Ignorieren von Verhalten

Moderator: Keshia

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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

TakeItEasy hat geschrieben:@Romy/Laura: Wobei man aber aufpassen muss, dass sich beim Belohnen keine negative Verhaltenskette aufbaut. Das kann ganz schnell passieren, wenn bspw. das Pferd bettelt oder schnappt und man unmittelbar, nachdem es damit aufgehört hat, belohnt. Dann bestärkt man im Prinzip sein Fehlverhalten, weil es nämlich "denkt", es muss nur aufdringlich werden (betteln oder schnappen), aufhören und die Belohnung folgt auf dem Fuße.
Theoretisch weiß ich was du meinst, aber praktisch sehe ich das nicht als Gefahr beziehungsweise finde, dass das leicht zu umgehen ist. Das erkläre ich dir aber wenn du willst nachher persönlich oder zeige es dir, weil das schneller geht als wenn ich es hier erst lang und breit aufschreibe. :-)
Zuletzt geändert von Romy am Sa 5. Jan 2013, 13:28, insgesamt 1-mal geändert.
ehem User

Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von ehem User »

Ein Verhalten abstellen, indem man das Aufhören belohnt, das funktioniert? Bei meinen Pferden nicht. Die lernen ruckzuck: Um ein Verhalten aufzuhören und dafür belohnt zu werden, muss ich es erstmal anfangen. wenn ich dann brav mit dem Angefangenen aufhöre, gibt´s eine Belohnung.

Für eine Belohnung denken die schon auch mal eine Ecke weiter.

Ansonsten finde ich Ignorieren sehr fragwürdig und benutze es nur in sehr geringem Maß bei Kleinigkeiten (zu denen das Betteln mMn nicht gehört). Gerade bei geltungsbedürftigen Pferden, denen eine Reaktion wichtig ist, ist Ignorieren mMn eine schlimme Bestrafung und ein sehr dominantes Verhalten, eine Form von psychischer Gewalt, nicht pferdegerecht und auch kein pferdisches Herdenverhalten. Ein klares "lass das" in Form von Wegschicken, einer Drohbewegung, z.B. schnell meinen Kopf in Richtung des Pferdes bewegen mit einem scharfen "Nein" dazu oder im Falle des Bettelns eines "Beißens" mit meinen Fingern in die Nase des Pferdes, finde ich wesentlich pferdischer, pferdegerechter und angebrachter.

Generell funktionieren aber mMn alle ablehnenden und zurückweisenden Botschaften ans Pferd nur in dem Maße, wie der gegenseitige Respekt, die Distanz und der Individualabstand geklärt sind. Ein Pferd, welches den Individualabstand zu Dir nicht respektiert, kannst Du ignorieren, zurückweisen oder "bestrafen" so viel Du willst, das wird nichts an seinem Verhalten ändern, solange der gegenseitige Respekt, die Distanz und der Individualabstand nicht geklärt sind.
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TakeItEasy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von TakeItEasy »

@Romy: Gerne. :-)

Da hast du ein interessantes Thema angestoßen. Das dürfte viele interessieren (eingeschlossen mich).
Freu mich auf gleich!
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Fionnlagh
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Fionnlagh »

Piebald hat geschrieben:Ein Verhalten abstellen, indem man das Aufhören belohnt, das funktioniert?
:-ü man belohnt nicht das aufhören, sondern das "ruhe geben" ;)
beispiel an der tasche rum rüsseln:
wenn ich ich da belohne, in dem moment, in dem pferd den kopf weg nimmt, wird er immer wieder an die tasche gehen und immer wieder den kopf dann weg nehmen und mich erwartungsvoll angucken :-D
ich belohne dann, dass ich neben ihm stehen kann und er ruhig neben mir steht, den kopf ein stück weit unten und einfach abwartet.

ansonsten stimm ich dir absolut zu, piebald! schöner beitrag :-n und deckt sich mit meiner erfahrung, dass das ignorieren vom pferd einfach nicht wirklich verstanden wird.
"Ich habe es noch nie getan, darum glaube ich, dass ich es kann." Pipi Langstrumpf
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TakeItEasy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von TakeItEasy »

