Ignorieren von Verhalten

Moderator: Keshia

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TakeItEasy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von TakeItEasy »

Romy hat geschrieben:Ich glaube ich hab im realen Leben heute Nachmittag eine Vorstellung höchster Planlosigkeit und Unstrukuriertheit im Umgang mit Pferden gegeben. :lol: :tuete:
Was zählt, liebe Romy, ist das Ergebnis. ;)
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sacramoso
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von sacramoso »

Hallo alle,

ein spannendes Thema :-)
Für mich gehört ignorieren durchaus in das Repertoire an Verhaltensweisen die ich zur Pferdeerziehung verwende. Allerdings nicht mit einem stafenden Charakter. Vielleicht ein Beispiel dazu:
Mein Pferd (eher der ängstliche Typ) steht am Putzplatz, sieht etwas und findet es ganz schrecklich und fängt an deswegen rumzuhampeln. Ich habe das schlicht ignoriert und weitergemacht mit Putzen und Satteln. Seine Reaktion war echt bemerkenswert, ich versuch das mal in Menschensprache zu übersetzten:
"Hey Achtung!! Da ist was Schreckliches!! Achtung, Gefahr!!!
Hallo? siehst du das nicht? Das ist doch schrecklich?!?!
Nein? Nicht schrecklich??
OK, dann ist wohl nichts" *gähn*

Und schon war Ruhe und er stand wieder entspannt da. Durch mein ignorieren habe ich ihm lediglich zu verstehen gegeben, daß da nichts schreckliches ist und er sich wieder entspannen kann. Wenn ich in der gleichen Situation auf sein Verhalten eingehe, dann zeige ich ihm da ist wirklich was und verstärke die Schreckenswirkung. Ähnlich ist es auch beim ausreiten wenn uns zB. pferdefressende Kinderwagen oder andere Pferdegespenster begegnen.

Zusammengefaßt: meines Erachtens kann ignorieren (Situationsbedingt) ein durchaus hilfreiches Kommunikationsmittel darstellen, das im im beschriebenen Fall nicht bestrafend wirkt sondern dem Pferd sogar Sicherheit vermittelt.

Grüße
Sacramoso
Als Gott erfuhr daß Reiten nur für die Besten ist erschuf er noch Fußball :dance1:
ehem User

Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von ehem User »

Damit hast Du aber nicht gezielt sei Verhalten ignoriert, sondern die Ursache für sein Verhalten. Es ist ja auch garnicht klar, ob sein Verhalten in diesem Fall speziell "für Dich" war und er Dich auf die Gefahr aufmerksam machen wollte, oder ob er nur einfach Angst hatte und weg wollte, völlig unabhängig von Deiner Anwesenheit. In disaem Sinne benutze ich Ignorieren auch ganz oft, ich ignoriere eine vermeintliche Gefahr und die Angst meinse Pferdes. Das ist aber was anderes, als eine Verhaltensweise meines Pferdes die auf mich und unser gemeinsames Tun in dem Moment gerichtet ist. Ich ignoriere Verhaltensweisen, welche nicht im Dialog mit mir stattfinden, das tue ich bewusst oder unbewusst andauernd mit vielen Menschen und Tieren in meiner Umgebung. Aber ich ignoriere keine Verhaltensweise, die in diesem Moment unserem Dialog gehört - das ist ignorant und unhöflich, egal wem gegenüber.
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.Anni.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von .Anni. »

Ich hab nochmal über das Verhaltensweisen Ignorieren nachgedacht. Kann man das überhaupt, ohne dem Pferd die Aufmerksamkeit zu entziehen :kratz: ?

Wenn das Pferd jetzt beim Putzen z.B. rumhampelt und ich einfach ohne daraus in irgendeiner Form einzugehen weiterputze, ignoriere ich doch eigentlich schon fast das ganze Pferd, oder? Das Pferd möchte mir etwas mitteilen (und selbst wenn es das nicht bewusst tut, so teilt es mir ja trotzdem mit jeder Handlung etwas mit) und ich beachte es nicht. Das Pferd kann nicht gleichzeitig etwas richtig und etwas falsch machen. Aber wenn ich jetzt alles falsche/unerwünschte ignoriere, dann ignoriere ich in dem Moment den Kommunikationsversuch des Pferdes und damit irgendwie auch das Pferd selbst.

