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Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: So 7. Okt 2012, 17:02
von .Anni.
Hallo,
ich habe ein Problem, allerdings nicht mit den Pferden, sondern mit mir selbst.
Es ist so, dass ich mir vorgenommen habe, nicht zu strafen und wenn ich mit Druck arbeite, diesen niemals zu verstärken. Genau das passiert mir hin und wieder aber dann doch. Meistens merke ich dann, wie ich wieder in alte Verhaltensmuster reinfalle. Ich werde wütend, weil mein Vorhaben nicht klappt und dann werde ich wütend darauf, dass ich wütend geworden bin. Denn genau das wollte ich ja NICHT

.
Und dann steigert sich meine schlechte Laune so stark, dass ich anfange ungerecht und grob zu den Pferden zu werden

.
Ich weiß im Prinzip schon, dass es richtig ist, den Weg über positive Bestärkung gewählt zu haben. Es ist nur oft so anstrengend und schwer wirklich geduldig zu bleiben und eine Signal immer und immer wieder in der gleichen Intensität zu geben, bis eine Reaktion kommt, die ich belohnen kann.
Wenn ich dann einmal so gereizt bin, dann schaffe ich es auch nicht mehr während der Einheit meine gute Laune wiederzufinden und begeistert zu loben. Und so schaffe ich dann natürlich auch keinen positiven Abschluss.
Ich bin gerade wirklich genervt von mir

. Ich weiß ganz genau, welche Fehler ich mache und trotzdem sind es immer wieder dieselben.
Also, habt ihr Tipps, wie ich am besten gar nicht mehr in diesen Teufelskreis hinein gerate oder ihn, wenn es denn mal wieder passiert ist, durchbrechen kann?
Wie könnte ich mich selbst wieder beruhigen und meine gute Laune wiederherstellen?
Ich bin für jede Anregung dankbar

.
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: So 7. Okt 2012, 17:09
von ehem User
Bin grad auf dem Sprung, aber da es mir manchmal auch so geht noch ein schneller Tipp, der mir geholfen hat: Wenn ich nur im Anflug merke, dass ich ungeduldig oder genervt werde, mache ich bei der Handarbeit entweder, wenn möglich, die Longe ab und verlasse einfach mal für ein paar Minuten den Platz, oder, wenn noch andere auf dem Platz sind, gehe ich einfach ein paar Runden Schritt. Beim Reiten hilft Zügel lang und ebenso 2-3 Runden entspannen und wenn es dann beim Zügel aufnehmen wieder ein schlechtes Gefühl gibt steige ich ab und clickere schnell noch etwas was er kann und gut ist (dasselbe übrigens bei der Handarbeit).
Damit komme ich zwar langsam voran, aber ich muss mich immer weniger selbst zur Ordnung rufen. Ich habe auch gemerkt, dass mein pferd am nächsten Tag es meist schon im 2 Versuch macht, wahrschl war er den Tag vorher dann auch schon überreizt....
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: So 7. Okt 2012, 18:35
von Jasmin*

ich kenn das und fühle mit dir! unglaublich wie wenig man immer mal wieder herr seiner sinne ist.
aber wenn du das weißt und das ändern willst ist ja schon mal das gröbste geschafft!
von 4-14 ca bin ich von menschen geprägt worden (reitlehrer, privatpferdebesitzer...) bei denen die pferde zu funktionieren hatten, sonst gab es halt einen drauf. oder auch mal mehr...
bis man sein denken erst mal umgestellt hat und das dann auch noch umsetzen kann, dauerts.
es gibt eine bach-blüte die mir sehr geholfen hat (beech), von der habe ich mir in einer ruhigen minute die beschreibung durchgelesen und es passte einfach. dazu muss man nur sehr ehlrich mit sich selbst sein.
vielleicht ist es bei dir eine völlig andere, vielleicht auch keine, aber ich finde bach-blüten behandlungen einfach immer wieder großartig!
mittlerweile muss ich nur noch an die blüte denken und es geht wieder

Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: So 7. Okt 2012, 19:31
von WaldSuse
Ich gehöre auch nicht zu denen,die bei der Verteilung von Geduld "HIER" gerufen haben....
Hast du schon mal versucht,in deine Mitte zu atmen?Oder dich zu erden?
Meine RL sagt immer,wenn was nicht klappt,zurück auf "Anfang" und wieder versuchen.
Viel Erfolg!
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: So 7. Okt 2012, 19:42
von larla
Ich habe das zwar komischerweise bei Tieren nie, aber bei Menschen sehr schnell.
Was hilft?
Sofort laut lachen oder singen. Hat beim Tier dann noch den entscheidenden Vorteil, dass die einen nicht ganz so entsetzt angucken
Du musst dem Moment das Ernsthafte und Oberwichtige nehmen, dann so wichtig, dass man ungerecht werden muss, ist es ja nicht. Und das geht am einfachsten über Lachen

Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: Mo 8. Okt 2012, 10:02
von ehem User
Oh, Fenja, das kenne ich von mir auch zu gut. Letzte Woche erst war ich in so einer Situation. Mein Pferd trägt seit Wochen - bedingt durch einen ausheilenden Hufabszess - Hufschuhe. Durch die vielen, vielen unangenehmen Erfahrungen, die er durch verschiedenste Leute und deren Bearbeitungen gemacht hat, bringt er Hufegeben wahrscheinlich nur noch mit Schmerzen in Verbindung, sodass er iwann die Faxen dicke und einfach nur noch gestreikt hatte. Das Hufegeben müssen wir uns jetzt wieder sukzessive und kleinschrittig neu erarbeiten. Dabei hat mich mein Pferd schon manches graue Haar und den letzten Nerv gekostet, das kannst du mir glauben! Dann hilft mir nur noch, mich zur Ruhe zu zwingen und mich zu beherrschen. Stampft oder scharrt mein Pferd oder zieht seinen Huf nach vorne, wende ich mich von ihm ab und gehe weg. Bin ich äußerst wütend (das schafft er spielend

), atme ich mehrmals tief ein und aus und hole mich so nach und nach wieder runter. Das kann eine Weile dauern, denn er schafft es derzeit regelmäßig, mich innerlich "auf 100" zu bringen.

Würde ich mich jedoch auf diesen "K(r)ampf" einlassen, hätte ich verloren - in jeglicher Hinsicht. Das rufe ich mir in solchen Situationen immer wieder ins Bewusststein. Meistens klappt es dann viel besser und ich merke, wie auch er ruhiger wird und sich wieder auf mich konzentrieren und einlassen kann. Die Clickerei hilft mir dabei übrigens sehr, ihn in die richtige Richtung zu lenken. Kleinste Erfolge geben mir meistens recht. Auch, wenn's mal wieder laaange gedauert hat.
Am besten ist wirklich, sich so schnell und gut es geht versuchen, zu "erden".
(Notfalls muss eben mal ein Strohballen zum Dampfablassen herhalten...
)
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: Mo 8. Okt 2012, 10:50
von Ramona
Neben den vielen guten Tipps möchte ich dir noch eines sagen: Es ist OK, auch mal wütend oder ungeduldig zu werden.
Es ist
nicht OK, seine Wut am Pferd auszulassen. Dazu wie du das verhinderst, hast du ja schon viele Tipps bekommen.
Aber gesteh dir das Recht ein, auch mal Wut zu empfinden. Denn dann muss du zumindest nicht mehr darüber wütend werden, dass du wütend geworden bist.

Wut und Ärger sind Gefühle wie Freude auch. Sie kommen einfach, auch wenn man das nicht will. Nimm sie einfach an und lass sie (so schnell du kannst) wieder los. Ich denke, wenn du dir erlaubst, gelegentlich Wut zu empfinden und dich nicht mehr darüber ärgerst, bekommst du die Wut gegenüber dem Pferd auch viel schneller in den Griff. Viel Erfolg!
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: Mo 8. Okt 2012, 15:06
von .Anni.
Vielen Dank euch allen

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BarockTraki hat geschrieben:Bin grad auf dem Sprung, aber da es mir manchmal auch so geht noch ein schneller Tipp, der mir geholfen hat: Wenn ich nur im Anflug merke, dass ich ungeduldig oder genervt werde, mache ich bei der Handarbeit entweder, wenn möglich, die Longe ab und verlasse einfach mal für ein paar Minuten den Platz, oder, wenn noch andere auf dem Platz sind, gehe ich einfach ein paar Runden Schritt. Beim Reiten hilft Zügel lang und ebenso 2-3 Runden entspannen und wenn es dann beim Zügel aufnehmen wieder ein schlechtes Gefühl gibt steige ich ab und clickere schnell noch etwas was er kann und gut ist (dasselbe übrigens bei der Handarbeit).
Das mit einfach mal ein, twei Runden Schritt gehen werde ich mal versuchen. Die Kleine ist leider so klein, dass ich sie nicht allein auf dem Reitplatz lassen kann, sonst ist sie ganz schnell umterm Zaun durch