Fionnlagh hat geschrieben: man belohnt nicht das aufhören, sondern das "ruhe geben" ;)
beispiel an der tasche rum rüsseln:
wenn ich ich da belohne, in dem moment, in dem pferd den kopf weg nimmt, wird er immer wieder an die tasche gehen und immer wieder den kopf dann weg nehmen und mich erwartungsvoll angucken :-D
ich belohne dann, dass ich neben ihm stehen kann und er ruhig neben mir steht, den kopf ein stück weit unten und einfach abwartet.
Das sehe ich genauso.

Ich sehe Ignorieren nicht unbedingt als Strafe an. Das Pferd lernt sehr schnell, dass sich unerwünschtes Verhalten nicht lohnt. Ich ignoriere es ja nicht dauerhaft, sondern nur, solange es das Fehlverhalten zeigt. Sobald es eine kurze Zeit ruhig und entspannt dasteht, wird dann das (von mir gewünschte Verhalten) überschwenglich gelobt und gekekst und das Pferd erhält meine 100-%-ige Aufmerksamkeit zurück. Letzenendes aber muss es jeder für sich selbst entscheiden und herausfinden.
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Candyline
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Candyline »

Romy hat geschrieben:
SCvet hat geschrieben:Eine Herausforderung ist es, Verhalten wie z. B. Schnappen zu ignorieren, da es ja ins Leere laufen soll, ohne daß du blaue Flecken o. ä. abkriegst. Das heißt, du mußt das Training so gestalten, daß Pferd dich nicht erwischt, ohne daß du seine Schnappversuche >bemerkst<.
Ich persönlich möchte eben gerade nicht, dass solches Verhalten ins Leere läuft. Ich möchte, dass das Pferd darüber ein unmittelbares Feedback bekommt. Damit meine ich explizit nicht ein auf das Pferd gerichtetes Feedback wie Schimpfen oder Korrigieren, das eine Reaktion des Pferdes einfordert. Ich meine eher ein Feedback, das etwas über mich mitteilt, nämlich dass ich das Verhalten registriert habe und wie es MIR damit geht. Aber danke, dass du das nochmal angesprochen hast. Ich glaube nämlich, dass das für mich ein wichtiger Punkt ist, meine Reaktionen auf das Verhalten eines Pferdes so zu gestalten, dass sie eher etwas über mich aussagt als dass sie direkt auf das Pferd gerichtet ist (sowas wie Ich- versus Du-Botschaften in der Gesprächsführung).

wie würde deine reaktion dann in dem beispiel aussehen?
"Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt ..."
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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Candyline hat geschrieben:wie würde deine reaktion dann in dem beispiel aussehen?
Beim Schnappen? Das unterscheidet sich zwischen Pferden und Situationen, aber ich beschreibe zuerst mal den für mich einfachsten Fall des Schnappens aus Ungeduld oder Frust. Das hat zum Beispiel meine Pia manchmal beim Spielen drauf und was da fast immer hilft ist, wenn ich sofort einfriere als ob ich wirklich schockiert wäre, einen Moment warte und sie ein bisschen perplex anschaue (bis sie wieder ganz normal und freundlich schaut) und dann weitermache. Sollte das mal nicht helfen und das Schnappen wiederholt auftreten, dann nehme ich, wenn es mir zu bunt wird, ihr Ponyköpfchen in die Hand und sage ihr ganz ruhig aber mit aller Ernsthaftigkeit, dass das so nicht funktionieren wird und ich so nicht mit ihr umgehe (wie vorher schon gesagt: was ich genau sage ist dabei vollkommen egal, aber meine Intention muss klar sein). Sollte das immer noch nicht gewirkt haben (was fast nie vorkommt) verabschiede ich mich und mache mal kurz was Anderes. Sie darf dann gern mitkommen und wieder Übungen anbieten, wird dann aber nur belohnt wenn sie eben wirklich mit einem tatsächlichen Angebot kommt.