Wenn ich einem Menschen zuhöre, dann gebe ich ja auch immer kleine Signale, dass ich noch aufmerksam bin. Diese müssen ja nicht unbedingt positiv oder negativ sein. Sie bedeuten einfach nur "Ich höre dir zu.".

Bringe ich meinem Pferd eine neue Übung bei, dann ignoriere ich unerwünschtes Verhalten nicht wirklich. Ich bleibe aufmerksam und reagiere in irgendeiner Art auf das Pferd und damit auch auf sein Verhalten. Nur versuche ich meine Reaktionen möglichst neutral zu halten.
Ignorieren bedeutet für mich in dem Zusammenhang eigentlich nur, dass ich weder bestrafe, noch belohne. Trotzdem signalisiere ich, dass ich noch zuhöre.
Liebe Grüße, Anni

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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Fenja, ich glaube ich sehe das ähnlich und wüsste auch nicht wie ich einen Kommunikationsversuch ignorieren und gleichzeitig dem Anderen mitteilen sollte, dass ich aufmerksam bin und auf seine Signale achte. Für mich widerspricht sich das. Deshalb finde ich es ja auch so spannend, die Meinungen derjenigen Leute zu hören, die Ignorieren als unproblematisch empfinden - einfach weil ich das selbst (noch) nicht wirklich verstehe. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass sich manche nicht gerade zum Schreiben animiert fühlen, wenn sie lesen, dass das Verhalten für das sie sich entschieden haben ignorant und unhöflich sei. Das verschließt glaube ich eher Türen anstatt dass es welche öffnet, jetzt mal ganz unabhängig vom eigenen Standpunkt.
ehem User

Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von ehem User »

Vielleicht macht es Sinn, mal die Untesrscheidung zwischen Ignorieren und Übergehen eines unerwünschten Verhaltens herauszuarbeiten. Wenn ich mit meinen Pferden was mache oder übe und sie sind abgelenkt oder zeigen auf meine Aufforderung hin nicht die gewünschte reaktion, dann mache ich einfach weiter mit meiner Aufforderung, verändere oder verstärke sie, je nachdem, gehe aber auf die gezeigte "falsche" Reaktion nicht ein. Wenn ich meine Aufforderung bei einer unerwünschrten Reaktion nicht aufrecht erhalte, setze ich damit ja das Signal "erledigt". Also mache ich weiter und übergehe die "falsche" Reaktion. Das ist für mich aber was anderes, als ignorieren, da ich die Kommunikation ja nicht abbreche. Ich sabbel ja ziemlich viel vor mich hin, wenn ich mit dem Pferd was mache, und wenn ich die Aufforderung dann aufrecht erhalte sage ich dann auch "nein, das wollte ich nicht, ich möchte bitte......" allerdings mehr zu mir selbst als zum Pferd. Ich glaube aber, daß die Botschaft schon ankommt, unabhängig vom Wortlaut.
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Romy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Romy »

Piebald hat geschrieben:Vielleicht macht es Sinn, mal die Untesrscheidung zwischen Ignorieren und Übergehen eines unerwünschten Verhaltens herauszuarbeiten.
Guter Punkt! Ich denke ich übergehe auch Verhalten, zum Beispiel wenn ein Pferd an meiner Futtertasche rumrüsselt und ich vorsichtig und ganz beiläufig die Nase wegschiebe und ihm sage, dass wir das so nicht machen - und ansonsten ganz einfach in meinem sonstigen Verhalten fortfahre. In dem Moment gehe ich auf das Verhalten des Pferdes sicher auch weniger ein als dieses es sich gerade gewünscht hätte. Was für mich aber den Unterschied zum Ignorieren ausmacht ist, dass ich versuche mitzuteilen "Ist gut, ich hab's gesehen, aber wir machen das trotzdem nicht." Das gilt auch für Übungen die das Pferd anbietet und ich nicht haben möchte (z.B. wenn ich mich dadurch gefährdet fühle oder es einfach langweilig finde wie Titums andauerndes Flehmen). In diesen Situationen ist es mir persönlich wichtig, das Verhalten anzuerkennen (ich sage zum Beispiel dann meist einfach danke), auch wenn ich es nicht belohne. Dadurch merkt das Pferd, dass ich es registriert habe und auch darauf antworte, aber trotzdem gerne was anderes hätte.
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.Anni.
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von .Anni. »

