Ungehorsam bei jungem Wallach

[ehem User]

Hallo zusammen,

mein Wallach ist 4, und wir haben ihn nun seit reichlich 3 Monaten. Nun scheint er gerade in einer "Umbruch"-Pase zu sein, denn seit ein paar Tagen legt er ein Verhalten an den Tag, das ich so von ihm nicht kenne und künftig auch unterbinden möchte.

Vom Grunde her ist er ein eher ausgeglichenes und braves Pferd, Schweres Warmblut eben. Das Führen klappte bislang problemlos. Geritten sind wir ihn seit seiner Hufgeschichte, die vor etwa 2 Monaten begann, nur vielleicht 4 Mal im Rondell an der Longe, ansonsten waren wir spazieren. An den LK hatten wir uns auch herangewagt, nur eben seitdem ausgesetzt. In den letzten Wochen haben wir quasi gar nichts zusammen gemacht, außer Anhalten aus dem Schritt, Hufegeben und etwas "Kopf tief" üben. Das Anhalten klappt soweit ganz gut.

Vor drei Tagen führte er sich beim Führen das erste Mal auf wie ein junger Hengst und zeigte immer mal wieder kurzzeitig Ansätze von Bocken und Ungehorsam. Oder er versucht, mich beim Laufen zu überholen, das ich sofort unterbinde, indem ich ihn die Gerte vor die Brust halte und ihn zurückschicke. Vorgestern war alles okay, da war aber auch nix, was ihn nervös werden ließ. Gestern dasselbe Verhalten wieder. Dieses Mal holte ich ihn, nachdem er sich von mir losgerissen hatte und davongalloppiert war, zurück. Beim Führen dann war er ein einziges Nervenbündel, spannig und guckig ohne Ende. Ihn schien alles aus der Fassung zu bringen. Einmal habe ich es echt mit der Angst zu tun bekommen, als ich merkte, dass er immer nervöser wurde. Er baute sich auf, tänzelte um mich herum. Er hätte mich ganz klar über den Haufen gerannt, hätte es ihn gerappelt. In diesen Momenten habe ich für ihn nicht existiert.

Liegt es vllt. daran, dass es Herdenzuwachs gegeben hat (zwei junge Stuten)? Oder ist es eine pubertäre Phase?

Nun riet mir jemand, ich solle ihm - wenn ich wieder in so eine Situation käme - mal "ordentlich die Meinung sagen", damit er weiß, wo der Haken hängt...

Ich will ihn nicht schlagen oder ständig am Strick reißen; das halte ich für kontraproduktiv. Ich will aber auch, dass er mich bemerkt und auf mich achtet. Ich weiß, dass man diese grundlegenden Dinge vom Boden aus und mit viel Konsequenz erarbeiten kann. Das habe ich mir auch vorgenommen. In erster Linie brauche ich aber erstmal eine Antwort auf meine Frage: Wie verhalte ich mich in dieser Situation richtig?

Danke für's Antworten!

[feendrache]

Hallöchen,
also ich denke da kommen mehrere Faktoren zusammen.
1. er ist jetzt ne weile bei euch und kommt mehr an, da fallen also Anspannungen und Ängste ab. Kräfte die man jetzt auf anderes verwenden kann
2. er dürfte ein wenig unterbeschäftigt sein
3. die neuen Stuten sind sicherlich interessant und je nach Herdenkonstellation könnte ihn das Trennen von ihnen nervöser machen.

Das Problem was ich nach deiner Schilderung sehe ist, dass seine Aufmerksamkeit überall ist nur nicht bei dir.
So kann er dich aber auch nicht als beruhigenden Faktor wahrnehmen.

Ich hatte so ein Problem mal mit einem jungen Tinkerwallach. Wir waren spazieren und er wurde richtig hektisch und fast unkontrollierbar, keine Aufmerksamkeit bei mir.
Da wäre auch nix mit "ordentlich die Meinung sagen" gewesen, da er eh nicht auf mich geachtet hätte und das seine ruhelosigkeit nur verstärkt hätte. (Nicht das ich das für den richtigen weg halten würde mit dem Meinung sagen)

Ich hab mir die gefräßigkeit zu Nutze gemacht und bin danach immer mit Möhren in der Tasche spazieren gegangen.
Sobald er anfing nervös zu werden, hab ich ihm die Möhre gezeigt. Nicht gegeben nur gezeigt. Die Gier brachte dann seine Aufmerksamkeit zu mir und wenn er dann wieder ruhig neben mir stand gabs n Möhrchenstück.