Bei Summy dagegen reicht das nicht immer, weil für ihn schon das Schnappen an sich (oder genauer gesagt das Rumbeißen auf etwas) hochgradig belohnend ist. Daher bekommt er, wenn er nicht einmalig schnappt sondern gar nicht mehr aufhört, ein Kuscheltier hingehalten, auf dem er rumbeißen kann solange er will. Das erledigt das Problem nicht sofort, aber zum Beispiel diesen Frühling haben wir das auf einem Spaziergang eine halbe Stunde lang gemacht und am nächsten Tag nochmal fünf Minuten und dann war das Schnappen für ein dreiviertel Jahr wieder verschwunden (...bis dann letzte Woche TakeItEasy zu Besuch kam und das neue Schnappopfer wurde, aber auch diesmal haben die Kinder das am Tag danach mit der Kuscheltiermethode behoben).

Titum ist nochmal was ganz Anderes, weil er schnappt, wenn er sich zurecht unbeachtet fühlt, also zum Beispiel wenn ich auf einem Spaziergang die ganze Zeit mit einem anderen Menschen schwatze und Titum ignoriere. In dem Moment wenn er schnappt sage ich ihm ruhig und freundlich, dass ich das nicht will und schiebe die Nase zur Seite. In der Zeit danach versuche ich aber eher, ihm zu zeigen, dass Beißen überhaupt nicht nötig ist und mir wieder mehr Mühe zu geben, ihn also entweder zu beachten oder explizit vorn laufen und selbst den Weg erkunden zu lassen. Ich sorge also auf die eine oder andere Weise dafür, dass er nicht mehr das fünfte Rad am Wagen ist. Futterbelohnung habe ich für ihn im Kontext des Schnappens bisher noch nie verwendet, aber ich weiß ehrlich gesagt gar nicht so richtig warum... hat sich scheinbar einfach nicht ergeben.

Daneben gibt es natürlich noch viele weitere Methoden... zum Beispiel fing eine Freundin von mir aus Südafrika absichtlich an zu weinen und sich so zu benehmen als ob sie völlig fertig sei, wenn ihr Pferd nach ihr schnappte. Das hat das Problem in ihrem Fall innerhalb kürzester Zeit gelöst. Wäre für mich aber nix, weil mir mein Pferd leid tun würde - so wie sie es beschrieb war seine Reaktion wohl ziemlich extrem. Eine abgeschwächte Variante kenne ich von einigen anderen Personen, die eine Schmerzäußerung (z.B. quietschen) machen, wenn ihr Pferd schnappt. Das funktioniert für einige gut, bringt andere Pferde aber wohl erst recht zum Schnappen. :twisted:
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.Anni.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von .Anni. »

Ein interessantes Thema :gut: !

Für mich wäre Ignorieren des Pferdes die letzte Maßnahme, wenn nichts anderes mehr hilft (was ja so gut wie nie vorkommt :frech: ).

Ansonsten halte ich es schon so, dass ich unerwünschtes Verhalten gezielt ignoriere. Allerdings finde ich, dass das nie die einzige Lösung ein sollte, da es dem Pferd keine Auskunft darüber gibt, was ich von ihm möchte und das finde ich schon ungerecht. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass das negative Auswirkungen hat, weil das Pferd sein Verhalten vielleicht noch verstärkt um uns zu einer Antwort zu bringen. Wir hören ja augenscheinlich nicht zu.

Daher ist das Ignorieren des unerwünschten Verhaltens nur ein ganz kleiner Teil der Lösung. Gleichzeitig versuche ich auch immer die Ursachen zu finden und zu beheben und dem Pferd ein erwünschtes Verhalten schmackhaft zu machen. Das lernt das Pferd meistens so schnell, dass ich das Ignorieren meist nur für eine sehr kurze Zeit einsetzen muss.