.
Jasmin* hat geschrieben:
es gibt eine bach-blüte die mir sehr geholfen hat (beech), von der habe ich mir in einer ruhigen minute die beschreibung durchgelesen und es passte einfach. dazu muss man nur sehr ehlrich mit sich selbst sein.
vielleicht ist es bei dir eine völlig andere, vielleicht auch keine, aber ich finde bach-blüten behandlungen einfach immer wieder großartig!
mittlerweile muss ich nur noch an die blüte denken und es geht wieder

Mit Bachblüten habe ich mich leider noch nicht beschäftigt, werde ich aber mal machen, sobald ich dazu komme. Hört sich gut an.
Danke

.
WaldSuse hat geschrieben:Hast du schon mal versucht,in deine Mitte zu atmen?Oder dich zu erden?
Also einfach in den Bauch atmen bis ich wieder zur Ruhe gekommen bin?
larla hat geschrieben:Ich habe das zwar komischerweise bei Tieren nie, aber bei Menschen sehr schnell.
Was hilft?
Sofort laut lachen oder singen. Hat beim Tier dann noch den entscheidenden Vorteil, dass die einen nicht ganz so entsetzt angucken
Du musst dem Moment das Ernsthafte und Oberwichtige nehmen, dann so wichtig, dass man ungerecht werden muss, ist es ja nicht. Und das geht am einfachsten über Lachen

Ob ich in so einer Situation wohl lachen kann

... Muss ich aber mal probieren, auch wenn ich dann bestimmt schief angeguckt werde

. Und Singen könnte auch klappen, das ist wahrscheinlich einfacher als Lachen.
Danke, werd ich versuchen

.
Bineline hat geschrieben:Oh, Fenja, das kenne ich von mir auch zu gut. Letzte Woche erst war ich in so einer Situation. Mein Pferd trägt seit Wochen - bedingt durch einen ausheilenden Hufabszess - Hufschuhe. Durch die vielen, vielen unangenehmen Erfahrungen, die er durch verschiedenste Leute und deren Bearbeitungen gemacht hat, bringt er Hufegeben wahrscheinlich nur noch mit Schmerzen in Verbindung, sodass er iwann die Faxen dicke und einfach nur noch gestreikt hatte. Das Hufegeben müssen wir uns jetzt wieder sukzessive und kleinschrittig neu erarbeiten. Dabei hat mich mein Pferd schon manches graue Haar und den letzten Nerv gekostet, das kannst du mir glauben! Dann hilft mir nur noch, mich zur Ruhe zu zwingen und mich zu beherrschen. Stampft oder scharrt mein Pferd oder zieht seinen Huf nach vorne, wende ich mich von ihm ab und gehe weg. Bin ich äußerst wütend (das schafft er spielend

), atme ich mehrmals tief ein und aus und hole mich so nach und nach wieder runter. Das kann eine Weile dauern, denn er schafft es derzeit regelmäßig, mich innerlich "auf 100" zu bringen.

Würde ich mich jedoch auf diesen "K(r)ampf" einlassen, hätte ich verloren - in jeglicher Hinsicht. Das rufe ich mir in solchen Situationen immer wieder ins Bewusststein. Meistens klappt es dann viel besser und ich merke, wie auch er ruhiger wird und sich wieder auf mich konzentrieren und einlassen kann. Die Clickerei hilft mir dabei übrigens sehr, ihn in die richtige Richtung zu lenken. Kleinste Erfolge geben mir meistens recht. Auch, wenn's mal wieder laaange gedauert hat.
Am besten ist wirklich, sich so schnell und gut es geht versuchen, zu "erden".
(Notfalls muss eben mal ein Strohballen zum Dampfablassen herhalten...
)
Ja, manchmal schaffen sie es echt einem den letzten Nerv zu rauben

. Ich werde deinen Rat auch mal ausprobieren, danke

.
Ramona hat geschrieben:Neben den vielen guten Tipps möchte ich dir noch eines sagen: Es ist OK, auch mal wütend oder ungeduldig zu werden.
Es ist
nicht OK, seine Wut am Pferd auszulassen. Dazu wie du das verhinderst, hast du ja schon viele Tipps bekommen.
Aber gesteh dir das Recht ein, auch mal Wut zu empfinden. Denn dann muss du zumindest nicht mehr darüber wütend werden, dass du wütend geworden bist.