Romy hat geschrieben:Fenja, ich glaube ich sehe das ähnlich und wüsste auch nicht wie ich einen Kommunikationsversuch ignorieren und gleichzeitig dem Anderen mitteilen sollte, dass ich aufmerksam bin und auf seine Signale achte. Für mich widerspricht sich das. Deshalb finde ich es ja auch so spannend, die Meinungen derjenigen Leute zu hören, die Ignorieren als unproblematisch empfinden - einfach weil ich das selbst (noch) nicht wirklich verstehe. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass sich manche nicht gerade zum Schreiben animiert fühlen, wenn sie lesen, dass das Verhalten für das sie sich entschieden haben ignorant und unhöflich sei. Das verschließt glaube ich eher Türen anstatt dass es welche öffnet, jetzt mal ganz unabhängig vom eigenen Standpunkt.
Ich hoffe ich habe mich jetzt nicht angreifend ausgedrückt :? ... Mir wird ja selbst grade erst klar, dass ein Unterschied zwischen Ignorieren und Übergehen, wie Piebald so treffend schreibt :gut: , besteht.

Ich denke, dass vielleicht oft die Bezeichnung 'Ignorieren' fälschlicherweise eingesetzt wird. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele, die sagen oder schreiben, dass sie mit dem Ignorieren von Verhalten arbeiten, eigentlich einfach das 'Übergehen' meinen und dem Pferd schon ein neutrales Signal zukommen lassen. Schließlich beachte ich das Pferd und sein Verhalten schon allein dadurch, dass ich es anschaue und ihm meine Aufmerksamkeit widme. Und solange ich das tue kann ich das Verhalten gar nicht wirklich ignorieren.

Ignorieren bedeutet für mich, nicht anschauen, nicht ansprechen, wegdrehen, keine Reaktion zeigen... Und das kommt, denke ich, nicht allzu häufig vor. Eben weil es eigentlich nicht notwendig ist.
Liebe Grüße, Anni

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Equester
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von Equester »

Hm, ich ignoriere Verhalten, nicht das Pferd. Das kann ich gut trennen. Rüsseln wird nicht beachtet, trotzdem kann ich mich zeitgleich mit ihm beschäftigen (z.B. putzen).
wir machen aus :hm: ein :dafuer2:
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TakeItEasy
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Re: Ignorieren von Verhalten

Beitrag von TakeItEasy »

In dem Moment, in dem mein Pferd unerwünschtes Verhalten zeigt, also bspw. am Putzplatz scharrt, will es meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Würde ich nun seiner "Bitte" nachkommen und mich ihm sofort zuwenden, kann ich davon ausgehen, dass er dieses Verhalten bald wieder zeigen wird, da es für das Pferd ja zum gewünschten Erfolg geführt hat.

Ich selbst versuche, diesem Verhalten keine Beachtung zu schenken (wobei ich für mich festhalten kann, keinen nennenswerten Unterschied zwischen Ignorieren und Übergehen zu sehen) und wende mich meinem Pferd erst wieder zu, wenn es z. B. wenigstens eine kurze Zeit entspannt oder ruhig am Putzplatz gestanden hat. Dann aber mit überschwenglichem Lob und Keksregen ;). Bettel- oder Scharr-Attacken dauern meistens nur wenige Sekunden, sodass sich auch die Dauer des Ignorierens nur auf diese kurze Zeit beschränkt. Und ich glaube nicht, dass ich meinem Pferd damit nennenswerten seelischen Schaden zufüge ;). Im Gegenteil: Mein Pferd lernt ziemlich schnell, dass es sich eben mehr lohnt, stillzustehen, nicht in Mutti's Tasche rumzurüsseln und nicht zu schnappen, wenn eben nur dieses (gewünschte) Verhalten beachtet und belohnt wird. :-)
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