und erreichen auf ihre Weise tolle Ergebnisse. Eine sehr gute Freundin die mir immer eine große Inspiration war (Video) macht zum Beispiel gar nichts von diesem Aufmerksamkeitszeugs, sondern ihr Umgang mit ihren Pferden basiert auf klaren Regeln und Verhaltensmustern, die sie durch positive Verstärkung einführt und umsetzt. Da hat zum Beispiel jedes Handzeichen irgendeine Bedeutung, die Pferde haben bestimmte Seiten für bestimmte Übungen und so weiter. Sie könnte Verhalten ignorieren und tut das auch und ihre Interaktion mit den Pferden funktioniert trotzdem. In meinem Fall würde ich dagegen gar nicht sehen wie das gehen sollte.
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Topsana
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Topsana »

Fenja hat geschrieben: Ich denke, dass vielleicht oft die Bezeichnung 'Ignorieren' fälschlicherweise eingesetzt wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele, die sagen oder schreiben, dass sie mit dem Ignorieren von Verhalten arbeiten, eigentlich einfach das 'Übergehen' meinen und dem Pferd schon ein neutrales Signal zukommen lassen. Schließlich beachte ich das Pferd und sein Verhalten schon allein dadurch, dass ich es anschaue und ihm meine Aufmerksamkeit widme. Und solange ich das tue kann ich das Verhalten gar nicht wirklich ignorieren.

Ignorieren bedeutet für mich, nicht anschauen, nicht ansprechen, wegdrehen, keine Reaktion zeigen... Und das kommt, denke ich, nicht allzu häufig vor. Eben weil es eigentlich nicht notwendig ist.
Naja, wenn man wirklich nur das als ignorieren bezeichnet. Dann arbeite ich auch nicht mit ignorieren.
Ein "neutrales" Signal lasse ich natürlich zu kommen.
"Man kann nicht nicht kommunizieren."

Aber wenn in diesem Thread mit ignorieren auch wirklich nur das gemeint ist, dann ist das ja wieder was anderes. Bzw. dann ist es eigentlich nicht möglich. Denn auch "nicht kommunizieren" ist kommunizieren. Nicht kommunizieren ist nicht möglich. Deshalb gibt man natürlich ein Signal. Es ist ja auch ein Signal, eben nichts zu tun.

Aber ich verstehe das Wort ignorieren nicht als so etwas, eigentlich Unmögliches.... sondern einfach eben als "nicht beachten".

"Wegdrehen" ist ja auch ein deutliches Signal von "Ich habe dich sehr wohl wahrgenommen!". Also zumindest, wenn man das bei einem Menschen macht.

Naja gut, kann man ewig diskutieren. Aber wenn hier geschrieben wird, dass manche Menschen das Wort ignorieren "fälschlicherweise" benutzen, weil sie eigentlich ja "übergehen" meinen, dann klingt das für mich so, als gäbe es eine eindeutige Definition.

Aber ich sehe da nicht so wirklich den Unterschied. Denn wie gesagt, das oben beschriebene Ignorieren, wäre ja dann nicht möglich, dann würde das niemand machen, dann braucht man auch nicht drüber diskutieren. Kommunizieren tut man auch über Ignorieren.
DAS absolute 100%-ige Ignorieren ist einem Lebewesen glaube ich nicht möglich, weshalb ich das Wort auch nie so verstanden und verwendet habe. Und auch in der Pädagogik wird es nicht so verstanden.
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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Kannst du den Namen im Zitat bitte noch ändern? Das ist nämlich nicht von mir. ;)
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Topsana
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Topsana »

Sorry, ich habe das erst jetzt gelesen. Ich kann es leider, glaube ich, nicht ändern, da das nur eine bestimmte Zeit lang geht.
Das hatte Fenja geschrieben und die hatte etwas von dir vorher zitiert, weshalb dein Name noch dabei steht. Den habe ich vergessen, weg zu machen, sorry.
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A.Z.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von A.Z. »

Lässt sich doch alles regeln. :)


:jessir:
Viele Grüße Angela

Oh Großer Geist, hilf mir, nie über einen anderen Menschen zu urteilen, bevor ich nicht zwei Wochen lang in seinen Mokassins gelaufen bin. (Lachender Fuchs, Sioux-Häuptling)

In memoriam
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Topsana »

Ihr seid ja flott! Dankeschön! :mrgreen:
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.Anni.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von .Anni. »

Naja gut, kann man ewig diskutieren. Aber wenn hier geschrieben wird, dass manche Menschen das Wort ignorieren "fälschlicherweise" benutzen, weil sie eigentlich ja "übergehen" meinen, dann klingt das für mich so, als gäbe es eine eindeutige Definition.
Hm, das war blöd ausgedrückt :oops: .

Es kommt wohl wirklich darauf an, was die Wörter für den Einzelnen bedeuten. Und ich glaub ich bin jetzt ein bisschen verwirrt und weiß grad nicht mehr, was sie mMn bedeuten :-e :whistle: ...
Mal schauen ob ich den Knoten die Tage noch entwirrt bekomme :mrgreen: .
Liebe Grüße, Anni

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Rennfisch
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Rennfisch »

Interessanter Thread, bringt mich zum denken :kratz:

Ich bin mal so frei :mrgreen: Ich verstehe unter ignorieren am ehesten *Finger in die Ohren steck* 'Lalala, ich hör dich niiicht!'- also im übertragenen Sinn :lol: Dass ich es zwar wahrnehme, aber so tue als ob ich es nicht bemerkt hätte. Nachdem ich im Job mit Wildtieren zu tun hab, ist das die Schiene, mit der ich am besten fahre, weil man einige schon durch ansehen provozieren kann. Da ist am besten, vorbei gehen, nicht hinschauen, nicht anreden, nicht reagieren wenn sie fauchend ans Gitter fahren (und das ist gar nicht so leicht :? ).

Übergehen ist demnach 'Ja, ich habs gesehen, aber eigentlich wollte ich was anderes von dir.' Das Verhalten in dem Moment einfach nicht zu bestärken. Bei meinem Pferd übergehe ich nicht erwünschtes Verhalten demnach meistens, das ignorieren verwende ich, wenn ich z.B. nur an seiner Box vorbei geh, nichts von ihm will, und seine über die Tür gesteckte Nase vorgeblich nicht bemerke. Dadurch erhoffe ich mir, dass er merkt, dass ich jetzt grade anderes im Sinn hab, und er nicht darauf zu warten braucht, dass ich nochmal komme und etwas von ihm verlange, sondern er einfach weitermampfen kann. Zuviel Aufmerksamkeit schätzt er nämlich auch nicht, er kann schon grantig werden wenn ich mich aufdränge. Das muss nicht sein. Auch das ist nicht so leicht :roll:
:aquarium2:
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