Wut und Ärger sind Gefühle wie Freude auch. Sie kommen einfach, auch wenn man das nicht will. Nimm sie einfach an und lass sie (so schnell du kannst) wieder los. Ich denke, wenn du dir erlaubst, gelegentlich Wut zu empfinden und dich nicht mehr darüber ärgerst, bekommst du die Wut gegenüber dem Pferd auch viel schneller in den Griff. Viel Erfolg!
Das könnte auch ein wichtiger Punkt sein. War mir bis jetzt gar nicht so bewusst. Danke auch dir

.
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: Mo 8. Okt 2012, 15:42
von Heidemi
Großzügigkeit lernen. Das hat mir sehr geholfen.
Sei auch DIR gegenüber großzügig und gestatte dir, nicht perfekt zu sein.
Früher wurde ich auch schnell wütend, wenn etwas nicht funktioniert hat. Ich war frustriert, gestresst und dann auch gern ungerecht. Meine Lösung war überhaupt nicht, Wut zuzulassen (auch wenn ich sie bei mir gelassen habe). Mit Wut im Bauch lassen sich meine Pferde gar nicht arbeiten.
Was vielmehr bei mir geholfen hat, war, nicht so sehr darauf zu schauen, was nicht klappt, sondern darauf, was klappt und mir und dem Pferd einzuräumen, eben nicht perfekt zu sein! Das klingt einfach, ist aber sehr, sehr schwer. Aber wenn mal alles nicht klappen wollte, kann ich heute viel Besser ohne Frust sagen: Ok, heute hätt ich es lieber lassen sollen, ich war zu müde, abgelenkt, was weiß ich- heute war es einfach nicht! Aber es gibt so Tage dun nächstes Mal machen wir es wieder besser. Es liegt in unserer Natur unperfekt zu sein und an manchen Tagen merkt man es halt deutlicher.
Seit ich diese Nachsicht mit mir hege und mein Augenmerk auf das lege, was gut war, bin ich doch deutlich ausgeglichener.
Wie gesagt, ich finde das schwer, aber es bringt mir sehr viel Gelassenheit.
Re: Wie angehen gegen alte Verhaltensmuster, Druck und Wut
Verfasst: Mo 8. Okt 2012, 15:52
von Maxima
Oh je, diesen langen Weg gehe ich auch schon eine Weile.
Ich habs von Klein auf gelernt, daß man draufhaut wenn der Gaul streikt, leider hat das bei meinem ersten Pferd auch wirklich so funktioniert. Mein zweites Pferd hat mir dann schon einen anderen Weg gezeigt.
Mir hat es schonmal ganz viel geholfen mir überhaupt bewußt zu werden daß ich so reagiere und mir im Nachhinein Gedanken drüber zu machen, wie es hätte anders laufen können. So war ich schonmal ein bißchen für kommende ähnliche Aktionen gerüstet.
Es ist ein ganz langer Lernprozess, in vielen Situationen war ich noch lange der vollen Überzeugung daß hier Strafe durchaus gerechtfertigt/nötig ist und heute lerne ich immer mehr (ganz riesengroßen Dank an WzP!!!) daß es eigentlich IMMER einen anderen Weg gibt. Heute beobachte ich mich genau, breche ab wenn ich merke daß ich wütend/grob werde (das ist eigentlich auch nur noch der Fall wenn mein Pferd grob wird) und versuche es anders zu machen. Oft kommt man aus der aktuellen Situation nicht mehr geschickt raus, aber man ist dann besser gerüstet für den nächsten gleichartigen Vorfall und kann vielleicht gleich vorbeugen.
Wenn ich wütend wurde und abbreche, fällt es mir noch recht schwer wieder richtig runter zu kommen und mich wieder offen dem Tier zuzuwenden, dann laß ichs auch mal einfach ganz bleiben - lieber quasi die Notbremse gezogen als einen schlechten Abschluß hingelegt. Aber ich merke wie mich jede dieser Situationen immer weiterbringt und ich meinem Ziel immer näher komme - und meine Tiere bestätigen mir daß ich auf dem richtigen Weg bin.