Ich habe persönlich außerdem das Problem, dass ich sehr schnell in einen Teufelskreis hineingerate, wenn ich dem Pferd negative Rückmeldung gebe. Mir fällt es schwer mich nicht zu sehr darüber zu ärgern und hineinzusteigern und auch danach wieder freundlich und ehrlich ein erwünschtes Verhalten zu belohnen.
Da ist es für mich leichter meine eigenen negativen Emotionen, sei es nur Traurigkeit oder Ärger usw., weitestgehend aus dem Training rauszuhalten.
Daneben gibt es natürlich noch viele weitere Methoden... zum Beispiel fing eine Freundin von mir aus Südafrika absichtlich an zu weinen und sich so zu benehmen als ob sie völlig fertig sei, wenn ihr Pferd nach ihr schnappte. Das hat das Problem in ihrem Fall innerhalb kürzester Zeit gelöst. Wäre für mich aber nix, weil mir mein Pferd leid tun würde - so wie sie es beschrieb war seine Reaktion wohl ziemlich extrem. Eine abgeschwächte Variante kenne ich von einigen anderen Personen, die eine Schmerzäußerung (z.B. quietschen) machen, wenn ihr Pferd schnappt. Das funktioniert für einige gut, bringt andere Pferde aber wohl erst recht zum Schnappen.
Das so etwas funktioniert ist mir noch nicht aufgefallen und erscheint mir etwas vermenschlicht. Ich wüsste keinen Grund, weshalb das Pferd mit dem Schnappen aufhören sollte, wenn es weiß, dass es dem Menschen Schmerzen bereitet :-e . So eine Reaktion behebt ja auch nicht die Ursache, die es für das Schnappen meistens gibt und finde sie daher dem Pferd gegenüber nicht gerecht.
Da gefallen mir deine Methoden Romy besser, weil sie für das Pferd verständlicher erscheinen und auch auf die Ursachen eingehen.
Liebe Grüße, Anni

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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Fenja hat geschrieben:Das so etwas funktioniert ist mir noch nicht aufgefallen und erscheint mir etwas vermenschlicht. Ich wüsste keinen Grund, weshalb das Pferd mit dem Schnappen aufhören sollte, wenn es weiß, dass es dem Menschen Schmerzen bereitet :-e .
Nun ja, da selbst Ratten mit dem Fressen aufhören, wenn dadurch eine andere Ratte mit Stromstößen gequält wird und Schmerzäußerungen von sich gibt, traue ich sowas Pferden schon zu - vorausgesetzt sie haben ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Menschen. Aber sicher kann ich es nicht sagen, da ich in keinem der Fälle dabei war, es selbst noch nicht probiert habe und das auch nicht tun werde. Bezüglich der Ursachenbekämpfung stimme ich dir absolut zu, aber so wie ich die betreffenden Personen kenne gehe ich davon aus, dass sie parallel auch daran gearbeitet haben.

Ich musste grad nochmal innerlich lachen wegen des verkopften Forenschreibens. Ich glaube ich hab im realen Leben heute Nachmittag eine Vorstellung höchster Planlosigkeit und Unstrukuriertheit im Umgang mit Pferden gegeben. :lol: :tuete:
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.Anni.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von .Anni. »

Romy hat geschrieben: Nun ja, da selbst Ratten mit dem Fressen aufhören, wenn dadurch eine andere Ratte mit Stromstößen gequält wird und Schmerzäußerungen von sich gibt, traue ich sowas Pferden schon zu - vorausgesetzt sie haben ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Menschen. Aber sicher kann ich es nicht sagen, da ich in keinem der Fälle dabei war, es selbst noch nicht probiert habe und das auch nicht tun werde. Bezüglich der Ursachenbekämpfung stimme ich dir absolut zu, aber so wie ich die betreffenden Personen kenne gehe ich davon aus, dass sie parallel auch daran gearbeitet haben.
Davon hab ich ja auch noch nicht gehört :staun: . Aber vorstellen kann ich mir das schon :kratz: !
Liebe Grüße, Anni

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