Hat nur ein paar "Trainingseinheiten" gebraucht, bis er bei nervösität mit mir gekuschelt hat anstatt rumzuspacken.

Sicherlich ist das nix für jedes Pferd und ist definitiv training mit Futter, aber bei ihm hats geholfen.

[Equester]

Hm, das ist aus der Ferne heraus im Grunde gar nicht einzuschätzen. Was passierte vorher und/oder während er anfing. Wie warst Du drauf, gab es Veränderungen in seinem unmittelbarem Umfeld. Kann ihm etwas weh tun, was ist mit den Zähnen. Wie sieht die Haltung aus - genügend Freilauf oder überwiegend Boxenhaltung. Wer hat mit ihm Umgang und wie sieht der aus? Hast Du einen Trainer? Wenn ja, was sagt der/die dazu? Benimmt er sich bei anderen auch so?

Grundsätzlich sind 3 Monate Zusammensein im Vergleich zu einem Pferdeleben nichts . Es kann sein, dass er sich jetzt eingewöhnt hat und einfach mehr will, es kann sein, dass - sowenig auch mit ihm passiert - das schon zu viel sein kann. Es kann sein, dass Du nach den ersten Vorfällen immer eine gewisse Unruhe mit Dir rumträgst, die er aufnimmt. Es kann einfach so viel sein, was man aus der Ferne gar nicht abschätzen kann. Fakt ist aber: mal ordentlich die Meinung sagen ist so ziemlich der mieseste Rat, den man Dir geben kann. Den würde ich sofort wieder vergessen. Wenn Du noch niemanden hast, der Dir bei der Ausbildung hilft, suche Dir jemanden, der mit Jungpferden umgehen kann und weiß, wo deren Bedürfnisse liegen (aber niemanden, der dem Pferd hilft Respekt zu lernen oder Dir zeigt, wie man Dominanztraining ausführt *grusel*).

[ehem User]

Danke für's schnelle Antworten

Zu deinen Fragen, Equester:

Ich war eigentlich die beiden Tage entspannt unterwegs, wurde aber logischerweise ANgespannter, als er guckig wurde.

Die Veränderung(en):

1. Es sind zwei junge Stuten in die Herde gekommen, wovon eine die Herde gerne mal bissel aufmischt.
2. An dem Tag, als er dieses Verhalten das erste Mal gezeigt hatte, war kurz vorher die Herde ausgebrochen. Könnte sein, dass ihm das noch nachhing.
3. Er stand wg. seines Hufabszesses die Woche vorher auf dem Paddock mit einem Pony zusammen. Die bis dahin angestaute Energie hatte er dann rausgelassen, als wir ihn zur Herde zurückführten. Da hatte er sich losgerissen und ist buckelnderweise über die Wiese galloppiert und hat allen erstmal gezeigt, dass er wieder da ist.

Zu den Zähnen kann ich nix sagen. Bei der AKU war alles i. O.

Zur Haltung: Er lebt mit 9 anderen Pferden in einer gemischten Herde im Offenstall. Sie sind also immer draußen. Koppel (schätzungsweise 1.000 m²) ist für meine Begriffe zu klein.

Einen Trainer habe ich nicht direkt. Eine Miteinstellerin, die auf der Anlage RU gibt, hat uns aber schon einige gute Ratschlage mit auf den Weg geben können. *zuElli91rüberwink*

Dieses Verhalten konnte ich bis vor drei Tagen noch nicht feststellen. Außerdem sehe ich ihn ja meist nur nm/abends.

Dieses Kopfkino hatte ich übrigens an dem Nachmittag vorgestern: Und da war gar nichts. Er war die Ruhe selber und das liebste Pferd überhaupt. Ich verstehe das gerade nicht so richtig...

@Feendrache: Mit einer Möhre könnte ich es versuchen.

Hat noch jemand Ideen, wie sich eine solche Situation entspannen lässt?

[november]

Du clickerst ja ohnehin schon, oder?
Da könntest du das Führen mit dem Clicker weiter üben. Ich habe mit meiner Ex-RB-Stute ein Signal beim Spazieren gehen eingeführt, mit dem ich ihre Aufmerksamkeit zu mir holen konnte. Zuerst habe ich in guckigen Situationen gewartet, bis sie sich mir wieder zugewendet hat (natürlich habe ich da Situationen genommen, die kein echter Stress waren und gut einschätzbar). Dann gab es C+B. nach einer Weile habe ich kurz bevor sie schaute, mit dem Finger geschnippt. Es dauerte nicht lange, da konnte ich sie mit einem Fingerschnippen wieder mit ihrer Aufmerksamkeit zu mir holen.
Das wäre im Grunde ähnlich feendraches vorschlag mit der Möhre.

Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass dein Wallach momentan einen Energieüberschuss hat, durch die Stehphase und die neue Situation in der Herde. Da hilft nur weiter üben und ihn beschäftigen.

[ehem User]

Mit Clickern habe ich es auch versucht. In der Regel mache ich es so wie du vorgeschlagen hast. Da er aber so extrem nervös war, hat auch das nichts gebracht, leider. Er wollte nur zusehen, wie er aus dieser für ihn gruseligen Lage schnell wieder rauskommt - egal wie. Sobald er merkt, dass das Monster gar kein Monster ist, ist auch alles ganz schnell wieder gut. Aber bis dahin...

edit: Energieüberschuss könnte es wohl auch sein...

[Equester]

Also wenn ich jetzt Deine Antwort lese, finde ich das Verhalten des Pferdes völlig normal. Neue Herdenzusammenstellung, Einzelhaft wegen Krankheit, er ist jung und voll im Saft....... .
Clickern ist eine tolle Methode um sie zu beschäftigen, ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen und auch die eigene Sicht auf das Positive zu lenken. Ich würde ihn clickern und damit kleine Übungen verbinden, z.B. führen, stehen bleiben usw.

[ehem User]

Hallo

Ich habe nun in Deinem Tagebuch gelesen und angesichts Deiner dortigen Beschreibung des gestrigen Tages finde ich das Verhalten von Vasco gar nicht mehr so abwegig.

Für mich bauen sich die Spannungsmomente richtiggehend auf - angefangen mit den nach ihm wiehernden Stuten ... Und dann noch der Ballon

Ich kann nachvollziehen, dass die Situation für Dich erschreckend gewesen sein muss. Aber ich finde auch, dass sie ein Stück weit vorhersehbar war. Und mit Ungehorsam hat das für mich auch nicht wirklch was zu tun.

Ansonsten habe ich mit dem Möhrenclickern unterwegs ja auch sehr gute Erfahrungen. Nelli war am letzten Freitag ja beim Spaziergang auch außer Rand und Band, nur dank der Möhren konnte ich ihre Aufmerksamkeit behalten bzw. immer wieder zu mir holen. Und so sind wir doch am Schluss wieder "runter" gekommen.

LG von Samtnase

[ehem User]

Och, das baut mich gleich wieder bissel auf. Danke euch!

Es ist nur so, mir rutscht mein Herz in die Hose, wenn sich mein 1,68-m-Pferd schnorchelnd neben mir aufbaut und mich wegdrängt, weil er mich in seiner Not gar nicht wahrnimmt. Er wird dann für mich so unberechenbar. Und das ist

[november]

Ja, das kann ich gut verstehen, aber ich kann den anderen nur beipfichten. In solche Situationen kommt man immer mal wieder, wenn ungünstige Umstände (wirklich aufregende sachen, aufgetaute Einergie etc.) zusammen kommen. Mit der Zeit wirst du sicherer werden und diese Situationen besser händeln können. Bis dahin ist es sicher sinnvoll, am allgemeinen Vertrauen zu arbeiten, z.B. durch Bodenarbeit. Ihr macht ja schon viele Spaziergänge, das ist auch super. Und natürlich imemr wieder die basics üben, das ist auch wichtig.